133
sie einen festen, nicht bloß vorübergehend benutzten Wohnplatz darstellt, durch den der Mensch an die Scholle gefesselt wird. Dieser Wohnplatz kann aus einem oder mehreren oder vielen Gebäuden bestehen, in denen eine kleinere oder größere Zahl von Menschen wohnt. Doch immer bilden die Häuser eine gewisse Einheit. Ferner gehört zur Siedlung ein Stück Grund und Boden, bei Ortschaften eine Markung und endlich weist sie einen bestimmten wirtschaftlichen Charakter auf: Der Dürrenhardter Hof dient der landwirtschaftlichen, die Stadt Nagold hauptsächlich der gewerblichen Eütererzeugung.
Welches sind nun die Hauptmerkmale einer Siedlung? Das wichtigste und in die Augen fallendste ist ihre Eröße, d. h. ihre Bewohnerzahl. Nach ihr gestaltet sich wesentlich das Ortsbild, das klein und bescheiden oder bei Großstädten von gewaltiger Ausdehnung sein kann. Von entscheidender Bedeutung ist ferner ihr wirtschaftlicher Charakter, ob der Schwerpunkt der Betätigung der Bewohner auf Land- oder Forstwirtschaft, auf Gewerbe und Industrie oder aus dem Handel liegt. Schon das Ortsbild gibt meist hierüber Auskunft. Wir werden unten zu untersuchen haben, in welchem Verhältnis Bevölkerungszahl und Beschäftigung der Bewohner zueinander stehen. Nicht unwichtig ist die Form der Siedlungen, d. h. die Anordnung der Gebäude. Vom Einzelhof bis zur Großstadt mit ihrem Häusermeer kommen viele Uebergänge vor. Endlich ist noch die Flu r- form zu nennen, die Einteilung der Feldmark, die entweder stark zerstückelt oder beim Einzelhof ein einheitliches, abgeschlossenes Ganzes ist.
Zn welchem Verhältnis steht nun die Siedlung zur Gemeinde? Die württembergische Eemeindeordnung von 1906 sagt: „Jede Gemeinde muß einen räumlich abgegrenzten Bezirk haben, welcher aus einer oder mehreren Markungen bestehen kann. Jeder Teil des Staatsgebiets muß einem Eemeindeverband angehören". Jede Gemeinde muß somit einen bestimmten Bezirk als ihr Herrschaftsgebiet aufweisen und muß innerhalb desselben mindestens eine Markung besitzen. Meist fällt Eemeindebezirk und Markung zusammen. Als Körperschaften des öffentlichen Rechts sind die Gemeinden Träger von Rechten und Pflichten. Sie sind die kleinsten politischen Einheiten, die Zellen des Staatskärpers, die „Grundlagen des Staatsvereins" wie die alte württembergische Staatsverfassung sagt. Siedlung und Gemeinde fallen zusammen, wenn es sich um eine geschloffene Ortschaft mit eigener Markung und selbständiger Verwaltung handelt wie etwa Mindersbach. Häufig aber ist die selbständige Siedlung Teil einer Gemeinde und bildet mit noch einer oder vielen eine politische Einheit wie dies bei der Gemeinde Enztal mit ihren zahlreichen Einzelsiedlungen der Fall ist.
Die Gemeinden sind aber auch wie der Staat wirtschaftliche Einheiten mit eigenem Haushalt, der in Einnahmen und Ausgaben im Gleichgewicht zu halten ist, mit einer Markung als Lebensraum, mit landwirtschaftlichen und verschiedenartigen gewerblichen Betrieben, die