262

Rauschenberg nach, nahmen die Stadt Nagold ein und belagerten Hohennagold. Nach längerer Beschießung der Burg, wodurch dieselbe sehr stark beschädigt wurde, ergaben sich die Franzosen, erhielten je­doch freien Abzug. Die Belagerung der Burg war namentlich des­halb bedeutungsvoll, weil seitdem die stattliche Burg auf Hohennagold ihre bisherige Festigkeit und ihre Schönheit verloren hat, und wenn die Burg auch nachher wieder einzelne bauliche Verbesserungen erfahren hat, so war doch mit jener Beschießung der alte Glanz dahin. Die letz­ten Jahre des langen Kriegs verliefen ähnlich: Einquartierungen und Plünderungen, Brandschatzungen und brutale Gewaltakte bildeten ihren Inhalt. Und so dürfen wir uns nicht wundern, wenn überaus düstere Bilder über den Zustand nach dem Krieg vor unserem Auge auf­gerollt werden. In den drei Amtsstädten unseres Bezirks waren viele Häuser ganz oder halb zerstört; das einst so blühende Handwerk lag völlig darnieder; aller Verkehr und aller Handel hatte aufgehört. Auf den Dörfern sah es nicht bester aus. Einzelne Dörfer lagen da wie zerstört. Pferde zum Wiederaufbau der Landwirtschaft fehlten ganz; Vieh war ebenso fast ganz verschwunden, da die Soldaten Ochsen und Kühe aus dem Stalle wegholten, ohne daß man irgend eine Entschä­digung dafür erhielt. Don Ettmannsweiler wird berichtet, daß das ganze Dorf von den Einwohnern ganz verlassen sei; die Häuser, die sich in einem sehr verwahrlosten Zustand befinden, seien die Wohnun­gen der Wölfe und anderer wilden Tiere geworden. Man sei außer Stand, die Häuser wieder aufzubauen, da die Leute gar kein Geld mehr haben. Die großen Kriegskontributionen könne man nicht be­zahlen, da keine Leute mehr da seien. Von Schietingen wird berich­tet, daß nur noch ganz wenige Personen anwesend seien. Die Bevöl­kerung hat während des Krieges in sämtlichen Gemeinden stark abge­nommen. Nagold war von etwa 1800 Einwohnern auf 800, Altensteig von 1200 auf 370, Haiterbach von 1000 auf 205 Seelen gesunken. Diese großen Verluste rühren in manchen Gemeinden auch daher, daß vom I. 1635 an die Pest in furchtbarem Maße in unseren Gemeinden wütete, wie ja auch sonst ansteckende Seuchen im Gefolge langer Kriege auf- treten. Man konnte sich fragen, ob sich unser Land und unsere Hei­mat, die so viel gelitten, wie kaum ein anderes deutsches Land aus diesem Elend wieder erheben werde, zumal da Städte und Aemter auch in geistiger Beziehung so viele Einbußen erlitten hatten. Das Schul­wesen, das einen kräftigen Anfang gemacht hatte, lag völlig darnieder. Schule konnte fast gar nicht mehr gehalten werden; es fehlte an Leh­rern, da und dort auch an Schülern. Ebenso war das kirchliche Leben in traurigen Zerfall geraten; manche Gemeinden hatten keine Geist­lichen mehr; zu manchen Zeiten konnten wegen der Soldatenunruhen und wegen der Verwüstung der Kirchen kein Gottesdienst mehr gehal­ten werden. Die Sitten des Volkes waren verwildert; viele hatten keinen Sinn mehr für eine geordnete Lebensweise, für Arbeitsamkeit, für gute Sitten im Verkehr, für Ehrlichkeit gegenüber den Neben­menschen, für Recht und Gerechtigkeit, für Treu und Glauben. Aus den