Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Dienstag 23. Hktober

Jnsertionsgebühr für die Ispaltige Heile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Emrückung 9 Pfg., bei mehrmaliger je 6 Pfg.

1894.

Amtliches.

Bekanntmachung.

Nachdem die.Maul- und Klauenseuche in Wild­berg erloschen ist, sind die mit Erlaß vom 9. ds. Mts. (Gesellschafter Nr. 119) getroffenen Schutzmaß­regeln wieder aufgehoben worden.

Nagold, den 22. Oktbr. 1894.

K. Oberamt. Vogt.

In dem Prüfungsjahr 1893 94 ist von dem K. Mini­sterium des Innern auf Grund erstandener Prüfung die Approbation als Apotheker erteilt worden: Hans Lohß, von Nagold.

Uebertragen wurde die erledigte evangelische Pfarrei Jsingen, Dekanats Sulz, dem Pfarrverweser Joachim Gey­witz in Breitenberg, Dekanats Calw.

Zu der am Freitag, den 7. Dez. d. I. beginnenden zweiten höheren Finanzdienstprüfung ist a. u. der Kandidat Hugo Schüle von Herrenberg.

Der Bestellbezirk der am 24. Okt. d. I. in Kuppingen, OA. Herrenberg, zu eröffnenden Telegraphenanstalt besteht aus dem Ort Kuppingen und der Gemeinde Oberjesingen.

Gestorben.

Johann Braunwald, Creglingen. Ludwig Schiele, Regierungsbaumeister, Stuttgart. Johann Baptist Kiene, kath. Pfarrer, Herrlingen.

Hages-Weuigketten.

Deutsches Ueich.

>VIcl. Nagold. Guter Rat für Besitzer tragbarer Obstbäume. Das beste Vorbeugungs- mittel gegen den oft großen Schaden des Frostnacht­schmetterlings an unfern Apfel- und Birnbäumen ist bekanntlich die rechtzeitige, also spätestens Ende Oktober vorzunehmende Anlage richtiger Klebgürtel an den Stämmen, um das flügellose, von Ende Oktober ab an den Stämmen hinaufkriechende Weibchen dieses Insekts am Eierlegen in der Baum­krone zu verhindern, resp. dasselbe zu töten. Der vom hiesigen Bezirksobstbauverein im vorigen Jahr statt des früheren Brumataleims von Polborn in Berlin bezogene und an Obstbäumebesitzer abgegebene Raupen­leim hat nun zwar diesen Zweck auch erfüllt. Neuer­dings hat aber die chemische Fabrik von A. Wingen- rot in Mannheim einen laut den Zeugnissen der bayrischen Staatsforstverwaltung sowie des land­wirtschaftlichen Instituts in Meißen wetterbestän­digeren, länger klebfähigen und dabei wohl­feileren Leim für solche Klebgürtel erfunden, der ohne Erneuerung sogar bis in Sommer hinein kleb- sähig bleibt, den wir aber im Mai wieder weg­nehmen resp. abkrazen, weil er bis dahin dann außer dem im Vorwinter aufsteigenden Frostspanner noch weitere obstbaumschädliche Insekten verhindert hat, am Stamm hinauf- oder herabzukriechen. Es ist aber zumal für alle jüngeren Obstbäume zuträg­licher, wenn er nicht unmittelbar auf die Stamm­rinde sondern auf starkes Papier (etwa Packpapier) ausgestrichen wird. Vor dem Ueberstreichen taucht man solches Papier in eine schwache Leimlösung (d. h. in mit Wasser stark verdünnten Schreinerleim), trocknet es wieder, bindet es in 5 Etm. breiten Streifen oben und unten mit einer starken Schnur auf 1 Mtr. Höhe um den Stamm, aber so straff, daß kein Insekt unter dem Papierstreisen durchschlüp­fen kann, und bestreicht es schließlich kleinfingerdick mit dem Klebstoff, was je nach der Stärke des Stamms bloß 3 bis 4 Pfennige pro Stamm kostet. Solcher kann bis Ende dieser Woche b»i dem Kassier unseres Obstbauöereins, Kunstgärtner Raas hier, bezogen werden.

Freuden stadt, 20. Oktober. Das Kurhaus

Palmenwald" ist nunmehr in seinem Rohbau voll­

endet. Es ist ein imposantes Gebäude von massivem Unterbau und gefälligem Stil. Gestern abend wurde unter Anwesenheit der Gründer des Hauses von Stuttgart, der Herren Dekan Zeller, Stadtschultheiß Hartranst, Oberamtsbaumeister Kirn und Oberamts­pfleger Wünsch von hier die Richtfeier abgehalten. Die Zuschauer waren in großer Zahl vertreten. Zu­erst sangen die Anwesenden den Choral:Nun danket alle Gott". Dann sprach Zimmermeister Jakob Bernhardt von hier den Zimmerspruch, worauf nach dem Vers:Lob, Ehr und Preis" Missionar Huppen­bauer, der künftige Leiter des Hauses, eine Ansprache hielt, worin er dem Dank gegen Gott Ausdruck gab und den Fleiß und die Ausdauer der Bau- und Handwerksmeister und den Gehorsam der Arbeiter anerkennend erwähnte. Nach dem LiedEin feste Burg" wurden Meister und Arbeiter mit einem kleinen Geschenk bedacht. Unter Vorantritt der städ­tischen Musikkapelle gings im Zug nach dem Gasth. zumKronprinzen" wo für die Arbeiter ein guter Festschmaus bereitet war.

Stuttgart, 18. Okt. Ebenso wie dies in an­deren Städten der Fall ist, gehen auch beim hiesigen Gemeinderat, bei den Zeitungsredaktionen freiwillig? Gaben ein zur Anschaffung der B eh ring's ch e.. Diphtherie-Heilserums zur Abgabe an arme Kranke, auch hat der Gemeinderat zu dem gedachten Zweck eine Summe verwilligt, doch soll die Anwendung des Mittel auf die städtischen Spitäler beschränkt bleiben. Damit es nicht den Anschein habe, als sollten die Armen das Probenobjekt abgeben, dürfen die Armenärzte nur in den allerdringendsten Fällen davon Gebrauch machen.

Stuttgart, 18. Okt. Prof. Förstler, Gesang­direktor des Stuttgarter Liederkranzes, wurde gestern durch die Verleihung des Ritterkreuzes des Friedrichs­ordens hoch erfreut. Kurz nach Empfang dieser Aus­zeichnung glitt er aus und stürzte so unglücklich, daß er ein Bein brach.

Stuttgart, 18. Okt. Eingeliefert wurde hier ! gestern nachmittag der in Frankreich verhaftete Waib- ^ linger Ziegler, welcher seinerzeit den Mord bei Neckar­rems verübt haben soll.

Stuttgart, 19. Okt. In einer mäßig besetzten Versammlung sprach gestern abend der sozialdemo­kratische Schriftst. Blos in der Arbeiterhalle über den Gustav-Adolf-Kultus in Deutschland." Redner ging auf die Vorgeschichte des 30jährigen Krieges ein und schilderte dann an Beispielen der neueren For­schung den Charakter der damaligen Fürsten, ins­besondere den des Schwedenkönigs Gustav Adolf und die Zustände, welche dieselben für das ganze Deutsch­land durch dessen unglückseligen Krieg hinterlassen. Er kam zum Schluffe auch auf die traurigen Ver­hältnisse in Württemberg zu sprechen, welche durch den Krieg entstanden sind. Nicht Ideale oder die Sache des protestantischen Glaubens hätten den Schwedenkönig bewogen, den Zug nach Deutschland anzutreten, sondern die deutsche Kaiserkrone und die Herrschaft über Deutschland war sein leitendes Motiv. Darum habe auch die heutige Generation keine Ver­anlassung, sich in nationalen Festen für diesen Hel­den zu begeistern. (!!)

Stuttgart, 19. Okt. Nachdem von Minister v. Pischek eine Enquete eingeleitet wurde, um die Stellungnahme der Handels- und Gewerbekammern, der Gewerbevereine und des württ. Kunstgewerbe­vereins zu der akut gewordenen Ausstellungsfrage in Stuttgart kennen zu lernen, wird schon in alleV-

nächster Zeit eine Entscheidung zu erwarten sein. Der gegenwärtige Minister des Innern legt persön­lich ein lebhaftes Interesse für die Ausstellungsan­gelegenheit an den Tag und scheint überhaupt bestrebt zu sein, sein Augenmerk sowohl auf die Landwirtschaft als das Gewerbe zu richten. Der von der Zen­tralstelle für Handel und Gewerbe zusammengestellte Bericht über die Thätigkeit der Handels- und Ge­werbekammern erscheint nächste Woche im Druck. Man wird darin die Gutachten der Kammern über das Konsumvereinswesen, das Detailreisen, die Ver­besserung des Konkursverfahrens, eine Statistik über die Rentabilität der Staats- und Privatbahnen, der ländlichen Kreditvereine u. s. w. finden. Bearbeitet wird der Bericht nach Weggang des Regierungsrats Platz, der bekanntlich jetzt Direktor der Lebensversicher- ungs- und Ersparnisbank ist, von dem Regierungs­assessor Krack.

Darmstadt, 18. Okt. Die auswärts verbreitete Nachricht von der Abreise des großherzogl. Paares nach Livadia bestätigt sich nicht. Prinzessin Alix reist morgen über Berlin und Warschau nach Liva­dia. Prinzessin Viktoria begleitete sie nach Warschau, wo die Prinzessin mit der russischen Herrschaft zu­sammentrifft. Von der Abreise des großherzogl. Paares ist bisher nichts bekannt.

Die Reichs-Cholerakommission hielt dieser Tage eine Sitzung ab. In derselben wurde auf Grund der von den zuständigen Reichs- und Staats­kommissaren erstatteten Bericht festgestellt, daß in allen von der Cholera betroffenen Teilen des Reichs die Seuche im Rückgang begriffen bezw. ganz er­loschen ist. Nur im Rheingebiet sind gerade in letzter Zeit, nachdem während fast drei Wochen sich dort kein Cholerafall ereignet hatte, wieder vereinzelte Cholerafälle vorgekommen, und zwar im Ruhrorter Hafen und an Bord des Schleppers Stinnes I bei Neuwied, während bei einem in Wesel als cholera­verdächtig gemeldeten Falle die bakteriologische Unter­suchung den Verdacht als unbegründet ergeben hat. Es erscheint zweifellos, daß die Cholerakeime ans den holländischen Häfen in das deutsche Rheingebiet hineingetragen worden sind, und zwar zunächst in den Ruhrorter Hafen, wo wiederum die Verseuchung des Schleppers Stinnes I erfolgt sein dürfte. Bei allen im Rheingebiet vorgekommenen Fällen ist die sofortige Erfassung derselben und die Verhinderung jeglicher Weiterverbreitung der Seuche gelungen. Es wurde beschlossen, den Rheinüberwachungsdieust in seiner bisherigen Gestalt Kontrolle in Em­merich und in Ruhrort-Duisburg einstweilen auf­recht zu erhalten. Im Elbegebiet ist die Seuche völlig erloschen, es soll deshalb der Ueberwachungs- dienst daselbst aufgehoben werden; nur zwei Kon­trollstationen sollen, um für alle Fälle gerüstet zu sein, noch aufrecht erhalten werden. Geh. Rat Koch machte darauf aufmerksam, wie die Ansteckung eines jungen Arztes bei einer bakteriologischen Untersuchung zu Hamburg, wo im klebrigen kein einziger Cholera­fall vorgekommen und somit offenbar eine Dispo­sition für die Seuche nicht vorhanden ist, die Fort­pflanzungsfähigkeit der Cholera durch den Bazillus allein ohne Mitwirkung anderer äußeren Umstände klar beweist. Ferner weist Geh. Rat Koch darauf hin, wie in dem Oertchen Tolkenit in Westpreußen durch Versäumung gründlicher geeigneter Maßregeln beim Vorkommen der ersten Cholerafälle eine be­denkliche Verbreitung der Seuche in dem ganzen Oertchen verursacht wurde.

Die Vorbereitungen zu der in knapp vier Wochen beginnenden neuen Reichstagssession nehmen ihren

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