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eine klare architektonische Form und gute Verhältnisse. So sind auch in Nagold einige ganz gute Bauten aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts zu nennen: Das Haus Lutz in der Vorstadt, die Rapp'sche Mühle, das alte Knabenschulhaus, das ehemalige Jrion'- sche Haus, die „Krone". Leider haben die großen Brände den alten Bestand stark gelichtet. Unter den abgebrannten Häusern war manches, das uns von alter Zeit hätte erzählen können. Was als Ersatz kam, ist der Beachtung der Nachwelt nicht mehr wert.
Vom Kommen und Gehen der Familien
Von Fritz Bretschneider
Wenn wir unser Vaterland durchwandern, treten uns immer wieder neue Familiennamen entgegen, die an einem Ort sehr häufig sind, während sie uns sonst selten oder gar nicht begegnen. Sie find für den betreffenden Ort geradezu kennzeichnend. So gibt es in Sulz bei Wildberg nicht weniger als 46 Haushaltungen Röhm, in Emmingen find Renz und Martini zu Hause, in Nagold fallen uns Namen wie Rauser, Schuon, Raaf, Harr und Günther besonders auf. Die Erklärung scheint naheliegend zu sein: Es find das eben alteingesessene Familien, die, vielleicht von einem Stammvater ausgehend, hier am Ort blühten und wuchsen. Diese Vermutung kann richtig sein; so lassen sich z. B. die Sulzer Röhm alle auf 3 während des 30jährigen Kriegs geborene Röhm zurückführen, die wieder auf einen im Jahre 1572 geborenen Hans Rem, Sohn eines Jakob, zurückgehen. Neben diesem Jakob lebte damals auch ein Hans Rhem in Sulz; von dem leben aber keine Nachkommen mehr dort.*) Wollen wir hierüber Gewisses erfahren, so müssen wir die Kirchenbücher zu Rate ziehen, die uns von 1560 bis zur Gegenwart die Geschlechterfolge fast lückenlos Nachweisen. Im Jahr 1559 ordnete unter Herzog Christoph die Große Kirchenordnung für Württemberg an, daß bei allen Pfarrkirchen „ein sonder Buch von lauter Papir eingebunden" werden soll, in das ordentlich eingeschrieben werden soll, „wann und so offt ein Kind zur Tauff gebracht, des- selbigen Kinds, auch seines Vatters, Mutter, sampt Geuatter Namen, darzu den Tag und Jar, in dem jedes Kind getaufft". In Nagold fängt das Buch mit folgender Einleitung an: „Anno domini 1560 uff den 1. Januarij ist dis buch von zweyen Heyligenpfleger Hans Keß- mann unnd Wilhelm Günter in die Kirchen zu Nagelt erkaufst worden dorein die getaufften Kinder sollen geschribenn werden: Angefangen unther Johann Friesen pfarhers unnd Cristoff Hälin Helffers zu Nagelt". Das erste eingetragene Kind ist ein Fridericus Eenslen (heute Gänßle). Damit haben wir schon drei damals in Nagold sehr häufige Namen, von denen zwei, Günther und Gänßle, sich bis zur Gegenwart erhalten haben, während die Keßmann ganz verschwunden sind.
') Die Angaben aus Sulz verdanke ich Herrn Pfarrer Gerber in Sulz.