145

wurde diese noch vertieft durch die unterwühlende Tätigkeit des Masters. Früher mag wohl ein gewaltiges Master seinen Weg durch die Felsen unter donnerndem Toben und Brausen hinaus ins Haupttal gesucht haben. Jetzt ist der wilde, un­bändige Geselle ein zahmes Bächlein geworden. Die ganze Schlucht ist übersät mit wirr durcheinander geworfenen Felstrümmern. Auf einzelnen Felsblöcken fristen kleine Buchen und Tannen ihr kümmerliches Dasein. Mit ihren Wurzeln den Stein umklammernd, trotzen sie den Elementen. Die vom Master umrauschten Felsblöcke sind mit einem saftiggrünen Moosteppich bedeckt, auf dem sich die zarten, weißen Blümchen des Sauerklees wie reizende Stickereien ausnehmen. Den Bach­rand umsäumt eine goldfarbene Girlande, gebildet von leuchtenden Dotterblumen. Hinter ihnen beginnen die feingegliederten, zartgefiederten Farnkräuter ihre schnek- kenförmig aufgerollten Wedel zu entfalten. Mächtige, säulenschlanke Tannen ragen aufwärts dem Lichte zu, das nur spärlich in die Schlucht dringt. In lustigen Freudensprüngen hüpft das Bächlein von Stufe zu Stufe und bildet bald größere bald kleinere Wasserfälle. Bald engen die Felsen seinen Laus ein, bald geben sie ihm den Weg frei; das Bächlein wird breiter und teilt sich in mehrere Arme. Ein Teil des Wassers setzt in kühnem Sprung über die Felsen weg, das übrige läuft vorsichtig um diese herum, und schließlich vereinigt sich alles wieder in einem weiter abwärts gelegenen Becken. Mitunter versickert ein Teil des Wassers in einer Felsenspalte und schießt weiter unten gurgelnd wieder hervor, wie aus dem Rachen eines Ungetüms. Hier gleitet das Bächlein über schiefliegende Felsen, dort träufelt es herab gleich Perlenschnüren, nun wird eS von einer Felswand zur andern ge­worfen, wobei das Wasser schäumend nach allen Seiten spritzt. Und stehe, dort eilt es in Windungen von der Höhe herab wie eine Silberschlange. Bis zu den grö­ßeren Wasserfällen sind die Erweiterungen und Vertiefungen des Bachbettes, die Becken oderGumpen" belebt von dem Fische des Waldbaches, der flinken Forelle, die bei unsrem Nahen blitzschnell vorbeihuscht.

da möchtest du weilen, du Wellenkmd doch husch! mußt du eilen! was regt sich, bewegt sich?

Es nah'n dich zu fah'n

Ein Schatten, ein Wind!

Forelle so schnelle, so blihgeschwind, du ziehest, du fliehest,

wo Menschen nicht sind! Doch hier in der Sonne da fühlest du Wonne,

Oskar Eisenmann.

Der Wanderer schreitet zwischen dunkelgrünen Tannen und zerstreuten Fels- trümmern neben dem Bächlein her, auf schwankenden Holzbrücklein von einem Ufer zum andern geleitet. Tief ergriffen von dem Reichtum an Schönheit, der sich im engen Waldtälchen zusammendrängt, bleibt er oft wie gebannt stehen und kann sich kaum satt sehen an den lieblichen und großartigen Bildern, die sich seinem wonnetrunkenen Auge erschließen.

Fragst du nach dem Namen des Waldbächleins? Gehe hinaus zum Monbach, Schlittenbach, Kollbach, Schweinbach, Rötelbach, Ziegelbach, Blindbach, überall findest du dasselbe liebliche Bild!