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unter Herzog Karl Eugen wurde die Sommerschule von 2 auf Z, später aus 4 Tage ausgedehnt. Wie oft dieselbe wohl „geschwänzt" worden sein mag, ist daraus ersichtlich, daß in Deckenpfronn selbst im Winter (1759) noch 22 — 42 Schulversäum- niffe auf ein Kind kamen. Den Sommer über waren die „Hütebuben", die Vieh, Pferde und Schweine auf Kohläcker und in Wälder trieben, nicht von der weiten freien Natur in eine enge Bauernstube zu bannen. Ein Schulhaus war nur in den Pfarrdörfern vorhanden, und selbst hier konnte es erst unter Herzog Karl soweit gebracht werden, daß eigene Schulfäle erbaut wurden. In Deckenpfronn waren die Schüler bis zur Errichtung eines Schulsaals über der Fleckenschmiede (1742) im Haus des jeweiligen Schulmeisters oder in Bauernstuben „ganz übel logiert". Die Lehrer am Sitz der Pfarreien hatten den Titel „Mutterschulmeister". Sie verfügten über eine ungenügende Bildung, die sie gewöhnlich als Lehrlinge bei ihrem Vater oder bei einem Lehrmeister erwarben. In Zavelstein waren im Laufe von fast 122 Jahren nur Z „Mutterschulmeister" tätig: Niklas der Ältere vererbte den Dienst auf seinen Sohn, dieser aus seinen Schwiegersohn Mammel. Der vielbeschäftigte Mammel, der winters 92—122, sommers 82 — 92 Kinder unterrichtete (darunter auch die Sommenhardter, die erst 1828 eine eigene Schule bekamen) war noch Mesner, Heiligenpfleger, Kirchspielepfleger, Zoller, Organist in Zavelstein und Teinach, zeitweise auch Schultheiß. Trotzdem mußte er sich noch der Ökonomie widmen, um seine Familie zu ernähren! In den Filialen wurde die Jugend von „Filialschulmeistern", meist ungebildeten Bauern oder Handwerkern, unterrichtet. Im Jahre 1722 waren von 21 Lehrern des Calwer Amte 12 „Engelsaitknappen" oder Zeugweber, die in ihrer schulfreien Zeit Tuche für die Calwer Zeughandlungskompagnie woben. Viele Filialschulmeister stammten von Haiterbach. Da sie kein Schulhaus zu bewohnen hatten und nicht so viel verdienten, um eine Familie zu ernähren, waren sie meist ledig. (Ein Rötenbacher „Filialschul- ineister" wurde mit 15>L Jahren angestellt.) Sie halten mit den schwierigsten Verhältnissen zu kämpfen. Neben ihrem mageren Gehalt bekamen sie noch freie Kost. Sie wurden „herumgeätzt", d. h. sie aßen abwechslungsweise bei den Eltern ihrer Schüler. Wer auf Ordnung und fleißigen Schulbesuch drang, wurde gewöhnlich nimmer gewählt. Gelehrt wurde außer viel Religion ein wenig Lesen, Schreiben und Rechnen. Gegen die Einführung anderer Fächer sträubten sich die Eltern. Als im Jahre 1822 im Zavelsteiner Kirchspiel noch Aufsatz getrieben werden sollte, wendeten sich die Eltern dagegen, „welche keinen Nutzen davon ein- schen können und in der Stille laut klagen, der Schulmeister lehre die Kinder Dinge, welche nicht zum Christentum gehören". Ein anschauliches Bild der Zustände in den Filialen gibt uns folgender Bericht von dem Schulbetrieb in Unter- haugstett zur Zeit des Herzogs Karl:
„Bis zum Jahre 1768 sah es in Unterhaugstett um das Schulwesen erbärmlich aus. Der Mutterort Möttlingen war zu entfernt, als daß, zumal auf einem ganz schlechten Wege, die jüngeren Kinder die dortige Schule, worein sie gehörten, hätten fleißig und mit Nutzen besuchen können. Deswegen dingten die Einwohner von Zeit zu Zeit einen sogenannten Schulmeister, fast so, wie sie alljährlich einen Viehhirten bestellten. Zeigten sich mehrere Dienftlustige, so war das ein alt her-