sität Tübingen für die akademische Verbindung Schottland. — Der Präsident der Zentralstelle für Landwirtschaft Baron v. Ow ist an einem gastrischen Fieber erkrankt, doch ist der Zustand nicht besorgniserregend.
Stuttgart, 2. Jan. Erst jetzt nach dem Tode des zum Regierungspräsidenten ernannten Oberregierungsrat v. Schmidhäuser ist es bekannt geworden, daß derselbe s. Z. von mehreren Seiten als Kandidat für den Stuttgarter Oberbürgermeisterposten aufgestellt werden sollte. Drei Deputationen boten ihm die Kandidatur an, doch Schmidhäuser lehnte ab.
Aus Stuttgart wird der „Köln. Ztg." aus bester Quelle geschrieben, König Wilhelm habe in den letzten Tagen bei dem Empfang eines hohen Staatsbeamten die in der Presse umgehenden Gerüchte erwähnt, daß er mit dem deutschen Kaiser während der ostpreußischen Manöver Meinungsverschiedenheiten gehabt habe, und diese Gerüchte als vom ersten bis zum letzten Wort als erfunden bezeichnet. Der König versicherte, er sei thaUächlich einen Tag krank gewesen, habe sich dann aber, sobald er sich wohler gefühlt, an den militärischen Vorgängen wieder beteiligt, der Parade angewohnt und sei dann erst nach Hause gereist. Der König habe den Wunsch ausgesprochen, daß dieser wahre Sachverhalt in weitesten Kreisen bekannt werde.
Urach, 1. Jan. Seitens der Deutschen Partei ist an Präsident v. Leibbrand in Stuttgart das Ersuchen gerichtet worden, die Kandidatur für die bevorstehende Landtagswahl anzunehmen. Wie wir hören, hat sich Herr v. Leibbrand zur Uebernahme der Kandidatur bereit erklärt.
Ulm, 2. Jan. Wie das „Ulmer Tagblatt" meldet, soll das hiesige Grenadierregiment König Karl Nro. 123 zum Leibregiment erhoben werden und weiße Achselklappen mit dem Namenszug ^V. erhalten.
Neue Fünfzigmarkscheine. Seit längerer Zeit kommen fortgesetzt zahlreiche falsche Reichskassenscheine von 1882 zum Vorschein. Es empfiehlt sich deshalb, die bisherigen Scheine eivznziehen und durch neue zu ersetzen, die vermöge ihrer veränderten Ausstattung einen größeren Schutz gegen Nachbildungen bieten. Das Wilcorxypflanzensaserpapier, das sich durchaus bewährt hat, soll auch fernerhin beibehalten werden. Die Kosten der zunächst auf die Fünfzigmarkscheine zu beschränkenden Maßnahmen sind auf rund 170 000 veranschlagt.
Von braunschweigischen Nähmaschinenfabrikanten ist eine Beschwerde gegen das Bekleidungsamt des 15. Armeekorps (Elsaß) an das preußische Kriegs- ministerium abgegangen. Es wird Klage darüber geführt, daß das Bekleidungsamt an einen ausländischen Nähmaschinenfabrikanten sehr umfangreiche Aufträge erteilt habe, ohne die heimische Industrie zur Bewerbung und Abgabe von Preissorderungen veranlaßt zu haben.
Berlin, 2. Jan. Wie die „Nationalzeitung" hört, hat der Kaiser gestern dem General Grafen Waldsrsee den Schwarzen Adlerorden verliehen.
Berlin, 2. Januar. Beim Neujahrsempsang behandelte der Kaiser den Reichskanzler Fürsten Hohenlohe mit großer Auszeichnung. Der Reichskanzler war der einzige, dem der Kaiser und die Kaiserin bei der Defilierkur die Hand reichten. Die Unterredung des Kaisers mit den Generalen drehte sich um die diesjährigen Kaisermanöver.
Berlin, 3. Jan. Die Tabaksteuervorlage wird, wie die Nationall. Korrespondenz hört, im Reichstag wohl noch etwas auf sich warten lassen: es seien mancherlei Meinungsverschiedenheiten mit den süddeutschen Bundesstaaten, die am Tabakbau erheblich beteiligt sind, zu überwinden und es sei zweifelhaft, ob der Entwurf nicht noch eine Abänderung erfährt.
Berlin, 3. Jan. Der Kaiser beauftragte den Erbprinzen Wilhelm von Hohenzollern, welcher sich zur Beisetzung des Exkönigs Franz von Neapel nach Arco begeben wird, in seinem Namen einen kostbaren Kranz am Sarge niederzulegen. — Wie der Lokalanzeiger aus Hamburg erfährt, hat Fürst Bismarck auf seine Neujahrsgratulation ein eigenhändiges, huldvolles Glückwunschschreiben des Kaisers erhalten.
Frankreich.
Im Prozeß gegen den Kapitän Dreyfuß ist jetzt das Schicksal des zu lebenslänglicher Deportation verurieilten Offiziers entschieden. Das Appell-Kriegsgericht, welches über den Revisionsantrag des Angeklagten zu entscheiden hatte, trat am Montag zu
sammen, aber Dreyfuß Verteidiger erklärte sofort, sein Klient beruhige sich nunmehr bei dem erstinstanzlichen Urteil. Das Gericht erkannte nach einer Beratung von nur wenigen Minuten auf Verwerfung der Berufung. Dem Verurteilten steht nun noch die schimpfliche Degredation vor Deputationen aller Pariser Truppen bevor, ehe er nach Neu-Kaledonien abgesührt wird, wo er seine Strafe verbüßen wird.
Dem Fall Dreyfuß ist eine neue Sensations- affaire gefolgt, die Amtsentsetzung des Gouverneurs von Französisch-Jndien, des Herrn von Lanessan. Nach übereinstimmenden Mitteilungen waren die amtlichen Berichte Lanessan's wegen deren Aushändigung an Unberufene er abgesetzt wurde, unter den beschlagnahmten Papieren Canivel's des Herausgebers der Zeitung „Paris" gefunden, der unter der Anklage der Erpressung in Untersuchungshaft sitzt. Canivel war Lanessan's Vertreter in Paris und veranlaßte die günstigen Zeitnngsstimmen, die von Zeit zu Zeit in den Pariser Journalen über Lanessan's Amtsführung in Tonkin und Annam laut wurden. Angeblich bezahlte er die lobenden Artikel mit Versprechen von Bergwerksarbeiten und Lieferungsbewilligungen in Annam und Tonkin, die nicht gehalten wurden. Das Kolonialministerium hat den Fall Lanessan durch Rundschreiben allen Kolonial-Gouverneuren und Residenzen zur Warnung mitgeteilt. Wie die französischen Beamten amtieren, sieht man aus diesem Fall wiedereinmal.
Paris, 3. Jan. Aus Shanghai wird gemeldet, die chinesische Regierung sei bereit, Port Arthur von Japan zurückzukaufen (!). Die Japaner lagern vor Weiheiweih und rüsten sich um Angriffe.
England.
London, 31. Dez. Aus San Francisco wird gemeldet, daß die Polizei daselbst eine geheime Gesellschaft von Chinesen entdeckt hat, deren Zwecke in der Entthronung der jetzigen Dynastie in China bestehe. Die Gesellschaft verfügt über bedeutende Geldmittel und über Waffen und habe bereits durch ihren Abgesandten in China eine Revolution vorbereitet.
London, 3. Jan. Eine furchtbare Feuersbrunst zerstörte das Wäschegeschäft der Madame Martin in Edgewararoad, bestehend aus zwei dreistöckigen Häusern und zwei Hinterhäusern. Madame Martin, fünf junge Mädchen, ein Mann und ein Knabe kamen in den Flammen um, ferner wurden sechs verkohlte Leichen gefunden, die noch nicht agnosziert werden konnten. Fünfzehn Personen werden vermißt.
Rußland.
Aus Warschau wird gemeldet, daß der neue Generalgouverneur Gras Schuwalow die Annahme seines Postens von drer Bedingungen abhängig gemacht habe: Das Oberkommando über die Truppen des Warschauer Militärbezirks sollte nach wie vor beim Generalkommando bleiben; ihm (Schuwalow) solle die Wahl der Beamten total frei stehen, endlich sollen die wegen der Warschauer Straßen-Demon- strationen anläßlich der Kilinski-Feier verbannten Polen begnadigt werden. Der Zar hat alle drei Bedingungen angenommen.
Aus verschiedenen russischen Jndustriebezirken werden bedeutende Arbeiterkrawalle berichtet, die Mitte Dezember stattgefunden haben und blutig unterdrückt werden mußten. Der offizielle Telegraph hatte für diese Vorkommnisse einen Maulkorb erhalten.
Ein echt russisches Stückchen ist im Leib- Kosaken-Regiment passiert: Ein Zahlmeister hat die Kleinigkeit von 180 000 Rubeln zu seinen eigenen Gunsten verausgabt. Der Mann ist verhaftet.
Amerika.
Washington, 3. Jan. Aus Shanghai wird gemeldet, die Friedensverhandlungen zwischen Japan und China sind gescheitert.
Asien.
Yokohama, 31. Dez. Eine Depesche eines hiesigen Blattes aus Fusan (Korea) meldet, daß die Tonghaks in Tschullado ein Königreich unter dem Namen Kainan gegründet und ein Mitglied der Nien- samilie zum König ernannt haben. — Der General Hodzu telegraphiert aus Antong vom 29. Dez., daß die Eingeborenen in den von der ersten japanischen Armee besetzten Distrikten in ihre Heimstätten zurückkehren und ihre Beschäftigung wieder aufnehmen. In vielen Bezirken sind die Märkte eröffnet, was der Armee die Beschaffung von Vorräten erleichtert. Das japanische Geld zirkuliere und ersetze allmählich die bisherige Währung.
Peking, 30. Dez. LuiKuuYi, der frühere Vize- komg von Nanking, ist zum Oberbefehlshaber der gesamten chinesischen Slreilkräfte an Stelle von Li- HungTschang und Prinz Kung ernannt worden. Die beiden letzteren sind vollständig in Ungnade gefallen.
Kleinere Mitteilungen.
Bon darf, 2 . Jan. Hier hat sich ein jnnger Mensch m der Neuiahrsnachl die Hand durchschossen und mußte sofort nach Lubmgen verbracht werden.
, Jan. Hier ist bekannt geworden, daß der
früher hier angeltellt gewesene Amtm. T. einen Selbstmordversuch begangen habe. Derselbe soll sich verschiedene Veruntreuungen und Fälschungen habe zu schulden kommen lagen, dre aus mehrere Jahre zurückdatieren. T. hat dieser ^.age ferne Entladung aus dem Staatsdienst genommen.
„> ottwerl, 1. Jan. Vergangene Nacht wurde gehörig gefeuerwerk und geknallt. Leider ging aber die Geschichte mcht ohne bedauerlichen Unfall ab. Gegen 12 Ukr wurde in das Verkaufslokal der Konditorei Lehre ein soa drosch geworfen, der das zum Verkaufe in großer Menge ausqe- legte Feuerwerk entzündete. Eine donnerartige Explosion erfolgte, dre Fensterscheiben wurden zertrümmert und ün Laden alles zerstört. Die im anstoßenden Zimmer befindlichen Gäste — Herr Lehre betreibt zugleich ein Cafe — mußten die Fensterscheiben einschlage», um ins Freie zu gelangen, da Flammen und Qualm jeden andern Ausweg versperrten. Ter schaden, den der Besitzer erleidet, ist jedenfalls ein sehr beträchtlicher, außerdem soll er nebst einem andern Manne beim Löschen noch Brandwunden davongetragen haben. Der Attentäter, der selbstverständlich einen solchen Erfolg seines „Spasses" nicht vorausgesehen hat, ist unbekannt. (Schm. B.")
Stuttgart, l. Jan. Die Neujahrsnachr ist hier ziemlich ruhig verlaufen. Es wurde wohl vielfach geschossen und auf den Straßen gelärmt, aber Exzesse kamen nicht vor. In der Marktstraße hatte sich von 12 Uhr an der mit Recht so beliebte Bretzelmarkt etabliert.
Stuttgart, 1. Jan. Heute nachm. Uhr versetzte ein Nachtwächter der Lokomotivremise auf der Prag, Namens Schäfer, in angetrunkenem Zustande seiner Hauswirtin, Witwe Keppler, Mutter von 5 Kindern, die ihn zur Ruhe ermahnte, einen Stich in die Herzgegend. Dre Witwe starb bald darauf, der Thäter wurde verhaftet. Er weigerte sich entschieden, zu gehen und mußte schließlich mittels Wagen ins Gefängnis verbracht werden. Die zahlreich am Thatorte erschienene Menschenmenge brach in Verwünschungen gegen den Mörder aus.
Plochingen, 1. Jan. Aus der Straße zwischen Steinbach und dem Freitagshofe fand man gestern gegen Mittag einen Schäfer tot auf dem Wege liegend, dessen Herde zerstreut umherirrte. Allein Anscheine nach hatte er einen Schlaganfall erlitten.
Asperg, 1. Jan. Aus der Eisenbahnstrecke Ludwigsburg—Asperg gerieten letzter Tage zwei Arbeiter in einem Abendzug miteinander in heftigen Streit, wobei einer der Streitenden seinen Mostsutterkrug auf dem Kopf des andern zertrümmerte. Als der Thäter die schweren Verletzungen bemerkte, die er seinem Gegner beigebracht hatte, sprang er in der Nähe der hiesigen Station aus dem sich noch in Bewegung befindlichen Zug, wurde beiin Fallen von den Rädern am Rocke ersaßt und eine Strecke geschleift. Nachdem der Zug auf dem hiesigen Bahnhof zum Stehen gebracht war, riß sich der Misfethäter voni Eisenbahnrad los, und entfloh. Wie durch ein Wunder scheint derselbe keinerlei Verletzungen davongetragen zu haben. Man vermutet in dem Thäter einen Arbeiter aus hiesigem Ort, der seither vermißt wird. Der Verletzte trug eine Fahrkarte von Zuffenhausen nach Kirchheim a. N. bei sich, nach welch letzterer Clarion er auch weiterbefördert wurde.
In Jagstfeld bei Karlsruhe wird der plötzliche Tod des dortigen Bürgermeisters viel besprochen. Es heißt, er wäre am Herzschlag gestorben. Momentan unkontrolierbare Gerüchte bringen seinen Tod mit dem dortigen Vorschust- verein in Verbindung, dessen Kassierer er war. Die Geschäftsbücher des Vorschußvereins wurden von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Ein Gericht besagt, die Verhaftung des Verstorbenen habe bevorgestanden; auch spricht man von 27,000 ^ Defizit. Diese Gerüchte bedürfen jedoch noch sehr der Bestätigung.
Karlsruh e, 2. Jan. In der Neujahrsnacht erschoß sich im Beisein seiner Familie der Großkaufm. Högmann-
Briefkasten.
Einsender dieses hat schon vielfach und namentlich in den letzten Tagen die Wahrnehmung gemacht und auch Klagen darüber gehört, daß erwachsene Leute, hauptsächlich schlittenfahrende Fremde, von der unartigen männl. Jugend durch Schneeballenwerfen in oft geradezu empörender Weise belästigt werden. Eine Bitte an Eltern, Lehrer, Lehrherren und Polizei dürfte deshalb angebracht sein, jedes zu seinem Teil diesem Unfug energisch steuern zu wollen. (Anm. der Red.) Wir geben dieser Anregung gerne Raum, möchten aber in Bezug auf die schlittenfahrenden Fremden noch bemerken, daß diese ihresteils mehr Rücksicht auf dre Nagolder Fußgänger nehmen möchten, damit letztere nrchtz wie leider auf dem Wege von Jselshausen vorgekommen, gezwungen sind ihr Leben durch Seitensprunge rn fußhohe Schneemassen retten zu müssen.
Hiezu das Unterhaltungsblatt Nro.
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Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen
Buchhandlung (Emil Aaiser) Nagold.
U Jüttert die hungernden Mgei!