Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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1891

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Amtliches.

" Auf die von den bürgerlichen und kirchlichen Kollegien an Ihre Majestät die Königin Olga unterm 6. d. Mts. abgegangene Beileidsadresse ging am 14. d.M. folgende Zuschrift ein, welche hiemit unter gleichzeitiger Bekanntgabe an die genannten Kollegien veröffentlicht wird.

Nagold, den 15. Okt. 1891.

Stadtschultheiß Brodbeck.

Stuttgart, 12. Okt. 1891.

Ihre Majestät die Königin Olga, aufs tiefste erschüttert durch den unersetzlichen Verlust, den Höchst- dieselben nach Gottes, Fügung durch den Hingang Höchstihres Gemahles des Königs erlitten haben, finden einen Trost in den vielfachen, aus allen Kreisen des württembergischen Volkes hervorgehenden Kundgebungen der allgemeinen Trauer und aufrich­tigen Teilnahme, von welcher auch die bürgerlichen und kirchlichen Kollegien der Stadt Nagold Höchst- derselben einen Beweis gegeben haben.

Auf Befehl Ihrer Majestät spreche ich hiemit Hvchstderen gnädigsten Dank aus und zeichne mit vollkommener Hochachtung der Sekretär der Königin Olga _ B. Wolf. _

Tclges-WenrgkeiLen.

Deutsches Weich.

Hochdorf, 15. Okt. (Korresp.) Gestern mit­tag um 2*/s Uhr wurde der 15jährige Steinhauer­lehrling Johannes Martini von Emmingen un­versehens unglücklich. Derselbe war im Steinbruche seines Meisters mit dem Versetzen des Krahnens beschäftigt, als sich Plötzlich an der Böschung durchs Streifen einer Diele eine größere Steinmasse los­löste, welche dem braven Jüngling den linken Arm abschlug und einen Schädelknochen eindrückte. Der Unglückliche wurde heute ins Spital nach Horb ver­bracht, woselbst er vielleicht Heilung seiner schwere» Wunden finden wird.

Stuttgart, 14. Okt. DerStaatsanz." ver­öffentlicht folgendes Handschreiben an den Minister­präsidenten v. Mittnacht:

Stuttgart, den 12. Okt.

Mein lieber Präsident des Staatsministeriums, Staatsminister Dr. Freiherr v. Mittnacht! Es sind mir aus Anlaß des Hinscheidens Seiner Majestät des in Gott ruhenden Königs Karl, meines vielge­liebten Herrn Oheims, aus allen Teilen des Landes, von Städten, Landgemeinden, Korporationen, Ver­einen und Privatpersonen Beileids- und Huldigungs­telegramme rc., sowie Zuschriften in außerordentlich großer Anzahl zugegangen. Ich bin von diesen Kundgebungen treuer Anhänglichkeit und Liebe in diesen für mich und mein Haus so schmerzlichen Ta­gen tief gerührt und beauftrage sie, da es unmög­lich ist, für jede Teilnahmebezeugung einzeln zu dan­ken, meinen innigsten und herzlichsten Dank zur öffent­lichen Kenntnis zu bringen. Mit der Versicherung meines Wohlwollens verbleibe ich, mein lieber Prä­sident des Staatsministeriums rc. Dr. Freiherr von Mittnacht, ihr gnädiger König. Wilhelm.

Stuttgart, 13. Okt. Dem Oberststallmeister und Oberhofratspräsidenten Grafen Wilhelm Tauben­heim wurde der nachgesuchte Abschied vom König huldvoll bewilligt.

Stuttgart. Wie wir vernehmen, hat Photo­graph Eberhardt in der Rothebühlstraße Moment­

bilder vom Tranerkondukte ausgenommen und in sei- ! nem Schaukasten ausgehängt.

Stuttgart. Wie wir hören, wird Herr Prof. G. Ja eg er heute abend im Jaeger-Verein einen Vortrag gegen Virchow halten.

Stuttgart, 14. Okt. Wegen versuchten Tod­schlags hatte sich heute der 20jährige Müllerbursche Joh. Georg Kimmerle von Nufringen zu verant­worten: Die Geschworenen verneinten die Frage auf schuldig des versuchten Totschlags, wie der Körper­verletzung, so daß der Angeklagte freigesprochen und sofort auf freien Fuß gesetzt wurde.

Die Uniformierung des württ. Armejekorps. DerNordd. Allg. Ztg." wird aus Stuttgart ge­schrieben:Die von der württembergischen Armee schon lange ersehnte Einführung der einreihigen Waffenröcke bei der Infanterie, Artillerie, den Pio­nieren rc., wie solche bei allen übrigen Bundestruppen schon längst im Gebrauch sind, steht jetzt mit Sicher­heit bevor, da Se. Majestät der jetzt regierende König wiederholt ausgesprochen hat, daß der zwei­reihige Waffenrock und Mantel, ganz abgesehen von den nicht unerheblichen Mehrkosten für das ganz nutzlos verwandte Material an Tuch und Knöpfen, besonders im Sommer sehr unbequem und ungesund ist und auch das Tragen des Gepäckes wesentlich erschwert."

Reutlingen, 13. Okt Die hier seit Oktbr. 1886 erschieneneSchwäbische Volkszeitung" , der demokratischen Richtung angehörend, hat vom 1. Okt. ab ihr Erscheinen eingestellt. Gegen 20 000 Mark sollen daran verloren worden sein.

Brandfall: Den 12. Okt. in Kuppingen das Haus Schuhmachers Winz.

Karlsruhe, 14. Oktbr. Staatsminister a. D. v. Jolly ist heute mittag an einem Schlagfluß ge­storben.

Berlin. 13. Okt. Die Feier zu Virchows 70. Geburtstag hat dem Jubilar Ehren und Aus­zeichnungen in reichster Fülle gebracht. Eine ganze Reihe von Deputationen sind zur Beglückwünschung erschienen, zahllose Gratulationsbriese und Telegramme liefen ein. Im Laufe des Tages empfing der Ge­lehrte im Kaiserhofe 180 Deputationen! Nachmittags brachten Gratulationen: von der Universität Wien Prof. Meinert, von Erlangen Prof. Zencker, für Breslau Prof. Ponfick, für Göttingen Prof. Orth, für Greifswald Prof. Grawitz, für Halle Prof. Acker- mann und Prof. Ebert. Ferner gratulierten ärztliche und wissenschaftliche Vereine und die Aerztekammern. Prof. Waldeyer überreichte Namens der Freunde und Schüler des Jubilars eine goldene Medaille. Prof. Liebreich gratulierte Namens der früheren Assistenten, Prof. v. Bergmann überreichte im Namen der Me­dizinischen Gesellschaft das von Lenbach gemalte Bild Virchows. Prof. Curschmann-Leipzig gratulierte Namens des Kongresses der inneren Medizin. Ferner gratulierten Heryng-Warschau, Langley-London und Wey-Stockholm im Aufträge ihrer Heimatstädte. Die Niederländischen Aerzte haben Rudolf Virchow ein vom Florentiner Bildhauer Frilli gefertigtes Marmor- Brustbild von Hollands bedeutendsten Heilkundigen, Petrus, Camper, überreichen lassen. Eine Adresse überreichte der Wahlverein der deutschen Fortschritts­partei im 2. Berliner Reichstagswahlkreis und der Verein des Museums für deutsche Volkstrachten. Die Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte hat den Gelehrten zu ihrem Ehren­präsidenten ernannt. Der von Prof. Doepler auf

Pergament gemalte Ehrenbürgerbrief der Stadt Berlin ist ein Kunstwerk an Ausführung. Der Text rühmt in schlichter Sprache die Verdienste Virchows um die Stadt Berlin, seine 32jährige Thätigkeit als Stadtverordneter, seine Verdienste um die Errichtung Berliner Krankenhäuser rc. Abends findet bei Kroll ein großer Festkommers zu Ehren des Gefeierten statt. Die PetersburgerGesellschaft zur Beschützung der Volksgesundheit" hat Virchow zu ihrem Ehren­mitglied ernannt. Die gestrige Deputation der freisinnigen Partei empfing Virchow im Familien­kreise. Eugen Richter sagte in seiner Rede u. a.: Die freisinnige Fraktion deren zuverlässiger Führer Virchow immer gewesen, habe den ersten Glückwunsch darbringen wollen. Sie wünsche das Gedächtnis von Virchows 70. Geburtstag durch ein Symbol festzuhalten und habe ihm daher eine Säule gewidmet, da er selbst einer Säule gleich fest und unbeugsam über die Fraktionsgenossen hervorrage. Die Blätter feiern die Verdienste Virchows in langen Artikeln voll wärmster Anerkennung; die Kreuzzeitung begnügt sich mit einem Hinweis von ungefähr zwanzig Zeilen.

Bei der Virchowfeier der Berliner Fortschritts­partei fehlte es nicht an Ausfällen gegen den Fürsten Bismarck. Dem Jubilar selbst wurde gehörig Weih­rauch gestreut. Er wurde von E. Richter und andern gefeiert als Fürst, ja König der Wissenschaft, in dessen Gefolgschaft die ganze freisinnige Bevölkerung der Erde und besonders die Deutschlands gehe. Auch Virchow sagte, es sei erfreulich, daß wir in eine Zeit gekommen, in der es keinen Bismarck mehr gebe, es werde sich nun darum handeln, die neuen Verhältnisse so günstig wie möglich für die Partei zu gestalten. Er schloß mit einem Hoch auf das künftige freie und einige Vaterland.

Der Virchow-Kommers des zweiten Berliner Reichstagswahlkreises im Kroll'schen Saale schloß die Geburtstagfeier glänzend, lieber 1000 Personen waren anwesend. Virchow mit seiner gesamten Familie weilte bis nach Mitternacht; eine Ansprache Eugen Richters und die Antwort des Jubilars bil­deten den Glanzpunkt des Abends.

Berlin, 15. Okt. Die Einnahmen der sozial­demokratischen Parteikasse im letzten Rechnungsjahre betrugen 231 050 darunter freiwillige Beiträge 168 845 Für Reichstagskosten wurden 16 000 Mark verwendet, für die Elsaß-Lothringische Volks« zeitung 16 600

Berlin, 13. Okt. DieAllgemeine Reichs­korrespondenz" berichtet aus Petersburg, es verlaute dort, der Zar trete die Rückreise von Kopenhagen Ende Oktober über Berlin an.

Zwischen dem deutschen Reich und den Ver­einigten Staaten haben Verhandlungen stattgefunden, die so gut wie abgeschlossen sein und sich auf Ge- treide beziehen sollen, für welches die Zölle auf Neujahr herabgesetzt werden, gegen das Versprechen von amerikanischer Seite, den deutschen Rübenzucker wie früher nach den Vereinigten Staaten hineinzu­lassen. Deutschland werde selbst seine Konzessionen genauer ankündigen. Aehnliche Unterhandlungen seien mit Frankreich und Belgien beinahe abgeschlossen.

Der Aufruf, der vor einem Jahre an die evan­gelische Bevölkerung Deutschlands erging, für den Bau einer deutschen evangelischen Kirche in Rom Geldmittel beizusteuern, hat die erfreuliche Wirkung gehabt, daß bereits 72000 ^ für den genannten Zweck verfügbar sind. Da diese Summe aber zum Bau eines würdigen Gotteshauses in der Sieben-