Rabatt an, der sich als Abonnent der sozialistischen Schwäbischen Tagwacht" ausweisen kann.

Konstanz, 11. Sept. Beim Gratulationsem­pfang auf Schloß Mainau am 9. ds. fiel allgemein die ernste Stimmung des Großherzogs auf. Seine Antwort auf die Gratulationsansprache des Landes­kommissärs schloß der Fürst mit dem Hinweis auf dieernsten Zeiten" und dem Ausdruck der Hoff­nung,daß wir, wenn wir fest und einig zusammen­stehen, die drohenden Gefahren überwinden werden." Die Worte finden verschiedene Auslegung und wer­den teils auf die innere Politik (Wahlen zum Land­tag), teils auf die äußere Politik (Kriegsgefahr) ge­deutet.

Ein flotter Konkurs. Bei der Schlußver­teilung im Konkurs des Sonnenwirts K. Betsch in Sinsheim erhielten die 98 Gläubiger für ihre For­derungen von etwa 30 000 auf jede Mark einen Pfennig ausbezahlt. Ursprünglich war l*/^» vor­geschlagen, allein zum Schluß wurde noch eine For­derung als bevorrechtigt anerkannt. Die dortigen Handwerks- und Geschäftsleute sind in sehr erregter Stimmung über die vielen und empfindlichen Ver­luste.

Die Einnahmen des Wagner-Theaters in Bay­reuth betrugen in diesem Jahre 800 000 also 40 000 ^ per Vorstellung.

Beim schönstem Wetter und unter ungeheuerem Menschenzudrang hat am Mittwoch bei München die Parade der beiden bayerischen Armeekorps auf der Frötmaninger Haide stattgefunden. Von den Truppen mit lebhaften Hurrahrufen begrüßt, ritten der Kaiser und der Prinzregent mit großem Gefolge in drei Treffen in nicht ganz einer Stunde ab. Der Vorbeimarsch dauerte einunddreiviertel Stunden; Infanterie in Regiments-Kolonne, Kavallerie und Artillerie im Trab, sodann die Kavallerie im Galopp. Der Prinzregent führte die Armee vor, der Kaiser beide Male sein Ulanenregiment. Die Prinzessinnen folgten dem Abreiten zu Wagen; den Vorbeimarsch sahen sie von der Tribüne. Nach kurzer Kritik ver­ließen der Kaiser und der Prinzregent das Parade­feld. Die Truppen waren direkt aus dem Vorbei­marsch abgerückt. Der Kaiser hat sich über die bayerische Armee sehr lobend ausgesprochen und den Priuzregenten zu der Haltung der Truppen lebhaft beglückwünscht. Im Lauf des Dienstag hat sich der Kaiser in seiner bayerischen Ulanenuniform bei Hanfstängl photographieren lassen und dann auch das Lenbach'sche Atelier besucht; am Nachmittag ist er nach Nymphenburg gefahren. Am Abend ist ihm eine Serenade seitens der Spielleute des ersten bayerischen Armeekorps vor der Residenz dargebracht worden; die Musik erschien unter Begleitung von 500 Magnesiumfackelträgern. Drei Stunden vorher hatte ein sich durchaus ordnungsmäßig verhaltendes Publikum alle verfügbaren Plätze und Straßenein­gänge aufs dichteste besetzt. Gegen 7^ Uhr hatten sich iamtliche Mitglieder des bayerischen Königshau­ses in den Appartements neben den Gemächern des Kaisers eingefunden, später kamen der Kaiser mit dem Prinzregenten hinzu. Um 8 Uhr marschierten sämtliche Musikkorps unter den Klängen des Pariser Einzugsmarsches auf dem abgegrenzten, elektrisch be­leuchteten Max-Josef-Platz auf. Der Kaiser und der Prinzregent erschienen am Mittelfenster, vom Publikum lebhaft begrüßt. Der Zapfenstreich endete um 9 Uhr.

Der Kaiser und die Veteranen. Bei der Parade am vergangenen Mittwoch hat der Kaiser bekanntlich verschiedene der ausgerückten und deko­rierten Veteranen angesprochen. Wie uns mitgeteilt wird, frug der Kaiser, der sehr aufgeräumt war, einen Veteranen u. A. nach dessen Familienstand und insbesondere, wie viel er Kinder habe. Auf die Antwort:Fünf Eure Majestät" erwiderte der Kaiser: Sehen Sie zu, daß der Storch das halbe Dutzend bald voll macht", worauf ein militärischesZu Befehl Majestät" folgte, worüber der Kaiser herzlich lachen mußten...

Die warme Aufnahme, welche der Kaiser bei seiner 'Inspektionsreise m Bayern, namentlich in der Hauptstadt des Landes gefunden hat, wird allenthalt den in Deutschland höchste Genugthuung Hervorru­fen. Sie beweist, daß das bayerische Volk, unbe­schadet seiner staatlichen Selbstständigkeit, die Nie­mand antastet, seine angesehene Stellung im Rah­men, des deutschen Reiches wertschätzt und dem ober­

sten Vertreter dieses Reiches mit Verehrung und Vertrauen entgegenkommt. Die hochernsten Zeiten, in denen wir leben, die schweren Gefahren, die jeden Tag über uns Hereinbrechen können, müssen vor al­lem in unfern eigenen Reihen den Entschluß zu einem unbezweifelbaren machen, jedem Feinde des Vaterlandes mit geschlossener Kraft entgegenzutreten. Dies Gefühl wird gleichmäßig im Norden und Sü­den unter allen patriotischen Männern herrschen. Hat es doch soeben auch in dem benachbarten und verbündeten Oesterreich einen bedeutungsvollen Aus­druck gefunden. Um wie viel mehr müssen wir Deutsche es uns angelegen sein lassen, keinen Zweifel an der Festigkeit des Reichs und dem enggeschlossenen Zu­sammenstehen aller seiner Glieder aufkommen zu las­sen. In dieser Hinsicht wird allem Anscheine nach die Reise unseres Kaisers von erfreulicher Wir­kung sein.

Köln, 11. Sept. Die dritte Abteilung des Juristentages sprach sich mit 97 gegen 86 Stimmen gegen ein Trunksuchtsgesetz aus. Morgen findet die Beratung im Plenum über das Gesetz statt.

Kassel, 11. Septbr. Der Kaiser ist abends 8 Uhr, von der Kaiserin und den Fürstlichkeiten am Bahnhofe empfangen, eingetroffen. Hierauf fuhren die Majestäten in offenem vierspännigen Wagen in die Stadt. An der Ehrenpforte wurden die Maje­stäten von Oberbürgermeister Weise an der Spitze der städtischen Behörden empfangen und mit einer Ansprache begrüßt. Die Tochter des Oberbürger­meisters überreichte der Kaiserin einen Blumenstrauß. Der Kaiser sprach seine Freude über den Empfang aus. Sodann erfolgte unter jubelnden Zurufen der zahllosen Menge die Weiterfahrt durch die großartig illuminierten und beflaggten Straßen der Stadt.

Hamburg, 10. Sept. Prinz Heinrich von Preußen reist heute nach Frankfurt a. M. ab, um mit Familie die elektrische Ausstellung zu besuchen.

Berlin, 10. Sept. Die offiziöseNordd. Allgemeine Zeitung" bringt aus München eine Mit­teilung über die gestrige Parade der beiden bayeri­schen Armeekorps vor dem Kaiser, die diejenigen Eigenschaften besäßen, die allein kriegerische Erfolge dauernd gewährleisteten. Nur der feste Wille, einig für das gemeinsame Vaterland einzutreten, vermöge ein Band zu knüpfen, wie es zwischen dem Kaiser und dem Prinzregenten in die Erscheinung getreten i und einen neuen vollwichtigen Beweis dafür lie- re, daß Deutschland im Bewußtsein der eigenen Kraft ruhig und zuversichtlich der Zukunft entgegen '" u könne.

Berlin, 12. Sept. DieVoss. Ztg." meldet aus London: Nach einer Meldung derTimes" aus Petersburg wäre für Mitte April 1892 eine allge­meine Mobilisierung des russischen Heeres angeordnet, um die Organisation des Heeres praktisch zu erproben. Alle Verträge für die strategischen Eisenbahnen und Kriegsmaterial seien bereits abgeschlossen.

Bezüglich des Entwurfs zu dem Trunksucht s- gesetz werden zunächst noch die Aeußerungen der einzelnen Bundesregierungen in Berlin erwartet. Es ist bereits bekannt, daß einzelne Regierungen über den Entwurf in Beratung getreten sind und hier und da sogar ein Enquete-Verfahren angeordnet ha­ben. Es verlautet, daß in verschiedenen Einzelstaa­ten bereits sich Widerspruch gegen grundsätzliche Be­stimmungen des Entwurfs geltend gemacht habe.

DerReichs-Anzeiger" meldet: Das Komite für Niederlegung der Schloßfreiheit hat der Kaiserin die Summe von 210,000 ^ für wohlthätige Zwecke dargebracht. Die Kaiserin bestimmte von dieser Summe 100,000 zum Bau einer Heimstätte für arme verheiratete Wöchnerinnen, 100,000 zum Bau einer evangelischen Kirche im Osten Ber­lins, 10,000 ^ für die Orgel der katholischen Se­bastians-Kirche in Berlin.

lim der bedrängten Menschheit das Dasein zu versüßen, sind im Deutschen Reich in dem Kam­pagnejahr vom 1. August 1889 bis 31. Juli 1890 von 401 Zuckerfabriken 98 226 352 Doppelzentner Zuckerrüben verarbeitet und hiervon 2 407 966 Doppelzentner Melasse und 12136892 Doppelzentner Rohzucker gewonnen worden. An Rückständen und Rübenabschnitten verblieben 50 772 783 Meterzentner. Zur Darstellung von je 100 KZ Rübenzucker wurden durchschnittlich 823 IrZ Rüben erfordert, von denen im Durchschnitt pro Hektar 329 Doppelzentner gebaut worden sind. Im Kampagnejähr 1888/89 waren

nur 396 Zuckerfabriken thätig und lieferten 2 011 890 Doppelzentner Melasse und 9 445 046 Doppelzentner Rohzucker.

Einladungen zu einem internationalen Frie­denskongreß nach Rom sind an die deutschen Reichstagsabgeordneten ergangen. Aehnliche Ein­ladungen, vor zwei Jahren nach Paris, voriges Jahr nach London, haben seitens der deutschen Parlamen- tarier wenig Beachtung gefunden. Wir möchten meinen, daß sich ein Gleiches gegenüber der italie­nischen Veranstaltung nicht empfehlen würde. So­genannte internationale Friedenskongresse haben sich allerdings durch ihre phrasenhafte Beredsamkeit und ihre utopistischen Beschlüsse so oft lächerlich gemacht, daß man es begreiflich finden muß, wenn sich unter unfern Reichstagsabgeordncten zunächst wenig Neigung zu dieser Romfahrt regen mag. Aber die Bera­tungen einer aus den aktiven Volksvertretern der zivilisierten Länder zu bildenden Versammlung dürfen nicht auf einer Linie gestellt werden etwa mit den bombastischen Thorheiten derinternationalen Frie­dens- und Freiheits-Liga". Das Bestreben, nach Mitteln und Wegen zu suchen, durch welche inter­nationale Konflikte verhütet werden können, und ferner, wenn diese Verhütung nicht gelungen, für die Lösung des Konfliktes an die Stelle des Krieges ein inter­nationales Schiedsgericht treten zu lassen, beruht auf einem Gedanken, der die edelsten Geister schon seit langer Zeit beschäftigt hat und immer mehr be­schäftigen wird. Wer die Macht der nationalen Leidenschaften nüchtern erwägt, wird zwar wenig Hoffnung haben, daß das Zeitalter des ewigen Friedens jemals für die Menschheit einbrcchen werde; immerhin aber ist es ein hoher Gewinn, wenn krie­gerische Zusammenstöße nach Möglichkeit vermieden werden. Dazu beizutragen, ist der Zweck der in Rede stehenden interparlamentarischen Veranstaltung. Ob die Schöpfung eines ständigen Komites, die man im Auge hat, sich als ausführbar und lebensfähig erweisen wird, mag dahingestellt bleiben; aber schon die bloße Fühlungnahme der Volksvertreter kann der Verständigung unter den Völkern nur förderlich sein. Und deshalb sollten die Mitglieder des deutschen Reichstags in diesem Punkte nicht eine kühle Zurück­haltung beobachten, die anderwärts vielleicht als Mangel an wahrer Friedensliebe gedeutet würde. Aber noch ein anderes kommt in Betracht. Das einladende Komite besteht aus einer Reihe der ange­sehensten italienischen Parlamentarier, es ist kein Zweifel, daß Abgeordnete und Senatoren des uns so eng verbündeten Landes in großer Zahl an dem Kongresse teilnehmen werden. Sollte es da nicht doppelt zweckmäßig erscheinen, wenn auch eine an-, sehnliche Vertretung des deutschen Reichstags sich einfände? Für unsere Bündnispolitik würde es zweifel­los von nicht geringem Vorteil sein, wenn die Po­litiker Deutschlands und Italiens miteinander in Persönlicher Berührung träten. Bis jetzt fehlt ein derartiges Verhältnis ganz und gar, während die Franzosen ihre zahlreichen parlamentarischen Bekannt­machungen in Italien sorgfältig pflegen.

Der Eifer, mit welchem Russen und Franzo­sen bemüht sind, den Dreibund, insbesondere aber Deutschland, als im Niedergange begriffen, als ge­reizt und niedergeschlagen darzusteüen, fängt nachge­rade an, lächerlich zu werden. Die Russen scheinen gar nicht zu merken, daß man ihren Großsprechereien bei uns schon längst keine Bedeutung mehr beimißt. Es ist auch das Reste, wenn man das giftige Ge­zisch, wie es alltäglich von der Newa und der Moskwa zu vernehmen ist, vollständig unbeachtet läßt, zumal sich dabei so viel Unkenntnis der Verhältnisse be­merkbar macht, daß man nur annehmen darf, es handle sich lediglich um plumpe Hezereien. Deshalb wäre es dieser sauberen Gesellschaft auch sehr erwünscht, wenn Deutschland sich in die Vorgänge in Konstan­tinopel einmischen würde. Dann gäbe es neuen Stoff zu Verdächtigungen. Wir werden uns natürlich hüten.

Zunahme des Brauereibetriebes. Daß sich diealten Deutschen" bezüglich derTrunkhastigkeit" ihrer Epigonen'nicht zu schämen brauchen, wird durch die Statistik klar bewiesen; Aus nachstehenden Zahlen geht zur Genüge hervor, daß die jetztlebende Mensch­heit von Jahr zu Jahr im Biertrinken recht ansehn­liche Fortschritte macht. Es wurden nämlich an ober- und untergärigem Bier während der letzten sieben Jahre in ganz Deutschland gebraut und, ab­gesehen von den ausgeführten Bieren, wie anzunehmen