in Gestalt der nun dem Betrieb übergebenen Eisen­bahn reichte, eine allseilige. Daß es wie bei allen neuen Einrichtungen, so auch in Betreff unserer Eisenbahn an allerlei Wünschen nicht fehlt, ist leicht begreiflich. Doch ist zu hoffen, daß die K. Eisen- bahnbauverwallung solche, soweit sie dieselben als berechtigt erkennt, wohl auch berücksichtigen wird. So ist ja Berneck bereits in Aussicht gestellt, daß es statt seines bescheidenenSchutzhäuschens" ein zweck­dienlicheres Bahngebäude erhalten wird. Und die Klage des alsGüterschuppen" in Ebhausen die­nenden, alten, cnträdertcn Eisenbahnwagens wird höheren Orts wohl auch ein geneigtes Ohr finden. Laut einer ihn zierenden Inschrift fleht selbiger fol­gendermaßen :

Ich bin ein Provisorium,

Schuldlos verachtet um und um;

Doch will ich nicht mehr klagen drum.

Nur wann der Winter ist herum,

Erbarm dich, Ministerium,

Und wandle mich zum Bahnhof um!"

Gestern abend, als bereits die hiesige Stadt im G»anz der Lichter strahlte, fuhr der letzte Postwagen thalabwarts. Wehmütig klagte das Posthorn des wackernSchwagers":Aus meiner Heimat muß ich scheiden!" Doch glaube ich, daß der biedere Mann sich den Abschied nicht allzuschwer machen wird, wenn er bedenkt, daß das neue Verkehrsmittel alle Be­wohner des oberen Nagoldthals und diejenigen auf den angrenzenden Bergen deshalb so herzlich freut, weil sic uun schneller, bequemer und billiger mit der Außenwelt in Verbindung treten können.

(Weitere Correspondenzen re. über die Eröfst der Älrensteiger Bahn müssen wir für das nächste Blatt zurücklegen.)

N Alteu steig, 29. Dez. Bei der heute hier stattgefundenen Gemcinderatsergänzungswahl haben von 272 Wahlberechtigten 213 abgestimmt. Es waren 4 Mitglieder des Gemeinderats neu zu wählen, da die Periode, auf welche die Herren Friedrich Luz, Rotgerber, Heinrich Bäßlcr, Badwirt, Gottlieb Dengler, Gerichtsuotar und Louis Maier, Schwanen- wirt in den Gemcinderat gewählt wurden, abgelaufcn war. Es wurden nun neu- beziehungsweise wiedcr- gewählt: 1. Latz, Fr., Rotgerbcr, mit 154 Stimmen. 2. Buhler, Fr., Schmied, mit 122 St., 3. Bäßler, Hr., Badwirt, mit 117 St., 4. Maier z. Schwane, mit 112 St. Weitere Stimmen erhielten: Gerichts­notar Dengler 88 Stimmen, Stadtpfleger Henß- ler 64 Stimmen.

Calw, 28. Dez. Die Wolldeckenfabrik der Herren Schill u. Wagner hier erfreute ihre Arbeiter letzten Mittwoch mit einem schönen Weihnachtsge­schenk, indem dieselbe jedem Arbeiter, welcher min­destens ein halbes Jahr bei ihnen in Arbeit war, eine Prämie in der Höhe des von dem betr. Arbei­ter eingezahlten Jahresbeitrages zur Alters- und Invaliditäts-Versicherung vergütete.

Stuttgart, 28. Dez. Mit dem heutigen Tage geht die aus Anlaß des Ablebens Seiner Majestät des verewigten Königs Karl angeordnete Hoftrauer und am 25. Jan. k. I. die aus diesem Anlaß befohlene Landestrauer zu Ende. Von Seiner Majestät dem Könige aber und den sämtlichen Mit­gliedern der Königlichen Familie wird noch weitere 12 Wochen vom Ablauf der Hoftrauer an Familien­trauer getragen werden. Diese Zeit über ist auch von den im persönlichen Dienst Ihrer Majestäten stehenden Personen Trauer zu tragen, während solche von allen anderen Personen vom Ablauf der Hof- bezw. Landestrauer an abgelegt wird.

Der preußische Generalmajor v. Mi kusch-Buch­berg ist von S. M. dem König zum Komman­deur der 54. Jnfanteriebrigade (4. K. württ.) er­nannt worden.

Brand fälle: Die Eßlinger Aktienbrauerei mit Remise und die darin aufbewahrten leeren Fäs. ser, sowie Heu- und Strohvorräte wurden ein Raub der Flammen. In Hanweiler (Winnenden) die Scheuer des Schultheißen Widmann.

Vor der Strafkammer in Karlsruhe wurde dieser Tage ein vierzehnjähriges Mädchen, Frida Ros von Johenheim, wegen Mordversuchs zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Angeklagte gestand, daß sie mit Vorsatz ihr nur wenige Wochen altes Schwesterchen durch Eingaben von Katnpherspiritus aus dem Wege räumen wollte, um sich der Beauf­sichtigung des ihr durch sein Schreien lästigen Kindes

zu entledigen. Die vollständige Ausführung des Vorhabens scheiterte.

Der Statthalter von Elsaß-Lothringen, Fürst Hohenlohe, ist auf der Rückreise von Berlin nach Straßburg von der Influenza ergriffen worden.

Berlin, 28. Dezbr. Eine Feuersbrunst, die wahrscheinlich durch ein weggeworsenes Streichholz entstanden war, vernichtete gestern Mittag im Pas­sage-Panoptikum das Salzmannsche Panorama von Petersburg, sowie das Bild:Moltkes Aufbewahrung im Werte von 30 000 Die Feuerwehr löschte den Brand mit großer Vorsicht, ohne weitere Werte zu vernichten.

Ueber die Kriegsfrage äußert sich der vor einigen Monaten aus dem aktiven Dienst geschiedene kommandierende General v. Leschinski, bekanntlich einer der ausgezeichnetsten deutschen Offiziere, in einem offenen Briefe:Wir werden weder Rußland noch Frankreich angreifen, d'cs glaubt wohl jeder verständige Mensch, wir wünschen nur eins, daß man uns in Ruhe läßt. Kriegsgeschrei hören wir in Frankreich seit 50 Jahren; es gehört dort zur Beschäftigung der Massen, zum Thema aller Revo­lutionäre, wie Boulanger und Konsorten; vom Re­den zum Degenziehen ist aber noch ein großer Schritt. Und diesen Schritt werden die Männer der Ordnung nicht thun, die Revolution wird ihn aber ohne Wei­teres thun müssen, und deshalb müssen wir auf un­serer; Hut sein. Ich betone ausdrücklich also: wir muffen trotz der jetzigen günstigen Lage wachsam sein und keinen Tag, ja keine Stunde verlieren, um den Anprall der Nachbarnabweisen zu können. Da­zu gehört aber, daß die stehende Armee befähigt ist. ,di^ gesummte waffenfähige Nation in der Stunde der Gefahr mit Sicherheit aufnehmen zu können. Es handelt sich heute um Fortentwicklung, gleichviel ob dieselbe die zwei- oder dreijährige Dienstzeit be­dingt. Diese unglückliche Streitfrage der Dienstzeit verdunkelt vielen militärischen Männern die ganze militärische Lage, und doch ist sie höchst nebensäch­lich. Es handelt sich um die Beantwortung der Frage: Was brauchen wir beim Beginn eines Krie­ges in erster Linie? Diese Antwort kann aber nicht auf den Markt getragen werden, hier kann nur der oberste Kriegsherr mit seinen Organen entscheiden und fordern. Eine Forderung aber, die den genann­ten Gesichtspunkt hat, sollte jeder Patriot bewilligen."

Die europäischen Regenten. Nächst dem Papst ist der älteste regierende Fürst in Europa der Großherzog Adolf von Luxemburg, welcher 74 Jahre alt ist; ebenfalls 74 Jahre zählt der Fürst von Schauenburg-Lippe. 73 Jahre sind der König Chri­stian von Dänemark, der Herzog Ernst von Sach- sen-Koburg, und der Großherzog-Alexander von Weimar. 71 Jahre sind die Königin von England und der Großherzog von Strelitz. Die jüngsten re­gierenden Fürsten sind: König Karl von Portugal mit 28 Jahren, König Alex inder von Serbien mit 15 Jahren, Königin Wilhelmine von Holland mit 1l Jahren und König Alfonso von Spanien mit 5 Jahren.

Wieder einer. Die Strafkammer des Land­gerichts in Braunschweig verurteilte den seit 10 Monaten in Untersuchungshaft befindlichen Bankier Schönfeldt wegen Bankerott, Depotnnterschlagungen und Betrug zu sechs Jahren Gefängnis.

Der Mangel an ländlichen Arbeitern in den östlichen Provinzen Preußens hat, wie bekannt, die preußische Regierung veranlaßt, ihre Zustimmung zu dem zeitweiligen Aufenthalt russisch-polnischer Arbeiter in jenen Provinzen zu geben. Man hatte sich nicht leicht seitens der Regierung dazu entschlossen; es wurde im Schoße derselben vielfach Bedenken dagegen erhoben, man bezweifelte, ob sich die Maßregel würde durchführen lassen. Diese Bedenken haben sich in­dessen als irrtümlich erwiesen. Die dabei ins Auge gefaßten Zwecke sind, so heißt es jetzt, vollständig erreicht worden und die Leute haben sich so gut geführt, daß kürzlich von landwirtschaftlichen Organen der östlichen Provinzen die Regierung ersucht worden ist, den russisch-polnischen Arbeitern dauernde Erlaubnis zum Aufenthalt in der Provinz zu geben. Die be­züglichen Bittgesuche bilden z. Z. den Gegenstand der Erörterung.

Amerikanische Weihnachtsfahrt. Alljährlich reisen viele in Nordamerika wohnende Europäer in die alte Heimat, um dort das Weihnachtsfest zu be­gehen. Diesmal hat für Hamburg der Doppelschrauben-

SchnelldampferFürst Bismarck" die weihnachtliche Ueberfahrt nach Europa gemacht. Er hatte 760 Passagiere an Bord.

Schwei).

Der Handelsvertrag mit der Schweiz. Der zwi­schen dem schweizer Bundcsrat und der deutschen Reichsregierung vereinbarte Handelsvertrag, der erst nach Neujahr im Reichstag zur Beratung kommen soll, ist nach allgemeiner Ansicht für uns der unvor­teilhafteste von allen jetzt vorliegenden Handelsver­trägen. Er schließt, wie inan bei genauer Durchsicht ersieht, statt Zollermäßigungeu auf den wichtigsten Industriegebieten bedeutende Zollerhöhungen in sich und die angeblichen Zollermäßigungeu treten nicht gegenüber dem bestehenden schweizer Tarif, sondern gegenüber einem für die Zukunft in Aussicht genom­menen Tarif ein, der mit seinen unmäßg hohen Sätzen nur als Kompensationsobjekt gemeint gewesen ist. Die teilweise Abwehr dieser Zollerhöhungen ist in der That ein recht zweifelhafter Erfolg. Trotz alle­dem wird auch dieser Vertrag hingenommen werden müssen, denn die Verträge sind so eng miteinander verkoppelt, daß der Reichstag nun, nachdem er A gesagt hat, auch B wird sagen müssen. Vor allem klagt die Konfektionsindustrie, daß ihr der bisher blühende Export nach der Schweiz in Zukunft völlig abgcschnitten sein wird. Aber auch die Wollenindu­strie wird schlecht bei dem neuen Tarif fahren. Aus Pößnek wird uns von Seite eines Interessenten ge­schrieben, was folgt: Hier mögen die bisherigen und die vom 1. Februar ab geltenden Zollsätze aufgeführt werden. Wollener Flanell zahlte bis jetzt nach der Schweiz refp. in derselben für 100 Kilo 25 Frcs., vom 1. Februar 1892 ab: 100 Frcs., also das Vierfache. Wollene Schlafdecken bis jetzt 16 Frcs. für 100 Kilo, vom 1. Februar 1892 ab 40 Frcs., also das Zwei und einhaibfache. Wir Flanellmacher sind in Folge dieses Vertrages und in Folge des Vertrages mit Oesterreich sehr enttäuscht. Die Schweiz werden wir in wenig Jahren durch den hohen Zoll als Absatzgebiet verlieren und nach Oesterreich ist nach wie vor von uns ans nichts zu verkaufen, denn der kolossale bisherige Zoll nach Oesterreich für unser Fabrikat bleibt in seinem vollen Umfang bestehen. Wir sind gewiß, daß wir sehr ernsten Zeiten entgegen gehen.

Besterrrich-Ungarn.

Wien, 25. Dez. DieWiener Zeitung" ver­öffentlichte gestern die Ernennung des Grafen Küen- burg zum Minister. Alle Blätter, auch die klerikalen, begrüßen diese Ernennung in wohlwollendem Sinne und erwarten, daß sich eine Festigung der innerpo­litischen Verhältnisse Oesterreichs daraus entwickeln werde. Die altezechischen Organe aber nehmen Ver­anlassung, sich wieder mehr der Regierung zu nähern, da ein weiteres Nachgeben gegen den Ansturm der Jnngezechen zu einem vollen Siege der Deutschen, besonders in Böhmen, führen müsse. Charakteristisch für die zu erwartende Amtsthätigkeit Küenburgs ist, was er zu einer vom Linzer Bürgermeister geführten Glückwunsch-Deputation sagte, er werde immer streng zur deutschlibcralen Partei halten und die bisher hochgehaltenen Prinzipien auch als Minister mann­haft vertreten.

Wie verlautet, ist Oesterreich-Ungarn bereit, etwa für ein Dritteil der Vereinsthaler der Wertdifferenz an Deutschland zu zahlen. Die Deutsche Reichsbank würde dagegen den in Deutschland verbleibenden Teil der Vereinsthaler in Silberbarren einschmelzen. Infolge der Erkrankung Wekerle's verzögern sich die diesbezüglichen Verhandlungen.

Bklgie n-H o 1 l s n d.

Die Beratung überden Handelsvertrag mit Deutschland ist in den Kammersektionen ungünstig ausgefallen. Drei stimmten für und drei gegen den­selben; somit ist der Vertrag verworfen worden. Obschon die Abstimmung in der Kammer erst ab­zuwarten ist, machte dieses Resultat doch großes Aufsehen, da sämtliche vlämische Deputaten gegen den Vertrag stimmten.

Amerika.

Newyork, 28. Dez. Eine Arbeiterversamm­lung beschloß Gelder für die streikenden deutschen Buchdrucker erst dann einzusammeln, wenn es feststehe, daß die Streikenden nicht nach Amerika auswändern.

Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. Druck und Verlag der G. W. Zaiser' fchen Buchdruckerei.