Frankreich.
Paris, 20. Dez. Der erste Verhandlungstag im Prozeß Dreyfuß dauerte gestern bis halb 7 Uhr abends. Der Ausschluß der Oeffentlichkeit wurde sehr streng gehandhabt. 5 Zeugen sind bis jetzt vernommen.
Italien.
Rom. Der erste Eindruck der Giolitti'schen Schriftstücke war der einer schweren Belastung Crispis. Heute neigt sich die Wage wieder eher zu seinen Gunsten. Jedenfalls muß man mit dem Urteil zurückhalten. Daraus, daß der König dem Ministerpräsidenten die Vertagung der Kammer bewilligt hat, muß man schließe", nicht bloß daß er Crispi halten will, sond.n a"..:. daß er vorläufig keinen Zweifel in dessen E)reu ho ^ ,gleit setzt. Crispi besitzt also zur Zeit noch de.i Rückhalt seines Monarchen und ebenso den seiner Koggen. Die Drahtmitteilungen über die Stellung oer Minister zu Crispi sind unrichtig wiedergegeben worden. Minister Saracco erklärte, daß das Kabinet mit Crispi vollständig solidarisch sei und durchaus nicht abzudanken gedenke. Was das Schreiben Rudinis an seine Wähler betrifft, so urteilen die meisten Blätter, Rudini habe sich von der äußersten Linken ins Schlepptau nehmen lassen.
Rußland.
Petersburg, 19. Dez. Beim gestrigen Gratulationsempfang überreichte der Zar dem deutschen Botschafter General v. Werder eine goldene, reich mit Brillanteii besetzte Tabatwre.
Petersburg, 20. Dez. Die feierliche Krönung des Kaisers und der Kaiserin findet nach den bisherigen Bestimmungen im April 1895 statt. Das Kaiserpaar begibt sich alsdann nach Nischninowgorod, um die dortige Nationalausstellung zu eröffnen.
Asien.
Hieroshima, 17. Dez. Der Marschall Dama- gata, der seines Gesundheitszustandes wegen einen Urlaub angetreten hat, ist hier eingetroffen. Die dritte japanische Armee, die hier zusammengezogen ist, erwartet unverzüglich Befehle.
Tokio, 19. Dez. Feldmarschall Aamagata wurde mehreremale in Privataudienz vom Kaiser empfangen. Der Kaiser drückte dem Marschall seinen lebhaftesten Dank für die dem Lande geleisteten wertvollen Dienste aus und ernannte ihn zum Generalinspekteur der Armee. Infolge dessen legte Feldmarschall Jama- gata den Vorsitz des Kabinettsrates nieder.
Der „Times" wird aus Shanghai gemeldet, daß der Kaiser am 17. ds. eine Proklamation erlassen hat, in welcher er den Vizekönig Li Hung Tschang beauftragt, den Taotai, Civilgouverneur von Port Arthur, Kung und vier Generäle, welche dort kommandierten, verhaften und nach Peking schicken zu lassen, damit dieselben wegen des Verlustes jener Festung bestraft werden. Admiral Ting ist verhaftet worden, weil er das Seemagazin nicht verteidigte. — Ein Neffe des Kapitäns Hannecken ist nach Tientsin abgegangen, um den Oberbefehl über die dortigen Truppen zu übernehmen. Die Verteidigungswerke von Tientsin sind übrigens höchst mangelhaft. Es soll 14 Granaten für jedes geben, da das Pekinger Finanzamt die Ausgabe für Munition seit mehreren Jahren beschränkt hat.
Hieroshima, 20. Dez. Ein japanisches Kriegsschiff, das in den Gewässern von Wei-hai-wei kreuzte, erbeutete ein mit Waffen, Pulver und Lebensmitteln für die jetzt im Hafen von Wei-hai-wei ankernden chinesischen Kriegsschiffe beladenes Fahrzeug, das nach dem japanischen Kriegshafen Talienwan geschleppt wurde.
Aus Japan. Der Zudrang zum Studium der deutschen Sprache ist in Japan gegenwärtig größer als je. Zu einem von der deutschen Mission zu Tokio eröffnet«» Sprachkursus meldeten sich sofort 60 Schüler, meist Studenten der Universität und des Regierungsgymnasiums. Der neue Unterrichtsminister Marquis Saionji hat vor einigen Tagen in einer Privatunterredung erklärt, daß er der letzten Bestimmung seines Vorgängers, wonach die deutsche Sprache zur Hauptunterrichtssprache für Universität und Regierungsgymnasien erklärt wurde, freundlich gegenüberstehe und sie durchzuführen entschlossen sei.
Kleinere Mitteil««rge».
Altingen, OA. Herrenberg, IS. Dez. Dem Kaiserwirt wurde gestern Nacht ein Pferd (Schimmel) im Wert von ca. 1600 ^ aus dem Stau gestohlen. Der Dieb hat vor Ausführung der That vor dem Stall Stroh gestreut.
damit die Pferdtritte re. von dem Eigentümer und seinen Angehörigen nicht vernommen werden konnten. Bis jetzt hat man vom Diebe noch keine Spur.
Marschalkenzimmern, OA. Sulz, 16. Dez. Heute vorm, wurde die Witwe des Schultheißen Blocher dahier, nachdem sie in ihrem Bett vergeblich gesucht worden war, in dem etwa 8 Mtr. tiefen Schloßbrunnen tot aufgefunden. Ihre Schuhe standen neben dem Brunnen. Sie muß sich bei Nacht unbeachtet vom Hause entfernt haben. Es wird angenommen, sie habe die That im Zustand der Schwermut ausgeführt, da sie seit dem Tode ihres vor einem halben Jahr infolge eines Schlaganfalles verstorbenen Mannes manchmal Spuren hievon zeigte.
Stuttgart, 19. Dez. Gestern abend wurde ein 21 Jahre alter Küfer in seiner Schlafkammer, in welcher er sich eingeschlossen hatte, tot aufgesunden. Derselbe hat sich durch einen Schuß getötet.
Urach, 18. Dez. Wie dem „Schw. B." aus Würtingen, Urach, in dessen Nähe schon in früheren Zeiten Gräber der vorrömischen Zeit aufgedeckt wurden, mitgeleilt wird, ist im Laufe der vorigen Woche ein sog. Familiengrab bloßgelegt worden. In demselben fanden sich vor: 7 Skelette, zum Teil noch sehr gut erhalten, ferner Ueberreste irdener Gefäße in großer Anzahl, 2 Armspangen, 2 Ringe, 2 etwa 25 Cm. lange Stecknadeln, Ohrringe und 1 schön verzierter Kessel, letzterer Gegenstand Ueberrest der Bronzezeit.
Schorndorf, 20. Dez. Gestern vorm, wurde ein G. Daferner aus Manolzweiler in seinem elterlichen Hause verhaftet und ins hies. Gerichtsgefängnis eingeliefert. Der Betreffende war im Jahr 1874 wegen Raubmords zum Tod verurteilt, aber zu lebenslanger Haft begnadigt worden. Nachdem er sich nun über 19 Jahre lang in seiner Haft gut aufgeführt hatte, wurde er dieses Frühjahr nach Brasilien hinüberbefördert. Von dort kehrte er bald zurück, arbeitete eine Zeit lang in Eßlingen, bis ihn nun die Nemesis ereilte. Er war mit Totschläger und Revolver bewaffnet.
Schweindorf, OA. Neresheim. 18. Dez. Ein schweres Verbrechen wurde in der Nacht vom Sonntag auf Montag hier ausgeführt. Der 66 Jahre alte Ausdinger und frühere Schmied Georg Hager, welcher allein in einem Hause am Ausgange des Ortes wohnt (gegenüber dem Hause seines Sohnes) erwachte nachts an dem Geräusch, als jemand das Küchenfenster eindrückte und in seine Wohnung eindrang. Hager wollte sich in seinem Bett erheben, wurde jedoch am Hals gepackt und gewürgt. Es entspann sich ein Ringen im Zimmer, wobei der Einbrecher dem Hager mittelst eines stumpfen Gegenstandes, wahrscheinlich eines Steines, zwölf schwere Verletzungen beibrachte, so daß Hager bewußtlos zu Boden fiel. Der Räuber durchstöberte hierauf die Behältnisse, wobei er überall Blutspuren zurückließ, fand jedoch an Wertsachen nur 6 im Portemonnaie, welches in der Tischschublade lag, (152 hatte H. in seinem Strohsacke liegen) und entfernte sich hierauf durch das Kammerfenster. Holzarbeiter, welche am Montag früh am Hause vorbeikamen, hörten Hilferufe, woraus sie die Hausthüre eindrückten und den schwer Verletzten im Bette liegen fanden. Untersuchung wurde alsbald eingeleitet. Der Oberamtsarzt konstatierte eine lebensgefährliche Verletzung. Hager beschreibt seinen Angreifer als einen kleinen Mann mit blauem Hemd und hohen Stiefeln. Das Halstuch desselben fand man in der Stube.
Von der Argen, 16. Dez. Nach einem gemachten Spaziergang der Argen entlang, machten sich am letzten Sonntag nachm, um s/h 4 Uhr noch zwei junge Herrn aus Tettnang das Vergnügen, in der Argen zu baden. Der Zuschauer, welcher diesem kalten Vergnügen, in seinen Mantel gehüllt zusah, wünscht den beiden Kneippern, daß ihnen das erfrischende Bad gut bekommen sein möge.
München, 18. Dez. Der Polizeibericht meldet über einen Raubmordversuch: Letzter Tage, nachts kurz nach 12 Uhr drang ein Bursche in die Schlafstube der Gütlerseheleute Jakob und Maria Leibhard zu Unterhaching, Bezirksamts München I, ein und sagte zu der erwachenden Frau Leibhard: „Das Geld her oder ich bring' Euch ums Leben!" Während die Frau erklärte, kein Geld zu haben und um Schonung bat, und während der inzwischen ebenfalls erwachte Jakob Leibhard im Bette eine Bewegung machte, gab der Räuber einen scharfen Revolverschuß ab, welcher den Leibhard in den rechten Oberarm tras nnd unterhalb des Schultergelenkes stecken blieb. Leibhard sprang nun aus dem Bette ging auf den Thäter los und kam mit ihm ins Geraufe, wobei er demselben ein Taschentuch, mit dem der Räuber Kopf und Gesicht teilweise verhüllt hatte, entriß; in dem Kamps schlug der Räuber mit dem Revolver zu und brachte dem Leibhard 3 stark blutende Kopfwunden bei; doch ergriff er schließlich die Flucht. Verdacht fällt auf einen »agierenden Wasserbauarbeiter.
Aus der Pfalz, 16. Dez. In Kaiserslautern ereignete sich gestern ein schweres Unglück gelegentlich der Eröffnung der elektrischen Zentralanstalt. Der etwa 50 Jahre alte Kesselfabrikant Karl Josef Hinklein betrachtete im Maschinenraum die im Gange befindliche Maschine für den Wechselstrom, wobei er trotz der Warnung des Maschinenmeisters Cajar mit der einen Hand in der Mitte des Rades an die Bohle, mit der anderen an das eiserne Geländer griff, das sich vor dem Rad der Wechselstrommaschine befindet. In demselben Moment durchfuhr ihn ein starker elektrischer Strom, so daß er zurücktaumelte. Der Strom übertrug sich a«h auf Cajar, der Hinklein
zurückreißen wollte. Hinklein war bald darauf eine Leiche während sich Cajar wieder erholte.
Was das Reichskanzleramt kostet. Bei Gelegenheit der Diskussion über den Plan des Kaisers, dem jetzigen Reichskanzler eine Art von Ersatz für den Ausfall an Einkommen zu bieten, den seine Uebersiedelung von Straßburg nach Berlin zur Folge gehabt hat, wird erzählt, daß Fürst Bismarck mit seinem Diensteinkoinmen in der Regel bereits in der ersten Hälfte des Jahres zu Ende gewesen sei, und angedeutet, daß seine gesellschaftlichen Verpflichtungen es mit sich gebracht hätten, daß dabei 10—15000 ^ allein für Wein ausgegeben wurden.
London, 18. Dez. Vor einigen Tagen wurde ein alter Mann, welcher abends nach einigen Einkäufen nach Hause ging, von ein paar jungen Burschen überfallen, zu Boden geschlagen und beraubt. Er war böse zugerichtet; sein Schulterbein gebrochen und seine Brust verletzt. Gestern standen die zwei Straßenräuber, Evans und Summers, beide erst 18 Jahre alt, vor dem Cityrichter. Der Richter fällte folgenden Spruch: „Evans ist ein Vorbild der Korruption für junge Burschen, ich verurteile ihn zu zwölf Monaten harter Arbeit und 20 Streichen mir der Peitsche." Der andere Angeklagte bat flehentlich: „O Herr, geben Sie mir nur nicht die Peitsche!" Der Richter erklärte: „Du trägst keine Bedenken, deine Opfer zu mißhandeln, willst aber nicht, daß man dir das Gleiche thut? Du bekommst 9 Monate harter Arbeit und ebenfalls 20 Peitschenhiebe!" — Dies im freien England! Dort sind aber viele Richter überzeugt, daß der Brutalität gewisser Großstadtfrüchtchen nur ein Mittel helfen kann: die „Katze."
Petersburg, 18. Dez. Der älteste Mann Rußlands, der ehemalige französische Offizier N. A. Savin, ist am 12. Dez. in Saratow gestorben und gestern unter Beteiligung der Militär- und Zivilbehörden beerdigt worden. Am 17. April 1768 zu Paris als Sohn eines französischen Obersten geboren, schlug Savin die militärische Laufbahn ein, wurde beim Rückzug der französischen Armee 1812 von den Kosaken gefangen genommen u. nach Saratow gebracht, wo er später freiwillig bis an sein Lebensende blieb und sich während der ersten 50 Jahren seines dortigen Aufenthalts durch Sprachunterricht nährte. Als Kaiser Alexander III. im vorigen Jahre von dem 125jährigen Veteranen hörte, setzte er ihm eine kleine Pension aus. Irren wir nicht, that auch Frankreich dasselbe. Im Septbr. d. Js. wurde ihm von der französischen Regierung die St. Helena- Medaille verliehen, die das Bildnis Napoleons I. und die Inschrift trägt: „Kupolöou I.. aux oompaxuons äs gloirs; 8a äsrnisro psimss. 8aiuts Helsas, 5. 5. 1821?'
mit äsr
Hält im Gebrauch doppelt so lang, als die Füllseifen; ist von ganz besonders günstiger Wirkung auf Klarheit des Teints, auf Schönheit der Haut. Für die Kinderstube und Damentoillette ein unentbehrliches Requisit. Ob parfümiert oder unparfümiert, per Stück 40 Pf.
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Redaktion L Expedition.