Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts -Bezirk Nagold.

80.

Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Don­nerstag und Samstag, und kostet viertel- jährl. hier (ohne Trägerlohn) 80 ^s, in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1.20 ^ Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Aimstag 9. Juki

Insertions-Gebühr für die Ispaltige Zeile

aus gewöhnl. Schrift bei einmaliger Ein­rückung S st, bei mehrmaliger je 6 st. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blaltes der Druckerei aufgegeben sein.

1895.

Auf das 3. Quartal kann der ..Gesellschafter" noch überall abonniert werden; die bereits erschienenen Nummern werden nachgeliefert.

Gestorben: Dorothea Kehle, geb. Wurster, Altensteig. Wilhelm Schneider, Stadtschultherß, Liebenzell. Pauline Auguste Häußermann, geb. Jäg--r, Zuffenhausen. Bar­tholomäus Schweitzer, Oberamtsbaumeister und Bezirks­feuerlöschinspektor, Spaichingen.

Hages-Weuigkeiten.

Deutsches Reich.

Nagold, 7. Juli. Ein öffentlicher Aufruf zu Gunsten der Hagelbeschädigten im Bezirk wird nach Abschluß der amtlichen Erhebungen über die ungefähre Höhe des Schadens erfolgen.

** Nagold, 7. Juli. Am letzten und heutigen Sonntag hat hier die Neuwahl in den Kirchen­gemeinderat stattgefunden. Letzten Sonntag stimm­ten von 483 Wahlberechtigten nur 110 ab, weshalb heute wieder nach dem Vormittagsgottesdienst in der Taufkapelle der Schluß der Wahlhandlung erfolgte. Die Gesamtzahl der Abstimmenden belief sich heute mit obigen 110 auf 131. Die Mehrzahl der Stimmen erhielten wieder die seitherigen Mit­glieder des Kirchengemeinderats, nämlich: Stadtpfleger Kapp 125, Schullehrer Völker 121, Hausvater Buob 120 und Gemeinderat Wagner 96 Stimmen. Weitere Stimmen erhielten Privatier Knödel, Schul­lehrer Klunzinger, Dekan Schott, Professor Wetzel, Reallehrer Müller und Privatier S. Maier.

* Nagold, 8. Juli. Am Samstag Abend war Generalversammlung desGew.-Vereins" imSchwa­nen", in welcher über den Besuch der Straßburger Gewerbeausstellung im Anschluß an den Stuttgarter Extrazug beraten wurde. Hr. Fabrikant Finckh hatte die Güte, den Anwesenden an der Hand einer Ausarbeitung ein kleines Bild der ganzen Aus­stellung mit besonderer Berücksichtigung dessen, was gerade für uns von größerem Interesse ist, zu geben. Da im September eineelektrische Ausstellung" in Karlsruhe sein wird, so wurde der Vorschlag ge­macht, den Besuch dieser mit der Straßburger Aus­stellung zu verbinden und also vorläufig vom Besuch letzterer abzusehen. Es kam dann noch die Sta­tutenberatung; da sich herausstellte, daß das hem Gew.-Verein von Stuttgart aus zugegangene Muster­statut sich nicht wesentlich vom alten Statut von 1870 unterscheide, so wurde letzteres beibehalten. Nach Verlesen desselben wies Hr. Stadtschultheiß Brodbeck auf die veraltete Bibliothek hin, welche demnächst einer Revision bezüglich Ausscheidung alter und Anschaffung neuer zeitgemäßer Bücher unterzogen werden soll. Um den Mitgliedern Gelegenheit zu geben, Bücher und die neuesten Zeitschriften jederzeit einsehen zu können, hat sich Hr. Fabrikant Finckh in dankens­werter Weise bereit erklärt, solche in seinem Komp- toir zur Benützung aufzulegen. Wer also die neuesten Nummern der Zeitschriften gleich nach Erscheinen ein­sehen will, benütze diese Gelegenheit recht fleißig.

* Nagold, 8. Juli. Es war mit Freuden zu begrüßen, daß uns nach so langer Pause wieder einmal musikalische Unterhaltung zu Teil werden sollte; die Teinacher Kur-Kapelle unter ihrem Dirigenten H. C. Hirschberger spielte am Sonntag abend im Gasthos z.Rößle" und zeugten ihre Darbietungen von einem igutgeschulten, zielbewußten Orchester, das sich nach Leistungen ebenbürtig an Seite der bedeutenderen

Kapellen des Landes stellen darf. Es war ein wirk­

licher Genuß, diesen Klängen zu lauschen und wäre es nur zu wünschen gewesen, daß uns das Dampf­roß unsere Konzertgebsr nickst s" K-std entführt hätte. Wenn ein solcher musikalischer Abend bereitet wird, sollte aber auch kein Musikfreund und das ist wohl jeder Gemütsmensch fehlen, so daß wir auch eherwiederaufsolcheerfreulicheBesucheinunsererStadt rechnen können. Hat sich die Teinacher Kurkapelle am gestrigen Abend gerade keine Schätze erspielt, so hat sie doch ihr Auskommen und beim Publikum volle Anerkennung gefunden. Wir hoffen und wünschen, daß sich Herr Direktor Hirschberger bald wieder bei uns einfinden wird.

L) Ess c i n gen, 6. Juli. Durch das furchtbare Hagelwetter, das am 1. Juli über unsere Gegend niederging, wurde auch auf dem Tröllenshof, hiesiger Markung, die ganze Ernte, sowohl Reps und Hopfen, als Winter- und Sommerfrüchte, total vernichtet, und ist auch nicht der geringste Ertrag zu erhoffen. Der Schaden beläuft sich auf 4000 bis 6000 Leider ist der Besitzer nicht versichert.

Herrenberg, 4. Juli. Hier herrscht große Aufregung und Bestürzung. Vor ca. 6 Wochen starb hier der Kassier der hiesigen Spar- und Vorschußbank, Klaiber. Während seiner Amts- thätigkeit wurde seine Buch- und Kassenführung von seiten des früheren Stadtschultheißen und jetzigen Amtspflegeas Sauter kontrolliert. Man glaubte somit allerorten, es sei alles in bester Ordnung. Bei der gegenwärtig erfolgenden Revision der Bücher ergiebt sich nun, daß dieselben seit dem Jahre 1884 gefälscht sind und das Defizit schon wie man sich sagt 100000 ^ beträgt. Dabei ist die Revision noch nicht einmal abgeschlossen. Da der Verlust hauptsächlich kleinere und mittlere Leute betrifft, kann man sich die Bestürzung und den Unwillen vor­nehmlich auch gegen diejenigen, denen man vertrauens­voll die Revision der Geschäftsführung des Kassiers überlassen hatte, denken. Wie derGäubote" meldet, beziffert sich die unterschlagene Summe auf 159000 -A. s

2-' .Dom Lande, 6. Juli. Es ist unbestreitbar, daß unsere soziale Verhältnisse in mancher Beziehung ganz abnorme sind. Früher z. B. belästigten die Stromer und die ihnen verwandten Elemente die Landleute meistens nur vom Spätjähr bis zum Be­ginn der strengeren Arbeitszeit im Frühjahr, während sie sich jetzt selbst im Hochsommer ganze Trupps bettelnd umhertreiben. Kürzlich traf Einsender dieses ca. zehn in einem Gasthaus beisammen. Während andere noch lange im Schweiße ihres Angesichts arbeiteten, saßen sie guter Dinge beisammen: man erzählte sich die gegenseitigen Erfahrungen der Bettelreisen, gab sich diesbezügliche gute Winke usw. Selbst der Humor darf bei solchen Zusammenkünften nicht fehlen; so «rangierte z. B. im nämlichen Gasthaus nicht lange vorher eine solche Gesellschaft eineGerichtsverhand­lung". Da die meisten der Beteiligten ohne Zweifel die Sache praktisch mitgemacht haben, so wurden die Rollen der wegen Bettelei, Körperverletzung, Brand­stiftung usw. Angeklagten sehr gut gegeben; über das meist sehr hoch geschätzte Strafmaß folgte schallendes Gelächter. Aber die ganze Sache hat, das ist gar keine Frage, eine furchtbar ernste Seite, und darum muß man sich unwillkürlich fragen, wohin treiben wir, wenn solche Zustände ohne Abhilfe noch länger andauern? Mit der Vermehrung des wan­dernden Stromertums wächst auch seine Frechheit und Gefährlichkeit. Welche Zustände würden aber erst noch kommen, wenn einmal der Fall eintreten sollte.

daß sich zu gelegener Zeit für diese fliegenden Kolonnen ein sozialdemokratischer Organi­sator finden sollte?

Ebingen, 5. Juli. Aus einem ihm zur Ver­fügung gestellten Privatbriefe eines Landsmannes in Newyork entnimmt derN. A.", daß dort für die Ueberschwemmten unseres Bezirks schon größere Summen gesammelt worden seien, die nächstens hier eintreffen werden.

Stuttgart, 5. Juli. Landtag. Die Kammer der Abgeordneten beriet heute die von Pros. Dr. G. Jäger ausgegangenen Petitionen um Abschaffung der Hausauf­gaben. Nachdem der Berichterstatter Schmidt-Maulbronn die Anträge der Kommission begründet hatte, nahmen das Wort Prälat v. Sandberger, der einen einschränkenden Antrag stellte, Hartranft-Böblingen, Kultministerialdirek­tor Dr. v. Planck, Dr. Klaus, sodann der Hr. Staats­minister des Kirchen- und Schulwesens Dr. v. Sarwey, ferner vtemvorv. Der Antrag Sandberger wurde ab­gelehnt, die Anträge der Kommission angenommen mit Ausnahme desjenigen, der sich auf die Einschränkung des religiösen Memorierstoffs in den evangelischen Volksschulen bezieht. Die nächste Sitzung findet am Montag nach­mittags 3 Uhr statt, auf der Tagesordnung steht das Gesetz, betr. die Notenbank und die beiden Kirchengesetze. Bezüglich des Gesetzes betr. die Reversalien bemängelte Sachs, daß kein schriftlicher Bericht vorliege, was Haußmann (Bal­ingen), der die Berichterstattung an Stelle der erkrankten Herren v. Schad und Frhr. v. Gemmingen in elfter Stunde übernommen hat, mit deni Wechsel des Berichterstatters erklärte. Sachs wünschte eine Verschiebung der L rschluß- fassung, bis ein schriftlicher Bericht vorliege. Der Gegen­stand sei wichtig genug. Der Herr Kultmmister sagte, er sähe zwar in einer Verschiebung nichts Nachteiliges, halte aber doch die Erledigung in dieser Tagung für wünschens­wert. Das Haus beschloß demnach, das Gesetz auf die Montagstagesordnung zu setzen.

Stuttgart, 7. Juli. Geh. Kom.-Rat Siegle spendete für die Verunglückten des Eyachgebietes 20,000

Der preußisch-württembergischen Militär­konvention will man abermals von Seite der süddeutschen Volkspartei in Württemberg etwas am Zeug flicken. Einige Abgeordnete dieser Partei haben in der Kammer einen Antrag eingebracht,die durch Beschluß der Kammer vom 26. Mai 1894 der da­maligen staatsrechtlichen Kommission zur Prüfung überwiesenen Fragen von neuem der staatsrechtlichen Kommission zur Prüfung zu überweisen." Diese Fragen betreffen die wechselseitigen Kommandierungen preußischer Offiziere in das württembergische Armee­korps, wobei angeblich die württembergischen Offiziere beim Avancement zu schlecht wegkommen sollen, sowie die Abführung der innerhalb der württembergischen Militärverwaltung gemachten Ersparnisse an die Reichskasse. Die Kommission hat nämlich, wie in der Begründung des Antrags betont wird, während der vorigen Session des Landtags keine Antwort an diesen ergehen lassen, und es hat auch sonst keine Erledigung der Sache stattgefunden.

Dortmund, 6. Juli. Das Empfangsgebäude des Bahnhofs steht in Flammen. 2 Kellnerburschen sind erstickt.

Der Schwiegersohn des Fürsten Bismarck, Graf Rantzau, deutscher Gesandter in den Niederlanden, ist auf sein Ansuchen zur Disposition gestellt worden. Wie dieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" melde:, ist der Gesandte in Kopenhagen, von der Brincken, zu fernem Nachfolger ausersehen.

Vo m Fürsten Bismarck. Zu den Nachrichten über das Befinden des Fürsten Bismarck schreibt die Kölner Ztg.": Seit dem Hinscheiden der Fürstin Johanna stellten sich allerdings beim Fürsten ziem­lich häufig Stunden ein, in denen er geistig sehr niedergeschlagen war; die Unruhe, welche die Feier seines 80. Geburtstages mit sich brachte, die vielen