Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Dienstag 13. Dkl.
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1891 .
Amtliches.
Nagold.
Trauerfeier aus Anlaß des Hrnfcheidens Seiner Majestät des Königs Karl. Durch Höchste Entschließung Seiner Majestät des > Königs Wilhelm vom 8. d. Mts. ist angeordnet, daß am 18. d. Mts. in allen Kirchen des Landes ein Trauergottesdienst ans dem genannten Anlaß abge- j halten werde.
Dieser Gottesdienst wird am besagten Tage vormittags 9*/s Uhr in der Stadtpfarrkirche hier beginnen.
Kurze Zeit vor Beginn des Trauergottesdienstes Iwird sich ein Trauerzug vom Rathaus aus in die 1 Stadtpsarrkirche bewegen.
Zur zahlreichen Beteiligung an diesen Trauerakten I wird eingeladen.
Den l0. Okt. 1891. K. qem. Oberamt. _ Di. Gugel. Schott.
Nagold Bekanntmachung.
Die im Stall des Küfermeisters Koch hier aus- I gebrochene Maul- und Klauenseuche ist erloschen, »dagegen ist diese Seuche gestern unter dem Rindvieh »des Bauern Gottfried Schlee in Garrweiler fes^> »gestellt worden.
Den 10. Okt. 1891.
_ K. Oberamt. Or. Gugel.
Bekanntmachung.
Es wird hiemit zur öffentlichen Kenntnis gelbracht, daß von heute an auf der Staatsstraße Nr. 99 von Nagold nach Altensteig Materialieuzüge mit der Lokomotive zum Zwecke der Vollendung der Lokalbahn Nagold—Altensteig verkehren werden.
Nagold, ^ io. Okt. 1891.
Calw, IK. Oberamt. Dr. Gugel.
K. Straßenbau-Inspektion. Fleischhauer.
Tages-WeuigkeiLen.
Deutsches Weich.
Stuttgart, 7. Okt. Der verewigte König hat Vorschriften hinterlassen, wonach die Feier der Beisetzung seiner sterblichen Ueberreste möglichst ein- fach gehalten werden soll. Aus diesem Grunde wird »bei der Trauerfeier kein allzu großer Prunk entfaltet I werden, aus demselben Grunde werden nur wenige, »der Königsfamilie besonders nahestehende Fürstlich- I leiten an dem Beisetzungsakte teilnehmen. Die Gruft »in der Kapelle des alten Schlosses, welche den Leichnam I König Karls aufnehmen soll, enthält bis jetzt drei »Särge. Herzog Eugen, gestorben am 27. Januar 1877, sein Sohn, gestorben 9. November 1875 und »die Gräfin Marie v. Taubenheim, geb. Gräfin von I Württemberg, gestorben 31. Dez. 1866, ruhen darin. I Mit Genugthuung konstatieren die hiesigen Zeitungen I die warme Teilnahme, welche sich auch in der aus- Iwärtigen Presse kundgiebt, namentlich in den ange- I scheuen Münchener, Wiener und Berliner Blättern. Illeber das Manifest des neuen Königs liegen bis »jetzt nur wenige Preßäußerungen vor, diese betonen Iden guten Eindruck, welchen die männlichen kraftvollen »Worte Wilhelms II. machen; das „Neue Tagblatt" I bemerkt: „Dieselben sind durchaus geeignet, in diesen schweren Tagen das Vertrauen des Volkes zu heben und zu stärken. Aus diesen königlichen Worten er
kennen wir klar und unzweideutig, daß auch Wilhelm H. „furchtlos und treu" seines Amtes walten wird . . . Die unverbrüchliche Bundestreue, welche gleichfalls in der Ansprache Seiner Majestät zum schönen Ausdruck kommt, findet einen Hellen Widerhall in den Herzen des württembergischen Volkes." — „Ich komme, persönlich Meinen Anteil an der Trauer Württembergs zu bethätigen. . ." Diese Worte des Deutschen Kaisers, wie auch seine Versicherungen wärmster Freundschaft und innigster Zuneigung ge- genüber König Wilhelm haben hier und gewiß überall im Lande große Befriedigung hervorgerufen. Mit aufrichtiger Freude nimmt das Volk von dem Herz, lichen Einvernehmen der beiden Fürsten Kenntnis.
Stuttgart, 8. Okt. Heute nachmittag 4 Uhr traf, von Darmstadt kommend, Prinz Heinrich von Preußen zu den Beisetzungsfeierlichkeiten ein und wurde vom König Wilhelm in der roten Uniform der Gardehusaren und den württembergischen Prinzen empfangen. Prinz Heinrich trug Marine-Uniform. Die Begrüßung zwischen König Wilhelm II. und dem Prinzen war eine sehr herzliche. Nachdem einige Worte gewechselt und die übrigen Fürstlichkeiten begrüßt waren, schritten König Wilhelm und Prinz Heinrich die Front der Ehrenkompagnie ab, worauf sich die Fürstlichkeiten ohne Aufenthalt ins Schloß begaben. Seit 2 Uhr heute Mittag war Gelegenheit geboten, im Marmorsaal des kömgl. Schlosses den Katafalk mit dem Sarge des Königs Karl zu sehen. In dem Raume vor der Kette, die den inneren Schloßhof vom Schloßplatz abschließt, harrte die Menge. Zehntausende standen Kopf an Kopf ge- drängt und warteten geduldig, bis an sie die Reihe zum Eintritt kam. Lautlos zog das Publikum am Sarge vorüber. Von den Damen, die in großer Anzahl sich eingefunden hatten, sah man viel in Thränen. Abends traf dann auch der Kaiser in Stuttgart ein. Auch Prinz Heinrich von Preußen war anwesend; ferner die Generalität, die Minister und andere hohe Würdenträger. Der kommandierende General von Wölckern mit den andern beiden zum Ehrendienst beim Kaiser befohlenen Offizieren waren dem kaiserlichen Sonderzuge bis zur Landesgrenze entgegengefahren. Punkt 9 Uhr fuhr der aus 6 Salonwagen bestehende Zug in die Bahnhofhalle ein. Kaiser und König begrüßten sich heimlich, sie umarmten und küßten sich. Der Kaiser, welcher die Uniform seines württembergischen Regiments trug, begrüßte auch die übrigen Fürstlichkeiten und einzelne hervorragende Persönlichkeiten auf das Herzlichste. Beide Monarchen, bei ihrem Austritt aus dem Bahnhof mit einem Hoch begrüßt, fuhren, geleitet von einer Abteilung Ulanen, in geschlossenem Wagen ins Schloß. Hier begrüßte der Kaiser die beiden Königinnen und begab sich dann an den Sarg des verstorbenen Königs, um einen mit einer weißen Schleife geschmückten Lorbeerkranz niederzulegen. Später war noch Familientafel.
Stuttgart, 9. Okt. Schon seit 6 Uhr früh hatte heute eine riesige Menschenmenge den ganzen Schloßplatz besetzt. Es mögen hier über 100 000 Menschen zusammengedrängt gestanden haben. Bei der Trauerfeier im Marmorsaal standen der Kaiser, die Königin, der König und Prinzeß Friedrich und einige andere Prinzessinnen in erster Reihe, dann der Großherzog von Baden» Erzherzog Friedrich, Prinz Ludwig von Bayern, Prinz Heinrich, Großfürst Michael, Herzog Philipp mit Familie und die
württembergischen Prinzen. Die Damen waren in schwarzen Crepeschleiern erschienen. Prälat Schmid betonte, daß die treue Liebe, die König Karl uns erwiesen, ihm Nachfolgen werde. Als der Sarg auf den Leichenwagen gehoben ward, intonierte die Kapelle der im Schloßhof aufgestellten Kompagnie des Leibregiments einen Choral. Die Stuttgarter Stadtgarde ritt dem Zuge vorauf, vor dem Leichenwagen schritten Offiziere mit Krone, Szepter und Orden auf Kissen. Direkt hinter dem Sarg schritten der Kaiser und König Wilhelm, dann Großfürst Michael, Herzog von Leuchtenberg, Erzherzog Friedrich, Prinz Heinrich von Preußen, Großherzog und Erbgroß- heHog von Baden, Prinz Ludwig von Bayern, die Herzöge Philipp und Nikolaus von Württemberg, der Fürst von Teck, die Prinzen von Waldeck und Lippe und die weiteren württembergischen Prinzen, dann die Generalität, die Minister, der Ständische Ausschuß, die Kammerherren, Offiziere, Deputationen aller Art und die Geistlichkeit. Die Zipfel des Leichentuchs hielten 4 Generale. Die Menge ließ entblößten ! Hauptes den imposanten Zug an sich vorüberziehen. Alle Glocken läuteten. Militär bildete Spalier. Während der Sarg in die Schloßkapelle getragen wurde, ertönte Orgelspiel und als nach der Rede des Hofpredigers Schmidt der Sarg in die Gruft gesenkt war und sich alle Höchsten Herrschaften hinunterbegaben, um der Einsegnung beizuwohnen, donnerten die Kanonen und der Singchor sang einen Choral.
Stuttgart, 8. Okt. Bei der Ausstellung des Sarkophags herrschte ein ungeheurer Zudrang. Auf dem Schloßplatz wurden wegen des großen Gedränges mehrere Personen ohnmächtig, viele Damen weinten. Im Laufe des nachmittags sind die meisten Fürstlichkeiten angekommen.
Stuttgart, 8. Okt. Die Ankunft des Kaisers erfolgte um 9 Uhr abends. Zu seinem Empfang waren König Wilhelm, in der Uniform der Gardehusaren, Prinz Heinrich und verschiedene Fürstlich, ketten am Bahnhof anwesend. Die Begrüßung der Monarchen war sehr herzlich, sie küßten und umarmten sich. Der Kaiser trug württembergische Uniform. Beim Austritt ans dem Bahnhof brach das versammelte Publikum in Hochrufe aus. Der Kaiser fuhr mit dem König dirett ins Schloß zur Begrüßung beider Königinnen und legte am Sarge des hochseligen Königs einen Kranz nieder.
Nach der Beisetzung. Kurz darnach traf I. M. die Königin-Witwe Olga im alten Schlosse ein und stieg mit Großfürst Michael in die Gruft, um hier ein Gebet zu verrichten. — S. M. der deutsche Kaiser nahm um 12*/» Uhr an der Frühstückstafel beim Königspaar im Wilhelmspalast teil und stattete von 3 Uhr ab den Mitgliedern der König!. Familie und dem preußischen Gesandten Besuche ab. Um 6 Uhr fand im weißen Saale des K. Residenzschlosses große Hoftafel von 200 Gedecken statt. Tischreden wurden nicht gehalten. — Die Abfahrt des Kaisers wurde auf 10 Uhr verschoben. Nach herzlichem Abschied von den beiden Königinnen fuhr der Kaiser mit dem König gemeinsam zum Bahnhof, wohin ihm auch die verschiedenen Fürstlichkeiten, welche sich noch hier befinden, das Geleite gaben. Auf dem Wege vom Schloß bis zum Bahnhof hatte sich wieder eine große Menschenmenge eingefunden, wie überhaupt der Kaiser der Gegenstand des allgemeinen Interesses war. Das Ceremoniell bei der Abfahrt war dasselbe wie beim gestrigen Empfang. Der