Frankfurt, 8. Aug. Zum Besten der Ueberschwemm- len im Eyachthale hat auch der hiesig- Schwabenklub eine Sammlung eröffnet, welche insbesondere durch die Firma Julius Roller, Gnmmiwarenfabrik am Roßmarkt, deren Inhaber aus Tübingen gebürtig ist, eine lebhafte Förderung fand. Nachdem sodann in den ersten Tagen des Monats Juli die Nachricht von dem großen Gewitter­schaden in Calw und Nagold hieher gekommen war, be­schloß der Klub zu Gunsten der beiden letzten Bezirke ein Wohlthätigkeitskonzert in dem größten und angenehmsten Gesellschaftsgarten (Scheffelgarten) zu veranstalten. Das­selbe wurde ausgeführt von der Kapelle des 2. württemb. Feldartill.-Regts. Nr. 29 (gegenwärtig bei einer Schieß­übung im Griesheimer Lager) unter freundlicher Mitwir­kung des GesangvereinsEdelstein" und fand am 31. v. Mts. statt, schloß indes leider infolge nngönst'gei- Witterung mit einem Defizit ab. Unsere Landsleute in der Heimat werden jedoch die gute Absicht des Klubs zu schätzen wissen. Die Sammlung ergab 1900 welche Summe an die k. Hofbank bezw. den Zentralwohlthätigkeitsverein in Stutt­gart abging. Beigefügt mag noch werden, daß der Schwa­benklub hieher kommende Landsleute bei seinen Zusammen­künften (jeden Dienstag im Hotel zum Röm. Kaiser) will­kommen heißt.

Fürst Bismarck hat nachträglich noch aus Anlaß seines 80. Geburtstages ein sinniges Geschenk der deutschen Turnerschaft erhalten und darauf folgenden Brief aus Friedrichsruh an den Vorsitzenden Dr. Goetz in Leipzig-Lindenau gerichtet:Die durch Euer Hochwohlgeboren Güte übermittelte Adresse der deutschen Turnerschaft ist mir eine der wertvollsten Geburtstagsgaben und wird mit ihrer kunstreichen Einfassung eine dauernde Zierde der Sammlung von Andenken sein, welche ich in Schönhausen eingerichtet habe, wo der Name des Turnvaters Jahn und der Lützower noch heute in guter Erinnerung steht aus ihrer Einquartierung im Jahre 1813 her. Zu meinem Bedauern ist es mir durch den unbefriedigenden Stand meiner Gesundheit versagt worden, die Herren hier zu begrüßen, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, etwa im nächsten Jahr, so Gott will. Ihnen persön­lich meinen aufrichtigen Dank wiederholen zu können für die hohe Ehre, welcher die deutsche Turnerschaft mich gewürdigt hat. v. Bismarck". Die Ehren­gabe besteht aus einer von Eichenholz geschnitzten Vstivtafel von ungefähr ^4 Höhe und Breite, gekrönt durch ein goldenes Turnerkreuz auf rot und weißem Grunde. Auf der runden Silberplatte dar­unter stehen Jahns Worte:Deutschlands Einheit war der Traum meines erwachenden Lebens, das Morgenrot meiner Jugend, der Sonnenschein der Manneskraft und ist jetzt der Abendstern, der mir zur ewigen Ruhe winkt." Darunter befindet sich ein großer, vergoldeter Silberkranz, der die Worte einrahmt:Dem Schöpfer der deutschen Einheit und unseres Vaterlandes in treuer Dankbarkeit die deutsche Turnerschaft." An beiden Seiten befinden sich von Silberbändern umschlungene geschnitzte Säulen. Auf den Bändern sind die Namen der Kreise und der Kreisvertreter, sowie die Namen der vom Turntag gewählten Ausschußmitglieder eingewirkt.

Bedingte Verurteilung. Auch die preußische Ju­stizverwaltung scheint jetzt einen Versuch zu machen, die bedingte Verurteilung auf Umwegen einzuführen. DieKöln. V-'.Ztg." schließt dies aus der Thatsache, daß in der letzten Zeit wiederholt auf Gnadengesuche verurteilter Minder­jähriger zunächst nur ein Strasausstand für längere Zeit bewilligt wurde, wenn der Bestrafte sich jedoch während der Zwischenzeit gut geführt hatte, wurde die Strafe im Gnadenwege erlassen. Die Köln.V.-Ztg." warnt davor, die Erfahrungen, die man aus der Beobachtung der Einzel- sälle macht, für oder gegen die vollständige Einführung der bedingten Verurteilung zu verwerten. Die Statistik müsse mit großen Zahlen arbeiten, um daraus sichere Schlüsse ziehen zu können.

Der Gouverneur von Deutsch-Ost-Afrika Major v. Wißmann hat nach derRuhr. Ztg." das Schiff, welches ihn an seinen neuen Wirkungsort zu bringen bestimmt war, in Neapel verlassen wegen taktloser Behandlung, die ihm auf demselben wider­fahren. Wißmann setzte seine Fahrt dann mit dem DampferPreußen" fort.

Berlin, 10. Aug. Während in der von derVoss. Zeitung" gebrachten Rede des Kaisers an Bord der Wörth am 6. August der Schwerpunkt in die Ermahnung gelegt wird, gleich den Wackeren von Wörth gegebenen Falls mit Herz und Mut für Gott und Vaterland zu kämpfen, geht dem Hamb. Korrespondenten von sehr gut unterrich­teter Seite folgende Meldung über den hauptsächlichsten Inhalt der Ansprache zu: Der Kaiser betonte besonders, wie gleich in dieser Schlacht die Einigung der deutschen Stämme hervortrat, wie sie damals schon durch das gemein­sam vergossene Blut zusammengekettet worden seien, und erinnerte daran, daß schon damals die an der Schlacht beteiligten Württemb er g er dem vorbeireitenden Kronprinzen zugerufen hätten:Da kommt der künftige deutsche Kaiser!"

Berlin, 11. Aug. DieNordd. Mg. Ztg." meldet die tatsächliche Rückberufung des deutschen Geschwaders aus den marokkanischen Gewässern, da

die dortige Regierung volle Genugthuung geleistet habe, indem sie die verantwortlichen Beamten absetzte und die an der Mordthat Beteiligten bestrafte.

Berlin, 13. Aug. DerLokalanz." erfährt aus Budapest: Es wurden umfangreiche polizeiliche Maßnahmen anläßlich der Durchreise des Prinzen Ferdinand veranlaßt, weil dis Polizei von einem gegen den Prinzen durch hier weilende bulgarische Studenten (Anhänger Stambuloffs) geplanten Atten­tat Kenntnis erhielt.

Frankreich.

Paris, 13. Aug. Am 15. August, dem ehe­maligenNapoleonstag" (Geburtstag Napoleons I.) werden die Bonapartisten des Seine-Departements eine große Versammlung abhalten, an der alle her­vorragenden Mitglieder der Partei teilnehmen werden.

Lille, 12. Aug. An den Mauern der Maschinen­fabrik La Bovidence in Hautmont las man gestern morgen folgenden Anschlag:Arbeiter: Man will euch fortan nur Frc. 1.60 Taglohn zahlen. Der dies veranstaltet hat, sollte erdolcht werden wie Carnot. Habt acht! Eine Gruppe von 30 Arbeitern."

Serbien.

Belgrad. Hier wird eine Broschüre verbreitet: Das serbische Volk und die Dynastie der Obrenovich, kurze Geschichte der politischen Kämpfe in Serbien, erzählt von einem Bauern. Belgrad 1895." Die Broschüre soll aus Montenegro stammen. Zahlreiche Exemplare sind der Polizei in die Hände gefallen. Die Broschüre wurde paketweise an die Anhänger der Karargeorgievich oder des Fürsten von Montenegro versandt. Die meisten Adressaten waren so vorsichtig, die Pakete der Behörde auszuliesern. Die radikale Partei veröffentlicht eine Warnung vor jeder Berührung mit diesem antidynastischen Manöver, welches darauf abziele, die radikale Partei zu kompromittieren und eine neue Cebinac-Affäre zu schaffen.

Belgrad, 13. Aug. Prinz Ferdinand ist mit Sonderzug hier durchgereist. Während des Aufent­haltes verließ der Fürst den Salonwagen nicht.

Bulgarien.

Das Bedürfnis der Aussprache hat Stoilow, der bulgarische Ministerpräsident aufs Neue empfunden, er ließ sich den Berichterstatter des PariserMatin" kommen und sagte zu dem: Rußland hat Bulgarien keine Bedingungen gestellt, Rußland zwingt uns zu nichts, es hat uns einfach wissen lassen, daß es die Bekehrung des Prinzen Boris zur griechischen Religion mit Freude sahen und als ernste Bürgschaft der guten Gesinnungen Ferdinands betrachten würde. An die Möglichkeit eines bulgarischen Volksaufstandes sei nicht zu denken, ebenso wenig daran, Prinz Georg von Griechenland werbe um Bulgariens Tyron.

Sofia, 11 . Aug. Den Blättern zufolge ist die Koalition zwischen den liberalen und der antirussischen Partei, den Anhängern Stambuloffs und Radosla- woffs, eine vollzogene Thatsache, nachdem Sambuloffs Tod die persönlichen Differenzen beseitigt habe. Pet- koff wird die Führung übernehmen.

Sofia, 13. Aug. Prinz Ferdinand traf gestern abend 6^2 Uhr hier ein. Am Bahnhof wurde er von den Geistlichen aller Konfessionen, den Metro­politen, außer Klement, den Ministern, den Offizieren, sowie den bulgarischen offiziellen Kreisen empfangen. Die Menge bereitete ihm einen begeisterten Empfang. Die Stadt ist festlich geschmückt.

Amerika.

New-Jork, 10. Aug. Auf Cuba fand am Dienstag ein erbitterter Kampf statt. Die spanischen Truppen wurden von den Rebellen vollständig geschlagen. Die Rebellen nahmen Rio-Bombo ein.

New-Aork, 13. Aug. Bei Springfield in Ohio stürzte eine Brücke ein, als ein Eisenbahnzug dieselbe passierte. 35 Wagen wurden zertrümmert. Viele Personen sind getötet und verwundet worden.

Lima, 13. Aug. Pierola wurde zum Präsi­denten, Billinghus zum ersten, Augusto Seminario zum zweiten Vizepräsidenten gewählt.

Kleinere Mitteilungen.

Ebingen, 12. Aug. Gestern abend zwischen 6 und 7 Uhr ging hier und in der Umgebung ein Wolkenbruch mit furchtbarem Hagelschlag nieder, welch letzterer auf den Markungen Winterlingen und Straßberg die ganze Ernte fast vollständig vernichtete. (Falb bekommt für den Monat August immer mehr Recht.) (Schw. B.)

Stuttgart, 11. Aug. Das Schicksal des Raubmör­ders Vöfter ist immer noch nicht entschieden. Derselbe ist indes keineswegs, wie jüngst durch die Blätter ging, über sein Schicksal beunruhigt, sondern zeigt sich immer noch als denselben rohen Patronen wie seither. Er ist an einer Hand und an emem Fuß an seine Bettstätte gefesselt und stößt fortwährend Drohungen aus. Damit auch bei dieser traurigen Affaire der, freilich unfreiwillige, Humor nicht fehle, meldete der hiesigeBeobachter" kürzlich (in Nr. 177), daß dieNachricht von der bevorstehenden zweiten (!) Hinrichtung Bösters" zunächst nicht richtig sei. Eine Einzige Hinrichtung meint dazu boshaft derKladde­radatsch" genüge, wenn sie nicht zu oberflächlich sei.

j Cannstatt, 12. Aug. Gestern nachmittag fand nnter großer Teilnahme dis Beerdigung des so früh dahingeschie­denen Stadtpsarrers Roller auf dem Uffkirchhof statt. Nach einem Gottesdienst in der Stadtkirche durch Dekan Schwarzkopf, welchem Oberkonsistorialrat Wunderlich, die Geistlichen der Stadt und des Bezirks, die Studiengenossen und die Familienangehörigen des Verstorbenen, sowie der Kirchengemeinderat anwohnten und bei welchem sich auch die Gemeinde so zahlreich beteiligte, daß das Gotteshaus sie kauin zu fassen vermochte, wurde der Sarg auf den Friedhof verbracht. Hier hielt Stadlpfarrer Conz die Grabrede, woraus mehrere Kränze niedergelegt wurden, u. a. von Oberinspektor Pfäfflin namens der Gemeinde Sternenfels.

Cannstatt, 12. Aug. Am vergangenen Freitag wurden beim Graben eines zu den neuen Kasernenbauten gehörigen Kellers ein ca. 1 Mtr. 65 Cm. langer Mammutszahn und ein Schenkelknochen in einer Tiefe von 6 Mtr. ausgesunden.

Eßlingen, 12. Aug. Gestern abend gegen 6 Uhr zog , ein Gewitter (das schwerste in diesem Jahr) mit wolken­bruchartigem Regen über unsere Stadt. Blitz aus Blitz, . Schlag auf Schlag folgten, einmal schlug es im Elektri­zitätswerk ein, zum Glück ohne Schaden anzurichten. Heute nachmittag kam von Cannstatt die Nachricht hieher, daß der 40jährige verheiratete Weißgerber Theodor Bruder von hier, Vater von 9 Kindern, auf dem Wege von Feuer­bach nach Cannstatt in der Nähe der Pragwirtschast bei einem zwischen 1 und 2 Uhr niedergegangenen Gewitter vom Blitz erschlagen wurde. Der Leichnam wurde ins dortige Bürgerspital verbracht.

Vom Jagstthal, 12. Aug. Eine komische Ueber- raschung wurde einem Reservisten bereitet, der zu einer zwölftägigen Hebung einberusen war. Der Arzt hatte der Frau desselben Lohbäder verordnet und dieselbe dies gar zu buchstäblich in dieser Zeit befolgt, indem sie nicht nur den Körper sondern auch das Gesicht fast täglich mit Loh­wasser wusch. Lohwasser färbt nun sehr dunkel und der Reservist wollte in der zur Kreolin umgewandelten Frau bei seiner Rückkehr durchaus nicht seine Gattin erkennen. Es bedurfte vielen Zuredens seiner Nachbarn, bis er zu­frieden war.

Oehringen, 11. Aug. Anfangs Juli besuchte in blühender Gesundheit Frau Regierungsbaumeister K. aus Tübingen mit drei Kindern ihre hier wohnenden Eltern. In einer schwülen Nacht ging sie ohne Licht in die Küche, um Wasser zu trinken, und trank aus Versehen Regenwasser, das mehrere Tage gestanden halte. Lchon am nächsten Tage wurde sie vom Nervenfieber befallen und trotz der Kunst zweier Aerzte, trotz der Pflege von drei Diakonissinnen und des Wiederstandes ihrer jugendkräftigen Natur ist die Bedauernswerte gestern nacht ihren Leiden erlegen.

Leutkirch, 12. Aug. Gestern abend zwischen 8(/- 9^/2 Uhr hatten wir ein schreckliches Gewitter. Das ganze Firmament erschien als wogendes Feuermeer, ohne Unterlaß rollte der Donner, untermischt vom Toben des rasenden Sturmes. In einigen Parzellen der Gemeinden Zeil und Reichenhofen wurde die Ernte, welche der Schnitter harrte, großenteils vernichtet, auch Unter­zeil wurde hart mitgenommen. Weitere schlimme Nach­richten werden zweifellos folgen. Zwischen Aulcndors und Kißlegg wurden von Reisenden des letzten Zuges an drei Orten Feuerschein von Bränden beobachtet, welche wahr­scheinlich durch Blitzschlag entstanden.

Albershausen, 12. Aug. Gestern abend versuchte ein in den 20er Jahren stehender Handwerksbursche auf dem Wege nach Bürzwangen ein Ichähriges Mädchen zu vergewaltigen, wurde jedoch von des Weges daherkommenden Leuten verscheucht. Einige Zeit darauf sah man denselben im Orte herumbetteln. Der Polizei gelang es, den Thäter zu verhaften.

Hindelang, i. Allgäu, 11. Aug. Vorgestern schoß unser Adlerkönig, Leo Dorn, Oberjäger bei dem Prinzregenten Luitpold von Bayern, im Bärgündle am oberen Glasfeld­kopf, in der Nähe des'Hochvogels, 2 Adler; es sind diese nun der 59. und der 60. Dieses Glück ist wohl noch nie dagewesen, daß ein Jäger mit 60 Jahren 60 Adler erlegt hat..

In München kam es in der Nacht vom Sonntag zum Montag zwischen drei Burschen und einem Soldaten in der Gabelsbergstraße zu einer Streiterei, in deren Verlauf der Soldat mit seinem Seitengewehr einen der Burschen durch einen Stich ins Herz tötete.

Gebratene Hunde werden nicht nur etwa ahnungs­los, sondern mit vollem Bewußtsein gegessen. So melden Berliner Blätter, daß sich Liebhaber von Hundebraten in Rixdorf sogar zu einem Verein zusammengethan haben^ der den geschmackvollen NamenHund-Eßverein Tyras" führt und bereits 13 Mitglieder dazu aufzuweisen hat. Unter diesen befinden sich auch mehrere Gastwirte und sogar ein Schlächtermeister. Die Vereinsmitglieder kommen alle Donnerstag in einer bestimmten Gastwirtschaft zu einem solennen Hundeschmause zusammen. Dem Verein fällt es durchaus nicht leicht, den nötigen Proviant zu erhalten, und er zahlt für fette Schlachtopfer sehr hohe Preise. Den Hundeeffern wünschen wir guten Appetit! (Alles schon da­gewesen: Die Red.)

Ueber die Fragen, wie alt, schwer und groß orellen werden können, fanden kürzlich im Verein ritoni in Berlin Erörterungen statt. Wie demB. B.-C." zufolge mitgeteilt wurde, werden Bachforellen größer wie Seeforellen; man hat Bachforellen von 1,10 Meter Länge gesehen. Das höchst erreichbare Alter wurde auf 20 bis 25 Jahre, das Höchstgewicht auf 25 Pfund angegeben.

Wien, 12. Aug. Die beiden Fußgänger um die Welt, Kögel und Körner aus San Franzisko, sind gestern hier angekommen. Das Publikum bereitete ihnen große Ova­tionen.

In Odessa sollen in einem Restaurant ersten Ranges über 70 den besseren Kreisen angehörende Personen verhaf­tet worden sein. Auch in den Vorstädten und herrschaft­lichen Villen haben Verhaftungen stattgefunden. Die Odessaer Polizei glaube eine nihilistische Verschwörung, entdeckt zu haben.