Amts- und Intelligenz-Blatt für den Obrramts-Bezirk Nagold.

PU 104.

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Dienstag 3. Septemöer

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1895.

Amtliches.

Nagold.

Bekanntmachung,

Floßsperre betreffend.

Laut Mitteilung des K. Oberamts Neuenbürg vom 30. d. Mts. ist durch Entschließung des K. Kreis-Regierung vom 21. d. Mts. Floßsperre für die große Enz vom Poppelthal bis zum Böhmles­wehr mit Wirkung bis zum 9. September d. Js. verfügt worden.

Den 31. August 1895.

K. Oberamt. Vogt.

"Die Aufstellung des Distriktsarztes Dr. Bornitz in Altensteig als Orts- und Armenarzt in Aichhalden, Ober­amts Calw, wurde bestätigt.

Die Aufstellung des Stadtarztes Zipp erlen aus Wild­berg als Orts- und Armenarzt von Holzbronn, Oberamts Calw, wurde bestätigt.

Den Toten von Sedan.

Nachdruck verboten.

Die patriotische Erinnerung ist das köstlichste Gut der Völker. Die Heldenthaten der Väter entflammen die Jugend, die großen Ereignisse in der Geschichte unseres Vaterlandes predigen uns die Gerechtigkeit, den Lohn der Treue und der Tapferkeit. Vor allen Dingen bietet sich in dem hochseligen Kaiser Wilhelm I. ein leuchtendes Beispiel eines Mannes, der Großes und Gutes erreicht hat, nach langem vielbewegtem Leben, der anspruchslos nicht danach strebte, berühmt zu werden, der aber der Große und der Siegreiche geworden ist, weil er seinen Beruf als einen göttlichen Auftrag erkannte, und weil er jedesmal auf der Stelle, aus welche ihn die Vorsehung gestellt hatte, fest und treu stand und seine volle Schuldigkeit that.

Wohl einer der schwersten Tage war für Se. Majestät der Tag von Gravelotte. Da führte der greise Held Wilhelm selber die Seinen, da war er Deutschlands Feldmarschall. Wie bei Königgrätz sah man auch dort ihn im dichtesten Kugelregen und Fürst Bismarck, wie der Kriegsminister v. Roon mußten ihn bitten, sich zu schonen. Und abends finden wir den Sieger in einem ärmlichen Bauernstübchen. Das königliche Bett bestand aus einer Tragbare, einem Krankenwagen entnommen, auf dem Sitzkissen des Wagens ruhte das müde Haupt, die Decke war des Königs Mantel.

Von Metz nach Sedan! Es waren bedeutungsvolle Märsche, als deren Resultat der eiserne Ring um die Festung, wie ihn die Preußen, Sachsen, Bayern und Württemberger schlossen, sich darstellte. Die stolze Feste fiel, 80000 Gefangene, unter ihnen der Kaiser Napoleon, fielen in unsere Hände. Welche Erinnerungen mochten in dem Herzen Sr. Majestät aufsteigen, als er den französ. Machthaber demütig vor sich stehen sah! Dachte er wohl an die Mutter, der ein Napoleon das Herz gebrochen hatte? Aber kein Gedanke an Rache hatte Raum in dem Herzen des edlen Königs. Er vermochte nur auszurufen:Welche Wendung durch Gottes Fügung!" Wie schön schrieb König Wilhelm an die Königin Augusta:Wenn ich mir denke, daß nach einem großen, glücklichen Kriege ich während meiner Regierung nichts Ruhmreicheres erwarten konnte und ich nun diesen weltgeschichtlichen Akt erfolgt sehe, so beuge ich mich vor Gott, der allein mich, mein Heer und meine Verbündeten ausersehen hat, das Geschehene zu vollbringen, und uns zu Werkzeugen seines Willens ausersehen hat. Nur in diesem Sinne vermag ich das Werk aufzufassen, um in Demut Gottes Führung und Gnade zu preisen." Fünfundzwanzigmal

haben nun des Herbstes Stürme gerauscht, seit jenem Tage, da auf Sedans blutigen Feldern zwei Völker um des Sieges Palme rangen, da Deutschlands Aar im Morgenglanze der Freiheit sich niederließ am deutschen Kaiserthron und der Weltgeschichte ein neues Blatt unsterblichen Ruhmes einverleibt wurde, ein Blatt, auf dem mit der Ewigkeit Flammenschrift geschrieben steht das eine Wort:Sedan!" Sedan! du teure Flur, die den Freiheits-Lenz der deutschen Nation und mit ihm den segensreichen Völker-Frühling erblühen sah; 25 lange Jahre sind nun über dich dahingeschwebt; längst haben sie die letzten Spuren des gewaltigen Kampfes weggewischt, längst sind sie zu Staub geworden all' die tapfren deutschen Söhne, die in deinem Schoße ruhen, deren Heldenblatt Deine Blumen getrunken. Längst, längst! Aber tief im Herzen des deutschen Volkes lebt mit dem glorreichen NamenSedan" auch die heilige Erinnerung fort an all' die treuen, fernen Brüder, die in fremder Erde ruhen, denen keine deutschen Eichen rauschen, das hohe Lied der deutschen Freiheit und Einigkeit.' Seid versichert, ihr Toten von Sedan, wo ihr auch immer eure Heimat haben möget: an dem Strande des Rheines, der Nord-, der Ostsee Wellen, am Belte oder an den grünen Matten der Alpen wehmutsvoll und doch mit hl. Stolze zugleich denken eure Lieben an euch, und wenn auch sie im Grabe ruhen, die fernen Lieben, dann ist das Vaterland noch da, für dessen Größe u. Macht ihr mit eurem Blute eingetreten seid; und dies Vaterland, dies Land, wo eure Elchen rauschen, hat Euch ein Denkmal gesetzt in der un­sterblichen Erinnerung an die große Zeit der deutschen Thaten und in der Stellung, die es heute einnimmt im Rate der Völker, in jener ehrfurchtgebietenden Stellung, zu deren Gründern es Euch ewig dankbar zählt. Und so wendet auch heute wieder das deutsche Volk erinnerungsvoll seine Blicke westwärts nach Frankreichs Fluren und denkt der Brüder, der Toten von Sedan!

Durch Germaniens Eichen aber geht ein Flüstern leise wie das geheimnisvolle Rauschen des Mor­genwindes, von Westen ertönt's und die Stürme tragen's fort nach Süd, Nord, Ost, und an Deutschlands Küsten, Deutschlands Bergen hallt es wieder jetzt kein Flüstern mehr ein mahnend Donnerwort: Sedan!"

Hages-Wemgkeiten.

Deutsches Reich.

** Nagold, 1. Sept. Zur Erinnerung an die einmütige Erhebung Deutschlands im Krieg gegen Frankreich vor 25 Jahren und die großartigen, wohl beispiellosen Erfolge jenes Krieges wurde der heutige Tag auf mancherlei Weise hier festlich begangen. Böllerschüsse vom Schloßberge, vom Kriegervereine veranstaltet, verkündigten schon in der Morgenfrühe die Bedeutung des heutigen Tages. Bald darauf ^ erklang der feierliche Choral: Ein' feste Burg rc. rc. vom Turme. Die Stadt war reich beflaggt. Um 9^/s Uhr war Festgottesdienst. Die Mitglieder des Militär- und Veteranenvereins begaben sich in den­selben, ihrer Fahne folgend, im Zuge. Nach dem Chorgesang: Kommt, kommt, den Herrn zu preisen! stimmte die Gemeinde: Nun lob', mein' See'l, den Herren! an. Stadtvikar Lachenmann sprach über den Sonntagstext: Luk. 17, 510. Er beantwortete an der Hand desselben die Frage: Wie feiern wir ! als Christen die Erinnerung an den Krieg und Sieg vor 25 Jahren? Die vierfache Antwort lautete: Wir blicken heute trauernd rückwärts (in Bezieh­

ung auf den Krieg selber und die großen und schweren Opfer des letzten Kriegs, deren unsre Stadt auch zwei zu beklagen hat), aber auch dankend aufwärts (Gott war mit uns; ihm sei die Ehre! Hier wurde auch der treuen Hingabe des deutschen Heeres gedacht), bußfertig und demütig einwärts (indem da­mals viele Vorsätze gefaßt aber nicht gehalten wurden, weshalb wir uns vor Gott zu prüfen haben, wie es bei uns steht) und hoffend vorwärts, indem das deutsche Volk seiner Aufgabe eingedenk bleibt, mitzuarbeiten am Aufbau des Reiches Gottes. Die heutige Gedächtnisfeier soll besonders zwei notwendige Güter wieder wachrufen, nämlich die Liebe zu Gott und die Liebe zum Vaterland. Auf Kosten der Stadt wurden im Gasthof zur Post sämtliche Veter­anen der Stadt, 40 an der Zahl, sowohl die (3) vom Jahre 1848 als die von den Jahren 1866 und 1871 freundlich bewirtet. (Der Bericht über das Bankett folgt in nächster Nummer.)

)> S ulz, (Wildberg), 30. Aug. Die hiesigen Ve­teranen erhalten zu einer Jubiläumsfeier Heuer aus der Gemeindekasse je 3 ^ Aus derselben Kasse wird ihnen jedes Jahr schon seit 1870 auf Lebens­zeit alljährlich je eine Mark gereicht. (Schw. B.)

Mötzingen, 2. Sept. (Einges.) Am gestrigest Sonntag hatten wir wahrlich ein schönes Fest. Wir feierten den Gedächtnistag der Schlacht bei Sedan. Bei Anbruch des Tages verkündeten Böllerschüsse das Fest des Tages. Um V-9 Uhr war Sammlung beim neuen Schulhause, von da bewegte sich der Zug in die Kirche, dort angekommen sang unser gut­geschulter Gesangverein, unter Leitung des vortreff­lichen Dirigenten Hrn. Weiß, das schöne Lied: Laßt Jehova hoch erheben usw. Herr Pfarrer Roos hielt eine ergreifende Rede über die Schlacht vor 25 Jahren, worin er betonte, daß der liebe Gott Großes an uns gethan habe, daß jedermann zu großem Danke gegen Gott verpflichtet sei, und daß unsere wackeren Krieger wieder alle in ihre Heimat zurückkehren durften. Von der Kirche gings zum Festessen in das Gasth. z.Löwen", an dem sich über 30 Personen beteiligten. Von 0-3 Uhr an war gesellige Unterhaltung in der Gartenwirtschaft des Kronenwirts Müller, wo der Gesangverein den Anwesenden einen schönen Nach­mittag mit ihren Gesängen bereitete. Unsere Aus­marschierten dankten herzlich allen denen, welche zum Beitragen des Festes mitgewirkt hatten und hoffen und wünschen, daß uns der l. Gott fernerhin vor Krieg bewahren möge.

Stuttgart, 28. Aug. Die Sozialdemokraten Württembergs werden in dem 7. württembergischen Reichstagswahlkreis denGenossen" Paul Benz, Schreiner aus Stuttgart, aufstellen an Stelle des erkrankten früheren Kandidaten Proß. Bei der letzten Reichstagswahl fielen auf den sozialdemokra­tischen Kandidaten von 15 760 abgegebenen Stimmen 653. Wie man sieht, ist die sozialistische Kandidatur eine hoffnungslose Zählkandidatur. Immerhin dürfte es nicht ohne Interesse sein, in dem fast durchaus ländlichen Wahlkreis zu beobachten, welche Früchle Schönlanks Bauernreden in Württemberg getragen haben. Gegen den demokratischen und sozialistischen Kandidaten soll von gegnerischer Seite ein im Wahl­kreis seßhafter Landwirt in Aussicht genommen sein. Doch ist eine bestimmte Entscheidung noch nicht ge­troffen, da man vielfach sich noch der Erwartung hingiebt, Herr v. Gültlingen werde sich doch noch einmal zur Annahme einer Kandidatur bewegen lassen. Auf alle Fälle wird der Wahlkampf eines agra­rischen Charakters nicht entbehren. (Schw. B.)

München, 29. Aug. Nach der heute erschiene-