„Spitalkrieg" als Vetter und Gegner von Oberbürgermeister Hegelmaier bekannte Dr. Mayer hal heute sein Entlassungsgesuch als Leiter der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses eingegeben.
Göppingen, 3. Okt. Der Verband der Flaschnermeister Württembergs hält seinen Verbandstag verbunden mit einer Ausstellung vom 7. bis 9. Okt. dahier ab, nnt folgendem Programm: Samstag nachmittags 3 Uhr feierliche Eröffnung der Ausstellung. Samstag abend: Gesellige Unterhaltung, Sonntag: Empfang der fremden Gäste; 10 Uhr Verbandslag im Hotel Apostel; gemeinschaftliches Mittagessen; Besuch der Ausstellung, verbunden mit geselliger Unterhaltung rc. Montag, 8. Okt.: Besichtigung der Stadt und ihrer Umgebung. Ausflug zu Fuß oder per Wagen aus den Hohenstaufen.
Baden, 1. Okt. Seiner Hoheit dem Prinzen Herrmann zu Sachsen-Weimar überbrachte eine Deputation des Stadtrats die Glückwünsche der Stadtgemeinde zu seinem 50jährigen Militärjubiläum.
Der Parteitag der Sozialdemokratie Bayerns beschloß eine energische Resolution gegen die polizeiliche Handhabung der Vereins- und Versammlungsfreiheit.
In Leipzig ist am Montag die Witwe des Begründers der „Gartenlaube", Frau Lina, verwitwete Ernst Keil geb. Aston gestorben.
Magdeburg, 3. Okt. Die Untersuchung gegen die 183 Unteroffiziere ist hier sofort ausgenommen worden. Das Verhör derjenigen Unteroffiziere, welche am schwersten belastet erscheinen, hat am Sonntag bis zum späten Abend gedauert und wurde Montag und gestern fortgesetzt, lieber das Ergebnis der Untersuchung wird natürlich strengste Verschwiegenheit beobachtet. Die Einzelverhöre dürften erst am Schluffe dieser Woche ihr Ende erreichen.
Dortmund, 2. Okt. Heute Vormittag 9 ','2 Uhr fanden hier Erderschütterungen mit gewaltigem Getöse statt. Der Einsturz eines Ofens rief in der Liebfrauenschule eine Panik hervor. Die Schulkinder eilten in wilder Hast die Treppe hinab. Mehrere wurden verletzt. Aerzte und Feuerwehr waren alsbald zur Stelle.
Wie wir nachträglich erfahren, haben Seine Majestät der Deutsche Kaiser und Seine Majestät der König von Württemberg dem Prinzen Hermann zu Sachsen-Weimar zu seinem 50jährigen Militär-Jubiläum Glückwunsch-Depeschen gesandt. Seine Majestät der König von Sachsen sandte ein Glückwunschschreiben.
In Sachen der Gewerbegerichte schreibt der „Hamb. Corr." Wenn bei den Wahlen für die Gewerbegerichte die Sozialdemokraten dank ihrer Rührigkeit und ihrer straffen Organisation, nicht nur in der Liste der Arbeiter, sondern sogar in der der Arbeitgeber Siege erringen, wie dies letzthin in Mühlhausen und Berlin leider der Fall gewesen ist, sv kann dieser Umstand doch nicht zur Verurteilung dieser Institution selbst benutzt werden. Die Schuld liegt einzig und allein an der Schlaffheit der Arbeitgeber selbst. Das erkennt auch die „Nat. Ztg." an, wenn sie schreibt: „die Lässigkeit der Arbeitgeber bei diesen wichtigen Wahlen war wieder geradezu verblüffend. Diese Leute sind eben nicht mehr davor zu retten, daß ihnen die Sozialdemokraten vollständig über den Kops wachsen. Die Kreuzzeitung schreibt dazu: Wenn das Unternehmertum die Hände in den Schoß legt und gar keine Anstrengung macht, denn eine große Sache ist es doch wohl nicht zur Wahl zu gehen, dann wird der Sozialdemokratie ein unerhört leichter Triumph bereitet, den sie gleichwohl ihren Leuten gegenüber zu einer „Riesenleistung" aufzubauschen weiß.
Nicht weniger als 15 Personen sitzen augenblicklich in Berlin, des Wuchers angeklagt, hinter Schloß und Riegel. Sie werden nicht gemeinsam vor dem Strafrichter erscheinen, sondern in mehrere Gruppen geteilt werden. Die erste Gruppe umfaßt acht Angeklagte, an ihrer Spitze steht Herr Mendel Treuherz, außerdem verschiedene Schlepper. Die Angelegenheiten dieser Gruppe dürsten in etwa Monatsfrist zur öffentlichen Verhandlung reis sein. Die Anklage ist bereits den Angeklagten zugestellt worden. Sie bildet ein dickes Aktenstück und enthält als Einleitung eine vom Staatsanwalt ausgearbeitete Charakteristik des Hauptangeklagten Treuherz. Es ist daraus zu ersehen, daß Treuherz' Hand auch im Hannoverschen Wucherprozeß wiederholt deutlich erkennbar gewesen ist. Die Anklagebehörde führt gegen
die Angeklagten ca. 100 Zeugen ins Feld. Diesmal handelt es sich nicht um Offiziere, die von diesen Blutigeln ausgesogen worden sind. Hoffentlich gelingt es, wenigstens diesen 15 Wucherern einmal gründlich auf die schmutzigen Pfoten zu klopfen!
Berlin, 3. Okt. lieber das Befinden des Zaren gehen dem „Berl. Tagbl." ungünstige Nachrichten zu, wonach eine Verschlimmerung eingetreten sei: Der Thronfolger' werde, solange die Gefahr anhalte, den kranken Vater nicht verlassen. Der Zar fahre in Begleitung Prof. Sacharjins für den Winter nach Korfu.
Der deutsche Botschafter in Petersburg, General v. Werder, ist nach Deutschland abgereist. Die Vermutung liegt nahe, daß dieser hervorragende Diplomat mündlich über den Gesundheitszustand des Monarchen, bei dem er beglaubigt ist, zu berichten gedenkt.
Belgien-Holland.
Antwerpen, 2- Okt. Bei der heutigen Preisverteilung erhielt Deutschland 706 Auszeichnungen aus 727 Aussteller. Das ist der höchste Prozentsatz aller Nationen.
Frankreich.
Das Verhältnis zwischen Frankreich und England ist gegenwärtig wieder ein sehr gespanntes, schreibt ein vom Pariser „Figaro" nach England gesandter Berichterstatter. Früher Aegypten, die afrikanischen Kolonien und nun die Mada- gaskaraffaire! Die beiden Nationen versetzen sich seit 12 Jahren, — so jammert der Berichterstatter — fortgesetzt Nadelstiche, wo sie nur immer können, so daß ernstlich Gefahr vorhanden sei, daß diese Nadelstiche sich zu einer offenen Wunde erweitern. Die englische Presse, das englische Publikum, namentlich das militärische, schreibe und rede von einem Krieg zwischen Frankreich und England als von einer nun einmal nicht zu vermeidenden Frage, deren Entscheidung nur eine Frage der Zeit sei. Das Blatt beschwört die beiderseitigen Staatsmänner, die Streitfragen konzilianter zu behandeln, damit die Mißstimmung nicht einen Grad erreiche, welcher die beiden Nationen, welche an der Spitze der Kultur marschieren, zum offenen Konflikt treibe.
Paris, 3. Okt. Die Unruhen in Nimes zu Gunsten der Stiergefechte nehmen einen immer ernsteren Charakter an. Die Volksmengen drohen mit Gewaltthaten.
England.
Aus London telegraphiert ein Korrespondent der Frkf. Ztg.": Eine Persönlichkeit, die mit den Verhältnissen in Ostasien sehr vertraut ist, hat mir interessante Mitteilungen über die Pläne der Japaner gegenüber China gemacht. Darnach wollen die Japaner, wenn das Kriegsglück ihnen günstig bleibt, China in drei selbständige Königreiche zerteilen, an deren Spitze einheimische Herrscher treten sollen. Die Zerlegung des allzu großen Reiches soll eventuell durch eine von Japan zu berufende Konferenz der europäischen Mächte beschlossen werden. Für einen der neu zu schaffenden Königsthrone sei Li Hung Tschang, der von diesem Plane Kenntnis haben soll, in Aussicht genommen.
London, 1. Okt. Reuter meldet aus Shanghai, der seit vielen Jahren in Zurückgezogenheit lebende und in Ungnade befindliche Prinz Kung, der Onkel des Kaisers, sowie die Präsidenten des Auswärtigen Amtes und der Admiralität wurden neben Li-Hung- Schang zu Mitleitern der Kriegs Operationen ernannt. Der Schwiegervater des Kaisers, Sung-Kwei, ist mit 5000 auserlesenen Mandschus nach Lhang-Hai-Kwan, dem Ausgangspunkte der großen Straße und der Küste nach Peking abgegangen. 20 000 Mann werden in der nächsten Zeit von Kaschgar in Peking erwartet. 25,000 von Europäern ausgebildete Soldaten sind zur Deckung Pekings entsandt und sammeln sich in Tang-Chow bei Peking.
London, 3. Okt. Die Japaner setzen den Vormarsch gegen die chinesische Grenze fort. Derselbe ist indessen mit großen Schwierigkeiten verbunden. Aus Tientsin wird gemeldet, daß die japanische Flotte am 28. v. Mts. etwa 200 Meilen von Peking entfernt gesehen worden sei. Um die Landung zu verhindern, wurden chinesische Slreitkräfte entsandt. In Peking nimmt die feindliche Stimmung gegen die Fremden zu, so daß Unruhen befürchtet werden.
London, 4. Okt. Aus Washington läuft die noch unbestätigte, sensationelle Nachricht ein, daß
das russische Geschwader in den chinesischen Gewässern ein ihm folgendes britisches Kriegsschiff bedroht habe.
London, 4. Okt. Der Gouverneur der Mandschurei Provinz in Kiriu meldet, daß japanische Truppen in der Nähe von Lantschen landeten. Die Bestürzung in Kinn ist groß.
Kleineve Mitteilungen.
Berneck, 3. Okt. Gestern verunglückte im Staalswald „Grassert" bei der Monhardter Wasserstube der Bauer tzee- ger von Monqardt dadurch, daß er beim Laugholzsühren unter einen Stamm geriet, wodurch ihm ein Fuß abgedrückt wurde. Vor etlichen Jahren erlitt er ebenfalls einen Beinbruch beim Fuhrwerk.
Heilbr 0 nn, 1. Okt. Herr Stephan Feyerabend, eme auch in weiteren Kreisen bekannte Persönlichkeit, war gestern noch in der frühesten Morgenstunde hinausgegangen, um sein Jagdrevier noch einmal vor seinem bevorstehenden Weggang von Heilbronn zu durchstreifen. Gegen 8 Uhr morgens, als er im Begriffe war, den Heimweg anzutreten, strauchelte er am Waldesabhang auf dem durch den Regen schlüpfrig gewordenen Boden, das Gewehr entlud sich beim Fallen und der Schuß ging dem unglücklichen Mann ins Gesicht. Ein Weinberghüter wurde durch den Hund des Entseelten, der Stunden lang treue Wache gehalten, auf die Unglücksstelle aufmerksam und fand die Leiche. Der Tod war augenscheinlich sofort eingetrelen.
Geislingen, 2. Okt. Gestern siel bei schneidigem Nordwind aus unserer Alb der erste Schnee.
Ravensburg, 3. Okt. Heute wurde vor dem hiesigen Schwurgericht ein Fall verhandelt, der seine Schatten bis zum bekannten Rekrutenkrawallprozeß zurückwazf. Der Vorstand der Rekruten, Karl Stöckler, sozusagen der eigentliche Urheber des ganzen Krawalles, wurde bei der damaligen Verhandlung zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt, während ein gewisser Zainer, welcher während des Auflaufes einen Landjäger auf den Boden gerannt haben sollte, 2 Jahre bekam. Am Abend der Verurteilung ließ sich dann Karl Stöckler vor den Untersuchungsrichter des k. Amtsgerichts führen und gab an, Zainer sei unschuldig, er habe den Landjäger niedergeranut. Heule nun erhielt Stöckler wegen Landfriedensbruch zu den schon vorher erkannten 9 Monaten noch 13 Monate Gefängnis und ist der Rekrutenprozeß jetzt vollständig erledigt.
In W 0 lfschlugen, OA. Nürtingen, sollte am 25. letzten M. bei Kronenwirt Hörz eine Pfändung vorgenommen werden. Der Gerichtsvollzieher belegte zu diesem Zweck eine 8jährige Braunstute des Hörz mit Beschlag und verbrachte dieselbe in die Stallung des Löwenwirts. Alsbald erschien Hörz in der Löwenwirtschaft, schlug den Gerichtsvollzieher unter andauernden Beschimpfungen in das Gesicht und nahm die gepfändete Stute trotz des Widerspruchs des Gerichtsvollziehers und des begezogenen Amtsdieners wieder an sich. Den einschrsitenden Ortsvorsteher beleidigte er; gegen die nunmehr aufgebotene Feuerwehr ging er mit gezücktem Messer vor. Jetzt wurde die Hilfe der Landjägermannschaft nachgesucht. Als der eingetroffene Landjäger den Hörz zum Ablegen des Messers ausforderte, bedrohte er diesen sowie den Amts- und den Polizeidiener mit Erstechen. Nunmehr wurde er überwältigt und ihm das Messer gewaltsam abgenommen, worauf er einen freien Augenblick zur Flucht benützte. Er wird wegen der ihm zur Last fallenden Vergehen verfolgt.
Leipzig, 3. Okt. Ein höchst gefährlicher und sehr gewandter Einbrecher, der frühere Weinreisende Paul von Rakowskt, der in den letzten Jahren im Königreich Sachsen sein Unwesen getrieben hat, ist in Zwickau zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. U. a. hatte er in Lichtenstein bei einem Kaufmann eingebrochen und 40000 „E aus dem Schlafzimmer geraubt. Die Polizei war seiner Spur gefolgt, wobei seine Verhaftung in einem Görlitzer Hotel erfolgte. Der Verbrecher lebte auf große», Fuß, hielt sich Equipagen und Dienerschaft und sdie Mittel dazu verschaffte er sich durch verwegene Einbrüche.
Braunschweig, 1. Okt. Der Wunderknabe Otto Pöhler, der trotz seiner siebenviertel Jahre bereits lesen kann, ist nach mehrwöchiger Ausstellung im Berliner Passage-Panoptikum mit Geschenken reich beladen ins Elternhaus zurückgekehrt. Erfreulicherweise machte der kleine, muntere Bursche noch denselben Eindruck von Frische wie vor seiner Fahrt nach Berlin. Wie es scheint, haben aber die Eltern des Kleinen vorläufig der Absicht fernerer Schaustellung, trotz vieler verlockender Angebote, entsagt. Es wäre ein solcher Entschluß im Interesse der ferneren Entwickelung des Kindes dringend zu wünschen.
Der Elephant „G i b s y," der in der „Reise um die Welt" gegenwärtig in Brüssel „Gastrollen" giebt, machte sich dort dieser Tage auf den, Rückwege vom Theater von seinem Wärter los und trat in ein Cafs ein, brach jedoch durch die dicke Scheibe durch, welche dort, um dem Keller Licht zu geben, den Fußboden ersetzt. Der Dickhäuter, welcher entsetzliche Trompetentöne ausstieß, wurde Mit Muhe freigemacht und dürfte mit seinen geschundenen Beuren so bald nicht wieder ein Caff-Haus besuchen. , ^ ,
Der Pariser Universitätsprofessor Paul Aubry, der in Monte Carlon 200000 Fr. verlören hat, jagte sich am Meeresstrande eine Revolverkugel in die Schläfe und war sofort tot. In den Taschen des Unglücklichen fand man ein an den Polizeidirektor gerichtetes Schreiben, rn welchem er seinen Leichnam dem Pariser anatomischen
Institut vermacht. _
Briefkasten.
Das .Eingesendet", betreffend Fleischpreise können wir nicht aufnehmen, da die Namensnennung des Einsenders für die Redaktion erforderlich ist, solche aber fehlt.
,f>ie»u d as Unterhattungsblatt Nr, 40 u. eine Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schsn
Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.