Paul Rathgeber, CalwZur Besiedlung und Geschichte des Wimberg(Calw)Drei der ältesten Pergamenturkunden des Calwer Stadtarchivs, welche durch einenglücklichen Zufall dem Stadtund Rathausbrand vom Jahre1692 entgangen sein mögen,stammen aus der Zeit um 1500.Sie sind alle nicht leicht lesbar,obwohl in der schönen Schriftjener Zeit geschrieben, wurdenaber vom Calwer Stadtgeschichtler Th. Seybold entziffert und später von ErnstRheinwald ausgewertet. DerVerfasser bezieht sich in denfolgenden Ausführungen aufForschungen dieser beiden fürCalw so verdienstvollen Männer:Die erste, wichtigste und umfangreichste Urkunde vom Jahre 1471 enthält auf einer Seite(30 x 40 cm) den Umfang vonheute fast sechs Schreibmaschinenseiten. Sie ist verfaßtvom Calwer Vogt OswaldLamparter; die beiden anderensind von geringerem Umfangund haben den StuttgarterOberrat Burkhard Fürdererzum Verfasser. Alle Schriftstücke enthalten Verträge zwischen Wimberg und den umliegenden Gemeinden von Calwbis Kentheim und Sommenhardt. Sie regeln den Weidgangder Gemeinden untereinander,sind also in dieser Hinsicht fürunsere Zeit, die eine völlig andere Wirtschaftsform erhaltenhat, nicht mehr sehr von Bedeutung. Der Erhaltung wertschienen aber manche Vorgänge und Tatsachen, die in denUrkunden nur nebenbei erwähnt sind. Diese Urkundensind in einer Zeit unter Verhältnissen niedergeschrieben, wojeder nicht nur jeden kannte,sondern auch dessen Äcker,Wiesen, Wälder, Hecken undBäume. Da uns die Voraussetzungen über diese Kenntnisheute fehlen, ist es auch unmöglich, einzelnes über Besitzer und Grenzen der Grundstücke festzulegen. Wir erfahren aus der Urkunde von 1471zunächst einmal die Namen derzehn Hofbauern, die damalsden Wimberg bewirtschafteten:Kübinger, Rummel, Heger,Guler, Späth, Lodholz, Ackermann, Stahl, Flehinger, Rüelin.Man wird annehmen dürfen,daß diese Bauern durchschnittlich etwa acht bis zehn Kindergehabt haben, denn die Bewirtschaftung dieser Höfe und dasHüten der offenbar zahlreichenViehherden bedurfte großerFamilien. So dürfte die Einwohnerzahl des Wimberg etwa100 Personen betragen haben.Die Urkunden sprechen dahermit Recht von dem MylerlinWimberg“. Dabei erhebt sichdie Frage der etwa 250 Jahrevorher erfolgten Besiedlung,die wahrscheinlich nicht vonCalw, sondern von Speßhardther bzw. zusammen mit diesemerfolgt ist. Man wird- schätzungsweise- die Errichtung derBurg durch die Calwer Grafenauf die Zeit um 1050, die Stadtgründung um 1250 ansetzendürfen. Demgegenüber mußdie Besiedlung der westlich derStadt gelegenen OrtschaftenSpeßhardt, Weltenschwann,Oberried, Alzenberg und Wimberg, alle zum„Aemtlin Speßhardt“ gehörig, spätestens inder 2.Hälfte des 12.Jahrhunderts, vielleicht schon sehr vielfrüher, erfolgt sein, also vorGründung der Stadt. Die 8(oder mehr) Höfe des Wimberggehörten der Herrschaft Württemberg und standen im Lehenbesitz der Hofbauern,„Meier“genannt. Als Calw etwa 100Jahre später gegründet wurde,war also das der Neuanlagezunächst gelegene landwirtschaftlich zu nützende Gelände westlich der Stadt, der Wimberg, schon in fremder Hand,so daß sich die Stadt mit denauf der anderen Seite gelegenen Hängen und Flächen amWelzberg bis herüber zur Ebene, dem Muckberg und demSteinrinnehang zunächst begnügen mußte. An der westlichen Seite blieben ihr nur dieHänge bis zum Frauenwaldund herüber zum Gimpelstein;auf der westlichen Ebene hattesie(die Stadt) nichts zu suchen.Dabei ist für jene Zeit Landwirtschaft vor allem Weidewirtschaft, da das Gäu das Getreide in die Stadt brachte, während das reichlich mit Vieh versehene Calw dieses Vieh weidemäßig zu ernähren hatte. Esversteht sich von selbst, daß dieStadt sich bemühen mußte, dasihr zunächstgelegene Geländedes Wimberg sich selbst dienstbar zu machen. Erst im Jahre1506 aber erging die Erlaubnisdes Herzogs zum Kauf desWeilerlein Wimberg als weiteres Weide- und Viehtriebsge-