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stein. Ohne Feuersteinmesser und -schaber konnte er kein Holzgerät und kein Beinwerkzeug schnitzen, kein Tier abhäuten, kein Fellgewand fertigen. Nun findet sich in unserem Lande Feuerstein als Verwitte- rungsrückstand in großen Blöcken im Nordosten, im Tauber-, Zagst­und Kochergebiet, dann auf der Hochfläche der Alb im Weißen Zura. Dem bevölkertsten Landesteil der Steinzeit, dem mittleren Neckarland mit dem Strohgäu und dem Oberen Gäu, lagen andere Vorkommen näher. Es ist der graue und schwarze Hornstein im mittleren Muschel­kalk des Schwarzwaldvorlandes (s. S. 31) und weißer, gelber oder roter Karneol, der in Form von dünnen Lagen und Knollen weiter westwärts im oberen Buntsandstein sich findet (s. S. 25). Nehmen wir die neue geologische Karte zur Hand, so sehen wir, daß bei Obertal­heim mittlerer Muschelkalk ansteht. Egenhausen ist bekannt durch ein besonders ergiebiges Feuersteinvorkommen auf dem Kapf, und auch Rotfelden und Eültlingen haben hornstejnreichen mittleren Muschel­kalk. Auf der Markung Neuweiler verzeichnet die geologische Karte das reichste Karneolvorkommen des oberen Buntsandsteins zwischen Nagold und Enz, ja fast das einzige bedeutendere überhaupt. Bei Liebelsberg und Bulach tritt verkieseltes Ganggestein zutage, dessen Kupfer- und Silbergehalt schon im 13. Jahrhundert n. Ehr. zu berg­männischem Abbau geführt hat. Endlich muß hier noch ein Steinbeil von Ottenbronn östlich der Nagold genannt werden. Hier ist nach der geologischen Karte das einzige ausgedehntere Vorkommen von Horn­steinstücken als Verwitterungsrückstand des mittleren Muschelkalks.

Dieses regelmäßige Zusammenfallen von Steinbeilfundorten und Hornstein- bezw. Karneolvorkommen kann unmöglich Zufall sein. Die Steinbeile sind vielmehr an den Fundstätten des unentbehrlichen Feuer­steins verloren gegangen, wo man sie während der Gewinnung des lager- oder linsenförmig im Gestein steckenden oder ausgewitterten Feuersteins gebraucht hatte. Tatsächlich findet man gerade dis hier vorkommenden Gesteine in den steinzeitlichen Siedlungen des Neckar­landes. Mit dem Bekanntwerden der Metalle, der Bronze und des Eisens, war das Bedürfnis nach Feuerstein geschwunden. So erklärt es sich, daß nach der Steinzeit niemand mehr so weit westwärts vor­drang. Die steinzeitlichen Fundstellen Rotfelden, Egenhausen, Neu­weiler und Liebelsberg bilden auf der Fundkarte die am weitesten nach Westen im Buntsandsteingebiet des Schwarzwaldes gelegenen Spuren der vorgeschichtlichen Bewohner des Landes.

Me wir uns die Gewinnung des Feuersteins zu denken haben, ist noch unsicher. Möglich erscheint jedenfalls, daß wenigstens in der gün­stigen Jahreszeit an den Fundstätten sich ständig Leute aufhielten, die gewerbsmäßig den Stein sammelten, um ihn den Händlern zu über­geben oder selbst damit hausieren zu gehen. So ließe sich auch das Grab von Rotfelden erklären.

Daß jene Steinzeitmenschen, die auch nach unserer heutigen Kennt­nis besten Fundstätten des Hornsteins und Karneols im Randgebiet des nördlichen Schwarzwalds entdeckt haben, ist ein Beweis für ihre