Köln, 27. Aug. Der deutsche Katholikentag ist gestern mit einer Andacht in der Minoritenkirche eröffnet worden. Zahlreicher Besuch vom Inlands und Auslande ist eingetroffen. Abends fand Begrüßung im Gürzenichsaal statt; 4000 Personen nahmen Teil.
Wie die „Danziger Ztg." von „gut unterrichteter" Seite erfährt, steht es jetzt fest, daß die Könige von Sachsen und Württemberg und der Prinzregent von Braunschweig dem Kaisermanöver in Ostpreußen beiwohnen werden. Die Monarchen werden im königlichen Schloß zu Königsberg wohnen und sich von dort täglich mit Sonderzügen in das Manövergelände begeben. Das Hauptquartier des Kaisers wird während der ganzen Dauer des Manövers im Schloß Schlobitten aufgeschlagen sein. In der Marienburg wird der Kaiser nur vorübergehend Aufenthalt nehmen.
Zur 300jähr. Geburtstagsfeier Gustav Adolfs am 9. Dezember ds. Js. wird vom evangelischen Oberkirchenrat eine landeskirchliche Feier ungeordnet werden.
Bochum, 27. Aug. In der gestrigen Delegiertenversammlung des deutschen Bergarbeiterverbandes hat der Vorsitzende Schröder mitgeteilt, daß der Kassenabschluß des Verbandes ein Defizit von 22 000 aufweise. Das Vereinsvermögen von^ 16000 sei an den Konsumverein ausgeliehen' und werde in Folge der Liquidation desselben wahrscheinlich verloren sein. Im Anschluß hieran haben lebhafte Debatten stattgefunden. Die Versammlung hat den Anschluß an die Generalkommission der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter Deutschlands in Hamburg beschlossen. Schröder, Meyer und Hümngshans sind wieder in den Vorstand gewählt worden.
Zur Agrarfrage. Herr v. Hertzberg-Lottin, ein thätiges Mitglied des Bundes der Landwirte, hatte s. Z. eine Eingabe an den Reichskanzler gerichtet und ihn gebeten, sich für die Einführung von Getreidesilos zu interessieren resp. die Staatshilse dazu in Aussicht zu stellen. Graf Caprivi hat hierauf sehr wohlwollend geantwortet, die Bedeutung der Frage anerkannt, den Antragsteller aber an den Minister für Landwirtschaft verwiesen. Herr v. Hertzberg hat nunmehr den gleichen Antrag unter Beifügung des Antwortschreibens des Reichskanzlers dem Landwirtschaftsminister unterbreitet und hierbei noch die weiteren Wünsche, ausgesprochen: l) Für Herabsetzung der Frachten für Düngekalk und Kalisalze, 2) für staatlichen Schutz gegen die unreelles Konkurrenz der Margarine, 3) für Hergabe staatlicher i Mittel für rationelle Entwässerung ec. Sorge tragen i zu wollen. - !
Berlin, 27. Aug. Auf Grund authentischer^ Informationen giebt das „Bert. Tagbl." ein Bild von dem gegenwärtigen Stand der anarchistischen i Bewegung in Berlin. Darnach steht fest, daß uw Berlin die Anarchisten keine Beziehungen zu den ausländischen haben und daß bei den verhafteten Anarchisten Schewe und Träger keine Bomben, sondern gewöhnliche Granatenhülsen ohne Ladung gesunden wurden, welche ungefährlich sind. Ferner yättsn überhaupt Massenverhaftungcn von Anarchisten nicht stattgesunden, nur Schewe und Träger seien wegen thätlicher Angriffe auf Polizisten verhaftet worden. So ungefährlich indessen auch der! r. g.nmärnge Stand der anarchistischen Bewegung i in Berlin erscheine, so könne doch täglich ein llm- schlag derselben trotz aller Wachsamkeit der Polizei eu.trelen. >
Ä.erlin, 23. August. Das „Berl. Tagebl." i schreibt: In der Frage der strafrechtlichen Behandlung i ingendticher Verbrecher habe bei den Verhandlungen ' der letzten Generalversammlung der internationalen ^ kriminalistischen Vereinigung eine sehr eingehende Erörterung stattgesunden. Auch der Reichstag werde ^ sich in seiner nächsten Tagung mit der wichtigen Angelegenheit beschäftigen, denn es liege die Absicht der Reichsre'giecnng vor, der Volksvertretung einen Gesetzentwu-.s zu unterbreiten, der durchgreifende i Abänderungen in den auf Bestrafung jugendlicher i Verbrecher bezüglichen Bestimmungen des Strasge-i setzbuchs enthält. In den betreffenden Kreisen glaubt i man an eine Verlegung der Grenze strafrechtlicher! Verfolgung vom 12. ans das 14. Jahr. !
Berlin, 23. Aug. Die „Rorbd. Allg. Ztg." l sagt zur Meldung eines drohenden Ausstandes in Kamerun, daß em von dort eingetrosfenes amtliches
Telegramm die Uebertreibungen in Abrede stellt und es als unwahr bezeichnet, daß irgend ein Beunruhigungsgrund vorhanden ist. .
Berlin, 28. Aug. Der Kaiser ließ dem hies. Schuhmachermeister Prenzler zu dessen heutigem hundertsten Geburtstage eine Porzellantafel mit dem Potrait des Kaisers und 300 überreichen. Der Gnadenbeweis entspringt der eigentsten Entschließung des Kaisers, welcher die Mitteilungen über die bevorstehende Feier in den Zeitungen gelesen.
Memel, 27. Aug. In dem russischen Orte Crottingen hat eiü ungeheurer Krawall stattgefunden, weil der Gutsbesitzer Graf Tyßkiewicz eine Anzahl Bauern zusammen 30 Stück Vieh hatte pfänden lassen. In der Nacht erschienen 100 mit Gewehren und Sensen bewaffnete Bauern vor dem Schlosse des Grafen und stürmten dasselbe. Eine förmliche Schlacht, in der es mehrere Schwerverwundete gab, fand zwischen den gräflichen Beamten und den Bauern statt.
Straßburg, 25. Aug. Wegen Verletzung der Wehrpflicht in Gemäßheit des 8 140' R.Str.G.B. sind 125 junge Leute aus Straßburg zu Geldstrafen von 600 resp. 40 Tagen Gefängnis verurteilt worden. Die Bestraften sind in der Absicht ausgewandert, sich der Dienstpflicht im Heere oder in der Marine zu entziehen. Die meisten der pflichtvergessenen Leute sind natürlich nach Frankreich ausgewandert, um sich dort als unglückliche Kinder der „geraubten" Provinzen aufzuspielen. Den Franzosen sind nun aber ebenfalls die Augen über diese Leutchen aufgegangen. Man fragt sich in Frankreich, ob diese denn das Gastrecht genießen dürften, ohne zu den Lasten etwas beizusteuern. Kurz vor Schluß der Session ist in der französischen Kammer ein Antrag eingebracht worden, wonach alle die jungen Leute, welche für Frankreich optieren, drei Jahre aktiv dienen müssen. Wenn dieser Antrag im kommenden Winter Gesetz werden sollte, dann wird die Zahl der Ausreißer schon geringer werden.
Das deutsche Schiff „Charlotte", von Bremen nach Christiania unterwegs, ging auf See total verloren. Alle an Bord befindlichen Personen wurden gerettet.
O e st e r r e i ch - U n g a rn.
W i e n, 28. Aug. Bei einer manöverierenden Kavallerie-Abteilung wurden 100 Mann vom Hitz- schlag getroffen, jedoch nur leicht geschädigt.
Vom Franziskaschacht. Infolge des günstigen Ergebnisses der Probeeinsahrt in den Franziska- schacht bei Karmin wurde die Arbeit daselbst am Sonnabend wieder ausgenommen.
Frankreich.
Paris, 28. Ang. „Gaulois" meldet, König Behanzin sei zum Christentum übergetreten.
Der Pari!er „Gaulois" berichtet, es gehe das Gerücht, Kaiser Wilhelm, von Versöhnnngsgedanken geleitet und um cin Element fortwährender Reizungen verschwinden zu machen, beabsichtige die Abschaffung der Sedanfeier. — Es wäre überflüssig, deutscherseits hierüber ein Wort zu verlieren.
Belgien.
Brüssel, 2. August. In hiesigen Hofkreisen will man von der Verlobung der jungen Königin Wilhelmine von Holland mit dem Prinzen Albert von Flandern wissen.
Italien.
König Hnmbert hat eine Verordnung unterzeichnet, wodurch der Prinz von Neapel zum Divisionsgeneral ernannt, und Palermo ihm als Residenz zugcwiesen wird. Der Prinz wird eine Reise durch die Insel unternehmen.
In Ravenna wurden bei einer großen Razzia der Polizei, welche durch Militär verstärkt worden ivar, 5 gefährliche Anarchisten verhaftet, sowie Waffen, Munition und wichtige Correspondenzen in Beschlag genommen. In Florenz wurden 9 Anarchisten, darunter eine Frau, welche dis Listigste anarchistische Propaganda trieb, verhaftet.
Englan d.
London, 27. Ang. Die „Times" meldet aus Tientsin vom 23. d. M.: General 2)ey mit 4000 Mann vereinigte sich heute früh mit der chinesischen Hauptmacht bei Pioeng-Aang; der Rest der Streitmacht unter General Nieh trifft morgen ein. Der Rückzug von Asan wurde sehr gut ausgesührl. Die Truppen marschierten 350 Meilen weit durch schwieriges Terrain und durchbrachen schließlich, ov.vohl
auf der ganzen Strecke fortwährend beunruhigt, die Aufstellung der Japaner bei Tschung-Du.
London, 28. Aug. Auf der chinesischen und japanesischen Gesandtschaft sind zwar Nachrichten vom Kriegsschauplatz eingetroffen, aber aus der ersten ist nichts von einen: großen chinesischen Siege bekannt.
Rußland.
Petersburg, 23. Aug. Bei dem Bewerb um den Bäu der neuen Newabrücke gab der Stadtrat der französischen Gesellschaft „Batignolles" den Vorzug und sicherte ihr den Bau vertragsmäßig zu. Später wurde dieser Entscheid zurückgezogen, worüber die Gesellschaft jetzt durch den französischen Botschafter Grafen Montebello die gerichtliche Entscheidung nachsucht unter Hinweis darauf, daß die Firma für ihren Plan viel Mühe und Geld sonst unnütz ansgegeben hätte. Der Stadtverordnete Ke- drin äußerte nun schon vor einiger Zeit in einer Stadtratssitzung den Verdacht, in den von der sranz. Gesellschaft verausgabten Geldern seien auch Bestechungsgelder für einzelne Mitglieder der mit dem Entscheid beauftragten Brückenkommission enthalten, ohne daß bisher aus dem Stäotrat ein Abweis dieser Anschuldigung erfolgt wäre. Die Presse be- mächtigte sich der Angelegenheit und nun schreibt „Birsh Wjed," Kedrin habe erklärt, seiner festen Ueberzeugung nach habe die Bestechung stattgefunden. Maßgebende, mit den Vorverhandlungen genau vertraute Persönlichkeiten hätten ihm das versichert. Eine Persönlichkeit, die mit dergleichen vorteilhaften Bestechungsgeschäften sich abgebe, habe geklagt, daß ihr selbst von den von der Gesellschaft ihr übergebenen Geldern nur 40 000 Rubel geblieben seien, darunter an einen Herrn 2 Proz. von den vollen der Firma bewilligten Brückenkosten. Der Gewährsmann für diese Behauptungen habe Kedrin das auch schriftlich und zwar unter Nennung der Bestochenen, bestätigt.
Petersburg, 27. Aug. lieber die Gesundheit des Zars und die für die nächsten Wochen getroffenen Reisedispositionen wird der „N. Fr. Pr." geschrieben: „Gestern ist der bekannte Arzt des Kaisers, Prof. Sacharjin, aus Moskau hier eingetroffen und hat einen wenn auch nicht gefährlichen und vorübergehenden Rückfall des bekanntlich nicht ganz ausgeheilten Leberleidens bei dem Kaiser seststellen können. Allgemein wurde auch das leidende Aeußere des Kaisers bei der gestrigen Feier des Stappellaufes des Panzerschiffes „Admiral Senjawin" bemerkt.
Asien.
Vom Kriegsschauplatz. Nach einer an das Oberkommando unserer Marine gelangten Drahtmeldung ist das Kanonenboot „Iltis", Kommandant Korvetten-Kapitän Graf v. Bandikin, in Chefoo eingelroffen. — Die von Räubern gefangenen deutschen Missionare in Shantung sind wieder freigelassen worden. — Spanien hat jetzl mir Bezug aus den chinesisch-japanischen Krieg ebenfalls seine Neutralität erklärt. — Von kriegerischen Ereignissen ist wenig Neues zu melden. Bis züm 20. August hatte nach einer Mitteilung, die das englische Kriegsministerium erhielt, keine Schlacht stattgesunden. Chinesische Meldungen wollten vqn einer am 17. August statt- gesundenen großen Niederlage der Japaner wissen; diese Meldungen erweisen sich sonach als leere Alarmnachrichten. An jenem Tage kam es vielmehr nur zu bedeutungslosen Plänkeleien der beiderseitigen Vorposten. Die feindlichen Heere nähern sich einander und General Oskina trifft Vorbereitungen für ein entscheidendes Treffen. Weiter landeten die Japaner eine größere Anzahl Truppen an der Mündung des Flusses Tai-Don-Gong unweit Tschung- Hwa und verstärkten die Besatzung von Korea wesentlich. Die Chinesen haben ihre Armee jetzt auf 34000 Mann gebracht. Ein Angriff der Chinesen auf die Japaner ist für die nächsten Tage geplant. — Der Krieg hat sein Echo-auch in Honolulu gefunden, infolge desselben sind zwischen chinesischen u. japanischen Arbeitern in Hawai blutige Schlägereien vorgekommen. — Eine unangenehme Folge des Krieges ist die Preiserhöhung für Garne und ^eidenzeuge, für welche die Steuer um mehrere Prozente erhöht wurde.
Afrika.
Die „Köln. Ztg." schreibt angesichts der betrübenden Zustände in der Kameruner Schutztruppe, das; dem kaiserl. Gouverneur v. Zimmerer ein gut Teil Schuld daran zufalle. Die Sudanesen, die