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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts -Bezirk Nagold.
116.
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1894.
Amtliches.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Beschaffung von Salmonideneiern und von Aalbrut für inländische Fischzüchter.
Nachdem die Gründe, welche die Zentralstelle seit dem Jahr 1863 alljährlich veranlaßt haben, inländischen Fischzüchtern ohne Unterschied die Beschaffung angebrüteter Forelleneier durch Zuschuß aus der' Staatskasse zu erleichtern, im Wesentlichen in Wegfall gekommen sind, wird die Zentralstelle künftighin nur in besonderen Fällen und auf Grund eines nachgewiesenen Bedürfnisses einen Beitrag zum Ankauf von Salmonideneiern (Bachforellen-, Regenbogenforellen- oder Bachsaiblings- Eiern) gewähren. Diesbezügliche Gesuche wären mit den erforderlichen Nachweisen versehen an die Zentralstelle zu richten.
Dagegen sind Bestellungen von Aalbrut, wie bisher, spätestens bis zum 31. Dezember d. I. bei dem Sekretariat der K. Zenlralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart einzureichen.
Stuttgart, den 24. September 1894.
v. Ow.
Gestorben.
Karl August Efferen n, Kaufmann, Tübingen. Mina Ne uff er, Stuttgart.
iv. c. Arbeit uud Arbeits-Verdienst.
Es ist noch gar nicht allzu lange her, da galt der, welcher im Laufe eines langen Arbeitslebens sich zehntausend Thaler recht und schlecht zusammengespart hatte, für einen reichen Mann. Die Mietspreise waren mäßig, der Lebensunterhalt kostete nicht viel, von großen und kostspieligen Vergnügungen war keine Rede, und wie die Alten sungen, so mußten die Jungen zwitschern. Gar manches, was heute der verwöhnte Geschmack verlangt, war damals teurer; aber man empfand in seiner schlichten Weise kein Bedürfnis darnach und vermied in solcher Weise das Geldausgeben. Somit erschien in der That geborgen, wer s. Z. ein Kapital von zehntausend Thalern sein eigen nannte. Die Verhältnisse haben sich nun heute ganz ungeheuerlich verschoben; wer heute von einem Kapital in der genannten Höhe leben will, der würde nicht weit kommen, macht auch wohl kaum den Versuch dazu. Zehntausend Thaler Kapital ergeben bei sicherer Anlage 350—400 Thaler Zinsen und das ist ein Betrag, welcher im vorliegenden Fall nicht genügt. Man würde Jemanden einen Narren schelten, der, um Rentier zu spielen, sich und seiner Familie Entbehrungen auserlegen wollte, statt weiter zu arbeiten. Diese Vergleiche zeigen, daß es heute sehr schwer geworden ist, Rentier zu spielen, denn trotzdem heute so vieles billiger ist, als früher, kommt man doch, wenn der gesamte Lebensunterhalt in Betracht gezogen wird, kaum mit der doppelten Summe so weit, wie vor 35 Jahren etwa. Damit ist auch die Möglichkeit einer Kapitalbildung für weite Kreise der Bevölkerug sehr beschränkt, während sie da, wo mit ungemessenen Kapitalien gearbeitet werden kann, erleichtert worden ist. Hier muß ein Ausgleich eintreten, und dieser ist nur möglich in einer sehr wesentlich schärferen Heranziehung der großen Kapitalien zur Steuer zu Gunsten des Mittelstandes. Die Arbeit ist gegen früher nicht erleichtert, wohl aber ist der Verdienst erheblich geschmälert, die Konkurrenz größer und größer geworden. Arbeit und Arbeitsverdienst stehen nicht mehr im rechten Verhältnis zu einander, denn
wenn der letztere auch zahlenmäßig erheblich größer
als früher geworden ist, die Unkosten und Gesamtausgaben sind doch noch sehr viel bedeutender gestiegen. Schärfere Besteuerung der großen Kapitalien bringt nicht nur den Staatskassen höhere Einnahmen, sie ermöglicht auch Tausenden und Abertausenden eine Erweiterung ihres Betriebes, eine vermehrte Sicherheit ihrer Existenz.
Im sozialistischen Programm wird eine Produktion d. h. eine Erzeugung von Werten, zu Gunsten der Allgemeinheit verlangt. Wer gewohnt ist, dahin zu dämmern und ohne Auslüftung seines Verstandeskastens zu vegetieren, der wird zufrieden sein, wenn er einen Löffel bekommt, mit dem er mechanisch in die große Schüssel hineingreifen kann. Wer aber ein Stück Können und Wissen in sich fühlt, wer mehr sein will, als ein Gaul in der Tretmühle, wer auch aus seinen Kindern mehr machen will, als eine Nummer unter vielen Hunderttausenden von Nummern, der probiert selbst sein Können und Wissen, sein Denken und Handeln! Worüber sich heute ein Industriearbeiter bei uns nicht mit Unrecht beklagen kann, das ist, was man allerdings in allen Staaten trifft, die außerordentliche Schwierigkeit, sich selbständig zu machen. Es ist Tyorheit, die ganze Gesellschaft zerschlagen zu wollen, weil aus einem großen Teil ein harter Druck lastet, denn immer wird es Gescheidte geben, die anordnen, und wieder Gescheidte, die gehorchen. Das Ding würde einen anderen Namen kriegen, das wäre alles, wer unwissend wäre, würde harte Tage haben, und wer träge, härtere. Aber berechtigt ist es, zu wünschen, es möchte da, wo Wissen vorhanden ist, auch besser dafür gesorgt werden, daß das Wissen bethätigt werden kann und das Können dazu. Dieselbe Klage hat aber auch ein großer Teil des gesamten Mittelstandes; wie stehen denn oft die Gewerbetreibenden da? Daß Gott erbarm! Wenn wir es reiflich überlegen, so können wir heute kaum uns darüber freuen, daß so viele Gewerbetreibende und Industrielle ihre Betriebe auf- gaben und sie an Aktiengesellschaften veräußerten. Allenthalben, nicht blos bei uns, haben sich die Beziehungen seitdem zwischen Arbeitgebern und Arbeitern zum minder Guten verändert. Früher steckte selbst in großen Betrieben oft genug ein Zug der Gemütlichkeit, der mehr und mehr verschwindet. Die Gegensätze sind verschärft, die Neigung zu einem vernünftigen Wort geht verloren, Hader und Zwietracht an vielen, vielen Stellen. Die Schuld liegt nicht aus einer Seite allein, aber wäre eine größere Möglichkeit für einen tüchtigen Gewerbsgehilfen gegeben, sich auf eigene Füße zu stellen, es wäre vieles anders. In einer ungemessenen Ausdehnung der großkapitalistischen Industriebetriebe liegt kein Segen; Brot geben sie schon, aber keine zufriedene Existenz. Hier müssen Grenzen gezogen werden, die dem Mittelstand und denen, die in den Mittelstand eintreten, ihr Recht geben, dann erst wird der Arbeit auch wieder der Arbeitsverdienst entsprechen. ^
Wir haben es bei uns noch lange nicht so schlimrch wie es die Bewohner der freien großen nordamerikanischen Republik haben. Jeder Betrieb, der nur einigermaßen rentiert wird sofort von einer Schar von Geldmännern an sich gerissen, um den Markt zu beherrschen. Neben ihnen ist jeder andere ohnmächtig und wer nur den leisesten Widerstand zu leisten wagt, der wird schonungslos zermalmt. Der ungemessene Gelddurst drüben kennt keine Gnade und keine Barmherzigkeit, er kennt nur ein Verlangen nach mehr und immer mehr Geld! Bei uns haben solche Zustände erfreulicherweise nicht Platz
greifen können; ebensowenig wie die deutsche Nation alles zerschlagen sehen will, was ihr heilig und teuer ist, ebensowenig will sie Personen, die Obherrschaft einräumen, deren Befähigung zum Regieren und zum Dekretieren nur in der Zahl ihrer Geldsäcke besteht. Der Staat hat die Pflicht, dafür zu sorgen, daß niemand, der alle Lust zum Arbeiten hat, des Hungers stirbt. Er hat aber auch die Pflicht, durch eine volkswirtschaftlich richtige Gesetzgebung dafür zu sorgen, daß alles Nationalvermögen in verhält- mäßig wenigen Händen zusammenläust. Schützen wir den ehrlichen und honetten Arbeitsverdienst, aber besteuern wir auch agristische Millionenanhäufung, wie sie es verdient. Deutschland sollte in dieser Beziehung anderen Staaten vorangehen, nicht hinter ihnen stehen.
Die Arbeit ist, wie schon dargelegt, nicht leichter geworden, ihr Verdienst geringer, bei den gesteigerten Unkosten oft so gering, daß er die Existenz be- i droht. Gewachsen ist hingegen der unlautere Wett- ^ bewert», die Zahl der betrügerischen Bankerotte. Das sind doppelt unerfreuliche Erscheinungen. Da wäre es ganz gut, wenn die Arbeiter, statt sich auf die Einführung des sozialistischen Staates zu vertrösten, die Sache des Mittelstandes zu der ihren ihren machten, die doch auch wirklich die ihre ist. Kein Meister wird geboren, ein tüchtiger Gewerbegehilfe wird auch ein guter Meister sein, wenn er es nur sein kann. Hier muß der Weg frei gelegt und eine Gasse geschaffen werden. Haben die Leute vom Großkapital alle Freiheit, kleineres, aber oft besseres zu unterdrücken, ei, so lasse man sie diese Freiheit auch bezahlen. Das ist billig und gerecht und hilft doch etwas. Jedem sein Arbeitsverdienst; aber daß sich in einzelnen Händen die Millionen nun viertel- oder halbhundertweise ansammeln, ist nicht erforderlich, zu vernünftigen Unternehmungen ist immer Geld zu schaffen. Die große Behauptung von der unbedingten Notwendigkeit von so und so vielen Millionenfürsten ist — eine große Lüge.
Tages-Hleuigkeilen.
Deutsches Reich.
WU-' Nagold, 30. September. Der Verkauf der Lose der Geldlotterie desWürtt. Renn-Vereins (Volksfestlotterie) ist nicht so schnell, wie man gehofft hatte, vor sich gegangen. Infolge dessen ist die Ziehung auf 22. Oktober verlegt.
Nagold. Freunde der Fischerei machen wir darauf aufmeuksam, daß nach der Ministerial-Ver- fügung vom 1. Juni er. die Schonzeit für Seeforellen mit Ausnahme der Silber- und Schwertforellen mit dem 1. Oktober, die für Fluß- und Bachforellen sowie für Bach- und Kreuzungssaiblinge mit dem 10. Oktober beginnt und bis 31. Dezember resp. h IG^Januar währt.
Bei hingen, 1. Okt. (Corresp.) In letzter Woche ging die Nachricht durch die Blätter, daß ein Soldat des 1. Jns.-Regiments aus dem 3. Stock des Mühringer Schlosses, wo er einquartiert war, gestürzt sei und innere Verletzungen davongetragen habe. Derselbe — Johannes Braun von hier —, ist heute morgen den Folgen des unglückseligen Sturzes erlegen. Aufrichtige und allgemeine Teilnahme wendet sich den betagten Eltern zu, deren Freude auf die Heimkehr ihres braven und fleißigen Sohnes so jäh in tiefes Leid verwandelt wurde.
Neuenbürg, 30. Sept. Wie man hört, wird Commerell in Höfen a. E. die Kandi-
Fabrikant