beneu komischen Aufführungen stürmische Heiterkeit; solche mußten z. T. wiederholt werden. Mit Gaben- verlosung und Chnstbauinverstelgeruug etceichle die von einer echten Weihnachtsfreude getragene Feier einen hübschen Abschluß. In Verhinderung des Vorstands hielt der Schriftf. d. V. noch eine An­sprache, in welcher er der Verdienste desSänger­kranzes" und seines Herrn Direktors gedachte, indem er betonte, daß es ihm gelungen sei in kurzer Zeit so Tüchtiges zu leisten. Er schloß mit einem freudig aufgenommenen Hoch auf sie und die Einigkeit im Verein, welcher die Erfolge mit zu verdanken seien.

t. Ebhausen, 26. Dez. Am 23. d. M. hielt der Ausschuß des land e. Venns unseres Bezirks im Gasthausz. Krone" hier e e er dem Vorsitz des Vorstands, Hrn. Privatier Schill von Altensteig, eine Sitzung, die über interessante Gegenstände in Beziehung auf die Hebung des Viehstandes verhan­delte. Das Wichtigste bei der Verhandlung bildete die Beratung von Eingaben an die Kgl. Central­stelle für Landwirtschaft auf die Erlasse vom 6. und 7. d. M., den Erlaß vom 6. d. M. seitens der Kgl. Centralstelle für Landwirtschaft betrifft die weitere Ausdehnung der bisher schon beste­henden staatlichen Viehversicherungsgesetze von 1881, 1885 und 1893 (letzteres betr. Entschä­digung wegen an Maul- und Klauenseuche gefallenen Viehes). In dem angeführten Erlaß wird darauf hingewiesen, daß zwar 475 Ortsviehverficherungs- vereine im Lande vorhanden seien (im Bezirk Nagold in 11 von 38 Gemeinden), dennoch aber noch mehr als ha sämtl. Gemeinden einer solchen Einrichtung entbehren und manche derselben überhaupt noch ganz primitiver Art seien und die Möglichkeit des Aus­gleichs der Gefahr durch Uebernahme auf breitere Schultern vermissen lasse. Es erscheine deshalb an-

durch ÄUllUÜp^uu^ UN VÜZ die

vorhandenen Einrichtungen rationell zu gestalten, zu verallgemeinern, ähnlich wie Baden durch sein Gesetz vom 26. Juni 1890 betr. die Versicherung der Vieh­bestände gelhan habe und Bayern zu thun beab­sichtige. Der Erlaß berührt i-n weitern auch, daß den hierauf abzielenden Bestrebungen vielfach die im Volke vorhandene Versicherungsmüdigkeit entge­gengehalten werde. Die Ausschüsse der verschiedenen landw. Bezirksvereine werden ersucht, sich über die Organisation des Viehversicherungwesens zu äußern. Der Ausschuß unseres landw. Vereins erklärte sich im wesentlichen mit dem badischen Viehversiche­rungsgesetz einverstanden u. hob in seiner Eingabe an die Kgl. Centralstelle hervor, daß die Einführung desselben von seiten der Viehbesitzer dankbar aner­kannt würde. Auf den Erlaß v. 7. d. M. betr.! Aenderung des Farrenhaltungsgesetzes v. 16.! Juni 1882 gab der Ausschuß des Nagolder landw. Vereins die Erklärung ab, daß er mit der vollstän­digen Uebernahme der Farrenhaltung auf die Ge­meindeverwaltung, ähnlich wie es das badische Ge­setz v. Jahr 1865 bestimme, einverstanden sei. An­geführt wurde, daß Nagold seit 1883 die Farren­haltung in eigener Verwaltung habe, Haiterbach und zwei Landgemeinden, nämlich Ueb erb erg und Fünfbronn die Anschaffung der Farren auf Ge­meindekosten eingeführt haben u. allgemein in den be­treffenden Gemeinden über diese Einrichtung voll­kommene Zufriedenheit herrsche.

Herrenberg, 22. Dez. Der in Pforzheim ver­haftete Pferdedieb wurde heute morgen geschlossen hier eingeliesert. Derselbe, ein schon mehrfach vor­bestrafter Dreher Namens Sayer von Unterjettin­gen, wäre auf dem Bahnhof beinahe gelyncht worden. Er leugnet hartnäckig und will das Pferd gekauft haben.

Leonberg, 26. Dez. Mühlenbesitzer Wilhelm Kleinselder von Merklingen hat die demokratische Kandidatur für den Bezirk Leonberg angenommen.

Stuttgart, 22. Dez. Minister Pischek lehnte die Kandidatur in Blaubeuren ab.

Stuttgart, 23. Dez. An Stelle des ursprüng­lich von Kaiser 'Nikolaus II. zur Notifizierung seiner Thronbesteigung beim hiesigen Hof bestimmten Ge­sandten Barclay de Tolly, der in München vorüber­gehend erkrankt ist, traf General Swetschin in Be­gleitung seines Sohnes aus Berlin hier ein. Gestern abend wurde die Gesandtschaft von S. M. dem Könige empfangen und entledigte sich ihres Auftrages. Später fand ein Galadiner im K. Residenzschloß statt.

Stuttgart, 23. Dez. Am 1. April n. I. wird nach Fertigstellung der Erweiterungsbauten des Hasen­

bergbahnhofs hier eine Güterstelle für den Stückgut­verkehr eröffnet; gleichzeitig hat das K. Finanzmini­sterium die Errichtung einer Zollabfertigungsstelle genehmigt.

Stuttgart. 26. Dez. Am heiligen Abend fand wieder für dieHeimatlosen", namentlich die Äeß- leute, in der Stiftskirche ein Gottesdienst statt. Zwei riesige Christbäume standen zu beiden Seiten des Altars. Städtpfarrer Kolb hielt die Weihnachtsli­turgie. Der Kirchenchor unter Leitung des Organisten Lang sang, Weihnachtschöre. Unter der Gemeinde, welche fast die Kirche "vollständig füllte, fehlten nicht die Fremden aus den Herbergen.

Stuttgart, 27. Dez. Lebhaft besprochen wird in politischen Kreisen ein Artikel desBeobachters", welcher den König von Württemberg sowie den württembergischen Ministerpräsidenten auffordert, sich an die Spitze einer liberalen Opposition gegen die reaktionären Gelüste Preußens zu stellen.' Der PariserFigaro" nimmt von diesem Artikel in einem Stuttgarter Telegramm mit unverhohlener Freude Notiz; natürlich meint das Pariser Blatt, die Einig­keit Deutschlands werde dadurch gefährdet. Ohne uns hier auf die persönlichen Beziehungen der beiden Monarchen, des Königs von Württemberg und des Königs von Preußen, des näheren einzulassen, glauben wir versichern zu können, daß zwischen der württem­bergischen Regierung und der preußischen zurzeit ein wesentlicher politischer Gegensatz, welcher Württem­berg an die Spitze der Opposition drängen tonnte, nicht besteht. Es ist zwar kein Geheimnis, daß Württemberg sich im Bundesrat, der Umsturzvorlage, wenigstens einzelnen Bestimmungen desselben gegen­über nicht zustimmend ausgesprochen hat; dagegen befindet sich die württembergische Regierung in an­deren Fragen wie der Finanzreform und der Tabak- vorlage mit der preußischen Regierung iu voller Uebereinstimmung. (Schw. B.)

Ebingen, 23. Dez. Bei der gestern stattge­habten Bürgerausschußwahl siegte der Zettel der Volkspartei. Die deutsche Partei hatte einen eigenen Zettel ausgegeben.

Ebingen. 24. Dez. An den Bezirksvereins­vorstand des Volksvereins ist gestern ein Schreiben eingelaufen, nach welchem Konrad Haußmann dis ihm angetragene Kandidatur für den Landtag über­nimmt.

Kuchen, 24. Non. Die Christbaumseier des hiesigen Gesangvereins Germania nahm inmitten der Feier ein rasches, trauriges Ende. Während der Vorführung des komischen TerzettsEine fidele Gerichtssitzung" fiel die Erdöllampe nieder und die Kleider desAngeklagten" fingen Feuer. Da auch das Erdöl auf dem Boden brannte, drängte Alles den Ausgängen zu, so daß dem Brennenden, der sich nicht sogleich niederlegte, erst Hilfe wurde, nach­dem Brust, Gesicht und Hände schrecklich verbrannt waren. Er mußte in das Spital nach Geislingen überführt werden.

Kleineislingen, 26. Dez. Aus Weihnachten hat die hiesige Gemeinde ein neues Kirchengeläute er­halten, über dessen herrliche Klänge nur eine Stimme der Befriedigung herrscht. Alle drei neuen Glocken, die am Christfest ihre Weihe erhielten, ertönen im L-äur-Akkord (k, Ais, Ii) und zeichnen sich ebenso­wohl durch Reinheit der Klangfarbe als durch Fülle und harmonisches Jneinandergreifen der Töne aus. Sie stammen aus der Werkstätte der tüchtigen und rührigen Firma G. A. Kiesel in Heilbronn.

Karlsruhe, 24. Dezbr. Fabrikant Ellstätter, Bruder des früheren Finanzministers Ellstätter, er­schoß sich aus unbekannten Gründen.

Hamburg, 24. Dez. In Altona ist der an der Elbe gelegene Stadtteil überflutet. Die Speicher­keller sind mit Wasser gefüllt. Der Schaden hier und in Altona ist noch nicht festzustellen: er wird auf mehrere Hunderttausende geschätzt. Ueberall treiben Ballen, Kisten und Fässer. Infolge des Nordweststurmes der letzten Nacht entstand hier eine Springflut. Die Elbe trat in mehreren Stadtteilen über die Ufer, die Keller, mit Kaufmannsgütern ge­füllt, sind überschwemmt. In den niederen Stadt­teilen ist der Betrieb der elektrischen Pferdebahn eingestellt. Auch in Altona sind die an der Elbe gelegenen Stadtteile überflutet und die Speicherkeller mit Wasser gefüllt. Der Schaden ist unberechenbar, doch mehrere Hunderttausend.

Wilhelmshafen, 22. Dez. Vorige Nacht wurde die Garnison wegen der durch furchtbaren Sturm

hervorgerufenen Deichgefahren alarmiert, das Wasser fällt aber wieder.

Der Kaiser hat bestimmt, daß das 1. Westfälische Husaren-Regiment Nr. 8 fortan den NamenHu- saren-Regiment Kaiser.Nikolaus II. von Rußland (1. Westfälisches) Nr. 8" führen soll.

DerPreuß. Staatsanz." meldet: Se. Mas. der Kaiser und König hat dem früheren Reichs­kanzler General der Infanterie Grafen v. Caprivi, die Erlaubnis zur Anlegung des von des Königs von Serbien Majestät ihm verliehenen Großkreuzes des Weißen Adler-Ordens erteilt.

Nach derKöln. Volksztg." ist ein großer Teil der Konservativen am Montag während der Reichs­tagssitzung auf der Jagd gewesen. Wenn dies rich­tig ist, so kann es nicht verwundern, daß Hr. v. Leoetzow verstimmt sein soll.

Belgien-Holland.

Amsterdam, 24. Dez. Der Sturm zerstörte in Scheveningen ein Drittel aller Schiffe, sämtliche Fischerboote lagen am Strande, 40 davon sind zer­stört. Der Schaden ist außerordentlich groß. In Egmond ist die ganze Fischerslotte vernichtet. Ueber­all an der Nordseeküste ist der Strand 1920 Meter hinweggespült. Der Hasen von Vlissingen hat schwer von der Flut gelitten. Der PostdampferPrinzeß Elisabeth" ist gestern beschädigt hier eingetroffen. Bei Egmond scheiterte eine deutsche Barke und wurde völlig zertrümmert; von 17 Personen der Bemannung sind 7 gerettet, 5 ertrunken, die übrigen werden noch vermißt. Die schwedische BarkJohann Fough" strandete bei Vtichorst, die Bemannung ist noch an Bord, das Rettungsboot suchte vergeblich die Bark zu erreichen. Bei Schiermonuikoog strandete ein deutscher Dampfer, dessen Mannschaft aber gerettet wurde.

Frankreich.

Paris, 27. Dez. Gestern erfolgte der gericht­liche Verkauf der Mobilien von Cornelius Herz. Der Gesamterlös von 1384000 Frs. floß in die Liquidationskasse der Panamagesellschaft.

Der französische Hauptmann Dreyfuß wurde vom Kriegsgericht für schuldig erklärt und mit Einstimmigkeit zur lebenslänglichen Deportation und Einschließung in einen befestigten Platz (äkpor- kukion psrpkkukll «Inn8 uns knesintk kortillkk) verurteilt:

Die leyte Sitzung des Tericyks begann am Samstag um 1 Uhr. Die Osffentlichkeit blieb nach wie vor ausge­schlossen; das Verhör des Angeklagten wurde fortgesetzt. Darauf begann der Verteidiger Demange seine Plaidoyer, das 4 Stunden dauerte. Der Regierungskommissar erwie- derte daraus. Das Urteil besagt: Die einzige Frage, die dem Kriegsgerichte vorgelegt wurde, lautet: Ist Dreyfuß schuldig, im Jahr 1894 in Paris einer auswärtigen Macht verschiedene Schriftstücke, betreffend die nationale Verteidi­gung, ausgeliefert und im Einverständnis mit den Agenten dieser Macht gestanden zu haben, um sie zu Feindseligkeiten gegen Frankreich zu veranlassen oder ihr die Mittel dazu zu verschaffen? Das Urteil zählt außerdem mehrere Ge- fetzestexte auf, betr. das Strafmaß, darunter den Artikel der Verfassung von 1848, der die Todesstrafe für poli­tische Delikte abschafft. Bei den Worten des Urteils:Im Namen des französischen Volkes" salutierten die Richter; bei dem Worteinstimmig" ging eine Bewegung des Ent­setzens durch den Zuschauerraum. Nach Verlesung des Urteils wurde die Sitzung sofort geschloffen. Ein Zuschauer rief:Es lebe das Vaterland!" Nach Aufhebung der Sitzung stieg der Regierungskommissär in den Hof des Kriegsgebäudes hinab. Die Wache trat heraus und for­mierte die Front. Der dienstthuende Lieutenant führte den Angeklagten heraus, der drei Schritte vor der Front in militärischer Haltung stillhielt. Der Kommissär verlas ihm das Urteil und teilte ihm mit, daß er 24 Stunden Revi­sionsfrist habe. Draußen hatten sich mehr als zweitausend Menschen angesammelt. Zahlreiche Polizeimannschaft ver­sah den Ordnungsdienst. Abends war die Staße ganz ab­gesperrt. Große Erregung herrschte in der Umgebung des Kriegsgerichts.

Der«soir" konstatiert bei Besprechung des Urteils im Prozeß Dreyfuß befriedigt die Erstarkung der Wehrkraft Frankreichs. Frankreich, so sagt das Blatt, konnte den Prozeß führen, den deutschen Drohungen zum Trotz; Frankreich ist endlich Herr bei sich geworden. DerSoir" beglückwünscht das Ministerium dafür, daß es sich mit dem Kriegsmi­nister solidarisch erklärt habe. Es ist eine schwere Strafe, die den Hauptmann Dreyfuß trifft: er hat Ehre und Freiheit für immer verwirkt. Wahrschein­lich werden wieder einige Pariser Blätter dazu kom­men, ihre Angriffe auf die deutsche Botschaft zu wiederholen. In Deutschland wird man dies sehr kühl aufnehmen, soweit es sich um die gewöhnliche Hetzpresse handelt; sollten ernstere und verbreitetere Organe die Angriffe wiederholen, so wird die deutsche