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und Abgeschlossenheit gar nicht zum Bewusstsein kommen konnte, und daß Deutschland, das vor dem Krieg Jahr für Jahr noch Hol; einführen musste, einen großen Teil seiner Waldfläche durch den Friedensvertrag hat bergeben müssen.
Und gerade für unseren Bezirk bat der Wald noch eine andere Bedeutung, die wir nicht gering achten dürfen. Wenn er auf der einen Seit« Tausenden der Bewohner Gelegenheit zur Arbeit und Verdienst gibt und in seinen Schätzen an Beeren und Pilzen sogar einen Zuschuss zur Mahlzeit liefert, so kommen auf der anderen Seite Jahr für Jahr Taufende von Erholungsbedürftigen und Kranken, die in der herrlichen Waldluft Erfrischung und Genesung finden. All di« vielen Bäder, Kurorte und Sommerfrischen unseres Bezirke wären ohne Wald gar nicht denkbar, und für sie all« ist es von größter Tragweite, ob der Wald gepflegt wird oder verwahrlost.
Unser arm gewordenes Vaterland ist darauf angewiesen, di« Kraft und Leistungsfähigkeit des Waldes zu erhalten und nach Möglichkeit zu steigern, und darf sich niemals freiwillig dazu hergeben, an ihm Raubbau zu treiben zu Gunsten der augenblicklichen Gegenwart auf Kosten unserer eigenen Zu- kunst.
58. Beim Köhler im liefen IValäe.
Wir wandern im ti«fen, abgelegenen Waldtale der kleinen Enz, fernab von den menschlichen Wohnstätten. Mit wonnigem Behagen schlürfen wir in vollen Zügen den würzigen Duft der Tannen. Plötzlich ist es uns, als mische sich dieser mit einer andern, scharsbeißenden, brenzlichen Luft. Ein feines, weißblaues Räuchlein verdichtet sich zur kleinen Wolke, und ein Mann mit rußigem Gesicht und großem Schürhaken in der Hand steht plötzlich vor uns. Es ist der Köhler, vor dessen Meiler wir angckommen sind. Auf einem etwa IO Meter im Durchmesser haltende» Kreise, der von Moos, Gräsern und Blumen befreit ist und wie ein Hexentanzplatz in die grüne Waldesherrlichkeit hineingebettet liegt, hat der fleißige Mann allerlei Hölzer, meist Abfallholz wie Gipfel und Aste aufgeschichtet, um Holzkohlen daraus zu gcwin- nen. Auf unsre Bitte erzählt uns der Köhler, wie dies zugeht. Bis aus dem Holze Kohlen werden, sagt er, dauert es recht lange, und die Arbeit ist nicht einfach und leicht. Man muss 75 —5O odm Holz herbeischaffen, aus denen ebenso viele Zentner Kohle gewonnen werden können; 6 — 8 Wagen Holz geben einen Wagen Kohle. Das Aufsehen des Holzes will verstanden sein. Zuerst werden in der Mitte des Kreises 7 Stangen von 7 rn Länge senkrecht in die Erde getrieben und mit Flechtwerk verbunden, so daß sie einen Hohl- schacht, das Luftkamin, bilden. Um den Schacht wird dann das Hol; gelegt, leicht geneigt, so daß cS schief anstcht. Um diesen «rsten Ring kommt ein zweiter Ring und ein dritter und so fort, bis sich ein Bau vom Durchmesser des Platzes gebildet hat. Auf diesen strahlenförmig angeordneten Holzscheiten liegen in wagrechter Richtung wieder Scheite. Dann kommt noch eine dritte Schicht