Letzter Tätigkeitsbericht von Landrat Wagnervom 30.Oktober 1947(Stadtarchiv Nagold, Zusammenfassung)Am 30.Oktober 1947 gab der damalige LandratWagner vor der Kreisversammlung einenTätigkeitsbericht über das verflossene Halbjahrvom 1.4. bis 30.9., aus dem ersichtlich ist, wiesehr kritisch die Lage damals, über zwei Jahrenach Kriegsende, immer noch war. Im einzelnenwurden unter anderem folgende Problemeangesprochen: Auf dem Gebiet der Vermögensverwaltung sah es bei den Gemeinden trostlosaus. Infolge des Mangels an Arbeitskräften undan Material konnten sie ihren Gabäudebesitz,die Straßen und Wege, die Wasserversorgungsanlagen und andere Gemeindeeinrichtungen nicht mehr ordnungsgemäß unterhalten. Für die Wald- und Tiefbauarbeiten warenkeine Arbeitskräfte zu bekommen, wenn keineSchuhe und Arbeitskleider, sowie keineErnährungszulage gewährt wurden. Bau-undSchottermaterial war nur auf dem schwierigenKompensationsweg zu beschaffen. In denabgelaufenen Monaten häuften sich die Gesuchevon Bürgermeistern um Entlassung aus ihremAmt.2094 Wehrmachtsangehörige wurden nochvermißt, 2333 befanden sich noch in Kriegsgefangenschaft.Beim Wiederaufbau der von Kriegsschädenbesonders betroffenen Gemeinden ergab sicham 30.9. folgende Bilanz: Deckenpfronn: 136Gebäude zerstört, wieder bezugsfertig: 3, imRohbau fertig: 16; Stammheim: zerstört 89Gebäude, wieder bezugsfertig: ll, im Rohbaufertig: 12; Haiterbach: zerstört 48, wieder bezugsfertig l2, im Rohbau fertig: l0.Das Kreiswirtschaftsamt verzeichnete dieZuteilung von 21500 Paar Straßenschuhen und3900 Paar Arbeitsschuhen, sowie 4500 Paar anLandwirte als Prämie für vorbildliche Ablieferer.Vom Verkehrsamt wurden im vergangenenHalbjahr 121 Reifen zugeteilt, sowie 271Motorräder, 42 Personenwagen, 87 Lastkraftwagen und 26 Zugmaschinen zugelassen.Sehr kritisch war die Lage auf dem Wohnungsmarkt. Vom 1.4. bis 30.9.1947 kamen 978Heimatvertriebene in den Kreis. Im gleichenZeitraum wurden l0l0 Gesuche um Befreiungvon der Zuzugsperre bearbeitet. Außerdembefanden sich noch 5610 Bombengeschädigtevon auswärts im Kreisgebiet. 550 Beschwerdefälle in bezug auf Wohnungen mußten bearbeitetwerden.Die für den Konsum zur Verfügung stehendenGüter wurden immer knapper, sodaß derSchleich-, Schwarz- und Tauschhandel immermehr überhand nahm. Die auf diesem Gebietvorhängten Strafen beliefen sich auf 26 555 RM.Auf dem Gebiet des Gesundheitswesens hattesich die Tuberkulose weiter ausgebreitet,während sich bei den Geschlechtskrankheitenkeine Veränderung ergab. Große Sorge bereitetedie Versorgung der Kranken, deren Zahl laufendstieg. 6519 Personen bezogen Krankenzulagen.Die Trinkwasserversorgung war wegen desregenarmen Sommers sehr problematisch. Oftmußte das Wasser abgestellt werden. DieElektrizitätsversorgung mußte wegen dergeringen Wasserführung der Flüsse wiederholteingeschränkt oder ganz eingestellt werden.Eine große Sorge stellten die weiterhinanhaltenden Holzeinschläge der Besatzungsmacht dar, ebenso die erst vor kurzen inoffiziellbekanntgewordene Liste der Betriebe, die fürdie Demontage vorgesehen waren und zu denenim Kreis die Firmen Teufel, Nagold und KarlBenzinger, Unterreichenbach gehörten.Dieser Bericht mit seinen nüchternen statistischen Angaben gibt ein an-schauliches Bildvon den immer noch sehr schwierigenUmständen, unter denen die Bevölkerungdamals zu leben und zu leiden hatte.oooooOOOOOOooooo14