6

geplündert und verwüstet wurde; es blieben nur wenige Häuser stehen; während die Stadt vorher 3900 Einwohner hatte, blieben nach der Zerstörung nur noch 1920 übrig. Nun aber setzte die Hilfstätigkeit des großen Johann Va­lentin Andreä, der 162039 hier Dekan war, ein, der zu­sammen mit einigen reichen Patrizierfamilien die Stadt wieder zu neuer Blüte brachte. Aber kaum war das Ge­schlecht ausgestorben, das diese Schrecken mitangesehen hatte, im September 1692, da kamen die wilden Horden Melacs das Nagoldtal herauf und legten die Stadt aufs neue in Brand, und zwar so vollständig, daß nur 4 Häuser verschont blieben. Aber auch diesen Schlag vermochte die betriebsame Handelsstadt zu überwinden: in der Folge kam die Gründung der Handlungskompagnien; es brauchen nur die Namen der Geschlechter Dörtenbach, Notter, Schill, Wagner, Schauber, Staelin, Vischer genannt zu werden, um an die Blütezeit Calws zu erinnern. Durch den Nieder­gang des Hausgewerbs und andere widrige Umstände ver­lor die Stadt allmählich an Bedeutung; sie ist heute nicht mehr und nicht weniger als ein altes württembergisches Landstädtchen.

Des Oefteren wüteten Feuer und Wasser verheerend in der Stadt: 1686 und 1795 wurden ganze Stadtteile in .Asche gelegt; einigemal stieg die Nagold in schier unglaub­liche Höhen, wie aus den Wasserzeichen an verschiedenen Häusern noch zu sehen ist. Große Hochwasser bedrohten die Stadt 1613, wo gegen 20 Personen ertranken, 1740 und 1824; besonders schwer aber war die Ueberschwemmung am 1. August 1851, die verschiedene Häuser zerstörte; mehrere Personen ertranken; der Schaden betrug allein für die Stadt 55 000 Gulden; dieses Unglücks erinnern sich die Alten noch persönlich, die Jungen Wissens vom Hören­sagen. noch heute ist der Schrecken besonders groß, wenn die Gefahr des Hochwassers droht, gegen die man infolge der geographischen Lage ziemlich wehrlos ist.

Allein diese besondere Lage der Stadt bringt auch Schönheiten mit sich: eng zusammengedrängt liegt die Stadt an den Bergen hingebettet; die alten Dächer lehnen sich gemütlich aneinander und geben dem Talkessel mit ihrem warmen Altersbraun eine ganz besondere Note. Ueberall freilich wird der Stadt ihr Rock zu eng, überall klettern Häuser an den Bergen aufwärts, seit einigen Jahren be­herrscht der monumentale Bau des Bezirkskrankenhauses den Ostteil der Stadt, und in wenig Jahren wird auch der Entenschnabel seine Krönung durch das neue gute Schul­haus erhalten.