dekan Kopp, Stuttgart, Hofprediger Dr. Braun, Stuttgart, Dekan Bacmeister, Geislingen. Nach Er­ledigung der T.-O. ergreift der Präsident v. Län­derer das Wort um einen Rückblick auf die erledigten Gesetzesvorlagen u. s. w. zu werfen. Redner betont, daß es nur in Folge der hingebenden Thätigkeit der Synodalmitglieder sowohl, als insbesondere der Kom­missionsvorsitzenden, der Kommissionsmitglieder und der Berichterstatter möglich gewesen sei in verhält­nismäßig kurzer Zeit, den ausgedehnten Stoff zu erledigen. Namens der Synode spricht er denselben den Dank aus. Vizepräsident Dekan Herzog dankt Namens der Synode den Präsidenten für die un­parteiische und hingebende Leitung der Geschäfte, die von dessen warmem Interesse am kirchlichen Leben zeugten. Redner schloß mit den Worten: Einen andern Grund kann niemand legen, als der gelegt ist, Jesus Christus." (Beifall.) Um 12 Uhr erschien Seine Excellenz der Staatsmi- nisier des Kirchen- und Schulwesens, gefolgt von den Mitgliedern des Consistoriums, um die Landes­synode zu schließen. Der Minister gab bekannt, daß das kirchliche Gesetz betreffend die Perikopen- ordnung die Sanktion Seiner Majestät erhalten und am zweiten Dezember in Wirksamkeit treten werde. Des Weiteren sprach er die Hoffnung aus, daß die Faktoren der staatl. Gesetzgebung die Beschlüsse der Synode, welche der Mitwirkung derselben unterliegen, als berechtigt anerkannt werden. Die Oberkirchen­behörde werde die in der Synode gestellten Anträge und Beschlüsse in nächster Zeit einer eingehenden Prüfung unterziehen. Das gegenseitige Vertrauen, das sowohl das Kirchenregiment als die Synode wie sich bei den Verhandlungen gezeigt habe beherrsche, habe wesentlich zum Wohle der Kirche beigetragen. Seine Majestät lasse für die entgegen­kommende Haltung der Synode danken. Namens Sr. Majestät erkläre er die V. Landessynode für geschlossen. Der Präsident der Synode, Landgerichts- Direktor v. Länderer, erwidert in längeren Aus­führungen auf die Rede des Ministers. Er betonte, daß die Synode in treuer Arbeit den Bekenntnisstand der evang. Kirche gewahrt habe und bat den Minister, Seiner Majestät für die an die Synode gerichteten huldvollen Worte zu danken. Der Präsident schloß mir den Worten:Gott segne den König" Amen! Nachdem gemeinsam das LiedEin feste Burg ist unser Gott" gesungen und der Vizepräsident Dekan Herzog das Schlußgebet gesprochen, ging die Synode auseinander.

Mergentheim, 23. Nov. Unser bisheriger Ab­geordneter, Ministerpräsident v. Mittnacht, hat nach zuverlässigen Nachrichten die Wiederannahme einer Kandidatur für den Landtag abgelehnt.

Ulm, 24. Nov. (Strafkammer.) Vor einigen Wochen ist der Buchhalter eines hiesigen Geschäfts, Melchior Mayer von Brenz, welcher wegen Fahnenflucht und Betrugs vor­bestraft ist, mit 1510 die er zur Zahlung eines Wech­sels von seinem Prinzipal erhalten, flüchtig geworden. Er wurde in Augsburg aufgegriffen und hier eingeliefert. Wegen dieser Unterschlagung traf den Mayer heute eine Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten; ferner wurden ihm die Ehrenrechte auf 3 Jahre aberkannt.

Karlsruhe, 24. Nov. Gestern ist der Kön. Württ. Staatsminister der auswärtigen Angelegen­heiten und Präsident des Staats Ministeriums, Dr. Frhr. v. Mittnacht, hier eingetroffen und im Hotel Germania abgestiegen. Seine Erzellenz stattete im Lauf des Tags den Ministern Besuche ab. Abends fand zu Ehren des württ. Ministers bei dem Mi­nister des Großherzogl. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten und dessen Gemahlin ein Diner statt, an welchem die Mitglieder des Staatsministeriums, sowie noch andere Gäste teilnahmen. Heute abend 6 Uhr empfing Se. Kön. Hoheit der Großherzog den Kön. Württ. Staatsminister Dr. Frhrn. v. Mitt­nacht. Um 7 Uhr fand zu Ehren des spanischen Gesandten Mendez de Vigo, Botschafters in Berlin, eine Hoftafel statt, zu welcher auch der Minister Dr. Frhr. v. Mittnacht, der bayerische Geschäfts­träger Legationsrat Frhr. v. Niederer, Minister v. Brauer und Gemahlin, der Staatsrat Dr. Buchen­berger und der gesamte Hofstaat erschienen.

München, 24. Nov. In einem vierten Artikel derMünch. Post" wird der Vorwurf Bebels über die den Bayern von Berlin aus gelieferten Geld­mittel mit kapitalistischem Protzentum verglichen. Für ein solches Benehmen gebe es nur eine Bezeichnung: Pfui". Die Genossen nicht nur in Bayern, sondern überall, wo man auf selbständigen Sinn und Würde halte mögen in Zukunft sich lieber

die äußersten Opfer auferlegen, als sich der Gefahr aussetzen, späterhin gleich Bettlern behandelt zu wer­den, die des schuldigen Dankes vergessen. Was die persönlichen Angriffe auf Vollmar betreffe, so werde Vollmar selbst antworten, wenn er es für nötig finden sollte. Die bayerischen Sozialdemokraten ver­bitten sich die Beleidigung, als folgten sie Vollmar willenlos; sie werden Bebel, wenn nötig, noch zeigen, wie wenig sie die Männer sind, die an ihrer Selb­ständigkeit rühren lassen.

Dem Vernehmen nach hat die ev. Kirchen- und Oberschulbehörde die Anordnung getroffen, daß in den ev. Volksschulen des Landes am 8. Dezember eine einfache Feier zum Andenken an Gustav Adolf stattzufinden habe, und daß in dem Haupt­gottesdienst am 9. Dezbr. Gustav Adolfs in ange­messener Weise gedacht werde. In Preußen ist der 8. Dez. schulfrei.

Koblenz, 24. Okt. DenTägl. Nachr." zufolge ist der auf Ehrenbreitstein wegen Zweikampfs in Festungshaft befindliche Gesandte v.Kiderlen-Wäch- ter begnadigt worden.

Mit Bezug auf die letzte Ministerkrisis will der Rheinische Kurier" aus bester Quelle erfahren haben, daß der Staatsmimster v. Boetticher am Tag der Entlassung des Reichskanzlers Grafen v. Caprivi ein Schreiben an den Kaiser gerichtet habe, worin er sagte, daß er, wenn der Kaiser kein Vertrauen mehr zu der jetzigen Regierung habe, sein Portefeuille zur Verfügung stelle. Hierauf habe der Kaiser Herrn von Boetticher in einem sehr huldvollen Schreiben seines fortgesetzten Vertrauens versichert und ihm am folgenden Tag, an dem Herr v. Boetticher seine sil­berne Hochzeit feierte, unter Glückwünschen eine große Standuhr als Geschenk übersandt. Das mag alles richtig sein, aber es bürgt nicht dafür, daß der Mö­belwagen nicht eines Tages ebenso plötzlich vor der Thür des Herrn v. Boetticher erscheint, wie kürzlich am Reichskanzlerpalais und an den Häusern anderer Kollegen.

Weimar, 27. Nov. Am Donnerstag früh trifft hier der Kaiser zur Beisetzung der Leiche des Erbgroßherzogs ein. Auch der König von Sachsen wird erwartet.

Varzin, 25. Nov. Das Befinden der Fürstin Bismarck ist neuerdings etwas ungünstiger; Prof. Schweninger wird heute erwartet. Die Gräfin Rantzau, die Tochter des Fürsten, versieht bei ihrer Mutter die Krankenpflege.

Varzin, 27. Nov. Frau Fürstin Bismarck ist gestern früh um 5 Uhr gestorben. Graf Herbert Bismarck ist heute Nacht hier eingetroffen. Die übrigen Verwandten werden erwartet. Ueber die Beisetzung ist noch nichts bekannt.

Belgien-Holland.

Amsterdam, 27. Nov. Nachdem die Bäcker­meister alle Forderungen der streikenden Gehilfen bewilligt haben, wurde heute der Streik beendet und die Arbeit von den Bäckergehilfen wieder ausge­nommen.

Frankreich.

Die Franzosen werden also ihre Hundert- Millionen-Expedition nach Madagaskar haben, denn so viel wird dieser neueste Gloire-Zug mindestens kosten, wenn auch die Regierung noch nicht ganz siebzig Millionen verlangt. Die Kammer hat die Forderung bewilligt, wie das selbstverständlich war, aber von Enthusiasmus ist diesmal keine Rede, die Kosten drücken wie ein Alp auf den französischen Brustkasten. Die Zeiten, wo man in Paris kein Defizit kannte, sind längst vorüber, und auch der leichtlebigste Deputierte macht sich wegen der rasend schnell steigenden Ausgaben nachgerade doch Sorgen.

Mentone, 24. Nov. Für den Erbgroßherzog von Sachsen-Weimar fand heute früh 8 Uhr in dem Hotel auf Cap Martin ein Trauergottesdienst statt, dem der Präfekt, der kommandierende General der Division und der deutsche Konsul beiwohnten. Um 9 Uhr wurde die Leiche, von den Behörden und zwei Bataillonen Infanterie mit Musik und Fahne geleitet, zum Bahnhof gebracht, von wo sie morgen nachm. 3 Uhr nach Deutschland übergeführt wird.

Belfort, 26. Nov. Der Sarg mit der Leiche des Erbgroßherzogs von Weimar traf gestern abend hier ein. Bei der Ankunft erwies eine Abteilung des 42. französ. Infanterie-Regiments die militäri­schen Ehren und versah während der Nacht die Wache

am Sarge, welcher heute früh 61» Uhr über Mühl­hausen und Straßburg weiterbefördert wurde.

England.

London, 27. Nov. In Finanz-Kreisen heißt es, Rußland werde demnächst hier eine 20 Mill. Pfund Sterling-Anleihe mit 3° »" >, Obligationen auflegen. Nach derTimes" bedarf die Nachricht noch der Bestätigung. Im günstigsten Falle dürfte die Anleihe einen mäßigen Erfolg haben.

Rußland.

Petersburg, 27. Nov. Das erwartete Mani­fest und eine Beilage zu demselben werden heute offiziell publiziert. DieNowoje Wremja" veröffent­lichte bereits gestern in einer Beilage den kaiserlichen Gnadenakt, der im Wesentlichen mit dem Gnaden­akte des Krönungsmanifestes vom Jahre 1883 über­einstimmt.

Petersburg, 27. Nov. Das gestrige Manifest gewährt im Gnadenwege Erleichterungen bezüglich der Zahlung verschiedener Schulden an die Krone, Tilgung von Kronen-Anlehen, erläßt Steuerrückstände und Geldstrafen, mildert bezw. verkürzt Verurteilun­gen zu Gefängnis, Festung, Polizeiaufsicht, Depor­tation' und Zwangsarbeit. Fünfzehnjährig unent- deckte Staatsverbrechen werden der Vergessenheit übergeben, über die Nachsicht verdienenden Staats­verbrecher soll der Minister des Innern Vortrag halten, den wegen der polnischen Aufstände von 1863 unter Strafe L-tehenden wird gestattet, sich überall im Reiche aufzuhalten unter Herstellung der Geburts­rechte ohne Zurückverleihung des Eigentums oder durch den Dienst erworbenen Rechte.

Warschau, 27. Nov. Gurko kehrt nicht auf seinen Posten nach Warschau zurück. Er reist von Petersburg nach Berlin zu Professor Leyden, sodann nach Nizza. Als Nachfolger wird Großfürst Con- stantin Constantinowitsch genannt.

Asien.

Shangha , 26. Nov. Reuter meldet: Die Ja­paner verloren bei der Einnahme von Port Arthur 200300 Tote und Verwundete. Die Verluste aus Seite der Chinesen sind noch unbekannt. Die Ja­paner schifften die Truppen von Port Arthur ein; der Bestimmungsort ist unbekannt.

Kleinere Mitteilungen.

Calw, 25. Nov. Heute feiern der 77 Jahr alte Karl Gacken Heime r, Diener der Spar- und Borschußbank, und seine 79jähr. Ehefrau Luise, geb. Rank, das Fest ihrer gol­denen Hochzeit. Das Jubelpaar erfreut sich einer guten Gesundheit und geistigen Frische; es ist an diesen Tagen von 4 Kindern und 10 Enkeln umgeben.

Horb, 25. Nov. Wie wir hören, sollen gegenwärtig zwischen Sägmühlebesitzer Mährlin in Bürslingen und einigen Fremden Verhandlungen gepflogen werden, die Wasserkraft der Mühle zu verkaufen und Fabriken zur Her­stellung von Kohlensäure zu erbauen. Die Kohlensäure kommt gasförmig in nächster Nähe aus dem Boden und soll gesammelt durch Röhren in die Fabriken geleitet, dort flüssig gemacht und in Ballon (Cylmder) in den Handel gebracht werden. Die vor einigen Jahren entdeckten Gas­quellen find sehr ergiebig. Die Probe hat ergeben, daß eine solche in 6 Sek. 180 L. Kohlensäure liefert. (Schw. B.>

Stuttgart, 23. Nov. Aus dem Grabe des bei Neckar­rems ermordet aufgefundenen Drahtziehers Ramsel auf dem Pragsriedhofe erhebt sich seit einiger Zeit ein einfaches Kreuz. Auf der Vorderseite befindet sich die Inschrift: Hier ruht Albert Ramsel, geb. in Unterkochen 1874, er­mordet bei Neckarrems 1893." Die Rückseite enthält fol­gende Verse:Zu Neckarrems im Rebenland, mein Leich­nam ward gefunden, nun ruh ich sanft in Gottes Hand, ich Hab es überwunden, der Heimat fern, auf Wanderschaft, von bösen Mörderhänden mußt ich in schönster Jugendkrast mein junges Leben enden." Zur Herrichtung und Erhal­tung des Grabes hat auch der Kömg einen namhaften Bei­trag gegeben.

Stuttgart, 25. Nov. Die hiesige Gasbeleuchtungs­gesellschaft macht große Anstrengungen gegen die ihr dro­hende Konkurrenz des Elektrizitätswerks und sucht in einer Gegenüberstellung der Kosten für beide Beleuchtungsarten diejenigen für die elektrische Beleuchtung als wesentlich teuerer hinzustellen. (Schw. B.)

Dr. Ernst Kapsf, der Entdecker des vielgenannten Römerkastells auf der Staig bei Cannstatt, hat den Gedanken angeregt, Staat, Stadt und Private sollen zu­sammenstehen, um die Mittel zu beschaffen, daß das Kastell, das besterhaltene, das man bis jetzt kennt, in seinen Haupt­bestandteilen erhalten werde durch Ankauf der Grundfläche. Es ist gegründete Aussicht vorhanden, daß das Projekt zur Wirklichkeit werde, nur verlangen die Güterbesitzer allzu hohe Preise. ^ ^ .

Reutlingen, 24. Nov. Wie verlautet, hat m den letzten Tagen die Domänenkammer in Stuttgart mit Frau Oberförster Huber auf dem Lichtenstein einen Wirtschafts­pachtvertrag auf 6 Jahre abgeschlossen. Mit dieser That- sache ist nun eine weitere Garantie geboten, daß in abseh­barer Zeit das Forsthaus Lichtenstein nicht in Privatbesitz übergehen wird. Frau Oberförster Huber ist die befriedi­gende Lösung einer für sie so wichtigen Frage sehr zu gönnen.