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schmalem Giebel und reicht bis zur Ringmauer. Eine Urkunde von 1423 berichtet, daß der Pfarrer Rubrecht Etter von Oberjettingen dieses sein Hausder Frühmesse unserer l. Frauen" vermacht. Nach der Reformation wurde es die Behausung des Diakons. 1739 trat an seine Stelle das heutige Stadtpfarrhaus (1716 erbaut) als Hel­ferhaus.

Eine belebende Wirkung bringen heute noch die 3 großen Kasten- brunnen mit Brunnensäulen, einst tagsüber stark besucht.

Die Behausungen der Bürger waren im allgemeinen in der Bauart gleich; sie unterschieden sich mehr durch Größe und Höhe. Gewerbe und Handel konnten in dem kleinen Städtchen die Bürger im allgemeinen nicht allein ernähren; jeder trieb noch nebenher Ackerbau. Das beste Bild aus der Zeit um 1400 gibt das schon erwähnteF rüh- meßhaus". Bei den beengten Verhältnissen in dem ummauerten Städtchen hatten die Häuser nur ausnahmsweise einen eigentlichen Hofraum. Sonst war eben nur eine Hofraite vor dem Haus an der Gasse zum Abstellen von Wagen usw. und zur Anlage derMiste" vor­handen. Das Erdgeschoß lieferte Arbeitsräume und Stallung. Eine Blocktreppe führte zur Wohnung im ersten Stock. Diese bestand aus einer geräumigen Stube mit Holzbohlenwänden, in einer Ecke der Ofen, von der anstoßenden, dunklen Küche aus beheizt. Hier war der gemauerte Herd, auf dem das offene Feuer brannte, mit weitausla­dendem, rußgeschwärztem Kaminschoß und Rauchfang darüber. Von der Stube war durch einen Bretterverschlag die Schlafkammer abge­trennt. Die Stubendecke, meist um ein gutes Stück niedriger als die eigentliche Stockhöhe, war aus schwächeren Balken, mit Brettern da­zwischen, in flachem Bogen gesprengt. Möge die letzte altdeutsche Stube imFrühmeßhaus" in ihrer Art auch ferner erhalten bleiben! Die Dachböden dienten als Lagerräume. Mit Ausnahme des allmählich allgemein aus Stein gemauerten Erdgeschosses bestand das ganze Haus aus Holzfachwerk, d. h. einem Gerippe wagrechter, senkrechter und schrä­ger Hölzer, deren Zwischenräume ursprünglich mit Reifigflechtwerk und Lehmverstrich, später mit Bruchsteinen und Außenverputz ausgefüllt waren. Dabei sind auch heute noch 2 Arten zu unterscheiden: Das sogenannte alemanische (altschwäbische) Fachwerk bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, mit eigenartig sich kreuzenden,überblatte­ten" Hölzern (so an der ehem.Herrschaftsscheune" beim Oberamt und wohl auch beim Oberamt), und das jüngere fränkische Fachwerk, wie es in seiner einfachsten Art an dem Eiebel gegenüber derHerr­schaftsscheune", in seiner reichsten amalten Schulhaus" in der Hinteren Gasse oder auch am Easthof zur Post zu erkennen ist. Ein weiteres Merkmal alter Holzbauweise ist auch das Ausladen (Auskragen") der einzelnen Stockwerke übereinander, das erst im letzten Jahrhundert allmählich aufhört. Gleichzeitig verschwindet auch das sichtbare Fach­werk, die Häuser werden vollständig verputzt. Sie verloren dadurch zwar ihr lebhaftes Aussehen durch Wegfall des Wechselspiels der Hölzer und der Farbe von Holz und Putzfeldern, doch behielten sie