und Frieden. Nicht hohe Stellung mache glücklich,! sondern Gesundheit. Er sei nie herrschsüchtig und ehrgeizig, sondern immer nur diensteifrig gewesen; es sei ihm viel wertvoller gewesen, niemanden zu gehorchen, als anderen zu befehlen. Doch habe er seinem alten König mit Liebe gehorcht. Auf sein Corpsverhältnis übergehend, sagte der Fürst, den schwarzen Punkt in seiner Jugendzeit finde er doch in diesem: er hätte mehr gearbeitet und weniger Schulden gemacht, wenn er nicht im Corps gewesen wäre. Der Fürst beklagte den jetzigen Luxus der Corps. Er würde aber trotzdem auch heute noch in ein Corps eintreten, da die Bande, welche die Corpsmitglieder verbinden, fester halten als andere.

Der nächste Verbandstag der deutschen Be- rufsgenossenschasten findet am 14. Juni in Danzig üatt; den wichtigsten Punkt der Tagesordnung wird die Stellungnahme des Berufsgenossenschaftstages zu den Beschlüssen bilden, welche eine aus 11 Berufs­genossenschaften bestehende Kommission nach Prüfung des Gesetzentwurfs betr. die Abänderung der Unfall­versicherungsgesetze in wiederholter Lesung gefaßt dar. Ferner sollen die Erfahrungen, welche die Be- rassgenossenschaften mit der Uebernahme des Heils­verfahrens u. des Krankenversicherungsgesetzes gemacht baden, einer abermaligen Besprechung unterzogen werden.

Gegen den unlauteren Wettbewerb. Der un Reichsamt des Innern ausgearbeitete Gesetzent­wurf betr. die Bekämpfung des unlauteren Wett­bewerbs wurde den Bundesregierungen und beteiligten Korporationen zur Begutachtung zugestellt. Es sind oirle Bedenken, namentlich gegen den H 7 des Ent­wurfs erhoben worden:Wer Geschäfts- oder Be- i.iebsgeheimnisse, die ihm als Angestellter, Arbeiter ober Lehrling eines Geschäftsbetriebes vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut oder sonst zugänglich geworden sind, vor Ablauf von 2 Jahren seit Been­digung des Dienstverhältnisses zu Zwecken des Wett­bewerbes mit jenem Geschäftsbetriebe unbefugt an andere mitteilt oder anderweit verwertet, wird mit Geldstrafe bis zu 3000 ^ oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft und ist zum Ersatz des ent­stehenden Schadens verpflichtet." Man hat es u. a. als notwendig bezeichnet, den BegriffGeschäfts- und Betriebsgeheimnisse" im Gesetz genau zu umschreiben oder aber die Geschäftsinhaber zu verpflichten, den Angestellten beim Beginn des Dienstverhältnisses be­stimmt zu eröffnen, was als Geschäfts- und Betriebs­geheimnis anzusehen ist. Auf Grund der eingegan­genen gutachtlichen Aeußerungen ist der Gesetzentwurf, insbesondere der § 7-, im Reichsamt des Innern . liier Korrektur unterzogen worden, und es liegt in der Absicht, die Vorlage durch den Reichstag noch während der gegenwärtigen Session erledigen zu lassen.

In der Abteilung Berlin der deutschen Ko­lonialgesellschaft hat sich nach derPost" eine symp­tomatische Krisis abgespielt. Der 1. Vorsitzende, Abg. Prinz Arenberg (Ctr.) hatte in Konsequenz des Reichs­lagsbeschlusses betr. der Bismarckehrung den Vorsitz niederlegen müssen. Bei der Neuwahl ist nun Prinz Arenberg wiedergewählt wordrn und hat die Wahl angenommen. Infolge dessen legten zwei Herren des Vorstands sofort ihr Amt nieder und weitere Austritte stehen bevor, so daß eine Zersprengung der Abteilung unvermeidlich erscheint.

Deutscher Reichstag. (77. Sitzung.) DerReichstag hat am Freitag die Resolution auf Einführung des Que­ll cachoholzzolles angenommen und sodann die erste Bera­tung der Branntweinsteuernovelle begonnen, welche schließlich aas Sonnabend vertagt wurde. (78. Sitzung.) Nach Er- levigung einiger Rechnungssachen und der versagten Geneh­migung zur Strafverfolgung des Abg. Sigl, tritt das Haus in die Fortsetzung der ersten Beratung der Novelle zum Branntweinsteuergesetz ein. Nachdem zunächst Graf v. Stolberg warm für die Vorlage eingetreten war, ergriff Richter das Wort um in längeren Ausführungen den Ver­such zu machen, die gestrigen Positionen des Staatssekre- rars zu widerlegen. Besonders hob Redner hervor, daß man von einem Rückgang des Kartoffelbaues in Deutsch­land nicht reden könne, gewiß habe, auf ein Tausend der Bevölkerug berechnet, die Kartoffelbaufläche abgenommen, das erkläre sich jedoch aus der stetigen Vermehrung der Bevölkerung in Deutschland und den konstant bleibenden Umfang des Areals. Er und seine Partei lehnen die Vor­lage ab, da mit derselben den Konsumenten und der Reichs- kaise genommen werde, damit den Gutsbrennern gegeben werden könne. Ter Narionalliberale Paaschs sprach sich im allgemeinen zustimmend zur Vorlage aus, während sich der Abgeordnete der freis. Vereing. Pachnicke im wesent­lichen auf den Standpunkt Eugen Richters stellte. Der Abg. Szmula erklärt namens des Centrums, seine Partei üc.,t im Großen und Ganzen auf dem Boden der Vorlage, v m der die eine annehmbare Fassung aus der Commissions- b: mtung erhofft. Der sreikonservative Abg. Holtz erklärt 1

! sich mit allen Bestimmungengen der Vorlage einverstanden. Nachdem noch Schatzsekretär Graf Posadowsky den man­cherlei Einwendungen gegen die Vorlage entgegengetreten, wird dieselbe an eine besondere Commission überwiesen. Montag 1 Uhr Binnenschiffahrts- und Flößereigesetze. Schluß 5' , Uhr.

Die Abreise des Majors Müller nach Süd­westafrika leitet einen neuen Abschnitt in die Ver­waltungsgeschichte des Landes ein: die definitive Trennung der Landeshauptmannschaft vom Kommando der Schutztruppe. Major Leutwein wird sich in Zukunft nur der Verwaltung widmen, während Major Müller den Befehl über die Schutztruppe übernimmt.

Berlin, 29. April. Aus Laibach meldet dasKleine Journal": Nachmittags 5 Uhr wurde gestern ein kurzer Erdstoß mit kurzem Nachvibrieren verspürt. Die Zeltbe­wohner liegen buchstäblich in Schlamm. Zusammen sind ungefähr noch 10 000 Einwohner obdachlos, obwohl bereits gegen 5000 die Stadt verlassen haben. Der linke Turm der Jakobskirche, der einzustürzen droht, wird abgebrochen.

Berlin, 30. April. Vorstand und Ausschuß der All­gemeinen Ausstellung für Sport, Spiel und Turnen hier haben beschlossen, ein Preisausschreiben zu erlassen für die Verdeutschung aller Fremdwörter auf dem Gebiete des Sports, Spiels und Turnens. Die Preise wurden auf 500, 200 und 100 festgesetzt. Das Preisrichteramt soll der Allgemeine deutsche und der Berliner Sprachverein übernehmen.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 29. April. Die Regierung bereitet nach der Montagsrevue aus Anlaß der Arbeiterdemonstrationen für den 1. Mai eme Erklärung vor über den Stand der Wahl­reform. Die diesbezüglichen Bespreuungen werden mit einem Subkomite des Abgeordnetenhauses gepflogen.

Laibach, 30. April. Unter heftigem unterirdischem Getöse fanden in früher Morgenstunde abermals Erderschüt­terungen statt, die gesamte Bevölkerung aus dem Schlaf aufschreckend. Die Häuser erlitten weiteren Schaden.

Frankreich.

Epinal, 27. April. Der Damm, welcher das sehr bedeutende Wasserreservoir des Ostkanals in Boasei, bei Epinal schützt, ist heute Vormittag in einer Länge von 100 Meter gebrochen. Zahlreiche Gebäude wurden fort­gerissen. Die Eisenbahnlinie ist überschwemmt. 46 Per­sonen werden vermißt. Der Schaden beträgt über 1 Mil­lion Francs.

Paris, 28. April. Das ausgebrochene Reservoir von Bonzy speist den Kanal von der Saone zur Mosel, Es ist eine Art See, 3 Kilometer lang und zwei Kilometer breit und liegt beim Fort von Givancourt, 372 Meter über dem Meeresspiegel. Das Reservoir, welches 7100 000 Kubikmeter Wasser saßt, wird von einem 500 Meter langen und 20 Meter Hohen Dam umschlossen, der 1879 bis 1884 erbaut und 1889 verstärkt wurde. Die Zahl der Toten wird gegenwärtig auf 110 geschätzt; nur die Hälfte der Leichen hat bis jetzt aufgefnnden werden können.

Epinal, 29. April. In Domsvre war gestern die Beerdigung von 15 bei dem Dammbruche umgekommenen Dorfbewohnern. Der traurigen Feier wohnte eine überaus zahlreiche Menschenmenge bei. Etwa 50 000 Menschen trafen gestern aus der Umgegend in Epinal ein, um die von dem Unglück betroffenen Ortschaften zu besuchen, die einen trostlosen Anblick bieten. Die Behörden und beson­dere Vertreter der Regierung haben mit der Verteilung von Unterstützungen begonnen.

Paris, 29. April. Das vor einiger Zeit an­gekündigte Protestmeeting der Patrioten-Liga gegen die Absendung der Kriegsschiffe nach Kiel hat gestern stattgefunden. Mehrere Abgeordnete wohnten dem­selben bei. Es wurde eine Tagesordnung angenom­men, in welcher gegen die Absendung eines franzö­sischen Geschwaders nach Kiel protestiert wird und in welchem man die Forderung aufstellt, daß die Statue der Stadt Straßburg, welche auf dem Con- cordienplatz steht, in Bronce gegossen werden soll. Türkei.

Aus Konstantinopel wird gemeldet, daß die Türkei, deren Beteiligung an den Feierlichkeiten zur Eröffnung des Nordostfeekanals anfänglich nicht zu erwarten war, nun doch ein Schiff nach Kiel ent­senden wird. Der deutsche Kaiser hatte die Einla­dung zur Teilnahme und zwar direkt an den Sultan erneuert. Auf allerhöchsten Befehl wird sich der Kreuzer 2. Klasse Heibert Numa nach Kiel begeben. Auch hat der Sultan angeordnet, daß der in türki­schen Diensten stehende deutsche Marineoffizier, der türkische Kontreadmiral v. Hofe sich auf dem genanten Kreuzer einschiffe.

England.

London, 29. April. DieTimes" meldet aus Hong­kong: Ueberall auf Formosa kommen ernste Unruhen vor. In Tamsui wurden Mannschaften des deutschen Kreuzers Irene" zum Schutze der Ausländer gelandet. Am 22. April töteten chinesische Soldaten ihren General. Die Leibwache des Gouverneurs griff diese Soldaten an und tötete deren 30 und verwundete 50. Schließlich wurden die Empörer auseinander getrieben.

London, 30. April. Das bei Plymouth unterge­gangene Schiff wurde nunmehr als der dreimastige in Dan­zig gebaute SchraubendampferMarie" rekongnosziert. Die gesamte Mannschaft, bestehend in dreizehn Personen, 1 ist jedenfalls ertrumen.

London, 30. April. DieTimes" meldet aus Berlin: Japan habe bisher noch nichr auf die Protestnote geant­wortet. Aus Hongkong wird gemeldet: Die Lage der Insel Formosa ist sehr bedenklich; vor der Insel befinden sich 1 deutsches, 2 englische und 2 französische Kriegsschiffe. Rußland.

Odessa, 30. April. Der DampferKotzebue" der russischen Dampfschiffahrtsgesellschafl ohne Passagiere aus der Fahrt von Sebastopol nach Odessa, kollidierte zwölf Werst von Tarschankut mit dem russischen Kriegsdampfer Penderaklja", der von Nikolajeff nach Sebastopol fuhr. Der DampferKotzebue" erhielt einen Stoß in die Seite sofort unter. DiePenderaklja", obgleich selbst ernstlich beschädigt, rettete 37 Personen von der Besatzung der Kotzebue", während 3 Mann der Besatzung und die zufällig auf derKotzebue" befindlichen Passegiere ertranken. Der Zusammenstoß ist auf die Nichtbeachtung der Regel, rechts zu halten, zurückzuführen.

Amerika.

New-Aork,29. April. Einer aus Cuba eingegangenen Depesche zufolge hat am 19. d. Mts. bei Guantanomo ein Gefecht zwischen 200 Mann spanischer Truppen und einer starken Streitmacht der Aufständischen stattgefunden. Die Regierungstruppen wurden geschlagen und fast sämtliche niedergemacht; nur 4 oder 5 Mann entkamen.

Afrika.

Tanger, 29. April. In der Moschee von Fez wurde gestern eine Botschaft des Sultans von Marokko verlesen, welche dem Volke einen glänzenden Sieg über die Rebellen von Rahama anzeigt. Nach Verlesung derselben wurden 16 Köpfe von den in. der Schlacht gefallenen Rebellen an der Eingangspforte der Moschee angenagelt.

A fien.

Von Ostafien. Wie berichtet wird, hat Ruß­land China den Rat erteilt, die Ratifikation des Friedensvertrages zu verzögern. Der von Deutsch­land, Rußland und Frankreich eingelegte Protest er­klärt, die Abtretung der Halbinsel würde eine be­ständige Drohung sein und die Unabhängigkeit Ko­reas, sowie die Aufrechterhaltung des Friedens im fernen Osten bedrohen.

Silma, 30. April. Eingeborne Truppen haben Shir- Afzul, den Urheber der Verschwörung von Tschitral, ge­fangen genommen.

Kleinere Mitteilungen-

Nagold, 1. Mai. Mit dem heutigen Mitwoch treten wir in den von den Dichtern des Altertums wie von der Neuzeit so viel besungenen Wonnenmonat Mai (lat. Llajas von Llajs. der Mutter des Merkur.) Trotz des Namens Wonnenmonat bringt er häufig mehr Leid als Wonne, mehr schlechtes als gutes Wetter. Vor den drei Wetter­heiligen oder Sommerwächtern Pankratius, Servatius und Bonifatius (12.14.) ist nicht mit Sicherheit auf Verschwin­den der Fröste zu rechnen. Die Hauptbauernregeln für den sog. Wonnenmonat sind: Wenn am 1. Mai Reis fällt, gerät die Frucht wohl. Pankraz und Urban ohne Regen, folgt ein großer Weinsegen. Vor Servaz kein Sommer, und nach ihm kein Frost. Regen am Himmelfahrtstag, zeigt schlechte Heuernte an. Was Pankraz läßt unver­sehrt, wird von Urban oft zerstört. Abendtau und kühl im Mai, bringt Wein und vieles Heu. - Schöne Eichel- blüt im Mai, bringt ein gutes Jahr herbei. Trockner Mai, dürres Jahr, viel Gewitter im Mai, singt der Land­mann juchhei!

Tübingen, 29. April. Von der hies. Strafkammer wurde der led. Schullehrer R. wegen Verbrechen gegen die Sittlichkeit in 3 Fällen für schuldig erklärt und zu der Ge­fängnisstrafe von 1 Jahr 6 Mon. nebst 4jähr. Ehrverlust verurteilt. In weiteren 3 Fällen wurde der Angeklagte freigesprochen.

Ulm, 28. April. Zum Kriminalpolizeibeamten ist von den bürgerlichen Kollegien der 35 Jahre alte Krimi­nalkommissär Meng in Mannheim, der dort seit 1. Mar 1885 angestellt ist, gewählt worden.

Ulm, 28. April. Oberbürgermeister Wagner und Bürgerausschußobmann Teichmann machten heute vormittag dem Rektor Dr. Bender einen Besuch, um demselben namens der bürgerlichen Kollegien den Dank der Stadt auszudrücken dafür, daß er eine Berufung an das Karlsgymnasium in Stuttgart abgelehnt hat und seine hochschätzbaren Dienste der Stadt erhalten bleiben.

Ulm, 30. April. Wegen eines Vergehens der Unter­schlagung wurde der frühere Kommissär Karl Kohlhammer von Göppingen von der Stafkammer zu 14 Tagen Ge­fängnis verurteilt.

Groß-Eislingen, 28. April. Bei der gestern vor- Schultheißenwahl wurde der Assistent des s- Schultheißen Schräg, Jul. Vogel, mit 351 Stimmen glänzend gewählt. Stimmberechtigt waren 366.

Uhlbach, 28. April. Unsere Kirschen- und Birnbäume stehen in voller Blüte; das Thal bietet einen herrlichen Anblick.

Brüssel, 30. April. In der vorletzten Nacht explo­dierte auf der Schwelle einer Klosterkirche bei Brüssel eine Bombe und riß die Thürfüllung fort; sonst ist kein Schaden entstanden.

Die Donau hat in Rumänien große Ueberschwem- mungen angerichtet. Mehrfach sind Personen ertrunken. Ihren 100. Geburtstag hat in Rostock ein Frl. A. Günther in völliger geistiger wie körperlicher Rüstigkeit begangen.

Aus der Provinz Santiago de Cuba wurde ein spanischer Lieutenant wegen Feigheit vor dem Feinde standrechtlich erschossen. _

Hiezu der Sommer-Fahrplan.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiserffchen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.