Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oderamts-Bezirk Nagvld.
136 .
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Dienstag 20. November
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1894 .
Amtliches.
Bekanntmachung.
Nachdem die Maul- und Klauenseuche auch in Emmingen ausgebrochen ist (vgl. Gesellschafter Nr. 135), ist auch für diese Gemeinde, sowie für die Gemeinde Pfrondorf das Treiben von Rindvieh, Schafen und Schweinen über die Markungsgrenzen hinaus mit Ausnahme der Benützung des Viehs zur Feldarbeit auf angrenzenden Markungen und die Verladung der genannten Tiergattungen auf der Eisenbahnstation Emmingen zunächst auf 14 Tage verboten worden, was hiedurch veröffentlicht wird.
Den 17. November 1894. _ K. Oberamt. Vogt.
Von der Ev. Oberschulbehörde ist die dritte Schulstelle in Altensteig-Stadt, nachdem Schullehrer Münz in Trossingen auf sein Ansuchen derselben wieder enthoben worden, dem Schullehrer Brendle in Bernloch, Bez. Mün- singen, die zweite Schulstelle in Kusterdingen, Bez. Tübingen, dem Schullehrer Fichtel in Oberbrändi, Bez. Freudenstadt, und die in Obertengenhardt, Bez. Neuenbürg, dem Schulämksverweser Nieß in Mannenberg, Bez. Backnang übertragen worden. _
Gestorben.
Gustav Hartmann, Prof, und Geh. Justizrat, Tübingen. Ludwig Nennich, Stuttgart. Theodor Knapp, Kaufmann, Stuttgart._
Hages-Weuigkeiten.
Deutsches Reich.
** Nagol d, 17. Nov. Der am letzten Donnerstag infolge eines schlaganfalls unvermutet schnell aus diesem Leben im 62. Lebensjahre geschiedene Schullehrer Ernst Müller, welcher 20 Jahre in Sulz gewirkt und feit Mai dieses Jahres hier im Ruhestand gelebt hatte, wurde gestern unter zahlreicher Beteiligung namentlich auch von Sulz und seiner Heimatgemeinde Gültlingen, insbesondere aber der Lehrer des Bezirks, von denen sich 30 eingefunden hatten, zur letzten Ruhe aus unsrem stillen Friedhofe gebettet. Die Trauergesänge halten die Kollegen übernommen. Stadtpfarrer Diele rle hielt über Psalm 90 die Grabrede, spendete der nun vereinsamten Witwe reichen Trost und sprach ernste Worte über die Wichtigkeit des Lehrerberufs. Schullehrer Jäger von Gültlingen hielt als Filialvereinsvorstand einen schönen Nachruf und legte im Namen der Lehrer einen Kranz am Grabe nieder. Um den Dahingeschiedenen, der sich nicht nur als tüchtiger Schulmann zeigte, sondern auch als begabter Dichter bei verschiedenen Anlässen erwies, (vergl. den „Gesellschafter" aus früheren Jahrgängen) als einen Poeten zu ehren, sandte ein jüngerer Kolleg, der das Zeug hat, in die entstandene Lücke zu treten, folgende Dichtung unter dem Titel „Des Sängers Tod" ein: Aus der Hand die Sängerleier Hat der Tod Dir schnell entwendet;
In dem Reich der Harmonieen Ist des Dichters Geist gelandet.
Von der Schwäche alles Jrd'schen Ist das Lied nunmehr befreiet.
Und die hellgestimmte Harfe Ist dem Höchsten nur geweihet.
Tod mit deinen bittern Wehen,
Du vollendest nur die Geister,
Und zum ewigen, vollen Dienste Rief den Jünger nun der Meister.
Möge der „Vater der Waisen und Richter der Witwen" mit den Hinterbliebenen sein und sich ihrer nach allen Bedürfnissen in Gnaden annehmen! Dies ist unser aufrichtiger Wunsch.
? Nagold, 18. Nov. Eine Versammlung
von Vertrauensmännern aus Stadt und Bezirk tagte heute im Gasthof „zum Hirsch." Dieselbe stellte einmütig die Kandidatur des Regierungspräsidenten v. Luz, des langjährigen Abgeordneten des Bezirks, auch für die bevorstehende Landtagswahl aus. Ein Telegramm an den Kandidaten wurde abgesendet, worin Herr v. Luz um Annahme der Kandidatur gebeten und Absendung einer Deputation in Aussicht gestellt wurde. Noch am Abend traf folgendes Telegr. ein: „Werde der ehrenvollen Wiederberusung Folge leisten, bitte, Abordnung zu unterlassen. Luz."
Nagold, 18. Nov. Gestern hatten wir Besuch von den Herren Prälaten v. Wittich und v. Sandberger und dem Herrn Oberkonsistorialrat Merz, um von der Arbeit der zu einem pädagogischen und schultechnischen Kurs hieher einberufenen Theologen Einsicht zu nehmen.
* Nagold, 19. Nov. Gestern abend fand im Gasthof z. „Rößle" hier das Streich-Konzert des bekannten Damenquartetts Licker aus Selters statt. Die überaus zahlreichen Besucher desselben zollten den einzelnen Vorträgen reichlichen Beifall, so daß sich die Konzertgeberinnen am Schlüße des Programms gerne zu verschiedenen willkommenen Dreingaben veranlaßt sahen.
—t. Alten steig, 18. Nov. Die schon seit Jahren durch ihre gediegenen Musikvorträge hier bekannte Familie Lickers aus Selters veranstaltete gestern abend im Gasthaus zur Traube ein Konzert. Die Leistungen des Streichquartetts (4 Damen) waren wirklich vorzügliche, insbesondere waren die Partien der I. Violine und des Cellos sowohl in Hinsicht auf Fertigkeit, Reinheit des Tons und Ausdruck beim Vortrag sehr zu loben. Die Künstlerinnen ernteten auch reichlich den wohlverdienten Beifall der Besucher des Konzerts.
Böblingen, 16. Nov. In einer Vertrauensmännerversammlung der deutschen und konservativen Partei wurde einstimmig beschlossen, Fabrikdirektor Cloß von hier das Landtagsmandat anzutragen.
Stuttgart, 15. Nov. (Ev. Landessynode. 18. Sitzung.) Der Antrag Gußmann lautet: Die 5. evang. Landessynode ersucht die hohe Oberkirchenbehörde, dieselbe möge im Verein mit den zuständigen Staatsbehörden Einleitung treffen zur Ersetzung des gegenwärtigen Stellenklassensystems durch ein Altersklassensystem, bei welchem die Besoldungen der Geistlichen allmählich mit zunehmendem Alter von einem Minimal- auf einen Maximalbetrag ansteigen. Berichterstatter ist Abg. Ministerialrat v. Zeller. Gußmann führt zur Begründung seines Antrags u. a. aus: Das Altersklassensystem, welches in verschiedenen deutschen Landeskirchen sich eingebürgert und bewährt habe, gewähre den Geistlichen ein gleichmäßigeres und gerechteres Vorrücken im Gehalt als das bisherige Pfründ- oder Stellengehaltssystem und beseitige die mit dem periodisch notwendigen Fortmelden verbundene Unruhe, sowie die im Falle der Nichterfüllung der Wünsche so häufig eintretenden Gefühle von Enttäuschung und Zurücksetzung. Berichterstatter v. Zeller anerkennt zwar die teilweisen Mängel des jetzigen Systems, betont aber, daß die Einführung des beantragten Altersklassensystems ohne Staatszuschuß nicht durchführbar sei. Abg. Preuner u. Gen. beantragen: „Die Landessynode wolle den Wunsch aussprechen, es möge von der hohen Oberkirchenbehörde Einleitung getroffen werden, statt Einführung des Altersklassensystems die Alterszulagen, sobald die Mittel es erlauben, zu erweitern." Die Kommission kann auch dem Antrag Preuner u. Gen.
gleichfalls nicht zustimmen und kommt nach Beratung über beide Anträge mit 6 gegen 3 Stimmen zu dem Antrag; „Die V. evang. Landessynode wolle die hohe Oberkirchenbehörde ersuchen, für den Fall einer Aufbesserung der Pfarrgehälter die Einführung des Altersklassensystems in Erwägung zu ziehen." Ober- konsist.-Rat Bienz: Der Standpunkt des Kommissionsantrags sei der einzig mögliche. Er gebe zu, daß die Geistlichen mäßige Besoldungen beziehen, eine Aenderung bei den heutigen Verhältnissen sei aber zur Zeit nicht möglich. Immerhin sei es für die Oberkirchenbehörde von Wert, die prinzipielle Frage insbesondere bezüglich des Gehaltssystems in der Synode verhandelt zu sehen. Der Antrag Preuner wird abgelehnt, ebenso der Antrag Gußmann, der Kommissions-Antrag dagegen mit' großer Mehrheit angenommen. 2. Punkt der Tagesordnung. (Gesetz betr. die dienstliche Verfehlung und unfreiwillige Pensionierung der Geistlichen.) Berichterstatter v. Seckendorfs: Der Gesetzentwurf sei nicht nur für die Geistlichen, sondern auch für die Gemeinde von Bedeutung. Redner kommt des Näheren auf die seither bestehenden ungenügenden Vorschriften zu sprechen. Der Entwurf schließt sich materiell und formell an die Bestimmungen des für die Staatsbeamten geltenden Gesetzes vom 28. Juni 1876 an und weicht nur ab, wo die besonderen Verhältnisse der evang. Geistlichen dies fordern. Art. 1 bestimmt die Pflichten des Geistlichen. Er ist demnach verpflichtet, die allgemeinen und kirchlichen Ordnungen gewissenhaft wahrzunehmen und sich der Achtung und des Vertrauens würdig zu zeigen, die sein Beruf erfordert. Die Kommission beantragt, abgesehen von redaktionellen Aenderungen, Zustimmung, lieber die Fassung entspinnt sich eine längere Debatte, schließlich wird der Wortlaut des Entwurfs angenommen. Abg. Nestle beantragt einen Absatz 3 zu Art. 1, wonach der Vorgesetzte verpflichtet sei, den Untergebenen, der aus Abwege geraten, zu ermahnen und zu verwarnen, v. Schad hält das für selbstverständlich, das solle man nicht ins Gesetz aufnehmen. Abg. Nestle begründet seinen Antrag. Präs. v. Gemmingen ist mit der Ansicht Nestles ganz einverstanden, es sei schon seither so gehalten worden, eine Bestimmung aufzunehmen, sei aber nicht notwendig. Nestle zieht seinen Antrag zurück. Art. 2—6 regeln die Dis- zrplinarmittel. Nach Art. 2 sind Disziplinarstrafen: 1. Ordnungsstrafen. 2. Bestellung eines Stellvertreters auf Kosten des Schuldhaften. 3. Ausschließung von der Alterszulage. 4. Entfernung vom Amt. Derselbe wird ohne Debatte angenommen. Art. 3 Ordnungsstrafen sind: Verweis und Geldstrafen nicht über 200 Derselbe wird angenommen. Nächste Sitzung: Morgen 9 Uhr. Forschung der Beratung.
Stuttgart, 16. Nov. (Evang. Landessynode. 19. Sitzung.) T.-O.: Erste Beratung des Entwurfs eines kirchl. Gesetzes, betr. die Behandlung dienstlicher Verfehlungen und die unfreiwillige Pensionierung der Geistlichen, Art. 4 ff. Art. 4 lautet: Die Entfernung vom Amte kann bestehen 1. in Versetzung, 2. in Dienstentlassung. Art. 5: Versetzung u) ohne Verlust von Gehalt, b) mit Verlust von nicht mehr als Die Kommission schlägt noch als Art. 5u vor eine weitere Strafe „Amtsenthebung" d. h. zwangsweise Pensionierung, da von der Versetzung bis zur einfachen Entlassung ein zu großer Unterschied sei. Art. 4, 5 und 5n werden angenommen. Ebenso Art. 6, welcher die Dienstentlassung regelt.
7-—9 treffen Bestimmungen über Anwendung der Disziplinarmittel: dieselben werden gleichfalls angenommen. Art. 10—12 regeln die Zuständigkeit