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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

Erscheint wöchentlich timal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 Pfg., in dem Bezirk l Mk., außerhalb des Bezirks 1 Mk. 20 Pfg.

Samstag 1. September

Jnsertionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus

1894.

102.

gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 Pfg., bei mehrmaliger je 6 Pfg.

Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Amtliches.

Nagold.

Kekonntmochttttg,

betr. Linderung der Folgen der Fntternot.

Die Amtsversammlung hat am 21. v. M. be­schlossen, daß die von der Amtskorporation an Ge­nieinden des Bezirks zur Linderung der Futternot abgegebenen unverzinslichen Darlehen den betreffenden Gemeinden auf ein weiteres Jahr, bis Martini 1895, unverzinslich belassen und alsdann heimbezahlt wer­den sollen.

Den 30. August 1894.

K. Oberamt. Vogt.

Bekanntmachung,

betr. Maßregeln gegen die Maul- und Klauenseuche.

Nachdem die Maul- und Klauenseuche in Wildbcrg ausgebrochen ist, ist zunächst für die Dauer von 14 ^ Tagen das Treiben von Rindvieh, Schafen und§ Schweinen über die Markungsgrenzen hinaus mit, Ausnahme der Benützung des Viehs zur Feldarbeit auf angrenzenden Markungen in den Gemeinden Wildberg, Gültlingen, Sulz. Effringcn und Schön­bronn, desgleichen die Verladung von Rindvieh, ^ Schafen und Schweinen auf der Eisenbahnstation! Wildberg verboten, auch die Abgabe von Mager­milch aus den Sammelmolkereien Sulz und Gült-! lingcn in der Art beschränkt worden, daß nur solche! Milch abgegeben werden darf, welche zuvor minde­stens auf 100" 0. erhitzt worden ist. ^

Die Ortsvorsteher der betr. Gemeinden haben dies alsbald in ortsüblicher Weise zur öffentlichen Kenntnis zu bringen, wohei darauf hinzuweisen ist, daß die Unterlassung oder Verspätung der Anzeige von Seuchenausbrüchen und die Zuwiderhandlung gegen die ergangenen Anordnungen nicht nur Be­strafung, sondern auch den Verlust der Entschädigung für an Maul- und Klauenseuche gefallenes Rindvieh nach sich zieht.

Nagold, den 29. August 1894.

K. Oberamt. Vogt.

Nachstehende Schüler haben u. a. die Abiturientenprü- sung bestanden und das Zeugnis der Reise erlangt: Her­mann Kirn, Sohn des Gerichtsnotars in Horb. Robert Held, Sohn des Finanzrats in Calw. Paul List, Sohn des Oberpostmeisters in Calw. Eugen Perrenon, Sohn des st Oberamtsrichters in Calw. Karl Sapper, Sohn des Gerichtsnotars in Calw. Leopold Wergo, Sohn des 4 Kaufmanns in Sindelfingen.

Gestorben.

Sophie Harleß, Hall. Maria Faber, Göppingen- Mberach. Margarethe Leonhardt, Sindelfingen. Karl Spieth, Gaisburg. Louis Werkmann, Ulm.

6. Der Sedantag.

Wieder feiern wir den Sedantag! Es fehlt heute nicht an Stimmen, welche die Ansicht vertreten, die Sedan-Gedenkfeier habe sich nun eigentlich doch schon etwas überlebt, sie sei altersschwach geworden, die Teilnahme dafür fei gesunken. Selbstredend ist E?' daß nach bemahe einem Vierteljahrhundert d'b Begeisterung für eine Erinnerungsfeier an den größten deutschen Sieg des Jahrhunderts der ruhi- gen Beharrlichkeit Platz gemacht hat und weiterhin «^rgessen werden, daß in unseren heutigen Zeiten, wo der Verdienst für den ganzen Mittelstand ein wesentlich geschmälerter geworden rst-, mcht bei allen Bürgern zu jeder Stunde die Neigung zum Festfeiern besteht. Es ist nicht immer nn lautes festliches Getümmel erforderlich, um die Genugthuung offen zu dokumentieren, welche die

Volksseele erfüllt, ein treu Gedenken braucht nicht

viele Worte und wenn der Handwerker, der Bauer, die mühen und schaffen müssen, in ihrer Arbeit im Gedenken an den 2. September 1870 einen kräft' gen Schlag thun, dann ist auch das eine Sedanfeier und wahrlich nicht die schlechteste. Denn damit wird auch zugleich der Entschlossenheit und dem festen Willen Ausdruck gegeben, dafür durch Erziehung der eigenen Kinder zu sorgen, daß es an einem etwaigen künftigen Sedantage nicht an wackeren Kämpfern für Vaterlandes Ruhm und Ehre fehlt.

Wer will sagen, die Sedan-Gedenkfeier habe sich überlebt, sie sei altersschwach geworden? Und wenn wir das Jahr 2000 schreiben, immer noch wird es für den Deutschen ein Ruhm und ein Stolz sein, des Tages zu gedenken, der ihm überhaupt erst die Gelegenheit gab, in Europa eine Rolle zu spielen, laut seine Stimme zu erheben. Und wer heute oder später um sich wirft mit großen Worten, mögen sie nun gescheidt sein oder Thorenkram enthalten, daß er überhaupt in der Lage ist, zu reden, laut und entschieden von sich reden zu machen, das verdankt er dem Sedantage und seinen Wirkungen. Wenn ein Deutscher heute in keinem Erdteil und in keinem Lande für seine persönliche Sicherheit, für Leben und Gut zu fürchten hat, dann verdankt er das den Heerführern und Kämpfern, welche Sedan errangen. Der Sedantag gab, was gar nicht genug anerkannt werden kann und was doch so oft übersehen wird, dem Deutschen nicht blos einen großen Sieg über seinen damaligen Feind, er hat ihm auch für spätere Tage Kraft und Fähigkeit gegeben, Schwerter von kriegslustigen, auf uns neidischen Völkern in der Scheide zu halten. Wer die Erinnerungsfeier an den Sedantag überlebt und altersschwach nennt, der vergißt ganz, daß wir schon längst einen neuen Krieg mit Frankreich zu bestehen gehabt haben würden, wenn nicht die Franzosen ein Sedan erfahren. Jenseits der Vogesen denkt man, davon darf Deutsch­land überzeugt sein, sehr genau an den Sedantag. Und wir Deutsche sollten nicht daran denken? Das wäre ein Schlag in unser eigenes Gesicht.

Wer da die Sedan-Erinnerung überlebt und altersschwach nennen will, der hat jenen ersten Sedan­tag nicht als denkender Mensch erlebt, weder draußen im Felde, noch daheim, denn sonst würde er nicht so sprechen. Thut er es dennoch, dann fälscht er Thatsachen in seinem Interesse, zum besten seiner- eigenen exzentrischen Pläne und Gedanken und einem solchen Mann, der bewußt das Gegenteil der Wahr­heit ausspricht, kann nicht das Recht zugestanden werden, über eine solche Frage nationaler Bedeutung mitzureden. Welche Begeisterung beseelte nicht da­mals das deutsche Heer, welcher brausende Jubel umtoste nicht damals die Wälle von Sedan, als die weiße Fahne aus dem Thore der eng eingeschlosfenen Festung erschien und dem blutigen Kampfe, der auch so viel deutsches Blut gekostet hatte, ein Ende machte. Und wie schwoll nun erst der Enthusiasmus zu einem Riesenaufschwung der Gemüter, als die Krönung des herrlichen Sieges, die Gefangennahme des Kaisers der Franzosen bekannt wurde. Alle Trauer um ge­fallene Kameraden, aller Schmerz von erlittenen Wunden war mit einem Zauberschlage vergessen, nur ein Gedanke belebte all die Hundertausende, die Freude über den großen Triumph, der Stolz auf das mit dem hehren Siegeslorbeer geschmückte deut­sche Vaterland. Wer den Siegesjubel der Hundert­tausend« «in deutschen Kriegern vor der bezwungenen französischen Feste gehört, der kann heute nicht sagen, die Erinnerung an diesen Sieges- und Jubeltag sei

verblichen, die Gedenkfeier habe sich schon überlebt

und sei altersschwach geworden. Das ist sie nicht.

Und wer nicht draußen vor dem Feinde weilte, mit der Waffe in der Hand ihm Trotz zu bieten, der hat doch daheim in allen deutschen Gauen die innige Herzensfreude geschaut, die sich der Millionen Heimgebliebenen bemächtigte, als die Kunde von dem großen deutschen Waffenerfolge wie ein Flugfeuer durch die Häuser flog, als nun von den Thürmen die Glocken in vollen Akkorden erschollen, als Lob­lieder und Danklieder gen Himmel erschollen und Tausende, die einander bisher fremd gegenüberstan­den, wie Brüder, Freudenthränen weinend, in die Arme sielen. Da gab es keinen Unterschied zwischen arm und reich, zwischen hoch und niedrig, zwischen alt und jung, da gab es nur ein einiges deutsches Volk. Und diese Weihestunden haben sich tief in aller Herzen eingeprägt, wer sie miterlebt, der vergißt sie 'nimmer, dem wird die Erinnerungsfeier an diesen Tag nie und nimmer überlebt und altersschwach erscheinen. Und daß die lebendige Erinnerung, die durch keine Schilderung und Beschreibung ersetzt werden kann, in den Herzen deutschen Volkes wach­bleibe und immer kräftig für alle Zeiten fortlebe, dafür zu sorgen, das ist die Aufgabe des heutigen Geschlechts. Weiter tragen soll der deutsche Mund und das deutsche Lied bis in ferne, ferne Zeiten hinein die Kunde vom Tage von Sedan.

Hages-Weuigkeiten.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 28. Aug. Seitens der Deutschen Partei soll Rechtsanwalt Dr. Schall, Vorstand des Landesausschusses der Deutschen Partei, für den verst. Kommerzienrat Stälin als Abgeordneter für Stuttgart Stadt aufgestellt werden.

Stuttgart, 28. Aug. Ueber das Befinden der Königin erfährt man, daß die hohe Frau sich noch immer eines Stockes bei ihren Spaziergängen be­dienen muß. Auch auf die für den Monat Sep­tember geplante Reise nach ihrer Heimat Nachod hat die Königin infolge ihres Zustandes verzichtet.

Stuttgart, 29. Aug. Se. Exzellenz Kriegs­minister Schott v. Schottenstein, welcher heute oder morgen von seinem Stammschloß Schottenstein zu­rückerwartet wird, wird, wie man hört, auf spezielle Einladung des Kaisers an den Kaisermanövern in Ostpreußen teilnehmen.

Stuttgart, 29. August. Aus der Deutschen Partei nahestehenden Kreisen wird bestätigt, daß für den Fall Prof. Zipperlen eine Kandidatur nicht mehr annehmen sollte (und das wird als ziemlich sicher bezeichnet) die Deutsche Partei Herrn G. Siegle das Mandat für Stuttgart Amt für die be­vorstehende Landtagswahl anbieten will. Herr. S. erfreut sich in den Filderorten allseitiger Beliebtheit' und seine Kandidatur wird zweifellos eine erfolg­reiche sein.

Stuttgart, 30. Aug. Am 24. ds. Mts. wurde in Lehrensteinsfeld, OA. Weinsberg Mittelschullehrer G. Roth aus Stuttgart im Alter von nur 37 Jah­ren zu Grabe getragen, einer der eifrigsten und be­gabtesten Schüler des erst vor wenigen Wochen ent­schlafenen Meisters Professor Dr. I. v. Faißt.

Göppingen, 30. August. Hier wurde eine neue Sauerwasserquelle mit bedeutendem Kohlen­säuregehalt entdeckt.

Brandfall: Der Meisterhof (Baiermüller), zum Stadtbezirk Weingarten gehörig.