Der GchllsWer.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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1894

Amtliches.

Namensänderung.

Dem Gesuche des Drehers Karl Bürkle in Altensteig, dem von seiner Ehefrau in die Ehe ge­brachten Kinde Johann Martin den Familiennamen Bürkle" beilegen zu dürfen, ist von der K. Kreis- regierung Reutlingen am 5. d. M. vorbehaltlich etwaiger Rechte Dritter entsprochen worden, was hiemit zur öffentlichen Kenntnis gebracht wird.

Nagold, den 7. Juli 1894.

_ K. Obekamt. Vogt.

Nagold.

An die Ortsvorsteher,

betreffend Abwehr-Maßregeln gegen die Blutlaus.

In einer Gemeinde des Bezirks ist das Vor­kommen der Blutlaus an einigen Obstbäumen wahr- geuommen worden. Die Gemeindcüaumwärter, die Besitzer von Obstbäumen, die Feld- und Waldschützen sind behufs der Nachschau in ihren Gemeinden hie­rauf aufmerksam zu machen. Beim Vorkommen der Blutlaus in einer Gemeindemarkung ist nach Maß­gabe des Ministerial-Erlasses vom 23. November 1874 (M.-A.-Bl. S. 299) zu verfahren.

Den 9. Juli 1894.

_K. Oberamt. Vogt.

Nagold.

Bekanntmachung,

betr. die Anmeldung von Neubauten, Bauvcr- besserungen n. s. w. zur Einschätzung für die Gcüändebrandversicherung.

In Gemäßheit eines Erlasses des K. Verwal­tungsrats der Gebäudebrandversicherungsanstalt vom 31. August 1892 Minist.-A.-Bl. S. 263 wird hie­durch bekannt gemacht:

1) daß Neubauten, Bauveräuderungen und Bau- verbcsserungcn einschließlich neuer Gebäudezubehörden, welche noch nicht zur Gebäudebrandversicherung ein­geschätzt sind und nicht den bloßen Ersatz abge­brannter, versichert gewesener Gebäude oder Gebäude­bestandteile bilden (Art. 26 des Gesetzes vom 14. März 1853) im Fall einer Brandbeschädigung nur dann als versichert behandelt werden, wenn sie vor­her von dem Gcbäudebcsitzcr bei dem Ortsvorstcher entweder zur sofortigen auf Kosten des Eigentümers erfolgenden Einschätzung (Art. 13 des Gesetzes vom 14. März 1853) oder zur ordentlichen auf Kosten der Gemeinde geschehenen Jahrcsschätznng (Art. 12 des Gesetzes) angemcldet worden sind.

2) daß durch die bloße Vormerkung von Amts- wegcn, soweit eine solche überhaupt stattfindet, die erforderliche Anmeldung durch den Gebändebesitzer nicht ersetzt wird;

3) daß die Anmeldung während des ganzen Jahres erfolgen kann.

4) daß ein Brandversichcrnngsbcitrag im Anmel­dungsjahr nur dann und zwar nachträglich zu ent­richten ist, wenn eine Brandentschädigung gewährt werden muß.

Zugleich werden die Ortsvorsteher angewiesen, für thnnlichste Verbreitung der vorstehenden Bekannt­machung zu sorgen und die Gemeindeangehörigen entsprechend zu belehren.

Schließlich werden die Ortsvorsteher beauftragt, den Bankontrolcnrcn urkundlich zu eröffnen, daß sie bei der Vornahme der Baukontrole die Bauenden auf die Wichtigkeit der nnvcrwcilteu Anmeldung ihrer Neubauten n. s. w. ausdrücklich aufmerksam zu ma­chen haben.

Nagold, den 10. Juli 1894.

K. Oberamt. Vogt.

In den Ruhestand versetzt wurde Schullehrer Müller

in Altensteig-Stadt, Bezirksschulinspektorrats Nagold.

Wie steht es in Nordamerika?

DieNeue Welt" erscheint vielen Deutschen noch immer in einer solch zauberhaften Beleuchtung, daß die Mahnung eines Kenners der dortigen Verhält­nisse in derBerliner Volksztg." wohl beherzigt werden darf. Er schreibt:Wer jetzt unsere großen Hafenstädte Hamburg und Bremen besucht, dem wird bei der Ankunft der überseeischen Dampfer eine selt­same Erscheinung auffallen:Die Rückwanderung aus den Vereinigten Staaten nach Deutschland ver­stärkt sich von ZÜoche zu Woche und wird bald die Auswanderung übersteigen. Während in früheren Jahren die erste Kajüte der von New-Uork zurück­kehrenden Seedampfer überfüllt, das Zwischendeck aber fast leer war, ist jetzt beinahe das umgekehrte Verhältnis eingetreten: Die erste Kajüte ist schwach ! besetzt und das Zwischendeck gefüllt. Wenn Schnell­dampfer wie derFürst Bismarck" weit über 300 Zwischendeckspassagiere aus Amerika zurücksühren, und das war bei einer seiner jüngsten Fahrten der Fall, so ist das ein bedenkliches Zeichen und beweist, daß der Zug nach dem Westen eine Rückstau erfah­ren hat. Der Grund zu dieser Erscheinung liegt auf der Hand. Der Ausspruch Goethes:Amerika, du hast es besser" hat gegenwärtig keine Geltung mehr. In derNeuen Welt" vollzieht sich leider ein Zusammenbruch, wie er in der Geschichte der Union noch nicht dagewesen.

Die amerikanischen Zeitungen haben die augen­fälligsten Zeichen dieser wirtschaftlichen Krise bespro­chen und uns über die Wanderzüge u. Gewalthaten der Arbeitslosen unterrichtet, dann über die Aufstände verzweifelter Kohlenarbeiter in den Städten Nord- pennsylvaniens und an andern Orten, wo es zu blutigen Kämpfen zwischen streikenden Arbeitern und Arbeiterinnen einerseits und Polizisten und Soldaten andererseits gekommen ist. Scharen von Männern und Frauen sind dabei während der letzten Monate in den Kohlendistrikten niedergeschossen und nieder­geschlagen worden. Diese Ausschreitungen der Strei­kenden und Arbeitslosen heben sich als Einzelerschei­nungen auf Grund eines allgemeinen Notstandes ab, wie er für Amerika unerhört ist. Wiederholt haben sich in der Union wirtschaftliche Krisen voll­zogen, aber dank dem. Reichtum natürlicher Hilfs­quellen und der Schaffenslust ihrer Bewohner gingen sie in wenigen Wochen oder Monaten vorüber. Diesmal ist aber der Zusammenbruch ein so furcht­barer und erstreckt sich über so weite Ländergebiete, daß der Zeitpunkt einer Wiederbelebung von Handel und Wandel in unabsehbarer Ferne gerückt erscheint.

Wodurch sind diese schrecklichen Zustände hervor­gerufen worden? Die Mac Kinley-Bill, durch wel­chen den Eingeborenen der Schutz nationaler Arbeit gewährt werden sollte, halte eine Ueberstürzung des Industrialismus zur Folge. Da Amerika, gleich uns zwar viele vernünftige Leute, aber keine vernünftige Gesellschaft besitzt, so machte sich der Geldhunger der Spekulanten in einer Verdoppelung und Ver­dreifachung der Produktion Luft und die Konkurrenz überschritt blind die Grenzen des Bedarfs. Um nur ein Beispiel anzuführen. Zu den gewinnbringendsten Anlagen gehörte vor einem Vierteljahrhundert die einer Nähmaschinenfabrik. Infolge dessen wurden hundert und mehr solcher Fabriken begründet und diese steigerten in den Jahren großen Absatzes ihre Produktion derart, daß man heute neben der Klingel vieler Wohnungen Schilder mit der Aufschrift siehch

Wir kaufen keine Nähmaschine"; oderKein Agent für Nähmaschinen wird eingelassen." Zudringlicher als bei uns die Bettler sind in Amerika die Reisen­den für Nähmaschinenfabriken und sie boten ihre Ware schon vor dem wirtschaftlichen Niedergang zu Schleuderpreisen an. Eine weitere Ursache des Krachs liegt dann in der Ueberproduktion des Silbers und dem damit zusammenhängenden Sturz der Silber­währung, ferner in der Uebermacht des Kapitals. Englische und amerikanischeRinge" haben sich in großer Zahl gebildet, welche nicht nur durch den Ankauf wald- oder erzreicher Länderstrecken den kleineren Farmern und Unternehmern den Lander­werb erschweren und die gesunde ökonomische Ent­wicklung stören, sondern die sich auch ertragsreicher Bergwerke und ganzer Industriezweige bemächtigen. Wie weit dies geht, beweist die Notiz amerikanischer Blätter, daß amerikanische Farmer ein Kapital zu­sammengeschossen haben, um in Südafrika billiges Land zu erwerben und darauf eine Niederlassung zn gründen. Wer vor 25 Jahren in Newyork prophe­zeit hätte, daß am Ende dieses Jahrhunderts ame­rikanische Farmer billigen Grund und Boden in Afrika suchen müßten, den hätte man sofort als Wahnsinnigen behandelt. Die mächtigen Kapitalisten aber drängen in den Jndustriebezirken den Arbeitern jene ehernen Lohngesetze auf, die zur Empörung führen. So sind große deutsche Bierbrauereien in Milwaukee, Cincinnati und St. Louis in die Hände englischer Gesellschaften übergegangen, die sich zu einem Bierring vereinigen. Endlich verschärfen sich die politischen Gegensätze immer mehr zwischen der republikanischen Partei, in deren Reihen sich die mächtigen aber engherzigen eingeborenen Amerikaner befinden und der demokratischen, die zumeist aus Eingewanderten oder besitzlosen Eingeborenen besteht. Und auch dieser politische Zwiespalt verschärft die Notlage.

Was die Regierung zur Beseitigung derselben thut, ist nicht viel, das wenige aber kann den Eu­ropamüden fatal werden. Die Regierungskommissare lassen jetzt alle ankommenden Zwischendecks-Passagiere auf einer kleinen Insel landen und stellen ein scharfes Verhör mit ihnen an betreffs ihrer Mittel und Aus­sichten. Wer den Verdacht erweckt, als könne er oie Zahl der Arbeitslosen in Amerika verstärken, wird ohne weiteres zurückgewiesen und muß im Hafen nach seinem Heimatlande wieder umkehren.

Gewiß hat die amerikanische Behörde das Recht, sich aller zweifelhaften Elemente zu erwehren, und die trübe materielle Lage fordert zur schärfsten Aus­schließung gefährlicher Persönlichkeiten auf. Aber für viele ärmere Auswanderer aus Deutschland ist die Zurückschickung äußerst hart und jeder sollte sich ernstlich besinnen, ob er in den Vereinigten Staaten nicht der bittersten Not in die Arme läuft!

Hages-Weuigkeileii.

Deutsches Reich.

Egenhausen, 8. Juli. (Korresp.) Begünstigt vom herrlichsten Wetter wurde heute der Bezirks­kriegertag des oberen Nagoldgaues hier gefeiert. Es hatten sich zu demselben außer den vier zum Ver­band gehörigen Vereine: Altensteig, Ebhausen, Egen­hausen und Spielberg noch weiter eingefunden: die Krieger- bezw. Militärvereine von Beihingen, Ber­neck, Bösingen, Jselshausen, Nagold, Pfalzgrafen­weiler, Oberschwandorf, Rohrdorf, Simmersfeld. Effringen, Mindersbach, Schönbronn waren Deputationen vertreten. Aus Altensteig nahm aucg