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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagoid.

M 136.

Erscheint wöchentlich Sinnl: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Tragerlohn) 80 in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 -X 20 «t. Monats-?Ibonnement nach Verhältnis.

Dienstag 17. Aovember.

Insertions-Gebühr für die Ispaltige ^elle ans

gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S 4, bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgcgeben sein,

1891.

Tages -We u i gke i Len.

Deutsches Weich.

- Jscls Hausen, 14. Nov. Heute Morgen früh I Uhr ereignete sich in der G. Büchsenstein'schen Mühle ein recht bedauerlicher Unfall. Der ledige Bauer Henne aus Unterjettingen hatte nach voll­brachter Arbeit in der Hanfreibc das Wasser zum Betrieb des Werkes abgestellt, aber nicht vollständig. Der dazukomniende Mahlknecht Weimer wollte das Wasserrad, das sich allmählich füllte, unterfangen. In diesem Augenblick lehnte Henne seine rechte Hand «n das Kammrad. Ein Ruck und die rechte Hand wurde von den Kämmen erfaßt und zerdrückt. Nach unsäglicher Mühe gelang es den Herbeieilen­den, den Verunglückten vor weiterem Schaden zu bewahren und aus der gefahrvollen Lage zu befreien. Eine erneute Mahnung für alle, welche, mit solchen Maschinen und Kräften umzugehen haben.

Alt enst eig, 14. Nov. (Corr.) Heute fand die Belastungsprobe der für die Kgl. Forstverwaltung ausgeführten Nagoldbrücke zwischen Ebhausen und Alrensteig statt. Die Brücke ist nach dem paten­tierten System Monier (Cementarbeiten mir Eisenge­rippen) ausgeführt, hat bei 20 Meter Spannweite in einem Bogen 2,5 Meter Pfeilhöhe und nur 20 CentimeterGewölbe-Scheitelstärke. Die Probcbelastung erfolgte in Anwesenheit der Herren Bauinspekror Raible und Regierungsbaumeister Städler aus Stutt^ gart, sowie des Herrn Oberförsters Stock von Al­tensteig seitens der Kgl. Forstverwaltung und des Herrn Architekten Schmid ans Stuttgart, Vertreter der Aktiengesellschaft für Monierbauten dadurch, daß die Brücke mit einem 160 Zentner schweren Pritschenwagen befahren wurde, wobei sich eine vorübergehende Einsenkung von nur 2 Millimeter in der Gewölbemitte ergab. Die Ausführung der Brücke geschah in den Monaten Juli und August d. I. und stellten sich die Kosten wesentlich billiger als diejenigen der anfänglich geplanten Brücke mit eisernem Oberbau. Die Brücke ist in unmittelbarer Nähe der demnächst zur Eröffnung gelangenden Sekundärbahn NagoldAltensteig gelegen und paßt in ihrer leichten Bauart sehr gut in das anmutige Landschaftsbild. Das große Netzgewölbe der Klosterkirche in Hirsau wurde dieses Frühjahr eben­falls in Monierkonstruktion ausgeführt.

Liebenzell, 12. Nov. Hier wurde dieser Tage durch Ausschellen auf Martini zur Bezahlung des Schulgeldes und des Güterpachtzinses aufgefordert, da die Stadtkasse aller Mittel entblöst sei.

Stuttgart, 12. Nov. Die Rechnungsergeb­nisse der Eisenbahnverwaltung pro 1891/92 ergaben definitiv: in Einnahmen 359i. Mill. (also 3 Mill. mehr gegenüber dem Etat) und die Ausgaben 22^4 Mill. (also 5 Mill. mehr gegenüber dem Voran­schlag). Der engere Landesausschuß der deutschen Partei hat auf 6. Dezember eine Vertrauensmänner­versammlung nach Stuttgart berufen. Tagesordnung: I) Bericht über die Parteipresse und die Organi­sation der Partei, 2) Stellung zum Trunksuchtsge­setz, 3) Besprechung der Aufgaben des Landtags, namentlich betr. der Verfassungsrevision.

Stuttgart, 12. Nov. Für die Infanterie, Ar­tillerie und Kavallerie soll vom 1. Januar 1892 ab rin neues Exerzier-Reglement eingeführt werden.

S. M. der König wird nächsten Mittwoch von Marienwahl aufbrechen und sich zur Abhaltung grö­ßerer Jagden im Schönbuch nach Schloß Beben­

hausen begeben. Nach mehrtägigem Aufenthalt da­selbst wird das kgl. Hoflager zum Winteraufenthalt nach Stuttgart verlegt werden. Das Königspaar behält nach wie vor im Wilhelmspalast Wohnung, wo die vorgenommenen baulichen Veränderungen nunmehr beendet sind.

Der Ausschuß des Handelsvereins Stuttgart sprach sich für Offenhaltung der Geschäfte an Sonn­tagen von 7 bis halb 10 Uhr vormittags ans, nach dieser Zeit sollen sie ganz geschlossen sein, außer an den beiden Sonntagen vor Weihnachten.

Die deutsche Reichspost schreibt in ihrer Wochen­schau: Das protzenhafte und üppige Wesen der Berliner Börsianer hat zur Vergiftung der so- zialen Verhältnisse in der Reichshauptstadt sehr viel beigetragen. Auf einem durch solches Treiben vor­bereiteten Boden findet die neue Weltanschauung der Sozialdemokratie alle Vorbedingungen zu üppig­stem Wachstum. Die Schilderungen über das Leben der Reichen, mit welchen die sozialdemokratischen Redner ihr Publikum in Unzufriedenheit, Haß und Aufregung hineinsteigern, sind diesen Kreisen ent­nommen. Der Herr Kommerzienrat Wolfs, welcher eine Schuldenmasse von 8 Millionen Mark aufhäufte, hinterläßt untec anderem eine Wirtshausrechnung von 240 000 ^ Er pflegte Abendessen zu 200 ^ per Person zu geben. Als ihm an einem Spielabend einiges Geld" unter den Tisch fiel, sagte ein Zu­schauer:Herr Kommerzienrat, da unten liegen zwei Tausendmarkscheine!"AchGott, lassenSie sie liegen!" lautete die Antwort. Die Gebrüder Sommerfeld, welche durch Selbstmord endeten und ebenfalls eine nach Millionen zählende Schuldenmasse hinterlassen, führten ein Leben in Herrlichkeit und Freuden und die 80 Paar Londoner Lackstiefel des Einen sind kennzeichnend für ihren Luxus. Der Börsengewinn ist ohne ehrliche Arbeit zusammengebracht, der Adel des wohlverdienten, vielleicht sauer erworbenen Geldes geht ihm ab und so heißt's: wie gewonnen so zerronnen! Zu bedauern sind lediglich die allzu ver­trauensvollen, sparsamen und ehrlichen Leute, die nunmehr ihr Vermögen verloren haben, ausgeplündert und bestohlen sind. Wie bei dem einzelnen Börsianer, so wird es auch bei dem ganzen Börsenschwindel heißen: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er zerbricht! Endlich wird unserem Volk die Geduld ausgehen und derGistbaum" wird mit scharfer Axt umgehauen werden. Thun's unsere Regierungen nicht, dann werden andere Werkzeuge an ihre Stelle treten.

Den Mitgliedern des Komites der A. H. Wer- ner'schen Kinderheilanstalt in Ludwigsburg ging von S. M. dem König eine Zuschrift zu, worin aus­gesprochen ist, daß die Regierung von der Absicht geleitet sei. eine dem ganzen Lande zu gut kommende wohlthätige Stiftung zu errichten. Seine Majestät der König will eine Anstalt zur Ausbildung armer krüppelhafter Knaben gründen, ähnlich dem Maria- Marthastift in Ludwigsburg. Die Werner'sche An­stalt soll dieses Knabenstift ausbauen, welches dann in den Rahmen der Kinderheilanstalt eingefügt würde.

Ulm, 11. Nov. Der Landarmenverband des Donaukreises steht im Begriff, der Stadt Ulm den oberen Riedhof zur Gründung einer Landarmenan­stalt um 60 000 ^ abzukaufen. Auf dem Hof soll Raum für etwa 150 Halbinvaliden geschaffen werden.

Eine sehr schöne und reichhaltige Altertums­sammlung hat die Stadt Gmünd in Württemberg durch Zuwendung des dortigen Herrn Kommerzien­

rates Julius Erhardt erhalten. Sie ist besonders reich an Gmünder Allertümern, ferner an Stickereien, Perlarbeiten, Zeichnungen, Bildern, Statuen. Er­zeugnissen der Feinmetallindustrie, an alten Uhren, wertvollen Kostümen, Zunstzeichen u. s. w. Das großartige Geschenk soll den NamenI. Erhardt'sche Altertumssammlung" erhalten.

Nürnberg, 13. Nov. Eine Versammlung streikender Setzer beschloß die Ermäßigung ihre r For- derungen um 5 Prozent. WWW

Wie derAllg. Zig." aus Wiesbaden geschrie­ben wird, hat Herr v. Giers den strikten Befehl erhalten, sich nach Paris zu begeben, wohin er am Dienstag abreist. Seine Bemühungen, diese ihm höchst unsympathische Reise zu vermeiden, seien ge­scheitert und damit ein neuer Sieg der panslawisti- schen Partei zu verzeichnen. Botschafter Graf Schu- walow ist aus Berlin in Wiesbaden eingctroffen. Vor der Abreise nach Paris wird Herr v. Giers sich wie bereits bekannt zu I. M. der Königin Olga nach Stuttgart begeben.

Berlin, 12. Nov. Das vielverbreitete Gerücht, wonach für den Fürsten Bismarck in Berlin durch dessen ältesten Sohn, den Grafen Herbert Bismarck, eine Wohnung gemietet worden wäre, erweist sich als völlig unbegründet. Aus dem Fürsten Bismarck nahestehenden Kreisen kommt die Versicherung, über Fernbleiben des Fürsten vom Reichstag oder seinen Eintritt in denselben sei jeder Streit müßig. Der Fürst hänge in letzter Instanz von der Zustimmung seiner Aerzte ab.

Berlin, 13.Nov. Der Charlottenburger Bankier Maas erklärte gestern Abend dem Polizeipräsidium, 400 000 Depots unterschlagen zu haben. Maas giebt an, 300 000 nicht ihm gehörige italienische Rente bei Mendelsohn verpfändet zu haben. Nach den Abendblättern sollen etwa 150 Kunden, darunter 100 kleine Leute, geschädigt, etwa 100 000 ^ Wai­sengelder, sowie 20 000 ^ Kirchengelder sollen un- terschlagen sein. Die Katastrophe wird dem verschwen­derischen Leben von Maas zugeschrieben. Die Börse hat nur geringen Anteil an der Insolvenz; die Pas- siva sollen gegen 600 000 -4L betragen.

Berlin. Die französischen Buchdrucker haben an die hiesigen Leiter des Buchdruckerausstandes eine Sympathiekundgebung geschickt und erklärt, zur Unterstützung der deutschen Berufsgenossen ihre Hilfe einsetzen zu wollen. Bei dieser Erklärung ist es aber bis jetzt geblieben, denn Geld ist nicht eingekommen.

Eine eigenartige Ueberraschung hat der Kaiser am Montag in der Kaserne des Leib-Garde-Husaren- Regiments in Potsdam dem wachthabenden Offizier bereitet. Der oberste Kriegsherr erschien des mor­gens gegen 69, Uhr zu Pferde vor der genannten Kaserne" mit der Absicht, das Regiment zu alarmie­ren. Nachdem er vor der Kaserne aus dem Sattel gestiegen war, ließ er im Stillen die Wachmannschaft aus der Wachstube Herausrufen und schickte dieselben nach dem nahegelegenen Offizierkasino. Nur den Trompeter hatte der Kaiser zurückbehalten, und dieser mußte nun Alarm blasen. Eiligst stürmte der wacht- haaende Lieutenant hinaus nnd wurde nicht wenig erschreckt, als der Monarch ihn fragte: Wo ist die Wache? und er nach derselben vergeblich Umschau hielt. Der Kaiser, der in hohem Grade belustigt war über diese Situation, nahm später auf dem Ka­sernenhofe eine Besichtigung des Regiments vor.

Des Kaisers Bart gibt denGrenzboten" Anlaß zu folgender zeitgemäßer Betrachtung: Als