Heiterkeitsausbruch zu unterdrücken und blinzelten halb verstohlen auf die Minister, um ihre Haltung zu beobachten, lind siehe da, richtig hat sich die Generallachsalve auch schon auf die Ministerbank fortgepflanzt. Baross, Szilagyi und Wekerle lachten laut auf, Fejervary preßt die Arme in die Hüften und lacht und Ministerpräsident Szazary entledigt sich seines Zwickers, um seine durch das stille, auf­richtige Lachen erpreßten Thränen zu trocknen, der strenge Herr Präsident lehnt sich vergnügt in seinem Fauteuil zurück, ja sogar der junge Stephan Gisza beugt sich über die Bank und lacht, ob er will oder nicht.

Italien.

Aus Nizza kommt die Nachricht, daß die Spiel­bank in Monaco aufhören werde. Der Fürst soll sich geweigert haben, den Vertrag, der mit 16. April 1892 abläuft, zu erneuern. Damit verliert die Roulette den letzten Zufluchtsort, den sie noch in Europa hatte. Ein Anerbieten, das die Familie Blanc dem Fürsten von Lichtenstein gemacht hat, wenn er in Vaduz die Errichtung einer Spielban ! gestatte, wird wohl abgewiesen werden, wie dies bereits vor 15 Jahren geschah, als dem Fürsten ein ähn­liches Anerbieten gestellt wurde.

Frankreich.

Paris, 10. Aug. Mehrere Morgenblätter fordern die Bewohner von Paris auf, zu Ehren der Ankunft des Großfürsten Alexis die Häuser mit rus­sischen Fahnen zu schmücken. (Der Großfürst scheint inzwischen incognito über Paris nach Vichy gereist zu sein.)

Paris, 11. August. Dem Berichterstatter des Figaro" giebt die russische Botschaft deutlich genug die Richtung an, in welcher die Gründe für das Ausbleiben des Großfürsten Alexis zu suchen sind: In Paris sei die Bedeutung der Kronstadter Ereig­nisse entstellt und übertrieben worden. Zuviel Lärm und Demonstrationen seien friedensgefährlich und besonders der französischen Sache schädlich. Denn sobald Frankreich den Defensivbund in einen Offen­sivbund verwandeln wolle, sei es mit der Freund­schaft aus. Mehr können die Franzosen nicht verlangen. Ihre heutigen Morgenblätter geben denn auch kleinlaut zu, daß das Ausbleiben des Großfürsten eine schwere Enttäuschung ist. Es war aber auch die höchste Zeit, daß dem gesteigerten Selbstgefühl der Franzosen ein energischer Dämpfer aufgesetzt wurde. Selbst der französischen Regierung war, wie oben erwähnt, die Geschichte zu bunt geworden und sie hat sich vergeblich bemüht, die hochgehenden Wogen der Rnssenbegeisterung" in ein halbwegs vernünftiges Bett zurück zu leiten.

Die schaulustigen Pariser haben am Montag früh auf dem Nordbahnhof eine arge Enttäuschung erlebt. Sie hatten sich dort auf die Aufforderung der Revanche-Blätter hin zu Tausenden eingefunden, um den russischen Großfürsten Alexeienthusiastisch" zu begrüßen. Wer aber nicht gekommen ist, das war der russische Großfürst; brummend haben die Pa­riser den Bahnhof schließlich wieder verlassen und fraglich muß es erscheinen, ob sie in derselben Zahl und mit dem gleichenEnthusiasmus" am Montag Abend sich von neuem eingefunden haben, um welche Zeit dann der Großfürst in der That eingetroffen ist.

Paris, 11. Aug. Der Großfürst Alexis ist deshalb nicht eingetroffen, weil ihm bekannt gewor­den war, daß sich unter Führung Döroulsde's die Patrioten-Liga auf den Bahnhof zu begeben beschlos­sen hatte, um dem Großfürsten eine Manifestation zu bereiten. Diese Freude wollte ihnen der hohe Herr nicht machen.

Aus Paris wird gemeldet: Großfürst Alexis nahm die Empfangsfeierlichkeiten in Vichy an unter dem Vorbehalt, daß dieselben ohne Truppenaufgebot stattfinden und keinen offiziellen Charakter tragen.

In Paris wird nicht mehr daran gezweifelt, daß die Berichte aus Centralafrika, welche den Un­tergang der nach dem Hinterlande von Kamerun entsandten Expedition Cramzel melden, auf Wahrheit beruhen. Es soll aber doch noch eine neue Expe­dition aufbrechen, um nähere Details zu sammeln. Von der ganzen etwa 250 Mann starken Kolonne sollen kaum 50 Mann entkommen sein.

Wie es heute in Paris steht. Es läßt sich nicht leugnen, daß die Begeisterung der republikani­schen Franzosen für die Russen allmählich etwas stark und für die französische Regierung selbstbedenk­lich wird, die natürlich recht gut einsieht, daß es

mit dem Siegesmarsch der Zuaven und Kosacken nach Berlin denn doch nicht so schnell gehen wird, wie die Chauvinisten an der Seine es sich denken. Die Regierungwinkt deshalb ab", und das ist um so nötiger, als die Revancheblätter gar kein Hehl mehr daraus machen, daß nun bald wohl die Büchse schießen und der Säbel hauen wird. Und das sind beiläufig gesagt, dieselben Republikaner, für welche die deutschen Sozialisten sich so begeisterten. Das Pariser JournalNational" hat beispielsweise die­ser Tage geschrieben:Seit 1870 sei das euro­päische Gleichgewicht zu Gunsten Deutschlands ver­schoben gewesen, durch die Annäherung zwischen Frankreich und Rußland sei es aber wieder herge­stellt. Der jetzige Zustand Europas schließe ver­schiedene Ungerechtigkeiten ein. Im Westen und Osten Eurovas gebe es schmerzliche, noch ungelöste Probleme. In Deutschland fürchte man, das russisch­französische Bündnis werde die Lösung derselben, welche die Friedensliga für unbestimmte Zeit aufzu­schieben gedenke, beschleunigen. Es werde sicher ein Tag kommen, an welchem Beraubungen und Ge- waltthätigkeiten ein Ende nehmen würden, und es sei erklärlich, daß die germanischen Usurpatoren nicht gern an die künftige Notwendigkeit, ihre Rechnung zu begleichen, dächten. Man dürfe aber nicht denken, daß der Friede schon jetzt bedroht sei. Das geeinigte Frankreich und Rußland hätten die Aufgabe, das Zeitalter der Gerechtigkeit in Europa herbeizuführen; ihnen komme es zn, die endgiltige Wiedergutmachung festzusetzen. Unter welcher Form und zu welcher Zeit sei das Geheimnis der Zukunft!" So derNa­tional", welcher gewiß ein großes Zugeständnis zu machen und sehr friedlich zu sein glaubt, wenn er meint, man dürfe nicht denken, daß der Friedeschon jetzt" bedroht sei. Man begreift, daß diese und ähnliche Aeußerungen der französischen Regierung unbequem sind, und daß sie Stellung dagegen zu nehmen beginnt.

Im Schlosse der Mutter des französischen Prä­sidenten Carnot wurde ein Einbruch verübt. Das ganze Silberzeug ist gestohlen.

Zola über den Krieg. Emile Zola, der gegenwärtig mit seinem neuen Roman:Der Krieg" beschäftigt ist, läßt sich imMatin" folgendermaßen vernehmen:Ich betrachte den Krieg als eine fatale Notwendigkeit, der wir nicht entgehen können, weil sie gewissermaßen der menschlichen Natur, der Schö­pfung anhängt. Ich wünsche den Krieg nicht denn ihn wünschen, wäre in der That verbrecherisch im Gegenteil, ich möchte, daß er so lange als möglich hinausgeschoben werde; aber es wird eine Stunde kommen, wo wir gezwungen sein werden, ihn anzunehmen, ihn mitzumachen, selbst wenn wir ihn nicht herausfordern. Der Krieg bildet eines der hauptsächlichsten Momente des Fortschrittes und jeder Schritt, den die Menschheit nach vorwärts that, war durch Blutvergießen gekennzeichnet. Was uns Fran­zosen betrifft, so bin ich überzeugt, daß der Krieg von 1870 für uus trotz der schrecklichen Verluste, die wir erlitten haben, eine Wohlthat, ein heilsames Werk, eine wenn auch furchtbare so doch notwendige Lehre war. Ja, wir bedurften seiner, wir brauchten dieses Blutbad, um uns daraus wieder neu zu bilden. Vergleichen Sie das Frankreich von heute mit jenem, als das Kaiserreich Preußen den Krieg erklärte. Sind wir nicht stärker, ernster, mehr Herren unser elbst? Sicherlich und der Beweis hiefür ist, daß Deutschland, um uns Stand zu halten, das Bündnis aller europäischen Mächte sucht. Ja, der Zeitabschnitt, der dem Frankfurter Frieden folgte, war für uns eine Art Wiedererhebung, ein neuerlicher Beweis ür die unerschöpfbare Kraft des französischen Volkes. Man sprach und spricht noch von Abrüstung. Das ist.etwas Unmögliches, und wenn es auch möglich wäre, müßten wir eine solche zurückweisen. Ein Volk ist nur dann stark und groß, wenn es gerüstet ist, und ich bin überzeugt, daß die Abrüstung in der ganzen Welt eine Art moralischen Verfalles, einer allgemeinen Schwächung zur Folge hätte, welche das Vorwärtsschreiten der Menschheit verhindern würden. Eine kriegerische Nation war immer blühend und alle andern Künste haben sich aus der Kriegskunst entwickelt. Die Geschichte ist da, um es zu beweisen.

England.

London, 11. Aug. Der Prinz von Wales wird Ende September einen Gegenbesuch in Berlin ab statten.

Englische Regierungsorgane richten War­nungs-Artikel nach Konstantinopel, sich nicht von Rußland und Frankreich gegen England ausspielen zu lassen, da England der Türkei bester Freund sei. Na, Rußland, England und Frankreich, jeder nimmt dem Sultan ab, was er gebrauchen kann. Darin sind alle gleich!

Rußland.

Petersburg, 11. Aug. Der Besuch des Zaren in Berlin gilt jetzt als sicher.

Kaiser Alexander hat dem Großfürstentum Finnland schon wieder den Rücken gekehrt und ist in Peterhof eingetroffen. Der Empfang durch die über die Russifizierungsmaßregeln erbitterte Bevöl­kerung war überall derartig, daß der Zar es vorzog, umzukehren. So erschien bei der Einfahrt in den Städten außer den dazu verpflichteten Beamten auch nicht eine Menschensecle zur Begrüßung, unter To­desschweigen mußte der Zar seinen Weg fortsetzen. Die Finnländer behandelten ihrenGroßfürsten" einfach als Luft.

Türkei.

Türkische Räuber entführten am 7. August in der Nahe der Gegend, wo Anfangs Juni der Ueberfall des Orientzuges stattgefunden, den Fran­zosen Raymond, Inhaber einer Farm, und dessen Verwalter Ruffie; letzterer wurde baldigst entlassen, um ein Schreiben Raymonds an den Botschafter in Konstantinopel zu überbringen. Raymond bittet um 115 000 Franken Lösegeld, andernfalls er erschossen würde. Der Botschafter that sofort die eiligsten Schritte bei dem Sultan und der Pforte zur Be­freiung des Gefangenen.

Amerika.

New-Aork, 13. August. Ein Vergnügungs­dampfer mit 800 Personen prallte bei Long-Jsland infolge eines plötzlichen Windstoßes an der Brücke an. Das Schiff brach zusammen und zahlreiche Personen wurden begraben; 14 derselben sind tot.

Kleinere Mitteilungen.

Ein gewisser Delprat soll neuestens einen Luftschiffapparat erfunden haben, mittelst dessen man allein durch menschliche Muskelkraft, also ohne Hilfe von Dampf oder Elektrizität sich in die Atmosphäre erheben kann. Auf einem solchen Apparat sollen 500 Mann in vollständiger Ausrüstung sich in be­liebige Höhe erheben können, so zwar, daß die Fahrt von Paris nach Berlin nur 3 Stunden dauert. Eine Aktiengesellschaft hat sich gebildet, um diese an­gebliche Erfindung anszubeuten. Man hofft im Fall des Gelingens auf zahlreiche Bestellungen seitens der Militärverwaltung; denn warum sollte Herr v. Freycinet nicht 1000 solcher Fahrzeuge anschaffen, um gegebenenfalls 500 000 Mann in 3 Stunden 3. Larlin zu schaffen? Die meisten Leute allerdings verhalten sich der Nachricht gegenüber noch ungläu­big. Wenn das sich realisieren würde, so käme zu den beiden Kampfarten torra marigus noch eine dritte hinzu, und die ganze Taktik und Strategie müßte umgestaltet werden.

In verschiedenen Gegenden Unterfrankens ist der Mehltau in die Kartoffeln gefallen; an den Frühkartoffeln stirbt das Kraut ab, wogegen die Spätkartoffeln noch frisch und gesund aussehen.

In mehreren Distrikten von Britisch-Jndien ist die Ernte total mißraten. Bereits sind Fälle von Hungersnot vorgekommen.

In Luckau hat sich kürzlich eine junge Dienst­magd mit einem Beil eine Hand abhauen wollen. Sie traf aber nur zwei Finger. Auf Befragen des Dienstherrn nach dem Grund gab sie zur Antwort, sie habe keine Lust mehr zum Arbeiten.

Im Volke herrscht vielfach noch der Aber­glaube an die Heilkraft von Spinnengewebe bei Schnittwunden. In diesem Glauben legte sich ein Arbeiter G. in Berlin auf eine Wunde an der Hand, die er sich bei der Arbeit durch einen unvorsichtigen Messerschnitt beigebracht hatte, ein altes Spinnen­gewebe. Bald darauf schwoll die verletzte Hand stark an, heftige Schmerzen stellten sich ein und G. mußte die Hilfe eines Arztes in Anspruch nehmen. Dieser stellte eine Blutvergiftung fest, deren Folgen nur noch durch schleunige Amputation der Hand zu beseitigen waren.

(Schneider-Rache.) Einer der großen Lon- )oner Herrenschneider, welcher auch die Ehre hat, den Prinzen von Wales zu bedienen, kutschierte un-