Biberach. Aus der Sitzung des Präsidiums des württembergischen Kriegerbundes vom 28. März veröffentlicht dieWürttembergische Kriegerztg.", es sei die mit besonderer Freude aufgenommene Mit­teilung gemacht worden, daß der König den Besuch des Bundestags in Biberach in sichere Aussicht ge­stellt habe.

Ravensburg, 3. April. In der heute um halb 5 Uhr zu Ende gegangenen Schwurgerichtssitzung gegen die Ehefrau des Hutmachers v. Ritz in Biberach u. Gen. wegen Mords wurden die Angeklagten Lisette v. Riß, geb. Kösler und Josef Rehm, lediger Fabrikarbeiter zum Tode, die Witwe Brigitte Kösler, geb. Schlichtig zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt.

Von der hohenzollernschen Grenze 5. April. Der Wiederaufbau des 1893 zum Teil abgebrannten fürstlichen Residenzschlosses in Sigmaringen ist in Angriff genommen. Der äußere Bau wird in diesem Jahr vollendet werden.

Leipzig, 6. April. Der Vertreter der Staats­anwaltschaft Rose hält als nachgewiesen, daß Leist an dem Ausstand in Kamerun mitschuldig sei. Ein Hauptvergehen war die Benutzung der Psandweiber, deshalb sei die strengste Strafe, Entlassung geboten. Die von der Vorinstanz angenommenen Minderungs­gründe seien nicht überzeugend. Das auswärtige Amt wolle Leist auch im Konsulardienst nicht mehr verwenden. Der hohe Grad mangelnder Selbstzucht könne sich in jedem anderen Gebiet wiederholen. Das Vergehen mit den Psandweibern streife direkt an das Strafgesetz und hätte nachteilige Folgen. Es stellt sich als grober Vertrauensbruch dar und ist auf unlautere Beweggründe zurückzuführen.

Straß bürg i. E., 5. April. Bei dem Diner zu Ehren des Landesausschusses dankte der Statt­halter Fürst Hohenlohe-Langenburg für den freund­lichen Empfang und das Entgegenkommen, das er gefunden. Das beste Programm für ihn sei, das zu pflegen, was sein verehrter und bewährter Vorgänger, der jetzige Reichskanzler, zum Landeswohl geschaffen. Er wolle erst mit der Eigenschaft des Landes ver­traut werden, danach müsse er die Verwaltung ein­richten. Der Statthalter sprach dann seinen Dank für die Thätigkeit des Landesausschusses aus, und schloß mit der Versicherung, daß nur ein Gedanke ihn beseele, wie er seiner Ausgabe zum Heile des Landes am besten Nachkomme. Nachdem der Statt­halter niit einem Hoch auf den Landesausschuß und das schöne Elsaß-Lothringen geendigt, brachte der Landesausschußpräsident Schlumberger ein Hoch auf oen Statthalter aus.

Straßburg, 5. April. Heute nachmittag um 4 Uhr 15 Min. wurde nach derStraßb. P." die Garnison alarmiert. In den Straßen sah man die Offiziere und Soldaten zur Kaserne eilen, vor deren Thoren sich das Publikum ansammelte. Adjudanten sprengten durch die Stadt, und die Garnisonsseuer- wehr, welche gerade aus dem Feuerwehrübungsplatz übte, flog im gestreckten Galopp zu den einzelnen Kasernen hin. Ein buntes militärisches Bild. Um

4 Uhr 45. Min. rückten die ersten Truppen, sowohl durch das Steinchor, als auch durch das Kronen­burgthor, denn der große Exerzierplaz vor dem Kronenburgthor war als Sammelplaz bestimmt. Dort war der Gouverneur General der Infanterie v. Bergmann schon um 5 Uhr 30 Min. anwesend. Der Exerzierplatz ist etwa 2'/^ Kilometer von der Stadt entfernt. Die ersten Truppen kamen dort um

5 Uhr 47 Min. an, und nach und nach erschien die ganze Garnison, zuletzt der Train, der indessen nicht mehr zur Aufstellung gelangte. In einem großen, nach Süden hin offenen Viereck nahmen die Truppen Aufstellung. Am rechten Flügel die 60. Jnfanterie- brigade, dann die 61., die Fußart., die Pioniere, die Ulanen und die Feldart., die schon um 5 Uhr 55 Min. auf dem Platze angelangt war. Um 6 Uhr 10 Min. ertönte der Ruf zum Befehlsempfang und die Adjutanten flogen über den weiten Platz. Dann nahmen die Truppen nach dem gegebenen Befehl Paradeaufstellung, die Infanterie in Doppelkolonne, die Ulanen und die Feldartillerie in Breitfront. Als die Aufstellung beendet war, erfolgte der Befehl zum Abrücken. Die ersten Truppen, die Feldartillerie, die im Trabe zurückging, langte am Kronenburgthor um 6 Uhr 55 Min. wieder an. Dann folgten in langen Zügen die übrigen Regimenter. Alles war mit klingendem Spiel ausgerückt und mit klingendem Spiel zogen auch die Truppen wieder in die Stadt.

Den Verhandlungen des binnen wenigen Tagen in Detmold zusammentretenden lippischen Landtages, auf dem die Regentschaftsfrage in Lippe-Detmold

zur Erörterung kommen wird, sieht man über die Grenzen des Landes hinaus mit Spannung entgegen. Der kürzlich verstorbene Fürst Woldemar hat die Frage der Einsetzung eines Regenten einseitig durch letztwillige Verfügung in der Weise erledigt, wie sie einige Jahre vorher von den Landständen nicht ge­billigt worden war. Es scheint daher nicht unwahr­scheinlich, was derHannov. Cour." meldet, daß dem Vernehmen nach die Mehrheit des Landtages gegen die Regenschaft des Prinzen Adolf von Schaum­burg-Lippe Einspruch erheben werde. Alsdann würde die Frage dem Bundesrate zur Entscheidung vorge­legt und nötigenfalls im Wege der Reichsgesetzgebung entschieden werden. Dabei würde voraussichtlich auch die Erbfolgefrage in Erwägung gezogen werden. Diese ist bekanntlich streitig zwischen dem fürstlichen Hause Lippe-Schaumburg und der erbherrlich gräf­lichen Linie Lippe-Biesterfeld. Für die Ansprüche beider Teile sind Rechtslehrer mit Gutachten aufge­treten; eZ handelt sich in der Streitfrage hauptsächlich um den Nachweis einer niemals durch Mißheiraten unterbrochenen Ebenbürtigkeit.

Die gegenwärtige politische Lage bezeichnet dieVoss. Ztg." als verworren.Die Zukunft ist undurchsichtig. Der Kurs ist weder der Rechten noch dem Centrum gegenüber fest und bestimmt. Nur die Abneigung gegen den entschiedeneren Liberalismus ist der ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht. Die Männer von heute treiben, wie es Fürst Bis­marck that, eine Politik von Fall zu Fall, sie suchen sich auch von Fall zu Fall die Mehrheit. Aber wenn zwei dasselbe thun, ist's nicht dasselbe. Fürst Bismarck war stark genug, daß er die Teile in der Hand hatte. Die gegenwärtige Regierung beherrscht nicht die Parteien, sondern kann sie nur gewinnen, indem sie sich ihnen unterwirft. Das Centrum er­weist auch einem katholischen Reichskanzler keine Ge­fälligkeiten, ohne Gegenleistungen. In wenig Wochen wird sich entscheiden, ob die Regierung bereit ist, in den seit Jahr und Tag vernommenen Ruf einzu­stimmen:Katholisch ist Trumpf!"

DerReichsanzeiger" schreibt: Auf das Glück­wunschschreiben des Bundesrats an den Fürsten Bismarck ging von Friedrichsruh nachstehendes Dankschreiben ein:Unter allen Begrüßungen und Auszeichnungen, welche mir zu meinem bevorstehenden Geburtstag zu teil geworden sind, lege ich hervor­ragenden Wert auf die Kundgebung der Vertreter der durchlauchtigen Reichsgenossen im Bundesrat. Im dankbaren Hinblick auf eine Zeit der gemeinsamen Arbeit mit den meisten Unterzeichnern der Urkunde bitte ich den hohen Bundesrat, meinen gehorsamsten Dank für die erwiesene Ehre entgegenzunehmen und zweifle nicht, daß das deutsche Volk in diesem höch­sten Senate wie bisher für alle Deutschen den Aus­druck der nationalen Zusammengehörigkeit und Vater­landsliebe finden wird."

Dereiserne" Kanzler hat dem Sturm und Drang der Festtage wacker Stand gehalten. Er befindet sich nach den letzten Nachrichten aus Fried­richsruh völlig wohl; während viele aus seiner Um­gebung von den Strapazen ermüdet sind, geht er erhobenen Hauptes einher und ist voll Teilnahme für die anderen, deren Nerven sich weniger wider­standsfähig erwiesen haben. Der Fürst sprudelt von Witz und Laune, aber ab und zu verirrt sich ein melancholischer Zug in seinen Betrachtungen, wie am Dienstag, wo er von den Feierlichkeiten sprach und achselzuckend meinte:Das ist Begrabenwerden unter Blumenguirlanden." Gegenwärtig werden die Berge von Telegrammen gesichtet und geordnet. Der Alt­reichskanzler will täglich einige Hundert durchnehmen. Zuerst hat man die der Fürstlichkeiten ausgeschieden; als zweites großes Fascikel werden für den Fürsten die Telegramme der Körperschaften und Vereine ge­ordnet. Besonders stark sollen unter den Gratulanten auch die Frauenvereine und Mädchenpensionate ver­treten fein.

Berlin, 4. April. DerConfektionär" schreibt: Nach den Erfahrungen, die bis jetzt mit den grauen Offiziersmänteln gemacht worden sind, dürfte die Möglichkeit nicht ausgeschlossen sein, daß in nächster Zeit eine Aenderung eintritt. Wenn auch die Bei­behaltung der grauen Militärmäntel im Prinzip aufrecht erhalten bleiben dürfte, so scheint doch die bl au graue Färbung des jetzt getragenen Militär­tuches den Anforderungen nicht zu entsprechen. Es sollen deshalb Versuche mit einer neuen grünlich­grauen Farbe, die man für praktischer hält und die

mehr den russischen Militärmänteln ähnelt, angestellt werden.

Berlin, 6. April. Major v. Wißmann, dessen Gesundheit wieder völlig hergestellt ist, wird gegen den 10. April aus Italien mit seiner Gattin nach Berlin zurückkehren.

Altona, 6. April. Als erstes Schiff ist gestern nachmittag der DampferChristian" mtt einer Kohlen­ladung bei Brunsbüttel in den Nordostseekanal ein­gelaufen.

Frankreich.

Paris, 4. April. Wie demFigaro" aus Tongking gemeldet wird, haben dort wieder einmal Piraten 2 französische Unterthanen am Hellen Tage aufgegriffen, sie im übrigen gut behandelt und ihre Auslieferung der französischen Behörde angeboten gegen Gewährung von Straflosigkeit und die Zusi­cherung der Regierung, mit den Piraten einen natürlich für diese vorteilhaften Holzhandel ab­zuschließen. Die Behörde ging, um das Leben der beiden Franzosen zu retten, aus den Vorschlag ein. Das Blatt fragt dann spottend, wer in Tong­king Herr sei und will die Erfolge der französischen Kultur sehen.

Paris, 4. April. Die medizinische Fachschrift teilt mit^ daß ein neues Serum entdeckt worden sei, und zwar zur Heilung der Lungenentzündung.

Spanien.

Madrid, 4. April. In Cadix wird an der Ausrüstung eines kleinen Geschwaders von Aoiso- schiffen und 8 Kanonenbooten mit großer Beschleu­nigung gearbeitet. Das Geschwader soll zur besseren Ueberwachung der Küste Kubas dienen.

Der Marschall Martinez Compos, dem die wenig beneidenswerte Ausgabe zugesallen ist, den spanischen Augias­stall, soweit dies bei ferner heillosen Verwahrlosung mög­lich ist, zu reinigen, hat soeben erst sein Geschäft in Madrid beendet und macht sich nun daran, seine Ausgabe in Cuba zu lösen. Daß das spanische Volk zu seinem Herkules Ver­trauen hegt, beweisen die Ehrungen, die man ihm bei sei­ner Abreise aus der Hauptstadt erwies. Die Minister, Deputierten und Senatoren, die Generalität und eine große Volksmenge gaben ihm das Geleite. Bei der Abfahrt des Zuges ries der Marschall: Es lebe die spanische Station, hoch der König und die Königin! Die Menge antwortete begeistert: Hoch Campos! Hoch das spanische Cuba.

Schweden-Norwegen.

Christiania, 5. April. Die Reise der Königs­familie durch Schweden gestaltete sich zu einem wahren Triumphzug. Der Einzug in Stockholm war glänzend.

England.

London, 5. Apr... Laut Meldung derTimes" aus St. Petersburg macht die sibirische Eisenbahn, obgleich der Zar an der Sp tzr des Bahnausschusses steht, nicht die gewünschten Fortschritte. Es sind daher 2 Untersuchungsausschüsse ernannt, um die grobe Mißverwallung und Verschwendung von 14 Ätillionen Rubel über den festgesetzten Kredit zu untersuchen.

London, 5. April. DieTimes" meldet aus Simonoseki vom 31. März: die militärische Thätig­keit ist ungeschwächt. Gestern sind fünf Transport­schiffe mit Infanterie und Kavallerie eilig vor Ver­kündigung des Waffenstillstandes abgegangen. Die Vertragsbedingungen sind auf Wunsch Chinas sicht­lich so getroffen, um Peking um jeden Preis vor dem Angriff zu bewahren. Der Zustand Li-Hung- Tschangs ist zweifelhaft, bis die Lage der Kugel bestimmt ist.

Rußland.

Petersburg, 6. April. Der ehemalige Finanz­minister Wyschnegradski ist vergangene Nacht 12 Uhr gestorben.

Warschau, 5. April. Hier wurde eine geheime nihilistische Druckerei entdeckt, in Folge dessen zahl­reiche Verhaftungen vorgenommen wurden.

Warschau, 6. April. Wie aus bester Quelle verlautet, steht auf Vorschlag des Generalgouverneurs Schuwalow die Einführung der städtischen Selbst­verwaltung und der Schwurgerichte in Polen bevor.

Asien.

Hongkong, 5. April. Die Chinesen fliehen von Südformosa nach dem Festlande. Die Japaner sollen gegen Tokan, Nordformosa, vorrücken. Dort steht eine chinesische Arme 80 000 Mann stark, wo­von 50 000 gut bewaffnet sind. Die übrigen sind Neuausgehobene. Ein Gefecht steht bevor. In Swatow und Kanton werden kräftige Verteidigungs­maßnahmen getroffen. Ueber den Kantonfluß sind Sperrbäume, im Hafen von Swatow Torpedos ge­legt. Truppen werden ausgehoben. Der Kuliaus- stand ist vorüber.