fehlen, wenn er, Abbazia verlassend, seine Schritte heimwärts lenkt. Man kann nur den Italienern als Gegendank wünschen, daß es ihnen bald gelin­gen möge, ihre schwere innere Finanzkrisis zu über­winden. Eine bedeutsame Entscheidung ist hierbei allerdings schon gefallen, der Ministerpräsident Crispi hat es nach sehr energischer Rede und unter Hin­weis auf Italiens Großmachtstellung durchgesetzt, daß an den Ausgaben für Armee und Marine nicht mehr gerüttelt wird. _

Hages-Wemgkeilen.

Deutsches Üeich.

ftft Nagold. In der Jahresversammlung des Gewerbevereins, die am letzten Freitag abend imHirsch" stattfand, erstattete der Vorstand, Kom­merzienrat Sannwald, den Jahresbericht, ent­haltend die Zahl der Versammlungen und Aus­schußsitzungen, die Gegenstände der Beratung und Fürsorge des Vereins (betr. Beschwerde der Tuch­macher, Möbellager, Wanderversammlung, Beitrag der Amtskorporation durch Fürsprache des K. Oberamts aus 200 ^ erhöht Postkurs über Oberjettingen nach Herrenberg, Besuch des G.-V. von Freudenstadt, Sonntagnachmittage der Lehr­linge, Frachtbriefstempel, Vortrag Dähne, Handels­vertrag, Vereinsvorträge, Frauenarbeitsschule rc.). Der Kassenbericht ergab aus 1029 Einnahmen und 921 Ausgaben den günstigen Kassenbestand von 107 was namentlich den erhöhten Beiträgen von Stadt und Amtskorporation zuzuschreiben ist. Bezüglich des Lesezirkels sind keine Wünsche laut geworden. Den Bericht an die Handelskammer verlas Stadtschultheiß Brodbeck. Der genannte Be­richt beschäftigt sich mit der Beantwortung von Fra­gen über den allgemeinen Eindruck der mittleren Gewerbe- und Handelsgeschäfte (der freilich infolge der gedrückten Lage der Landwirtschaft kein guter sein kann), über die Geschäfte im einzelnen, welche einen guten, einen befriedigenden, einen schlechten Absatz, einen Rückgang aufweisen, mit dem neu entstandenen Elektrizitätswerk von Klingler, das fleißig von den Gewerbetreibenden zu Motoren benützt wird, der Jutefabrik von Schickhardt in Ebha.usen und der Papierhülsenfabrik von Bischof, mit den Löhnen, dem Fremdenverkehr, der Flößerei, der Frauenarbeitsschule. Nachdem der Vorsitzende dem Verfasser des Berichts gedankt hatte, ging man zum letzten Punkt der Tagesordnung über, der Personentarifreform, über die Oberlehrer Schwarzmayer hauptsächlich auf Grund der Vor­schläge von Rechtsanwalt Jacob in Pforzheim einen Vortrag hielt. Wir geben aus demselben das We­sentliche. Die Notwendigkeit einer Reform be­weist das Vorhandensein von 70 Eisenbahnverwal­tungen mit 16 verschiedenen Tarifen, ferner die schon teilweise zugestandenen Ermäßigungen und Ausnahmen. Sehr verschieden sind die Ansichten über die Art und Weise der Reform. Deutsch-Oestreich und Ungarn sind schon mit einem Zonentarif vor­angegangen, so daß man z. B. in Deutsch-Oestreich um 10 Kr. (16 I) bis 10 Km., um 20 Kr. bis 20 Km., um 10 fl. durchs ganze Reich fahren kann. Noch mehr begünstigt ist der Fernverkehr in Ungarn. Aber unsere Reformfanatiker wollen noch mehr. Prof. Perrot will nur 2 Zonen, bis 100 Km. 30 I, darüber 1 für Klasse III. Dr. Engel will 3 Zonen, bis 25 Km. 30 F, 2650 Km. 50 H, alles drüber 1 Was sagen zu solch' radikalen Vor­schlägen unsre Eisenbahnverwaltungen mit ihren teuren Bahnen, die nicht so einfach zu bauen waren, wie die in der ungarischen Ebene? Einen ganz an­deren Vorschlag macht nun der schon genannte Rechts­anwalt Jacob von Pforzheim. Ihm ist der Zo­nentarif zu kompliziert. Er will 1) den Tarif her­ab setzen von 3,4 auf 1,5 I in II l., von 5,3 auf 3 in II. und von 8 auf 6 I in l. Klasse, dafür aber auf alle Vergünstigungen verzichten; dagegen würde er Zuschläge für Schnellzüge befürworten. Nach diesen Vorschlägen würde mau künftig in III. Klasse nach Calw um 60 I (statt 1,10 -//) und nach Stuttgart um 1,14-^ (statt 2,55 ..stf) fahren; 2) will er größere Bequemlichkeit für die Rei­senden, betr. das Lösen und die Kontrolle der Bil­lette. Der Reisende soll nicht durch seine Fahrkarte im voraus gefesselt sein, daher werden Kilometer­fahrkarten in Form von Marken (in verschiedenen Farben für verschiedene Klassen), je ans 5 Irin, lau­tend, vorgeschlagen, die in den Läden gelaust werden

können. Bis zur nächsten Coupierstation wird dem Reisenden eine entsprechende Anzahl Marken abge­nommen, wofür er eine Gegenmarke mit derselben Kilometerzahl zur Kontrolle erhält. Die Marken werden von den verschiedenen Eisenbahnverwaltungen gegenseitig verrechnet. Für solche, die viel reisen, will er Jahreskilometerbücher, so daß sie jeder­zeit Herr ihrer Reise sind; ihnen würde Rabatt, von 1000 zu 10000 Km. steigend, zu gewähren sein. Höhere Wagenklassen könnten dann einfach durch Abgabe von mehr Marken benützt werden. Von dieser Neuerung verspricht sich Jacob auch einen Vorteil für die Eisenbahnverwaltungen, für die der Druck der Marken, die Verrechnung einfacher, we-' Niger Personal und daher weniger Aufwand erfor­derlich wäre. Daß mit solchen Reformen das Rei­sen einen ungeheuren Aufschwung nehmen würde, ist außer Zweifel, aber Redner fürchtet auch bedeu­tende Nachteile, z. B. die Verödung der Ge­schäfte- kleineren Plätzen (auch die Veranlassung zu Ausgaben, die sonst vermieden worden wären, sowie eine zu fürchtende Ruhelosigkeit im Volk dürfte genannt werden). Der Vorsitzende dankt dem Red­ner, der den an sich trockenen Stoff so anziehend vorzutragen gewußt habe, indem er zugleich die An­wesenden veranlaßt, ihre Zustimmung zu diesem Dank durch Erheben von den Sitzen zu erteilen. Noch werden zum Schluß einige Mitglieder ersucht, bei der bevorstehenden Lehrlingsprüsung (1. Mai) die Handwerksmeister zu unterstützen.

js Altensteig, 15. April. Gestern mittag kam von Fünfbronn die telephonische Nachricht, daß im Stadtwald Priemen Feuer ausgebrochen sei. Es entstand in einer Kultur des hies. Stadtwalds und verbreitete sich rasch auf den Gemeindewald Fünf­bronn. Glücklicherweise eilten die Fünfbronner Bürger rasch herbei, und so konnte der Brand bald unterdrückt werden. ', > Morgen Stadtwald und 3 Morgen Fünfbronner Gemeindewald wurden stark beschädigt. Man vermutet, daß der Brand durch Kinder entstanden sei. Heute wurden hier 50 Kinder konfirmiert; 21 Mädchen und 29 Knaben.

Stuttgart, 12. April. Von einer Schneider­firma sind aus Berlin 50 Schneidergesellen angewor­ben worden, von denen 30 bereits übermorgen und 20 Anfang nächster Woche eintreffen. Die betr. Gesellen haben sich in Berlin unterschriftlich ver­pflichtet, nicht an dem Streik Teil zu nehmen.

Stuttgart, 13. April. Die Leiche Ludwig Pfau's wird seinem letzten Willen gemäß in Heidel­berg verbrannt. In den Kreisen seiner Freunde und Gesinnungsgenossen ist eine Leichenfeier geplant. Mit Ludwig Pfau ist wieder einer der Kämpfer von 1848 dahingegangen.

Karlsruhe, 12. April. Der Kaiserbesuch ist ein vollständig privater. Jeder offizielle Empfang ist verbeten. Der Kaiser trifft Sonntag früh 8 Uhr hier ein und reist abends mit dem Großherzog nach Kaltenbronn zur Auerhahnjagd ab. Er ver­bleibt daselbst Montag und Dienstag, um am Mitt­woch nach Koburg zu reisen.

Wie der Frühling in diesem Jahre große Lust zu haben scheint, uns einen vorzeitigen Sommer zu bereiten, so hat auch der deutsche Reichslag das gleiche Bestreben. Wenn auch wohl noch dieses oder jenes Gesetz recht gut hätte erörtert werden können, die Reichsboten sind müde, sie haben keine Lust mehr, im engen Sitzungssaals des Reichstages zu Hausen, während draußen die Sonne lacht und alles grünt und blüht. So ist denn kurzer Prozeß gemacht, eine Reihe von kleineren Vorlagen ist in den letzten Tagen noch erledigt, und alles übrige kommt später, das heißt im nächsten Herbst und im nächsten Winter. In wenigen Tagen ist der Reichstag geschloffen und nach langen und arbeitsvollen Wochen können Mit­glieder der Reichsregierung wie der Volksvertretung von Neuen: aufatmen. Der Reichstag stand in der letzten Woche unter dem Einfluß des von dem kons. Abg. Grafen Kanitz eingebrachten Antrages, betr. die Verstaatlichung des Handels mit ausländischem Getreide. Wenn auch diesem Anträge im Reichstage keine Annahme winkte, so ist er doch als Zeichen der Zeit von Interesse und beweist vor allen Dingen, daß die wirtschaftlichen Kämpfe, welche die ganze letzte Parlamentssession ausgesüllt haben, bei Weitem noch nicht zu Ende sind und im Herbst von neuem anheben werden. Der Reichstag konnte sich um so mehr mit der Wirkung dieses Antrages beschäftigen, als man nur kleinere Vorlagen, Anträge und Wahl­

prüfungen im Plenum des Hauses zu erledigen hatte. Definitiv ist das neue Gesetz über die Regelung des Abzahlungsgeschäftes angenommen, welches in diesem Geschäfte eine totale Umwälzung herbeiführt. Fer­ner sind die neuen Bestimmungen über die Kündi­gungsfrist der Handlungsgehilfen, die Abänderung der Konkursordnung und andere kleine Entwürfe genehmigt. Die erhebliche Verschärfung und weitere Ausdehnung der Börsensteuer auf den Warenverkehr, welche der Reichstag beschlossen hat, hat in Börsen- und Handelskreisen eine ungemein lebhafte Beweg­ung hervorgerufen, und man hat Denkschriften und Petitionen an die Reichsregierung und den Reichs­tag gerichtet, worin um Milderung gebeten wird. Die definitive Entscheidung in dieser Sache wird erst in der nächsten Woche gefällt werden. Neben dem Reichstage hat auch das preuß. Abgeordnetenhaus, der hayer. Landtag und andere Einzelvertretungen getagt; es ging überall ruhig zu. Die preußischen Landtagsboten sind endlich mit der Fertigstellung des Staatshaushaltes zurecht gekommen, bei welchem noch der Eisenbahnverwaltung eine ellenlange Wunsch­liste unterbreitet worden ist. Der Eisenbahnminister ließ es nicht an höflichen Worten fehlen, aber bei der herrschenden Finanzmisere wird doch im We­sentlichen alles so bleiben, wie es zur Stunde ist. Lebhaftere Auseinandersetzungen haben unter be­kannten Führern der Centrumspartei stattgefunden und der Hauptwortführer, der Abg. Lieber, hat mit der Niederlegung seines Mandats gedroht. Viel­leicht zieht aber der nahende Frühling auch diese Wunden wieder zu.

Deutscher Reichstag. Die Mittwochssitzung des Reichstages war nur von Istündiger Dauer. Zunächst wurden Wahlprüfungen nach den Anträgen der Kommission erledigt. Es folgt Beratung des vom Abg. Schröder (frs,) beantragten Gesetzentwurfs, wonach für Prinzipale und Handlungsgehilfen die vereinbarte Kündigungsfrist eine gleiche sein muß und die Gehilfen berechtigt sein sollen, die Ausstellung von Zeugnissen über Art und Dauer ihrer Beschäftigung, sowie über ihre Führung und Leistung zu verlangen. Hierzu wird ein Antrag v. Buchka (kons.) an­genommen, welcher eine kürzere, als 4wöchentliche Kündi­gungsfrist verbietet, falls nicht für Ablauf des Dienstver­hältnisses von vornherein ein bestimmter Zeitpunkt verein­bart ist. Angenommen wird ferner ein Antrag Spahn, wonach die Ortspolizeibehörde den Handlungsgehilfen auf Verlangen das Zeugnis kosten- und stempelfrei beglaubigen muß. Endlich wird noch ein Antrag Singer genehmigt, daß alle Vereinbarungen, die Art. 60 des Handelsgesetzes widersprechen, rechtsungiltig sind. Art. 60 bestimmt, daß ein Handlungsgehilfe, der durch unverschuldetes Unglück an der Leistung eines Dienstes zeitweise verhindert wird, dadurch seine Ansprüche auf Gehalt und Unterhalt nicht verliert, es müß'e denn sein, daß die Behinderung über b Wochen dauert. Der Antrag des Abg. Rintelen, betr. Abänderung der Konkursordnung, wird von der Tages­ordnung abgesetzt, die damit erledigt ist. Abg. Rickert kündigt an, er werde morgen beantragen, den konservativen Antrag wegen Verstaatlichung des Handels mit ausländi­schem Getreide am Freitag zu beraten. Donnerstag stan­den kleine Vorlagen aus der Tagesordnung.

Berlin, 12. April. Die Ablehnung des Je­suitenantrages durch den Bundesrat, auck wenn er vom Reichstage in 3. Lesung angenommen wer­den sollte, gilt für zweifellos.

Aus Lübeck, 12. April, wird gemeldet: Das Gut Wardowin Mecklenburg ist abgebrannt; 160Kühe, 18 Füllen und 1100 Schafe sind in den Flammen umgekommen.

Oesterreich-Ungarn.

In den Pari amenten Oesterreich-Ungarns ging es in den letzten Tagen recht stürmisch zu. Im österreichischen Reichsrate machten die fanati­schen Czechen heftige Vorstöße, die große Tumulte Hervorriesen und im Budapester Reichstage brachten die radikalen Magyaren nochmals die Koffuth-Frage aufs Tapet. Hier, wie da ging es heiß her, aber in beiden Fällen ist nichts herausgekommen. Kaiser- Franz Joseph hat den Ungarn für die gar zu über­schwängliche Kossuth-Verherrlichung einen Wink mit dem Zaunpfahl gegeben.

Abbazia, 13. April. Der Kaiser reiste, von der Kaiserin, dem Herzog Ernst Günther und den Spitzen der Behörden bis zum Bahnhof Mattuglia begleitet, um 814 Uhr nach Wien ab. Er sprach gegenüber dem Statthalter seine besondere Zufrieden­heit über seinen Aufenthalt in Abbazia aus; Volosca und Mattuglia waren glänzend beleuchtet.

Pest, 11. April. Infolge Ablebens des unga­rischen Scharfrichters Kozarek hat sich die Regierung um einen Nachfolger umgesehen. Sie zahlt 600 fl. öst. Währung jährliches Salair, gewährt freie Woh­nung, Reisespesen und 50 fl. für jede Hinrichtung. Gemeldet haben sich u. A. 23 Metzger, 3 Advokaten,