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Die Gemeinde Enztal

Die jüngste Gemeinde des Bezirks ist Enztal. Während die Ent­stehung weitaus bei den meisten Gemeinden in Dunkel gehüllt ist, können wir die Bildung dieser Gemeinde ziemlich genau verfolgen. Daß im oberen Enztal schon eine sehr frühe Anfiedlung bestanden hat, das 1145 geweihte Klösterlein Enz, haben wir schon an anderer Stelle gesehen, auch daß das Kloster nach etwa 200jährigem Bestehen wegen sittlichen und ökonomischen Zerfalls aufgehoben und in einen Maier­hof verwandelt worden ist, der in württembergischen Besitz kam. Die Ueberlieferung kennt heute noch die Stätte, wo einst diesesEnzklö- sterle" gestanden ist. Die Gegend, wo sich jetzt die zum Oberamt Na­gold gehörige Gemeinde Enztal und die zum Oberamt Neuenbürg ge­hörige Gemeinde Enzklösterle befindet, war einst mit dichtem, geschlos­senem Wald bewachsen. Da mag sich das Klösterlein einst wie eine Insel im weiten Weltmeer ausgenommen haben. Dieser Wald, der sich bis in die Nähe des Murgtals ausdehnte, war der uns schon be­kannte Altensteiger Kirchspielswald, der einst von den Grafen von Hohenberg gestiftet und mit dem Amt Altensteig 1440 an die Mark­grafschaft Baden übergegangen war, von dem er 1603 an Württemberg kam. In diese einsamen Waldgebiete waren aber schon vorher, '/» Stunden oberhalb des Maierhofs, einzelne Siedlungen angelegt wor­den; so 1524 eine Mahlmühle, genannt Eompelscheuer (von Eumbold); auch eine Sägmühle wurde um jene Zeit dort errichtet. Etwas später erfolgte die Anlegung des Hetschelhofs (um 1560), der 1590 mit dem Enzmaierhof an Württemberg und 1753 an Simmers- selder Bürger verkauft wurde. Noch bis ins 18. Jahrhundert hinein waren dies die einzigen Siedlungen im oberen Enztal. Um das Jahr 1725 wurden mehrere größere Waldflächen in der Nähe von Eompel­scheuer in Wiesen umgewandelt; um dieselbe Zeit erfolgte die Anleg­ung des Kaltenbachhofs. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde im Poppeltal in der Nähe von Eompelscheuer zur Ermöglichung der Flößerei auf der oberen Enz ein Stausee angelegt, ein großes Wasser­magazin, dessen Schleusen im Bedarfsfall geöffnet werden. Dasselbe geschah etwas später auch im Tal des Kaltenbachs. An beiden Seen wur­den auch Wohnhäuser angelegt. Um dieselbe Zeit begann eine grö­ßere Zuwanderung ins Enztal. Die Waldarbeit, die in größerem Maßstab als bisher in Angriff genommen wurde, die Flößerei, die bald schwunghaft auf der Enz betrieben wurde, und die Sägwerke, die sich in der Folge noch vermehrten, gaben reichlichen Verdienst; beson­ders wurde jetzt auch das Tal zwischen Eompelscheuer und dem Maier­hof mit Siedlungen belegt. Nach Berichten von Augenzeugen sind die Lebensverhältnisse dieser neuen Bewohner anfangs äußerst dürftig ge­wesen: Ihre Wohnungen waren anfangs mehr Hütten als Häuser; ihre Nahrung bestand bei dem Fehlen des Getreidebaus sehr häufig bloß in Kartoffeln. In Jahren der Teuerung wie 1816/17 war es vielen unmöglich Brot oder Mehl zu kaufen. Die Verhältnisse besser­ten sich, als die alten herrschaftlichen Güter den Bewohnern überlasten