Um die sechste Stunde wurde zur Sert, dem Mittagsgottesdienst, gerufen.
Danach läutete der Prior zum Essen, das man im Refektorium einnahm. Bevor die Mönche den Speisesaal betraten, gingen sie zum Brunnen im Kreuzgang, um sich die Hände zu waschen. Während das Waschen nach den beiden ersten Gottesdiensten des Tages freigestellt wurde, war die Reinigung vor Tisch Vorschrift. Nach dem Händewaschen trat jeder an seinen Platz. Unter Glockenläuten wurde der 51. Psalm still gebetet. Darauf sprach der ganze Chor das Benedicite, dann Halbchor gegen Halbchor das Gloria und das Kyrie eleison; den Schluß bildete ein halblautes Vaterunser. Jetzt betete der Wochenpriester: „Wir flehen, Herr, segne deine Gaben!" Darauf bekreuzten sich alle, nahmen Platz und griffen zu.
Das Mittagessen bestand gewöhnlich aus zwei gekochten Gerichten. Die Regel Benedikts sagt: „Wir erachten, daß Zwei gekochte Gerichte ausreichen, und zwar mit Rücksicht auf die schwachen Mägen, daß, wer von dem einen nichts essen darf, sich an das andre halten könne. Gibt es Obst oder Gemüse, so mag ein dritter Gang hinzugefügt werden." Brei und Gartengewächse wurden bevorzugt. Fleisch von vierfüßigen Tieren sollten nur Schwache und Kranke erhalten. Geflügel und Fische scheinen von Anfang an erlaubt gewesen zu sein. Außerdem erhielt jeder täglich ein Pfund rauhes Schwarzbrot und auf Wunsch ein Viertelliter Wein» der mit Wasser vermischt getrunken wurde. „Wem aber Gott die Gabe völliger Enthaltung geschenkt, der wisse, daß er einen besonderen Lohn im Himmel hat," sagt Benedikt.
Im Winterhalbjahr gab es nur diese eine Mahlzeit, im Sommer kam ein Abendessen hinzu. Frühstück wurde nur auf ausdrückliche Anordnung des Abtes bei besonders schwerer körperlicher Arbeit gereicht.
Die Überreste des Mahles und die drei für die Verstorbenen aufgestellten Portionen verteilte man an die Armen.
Während des Essens war strengstes Stillschweigen zu beobachten. Wer sprach, wurde mit Entziehung des Weines oder der ganzen Mahlzeit, ja mit körperlicher Züchtigung bedroht. Auf der Kanzel des Refektoriums las über Tisch
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