zehnten einen durchaus guten Fortgang nahm. Der „Gesellschafter", oder wie derBolks- mund sagte, das „Nagelder Blättle", fand den Weg in immer mehr Häuser und wurde ein wcrtgeschätzter Hausfreund, ohne den man nicht mehr sein konnte. Auch der G ei st, der aus dem Blatt sprach, fand den Beifall der Leser; von Polemik und Streitigkeiten politischer und konfessioneller Art hielt er sich grundsätzlich fern; hatte er früher der Zeitlage entsprechend mehr eine kleinstaatliche Richtung verfolgt, so trat er je länger je mehr auch für den deutschen Gedanken ein; für die Ehre seines Vaterlandes hat sein Herz allezeit wann geschlagen, aber Parteihadcr lag ihm ferne. Die Kriegsjahre 1866 und 1870 haben dem Blatt eine namhafte Vermehrung der Abonnentenzahl gebracht, da man in solchen kritischen Zeiteil erst recht erkannte, wie notwendig ein Blatt ist, das über die neuesten Ereignisse zuverlässig orientiert. Die Leserzahl betrug jetzt etwa 1100. Ein Stab von treuen Mitarbeitern aus Stadt und Land stand dem Redakteur zur Seite. So wurde der Inhalt immer vielseitiger und reichhaltiger: Die Berichterstattung über die politischen Vorgänge, die längere Jahre unter der Ueberschrift „Der Wetterwart" besprochen wurden, fanden eine ausgedehntere und gründlichere Würdigung. Hiezu traten politische Leitartikel und die gut orientierende Wochenschau; unter der Rubrik „Aus Stadt und Land" wurden bcmerkeuswerte Ereignisse in Nagold und in den Bezirks- und Nachbarorten vorgeführt. Durch Anzeigen und Berichte diente das Blatt dem Fortschritt und Wcilerausbau des wirtschaftlichen Lebens und den mancherlei Vereinen in Stadt und Land, dem Gewerbeverein, dem landwirtschaftlichen Verein, den Gesang-, Turn-, Militärvereinen, der Feuerwehr und anderen Bereinigungen und Veranstaltungen, ebenso der Kirche und den christli- ihre Berücksichtigung und
chen Vereinen und . Würdigung gesunden hätten.
Einrichtungen. Auch brachte das Blatt ge-
Wurdcn Feste n. diegene Aufsätze wisscnschaft-
Feicrn veraustal- licher 'u^^^linte Stoffe
Berichte; den Kon- ^ der Geschichte, neue Funde,
zerteil und Vor- ! M ^ A: neue Entdeckungen auf den
trägen des Semi- ; ssLA verschiedensten Gebieten kamen
liche Darlegungen - sonders war es das Gebiet
und Würdigungen der Heimatgeschichte u. Heimat-
gewidmet; dem Kunde überhaupt, worüber in
Schulwesen u. den einer größeren Anzahl von
Schulversammlun- Abhandlungen berichtet wurde,
gen wurden ebenso Die Interessen der Landwirtin eingehenden schaft mit ihren verschiedenen
Ausführungen die Nebenzweigen (Bienenzucht,
Spalten geöffnet. I Obstbau, Viehzucht) vertrat
Kurz, es war kein Z ' -das längere Zeit erscheinende
Gebiet des öffent- - Wochenblatt „Der Schwäbische
liehen und privaten „ Landwirt". Die Freude an
Lebens, dessen . . (Mer Unterhaltung wurde ge-
Borgänge nicht im n°ä->kteur s. steinw-maei »ährt ebenfalls durch eine be-
„Gesellschafter" sondere Beilage, die eine
Zeitlang „Das deutsche Untcrhaltungsblatt", lange Jahre hindurch (von 1886 an) P l a n d e r st ü b ch e n hieß, das erst durch den Weltkrieg sein Erscheinen
einstcllcn mußte; dasselbe bot längere, spannende Erzählungen, kürzere Anekdoten, Abhandlungen aus der Geschichte, Gedichte, Smusprüche, Rätsel u. a. Gewiß, eine reiche Fülle guten Inhalts aus den verschiedensten Lebens- und Wissensgebieten, wodurch Verleger und Redakteur bemüht waren, dem Zweck einer guten Zeitung und den Wünschen und Bedürfnissen des Publikums immer mehr gerecht zu werden.
Die Wertschätzung des Blattes seitens der Oeffcnllichkeit trat darin zutage, daß die Zahl seiner wöchentlichen Nummern immer größer wurde. Nachdem es von 1865 au wöchentlich 3 mal ausgegeben worden war, erschien es seit 1895 4 mal, von 1902 an 5 mal und seit 1905 6 mal. Der „Gesellschafter" ist so zu einer eigentlichen Tageszeitung geworden. Nach Einführung der Reichsmark am 1. Juli 1875 betrug der halbjährliche Preis in der Stadt 1 Mk. 60 Pfq., für den Bezirk 2 Mk. und für auswärts 2 Mk. 40 Pfg.
Im Jahre 1886 übernahmen die beiden Söhne der Frau Zaiscr, Emil u n d Julius Zaiser, das väterliche Geschäft; der letztere hat sich indes 1893 vom Geschäft zurückgezogen. Das genannte Jahr brachte aber dem Hause Zaiser einen schweren Schlag. In der Nacht vom 17./18. Sept. wurde die Stadt von einem furchtbaren Brandunglück heimgesncht; ein großer Häuserkomplex um den alten Kirchturm brannte nieder; das Zaiser'sche Anwesen wurde ein Raub der Flammen; auch die Druckereicinrichtung mit Maschinen, Vorräten und Büchern wurde vom Feuer vernichtet. Unter anderein wurde das damals im Druck befindliche Rechenbuch von Oberlehrer Klunzinger — das waren allein 60000 Druckbogen — von den Flammen verzehrt. Auch sämtliche, von 1827 an erschienenen „Gesellschafter" gingen zugrunde.
Da mußte der „Gesellschafter" sei»
Erscheinen auf einige Tage einstellen. Vorübergehend fand das Geschäft in dem Notgerber Kappler'- scheu Haus, die Redaktion im Gasthaus zur „Schwane" und ein weiterer Teil des Geschäfts bei Metzger Weber freundliche Aufnahme. Auch befreundete Geschäftssinne» traten der Familie Zaiser in ihrer Not hilfreich zur Seite. Der erste, der sich hierbei zur Verfügung stellte, war Bnchdruekcreibesitzer Lindenberger in Leonberg. So konnte der „Gesellschafter" schon nach wenigen Tagen, wenigstens in kleinerem Umfang sein Erscheinen wieder aufnehmen. Bald erstand aus Schult und Asche ans dem Platz des früheren das neue Haus, das noch im Spätsommer 1894 bezogen werden konnte. In den größeren, schöneren und zeitgemäßeren Räumen des neuen Gebäudes konnte sich nun auch das Geschäft noch weiter ansdchncn. Das Bleiben Steinwandels auf seinem Posten war freilich in dem neuen Hause nicht mehr lange. Aus Gesundheitsrücksichten sah er sich noch im selben Jahre genötigt, ;von seiner Tätigkeit zurückzutreten, in der er über 40 Jahre lang seiner Geschäftssinn» treue und erfolgreiche Dienste geleistet hatte
Welch hohe Wertschätzung er im Zaiser'schen Hause und bei seinen Mitbürgern genossen hatte, war bei den mancherlei Ehrungen, die ihm anläßlich der Feier seiner 25 jährigen Tätigkeit als Redakteur von allen Seiten dargebracht wurden, zu Tage getreten. Er starb am 30. Jan. 1898 in Nagold.
Für die Redaktion hat in den folgenden Jahren die gezeichnet, deren In
haber Emil Zaiser war. Unter seiner umsichtigen und allezeit entgegenkommenden Leitung nahm das Geschäft einen neuen Aufschwung:
„Der Gesellschafter" paßte sich noch zweckmäßiger an die Zeit- bedürsnisse und lau die Wünsche der Leser an und ganz besonders blühte der Buchhandel und der Geschäftsgang des Hauses empor. Das in vielen Tausenden von Exemplaren verbreitete Rechenbuch dcs unlängst verstorbenen Scminarobcr- lehrers Klunzinger war bis zum Brand im Jahre 1893 bei Zaiser im Verlag; Kirchen, für Gemeinden.
Kurz
luisc Zaiser geb. Har.1t
das Geschäft dehnte unter
Firma G. W. Zaiser desgleichen von demselben Verfasser „Geschichtsbilder für Volksschule" 1897 und „Bilder aus der württembergischen Geschichte" 1898, ebenso der „Geologische Führer für Nagold und Umgebung" von Oberleutnant W. Kranz, cine„Ober- amtsbcschreibung dcs Bezirks Nagold" 1895; „die Flora des hiesigen Schloßbcrgs" v. Prof. Schwarzmaier 1899. Ebenso befaßte sich das Geschäft mit Drucksachen aller Art, für Private, für Beamtungen, für Schulen, für Leitung des noch
Bramiplatz 189'L
lebenden Herrn Zaiser senior und seiner im gleichen Sinn tätigen Ehegattin geb. Deuschle seinen Geschäftsbereich noch mehr ans und nahm einen sehr beträchtlichen Aufschwung.
Von 1902 an redigierte K. Paur die in Rede stehende Zeitung, indem er sich an die bewährten bisherigen Grundsätze anschloß. Derselbe führt seit dem Jahr 1914 eine eigene Buchhandlung in Freudenstadt, wie auch noch andere tüchtige Männer, die jetzt in leitender Stellung stehen, aus dem Geschäft hervorgegangen sind. Die Familie Zaiser selbst ist in jenen Jahren von einer schmerzlichen Heimsuchung betroffen worden. Von den beiden Söhnen wurde der ältere, Hugo Zaiser, 19 Jahre alt, durch eine jäh verlaufende Krankheit den Eltern entrissen, nachdem er die Reifeprüfung ehrenvoll bestanden hatte und in eine Stuttgarter Buchhandlung eingctreten war, um sich auf die Uebernahme des väterlichen Geschäfts vorzubereiten.
So übergab der Vater am 1. Juli 19l3 das Anwesen seinem zweiten Sohn, Karl Zaiser, damals 29 Jahre alt. In seinen Händen befindet sich seitdem Haus und Geschäft. Auf den gesunden bisherigen Geschäftsgrundsützen weiterzubauen und seine Zeitung immer mehr an die Bedürfnisse der Zeit und der Leser anzupassen, ist auch sein leitender Grundsatz. Die Abonnentenzahl ging rasch in die Höhe; bald war ein Leserkreis von über 3000 Abonnenten erreicht. Da brach der Weltkrieg aus. Der Geschäftsinhaber wurde sofort unter die Fahne gerufen und mußte dem Geschäft fernbleiben bis zum Ende des Krieges. Das Geschäft führte in dieser schweren Zeit die Gemahlin des Inhabers. Frau Emilie Zaiscr geb. Knödel. Ueber die Ereignisse auf den Kriegsschauplätzen wurde» wir stets rasch und sicher unterrichtet. Telegramme, Extrablätter und Anschläge am Geschäftshaus und an anderen geeigneten Orten hielten uns täglich auf dem Laufenden. In diesen aufregenden Jahren lernte man den hohen Wert und die Notwendigkeit einer täglich erscheinenden Zeitung erst recht schätzen; man wartete jeden Tag sehnlichst auf die Zeitung. Der Verlag des „Gesellschafter" nahm in diesen langen Jahren die unzähligen Bitten und Veröffentlichungen des Noten Kreuzes zum Besten der verwundeten Krieger und der Unterstützung der im Feld stehenden Soldaten und ihrer Angehörigen in der Heimat gerne kostenlos und uneigennützig auf. Es ist uns auch noch allen im Gedächtnis, wie der „Gesellschafter" unsere schmerzlichen Trauerkunden über den Verlust von Söhnen, Gatten, Brüdern. Freunden und Bekannten in Stadt und Land zur Kenntnis brachte. Das Geschäft selbst hat durch den Krieg einen langjährigen, trenbewährten Schriftsetzer, Otto Dürr, verloren; das^war ein recht schmerzlicher Verlust für das Hans. Dagegen dursten die andern ausmarschierten Glieder des Personals, Ernst Reichert, Paul Koch und Wilhelm Stickel, letzterer nach längerer Gefangenschaft, wohlbehalten ans dem Felde zurückkehren, wie sie auch heute noch in der Zaiser'- schcn Bnchdruckcrei tätig sind. Den Faktor des Geschäfts, Karl Reichert, der wie die Genannten seit laugen Jahren sich im Geschäft befindet, hatte die Firma Zaiser über die ganze Kriegszeit behalten dürfen.
Die Zeit nach dem Krieg brachte auch für die Presse mehrfache Neuerungen. „Der Gesellschafter" bekam nicht nur ein größeres Format; er wurde auch in seiner Anlage und seiner ganzen Aufmachung au die neuzeitlichen Formen der Zeitung angepaßt. Znm Zweck möglichster Uebersichtlichkeit und um dem Leser einen möglichst rasche» Ueberblick über die Tagesereignisse zu gewähren, ist nunmehr ein kurzer „Tagcsspiegel" voransgeschickt; das wichtigste Tagesereignis ist mit großen Lettern herausgestellt: der ganze Inhalt des Blattes ist unter kurze, geeignete Rubriken gebracht; der Inhalt des einzelnen Zeitungsberichtes ist in einer Ueberschrift oder i» einem Stichwort angedentet. Unter der Rubrik „Ans Stadt und Land" werden die für das Blatt besonders wertvollen Tagcsneuigkeiten aus der Stadt, sowie aus den Bezirks- und Nachbarorten aufgeführt. Die „Letzten Nachrichten" orientieren über das Allerneueste. Berichte über Sport und Spiel, Kurs-, Markt- und Preisberichtc, sowie standesamtliche Nachrichten schließen diesen Teil. Fortlaufende Erzählung befriedigen das Lcscbediirfnis. Inserate, die einstigen „Intelligenzen", bilden den zweiten Teil. Eine Nummer umfaßt jetzt 4, 6 und 8 Seiten