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Die Bewegung griff aber auch über auf den nördlichen Schwarzwald und erfaßte fast das ganze Unterland, sowie das Fränkische. Die Bauern forderten Befreiung von Abgaben und Fronen, Freiheit der Jagd, der Fischerei und des Holzbezugs aus den Wäldern, gleiches Recht mit den Städten, besonders bezüglich der Vertretung im Landtag, freie Pfarrwahl, deutsche Predigt u. a.; sie begründeten ihre Forderungen mit dem Hinweis auf die göttliche Gerechtigkeit, wie sie durch das Evangelium vorgeschrieben werde. Die Bauern scharten sich in großen Haufen zusammen; mit Trommeln, Pfeifen und Fahnen zogen sie durchs Land. Der Bauernhauptmann Leonhard Schwarz forderte die Leute in einem besonderen Aufruf auf, mit ihnen Bruderschaft zu machen, ihnen die Tore zu öffnen und mit ihnen zu ziehen; dann werde ihnen kein Leid geschehen. Bedroht waren namentlich die Schlösser, die Klöster und die Städte, von denen sie sich hauptsächlich bedrückt fühlten. Die Aemter Nagold und Wildberg, Lalw und das markgräs- liche Amt Liebenzell und andere Aemter wurden schwer betroffen: Im Frühjahr 1525 sammelten sich die Bauern in Rohrdorf und Schwandorf; ein anderer Haufe hatte sich in Neuweiler gebildet; markgräfliche Scharen aus der Gegend von Pforzheim schlossen sich an. Ein vierter Haufe zog das Ammertal herauf und vom Schönbuch herüber; weitere Scharen kamen aus der Gegend von Schramberg. Alpirsbach und Dornstetten waren bereits in ihre Hände gefallen, und nun zogen sie gegen Nagold. Das Schloß Mandelberg bei Bösingen fiel in die Hände der Bauern und wurde gründlich zerstört. Die Nagolder baten dringend um Hilfe und erklärten, wenn ihnen keine Hilfe geschickt werde, können sie sich nicht halten. Schon hatte Calw seine Tore geöffnet; Kloster Hirsau hatte sich durch Wein und Brot mit den Bauern abgefunden; Bulach war in ihre Hände gefallen; die Wildberger wurden mit dem Sturm bedroht; die Stadt ergab sich; das Kloster Reuthin wurde ausgeplündert. Auf Hohennagold schmachtete schon seit 1523 der Prediger Mantel aus Stuttgart, weil er sich offen zur Lehre Luthers bekannt hatte. Die Bürgerschaft von Nagold hatte schon wiederholt Fürbitte bei der österreichischen Regierung für ihn eingelegt; aber es war alles umsonst gewesen. Nun erschienen die Bauern in großen Scharen vor der Stadt; da die Besatzung klein war, mußte sich die Burg ergeben; Mantel wurde befreit.
Freilich zog sich jetzt auch das Gewitter über die aufrührerischen Bauern zusammen. Waren manche ihrer Forderungen auch durchaus berechtigt gewesen, so hatten sie mit ihrem mutwilligen Treiben doch das Maß weit überschritten; auch Herzog Ulrich, der längere Zeit auf diese Bauernbewegung große Hoffnungen gesetzt und mit ihnen Verhandlungen angeknüpft hatte, ja mit seinen Söldnerscharen zu ihnen stoßen wollte, sah sich bitter enttäuscht. Neben vielen Ereueltaten, die sie verübt hatten, war am schlimmsten die Niedermetzelung des Grafen von Helfenstein und seiner Getreuen nach der Einnahme von Weinsberg. Auch Luther schrieb eine heftige Streitschrift „wider die räuberischen und mörderischen Bauern". Der Schwäbische Bund hatte den