339

und her; anfangs sind es nur wenige; dann aber mehrt sich der Fackel­zug rasch von beiden Seiten her. An drei Stellen des Berges wer­den mächtige Feuer angezündet. Den Höhepunkt erreicht die Veran­staltung, wenn auf der Höhe des Bergs die Fackeln von rechts und links Zusammentreffen. Das Hauptlied, das gesungen wird, ist Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren". Weihnachtslie­der erschallen aus der Höhe; der ganze Berg erstrahlt in funkelndem Glanz. Die ganze Stadt blickt bewundernd und in gehobener Stim­mung auf zu dem Berge. Es ist als sähe man etwas von dem Licht, das einst über der ganzen Menschheit aufgegangen ist, und als hörte man etwas von den Friedensklängen über den Fluren von Beth­lehem. Nicht satt kann man sich sehen an diesem herrlichen Anblick; nur zu bald verlöschen die Lichter auf dem Berge. Geborene Alten­steiger, die auswärts sind, kehren gerne so zeitig heim, daß ihnen die­ses liebliche Schauspiel nicht entgeht. Mögen solche schönen Sitten er­halten bleiben.

Auch in Ebhausen findet am heiligen Abend eine ähnliche Feier statt wie in Altensteig.

Der Schäferlauf in Wildberg

Eines der bekanntesten volkstümlichen Feste in unserer Gegend ist der Schäferlauf in Wildberg. Diese Veranstaltung hat im Lauf der Zeiten mehrfache Wandlungen durchgemacht; aber die Erundzüge sind dieselben geblieben. Die Einrichtung ist uralt und stammt aus einer Zeit, wo die Schäferei und die inländische Wollerzeugung in hoher Blüte stand. Der Schäferlauf ist einst aus einem praktischen Bedürf­nis herausgewachsen. Wie alle Gewerbe zunftmäßig eingerichtet waren, so brauchte auch die Schäferei eine einheitliche feste Organisation, und der Schäfertag war nichts anderes als die Zusammenfassung der Schäfer zu einer solchen zunftmäßigen Ordnung. Lange Jahre be­standen solche Schäfertage außer in Wildberg auch in Markgröningen, Urach und Heidenheim. Wegen der hohen Bedeutung der Schäferei für unser wirtschaftliches Leben wollte man durch diese Veranstaltung zur Heranbildung eines tüchtigen Schäferpersonals beitragen und die ganze Wollproduktion auf eine sichere Grundlage stellen. Es kam aber eine Zeit, wo man der Sache doch nicht mehr diesen hohen Wert bei­legte, vielleicht auch weil ausländische Wolle auf den Markt gebracht wurde; kurz, der Schäsertag in Wildberg wurde abgeschafft, wie auch in Heidenheim und Urach, und nur der in Markgröningen wurde bei­behalten. Mag sein, daß auch der Sturm des 30jährigen Kriegs an der Veranstaltung gerüttelt hat. Es wurde im ganzen Herzogtum jähr­lich nur noch ein Schäferlauf abgehalten, in Markgröningen. Allein diese Aenderung bewährte sich nicht, besonders da auf diese Weise viele Schäfer den Schäsertag wegen der weiten Entfernung nicht mehr be­suchen konnten. Da erschien im I. 1723 ein Befehl des Herzogs Eber­hard Ludwig, daß von jetzt an der Schäferlauf wieder jährlich in sämt­lichen hier genannten Städten abgehalten werden soll. Zugleich wurde bestimmt, daß die Schäfer folgender Aemter bei dem Schäferlauf in

22 *