II
Wie kommt es nun, daß man bei uns nur so wenig Gips und fast nur tief in der Erde findet? Zerreiben wir den Gips sehr fein, so können wir in 1 Liter Regenwasser über 2 Gramm auflösen, in einem Kubikmeter 4,5 Pfund. Geologisch betrachtet ist er sehr leicht löslich. Denn auf jedem Quadratmeter Boden fallen bei uns jährlich '/, Kubikmeter Regen (und Schnee), die etwa 3 Pfund Gips auflösen könnten. Wenn nun auch ein großer Teil des Regenwassers verdunstet und der Rest nicht soviel Gips auflöst, wie es eigentlich möglich wäre, so verstehen wir doch, daß nach wenigen 1000 Zähren ein Eipslager von 1 Meter Dicke verschwunden, d. h. aufgelöst sein muß. Und wenn nun auch unser Eipslager 20—30 Meter dick war, so genügten die langen Zeiträume, während welcher das Wasser an seiner Zerstörung arbeitete, um es fast ganz zu vernichten. Nur wo eine mächtige schützende Decke dem Wasser den Zutritt zum Gips wehrt oder wenigstens erschwert, ist noch Gips in größerer Menge zu finden. Wegen seiner großen Löslichkeit muß er bei uns durch Bergbau gewonnen werden.
Noch viel schlimmer ist es mit dem Salz. In 1,5 Liter Wasser können wir über 1 Pfund Salz auflösen, 160mal mehr als bei Gips. Deshalb können wir bei uns nirgends mehr Salz an der Erdoberfläche erwarten. Nur wo eine mächtige undurchlässige Eesteinsdecke das Wasser abhielt, kann man es noch erbohren und ausbeuten, so bei Heilbronn, Kochendors, Rottweil. Wo aber das Wasser zum Salzlager hinabdringt, löst es Salz auf und tritt dann als Salzquelle zutage (Sulz a. N.). Heute gibt es in unserem Bezirk kein Salz mehr. Ein etwa 10 Meter dickes Salzlager ist völlig verschwunden. Und doch haben auch wir ein Sulz. Der Name spricht dafür, daß dort noch in geschichtlicher oder mindestens vorgeschichtlicher Zeit eine Salzquelle sprudelte. Der Name hat sich erhalten. Von der Salzquelle aber weiß man nichts mehr. Sie war die letzte im Bezirk, die Salz förderte. Heute ist alles Salz aufgelöst.
Woher kommen nun Salz und Gips? Das Wasser, das sie auflöst oder auflöste, führt sie zum Meere. Das Meerwasfer ist salzig. Es enthält etwa 2,7 Prozent Salz und 0,14 Prozent Gips. Lasten wir eine 1 Meter hohe Schicht Meerwaster eintrocknen, so bildet sich am Boden eine Salzschicht von 1—1.5 Zentimeter Dicke. Wenn nun in einem abgetrennten Meeresbecken ebensoviel oder mehr Master verdunstet als zufließt, so reichert sich die Menge des Gelösten an. Sobald sie bei Gips auf '/.»« der Wastermenge steigt, bildet sich am Boden des Meeres ein Niederschlag von Gips. Viel länger dauert es, bis Salz ausfällt. Das geschieht erst, wenn in einem Kilogramm Meerwaster mindestens 270 Gramm Kochsalz enthalten sind. Dazu müßten die heutigen Meere "/»»ihres Wassers verlieren. Am Ufer und am Grunde des Toten Meeres bildet sich heute ein Salzlager.
Salz und Gips bei uns sind also die Ueberreste eines früheren Meeres. Rund 30 Meter Gips und 10—12 Meter Salz mögen einst bei Nagold entstanden sein. Heute ist alles Salz und der meiste Gips in unserem Bezirk verschwunden und wieder seiner Urheimat zugewandert, zum Meere, seinen großen Kreislauf zu vollenden.