Presse gefunden haben. Demgegenüber können wir auf Grund von Erkundigungen, die wir an geeigneter Stelle einzuziehen in der Lage waren, konstatieren, daß zu Besorgnissen irgend welcher Art durchaus kein Grund vorliegt, daß vielmehr der König sich bei seiner guten Natur von dem letzthin acut auftretenden Blasenkatarrh rasch wieder erholt hat und schon in den allernächsten Tagen das Bett verlassen kann.
Stuttgart, 7. Aug. Aus dem Bericht des Ministers des Innern an den König über die Verwaltungsergebnisse der Gebäudebrandversicherungsanstalt ist zu entnehmen, daß 1890 die Brandentschädigungen im ganzen Lande 2 254 567 Mark betragen haben. Von den 1890 vom Brand ergriffenen 1504 Gebäuden wurden 516 vollständig zerstört. Im Ganzen waren pro 1. Januar 1890 in Württemberg versichert 583 278 Gebäude mit einer Gesamtsumme von 2 126 288 978 ^ Als Beiträge an Gemeinden zur Anschaffung von Feuerlösch- Gerätschasten, Ausrüstung von Feuerwehren rc. hat die Gebäudebrandversicherungsanstalt im Jahre 1890 in 2296 Fällen 833 697 ^ beigesteuert.
Riedlingen, 6. Aug. Eine Mißgeburt eigentümlicher Art brachte ein Schwein des Oekonomen Baier dahier zur Welt. Das Junge hat nämlich
1 Kopf, 4 Ohren, 2 Leiber und 8 Füße, worunter
2 auf dem Rücken.
Ulm, 6. Aug. Das Gerücht von einer Wurstvergiftung beim hiesigen Grenadier-Regiment ist unbegründet. Mehrere an Sommerdiarrhoe erkrankte Soldaten kamen seit Sonntag aus verschiedenen Kasernen ins Lazareth. Einer starb am Herzschlag; die anderen werden morgen als geheilt entlassen werden.
Ulm, 7. Aug. Von den erkrankten Soldaten des Grenadierregiments 123 sind alle bis auf 2 aus dem Lazaret heute entlassen worden. Eine eigentliche Vergiftung durch Lebensmittel konnte nicht festgestellt werden. Doch verbietet ein Regimentsbefehl bis auf Weiteres, daß in den Kantinen schwarze Würste, sog. Pfefferwürste, geführt werden.
Brandfall: Den 4. Aug. in Urach das sog. Deutsche Haus mit Scheuer und Stallung.
Dortmund, 6. Aug. Ein 11 Jahre alter Selbstmörder dürfte selten zu verzeichnen sein. Hier machte gestern ein lljähriger Knabe seinem Leben durch Ertrinken ein Ende, weil derselbe in der Schule einen Verweis erhalten hatte. Die Lehrer stellten dem Knaben sonst das beste Zeugnis aus, auch die Behandlung des Jungen im Elternhause ließ nichts zu wünschen übrig. Heute wurde die Leiche des Knaben aufgefunden.
Der Antropologen-Kongreß in Danzig hat in seiner Schlußsitzung Ulm als nächsten Versammlungsort gewählt.
Nach der „Post" findet in Kelbra (Reg.-Bez. Merseburg) heute die Grundsteinlegung des Kyffhäu- ser-Denkmals zur Erinnerung an die kaiserliche Botschaft vom 17. November 1881 statt.
Kassel. 6. Aug. Ein Hagel-Unwetter richtete gestern im Fuldathal und der Oberwesergegend großen Schaden an. In einer Anzahl Dorfgemarkungen wurde die Ernte größtenteils vernichtet.
Der Kaiser und die Kaiserin werden jetzt, wie die „Post" mitteilt, am 8. August in Kiel erwartet, von wo sie nach kurzem Aufenthalt die Rückreise nach Berlin bezw. Potsdam fortsetzen werden. Demnach hätte der Kaiser seine Absicht, über England heimzukehren und daselbst seine Familie abzuholen, wieder aufgegeben.
Berlin, 6. Aug. Die Verhandlungen über einen Handelsvertrag Deutschlands und Oesterreich- Ungarns mit der Schweiz dürften vorläufig als aussichtslos zu erachten sein. Die heute vorliegenden Berichte aus Wien bestätigen nur zu deutlich, was von offiziösen Schweizer Stimmen schon seit einiger Zeit wiederholt bemerkt worden, daß die Instruktionen der Berner Bevollmächtigten dem Zustandekommen einer Verständigung unüberwindliche Schwierigkeiten bereiten.
Berlin, 6. August. Einem angeblich aus Brüsseler Hofkreisen stammenden Briefe entnimmt das „Berl. Tagebl." folgende Schilderung des Verlaufs des Besuchs der Königin von Belgien bei der Kaiserin Charlotte: „Als die Königin letzten Montag die Zimmer der Kranken betrat, fand sie diese in furchtbarer Aufregung. Einige Worte guten Zu
spruchs machten die Wahnsinnige nur noch unruhiger; sie sprang plötzlich voll Raserei auf die Königin los, würgte sie und schlug sie unter lautem Geschrei. Die Königin flüchtete durch mehrere Zimmer, von der Tobenden verfolgt, die erst nach einiger. Zeit überwältigt und fortgebrackt werden konnte.
Ueber den Besuch des Kaisers am Nordkap erfährt man noch nachträglich, daß das Wetter leider ein nur wenig günstiges war, denn es blies auf dem Nordkap so stark, daß man kaum zu stehen vermochte. Der Aufenthalt des Kaisers auf der nördlichsten Spitze Europas dauerte drei Stunden. Man errichtete zur Erinnerung daran ein kleines Denkmal aus Steinen, woran sich auch der Kaiser beteiligte. In dem Denkmal wurde ein beschriebener Zettel niedergelegt, welcher auf die Anwesenheit des Kaisers Bezug hat.
Die Sozialdemokraten haben seit Januar d.J. in Berlin sog. sozialdemokratische Arbeiterbildungsschulen ins Leben gerufen, lieber diese giebt jetzt der „Vorwärts" folgende nähere Auskunft: In den 6 Schulen, deren Lokale für jährlich 3988 ^ gemietet sind, beteiligen sich zusammen 2745 Schüler an den Unterrichtsstunden, und zwar 404 in Deutsch, wöchentlich 2 Stunden, 217 in Naturwissenschaften 2 Stunden, 193 in Geschichte 4 Stunden, 304 in Nationalökonomie 2 Stunden, 351 in Buchführung 1 Stunde, 192 in Zeichnen 2 Stunden, 410 Stenographie 1 Stunde, 337 in Rechtschreiben 1 Stunde. Das Schulgeld beträgt monatlich 50 für alle Fächer zugleich. Außerdem haben die Vereinsmitglieder monatlich 25 Beitrag zu zahlen.
Wenn jetzt ein Arbeitsloser in etwas heruntergekommenem Zustande entdeckt wird, greifen die sozialdemokratischen Blätter stets die jetzige Produktionsweise auf das Heftigste an und behaupten, in ihrem Zukunftsstaate würden solche Fälle überhaupt nicht Vorkommen. Nun erfahren wir aber aus dem Munde eines hervorragenden sozialistischen Redners, daß in diesem „Jdealstaate" sogar alle Untüchtigen brotlos werden sollen. In einer Berliner Versammlung kam nämlich das sozialdemokratische Programm zur Besprechung. Einer der Redner äußerte, daß ihm die Forderung des Programms, die Aerzte zu Beamten zu machen, sehr wenig probat erscheine. Wenn eine Stadt oder eine Gemeinde das Pech hätte, einen untüchtigen Beamten zu bekommen, was sollte mit demselben geschehen? Der Staat könne ihm doch unmöglich das Leben seiner Bürger anvertrauen. Sofort erhob sich der sozialistische Agitator Dr. Lütgenau zu der Entgegnung: „Das ist sehr einfach, ist er untüchtig, wird er brotlos." Die Versammlung quittierte natürlich mit lautem Lachen über die schöne Aussicht.
Die Erklärungen, die der preußische Eisenbahn- minister Thielen kürzlich in Berlin einer Deputation gegenüber in Bezug auf den Zonentarif abgegeben hat, sollen, wie man jetzt erfährt, sehr bestimmt gelautet haben. Der Minister hat sich der Deputation des Reformvereins gegenüber ausdrücklich als einen Gegner des Zonentarifs bekannt und will auch keinen Versuch damit machen, da gegen denselben die Abneigung des Landtags und 'seiner Kollegen spreche.
Die Verweigerung französischer Paßgesuche seitens der deutschen Behörden in Elsaß-Lothringen erfolgt nach der Straßburger Post in der Regel, wenn es sich um Familien handelt, deren Glieder Mitglieder geheimer Gesellschaften sind.
Schwei).
Aus St. Moriz, 6. Aug., wird gemeldet: Bad und Dorf St. Moriz liegen seit gestern Abend in tiefem Schnee.
Frankreich.
Paris, 5. Aug. In den hiesigen Finanzkreisen wird mit Bestimmtheit versichert, daß sich Rußland demnächst mit einer neuen großen Anleihe an die europäischen Geldplätze wenden wolle. Diese Nachricht erklärt den Eifer, mit welchem der Zar und seine Umgebung sich um die Gunst der Franzosen bewerben, vollkommen. Muß doch auch im gewöhnlichen Leben häufig ein in bedrängter Lage befindlicher Aristokrat in den säuern Apfel beißen, einen Geldgeber, den er weder liebt noch achtet, zu bewirten und sogar bei ihm Besuche abzustatten. Wir würden uns daher nicht wundern, wenn der Zar, falls dies die unerläßliche Bedingung für den Abschluß einer neuen Anleihe in Paris wäre, seine Gemahlin und seinen Thronfolger eine Zeit lang
ihren Aufenthalt unter der Aegide der Republik nehmen ließe, ja schließlich selbst einen Besuch im Elysee abstattete. Der erste Schritt dazu ist gcthan. Wenn die Hofetiquette gestattete, daß der Beherrscher Rußlands den bürgerlichen Admiral Gervais begrüßte, so kann sie noch weniger etwas dagegen einwenden, daß er mit dem immerhin aus einem gräflichen Hause stammenden Carnot, sein Großvater führte noch den Grafentitel, und mit dem nicht minder adeligen Herrn de Freycinet vertraulich verkehrt. Jedenfalls würden die Franzosen dies ganz natürlich finden und dem Zaren die Selbstüberwindung, die es ihn kosten würde, nicht einmal zu besonders hohem Verdienste anrechnen. Wenn man nun vollends erfährt, daß der Zweck hauptsächlich die Flüssigmachung einer neuen Anleihe war, so wird der bittre Nachgeschmack auf den süßen Schmeicheltrunk von Kronstadt nicht ausbleiben. Man wird vielleicht den Zaren mit dem galanten Bearner vergleichen, dem Hugenotten, der seinen Glauben abschwor, um Heinrich IV. zu werden, und lachend sagte: „Paris ist wohl eine Messe wert." Alexander III. hat seine konservative Ueberzeugung geopfert, indem er sich der „Marseillaise" beugte. Er that es gewiß blutenden Herzens; ob er aber mit diesem Opfer Paris gewonnen hat, ist mehr als fraglich.
Paris, 5. Aug. Das französische Geschwader des Admirals Gervais wird auf der Rückfahrt aus Rußland nicht Plymouth, sondern nur Portsmouth anlaufen und dann nach Frankreich zurückkehren.
Paris, 6. Aug. Die Morgenblätter veröffentlichen eine Depesche aus dem Badeort Cauterets, woselbst augenblicklich der russische Botschafter Baron v. Mohrenheim weilt. Hienach sei derselbe durch eine chiffrierte Depesche von der Unterzeichnung eines Offensiv- und Desensivvertrags zwischen Frankreich und Rußland benachrichtigt worden. (?)
Paris, 6. Aug. Der Klaviervirtuose und Komponist Henri Litolff ist gestorben.
Paris, 7. Aug. Bei dem von 9000 (?) Teilnehmern besuchten czechischen Lehrerkongreß, welcher einstimmig eine Resolution gegen die konfessionelle Schule beschloß, wurde die slavische Verbrüderung gefeiert. Ein kroatischer Lehrer toastete auf das Slaventum, über welchem die Sonne niemals untergehen werde.
Belgien.
Die K ö n i g i n v o n B e l g i e n hat sich von ihrem Unwohlsein vollständig erholt; sie ist am Freitag in Begleitung der Prinzessin Clementine nach Spaa abgereist.
Rußland.
In M o s k a u ist es natürlich hoch hergegangen bei dem Diner zu Ehren der französischen Offiziere. Es wird darüber berichtet: Der Gouverneur toastete auf das Kaiserpaar, das Stadthaupt auf den Präsidenten Carnot und Frankreich, Admiral Gervais auf das Kaiserpaar, das Kaiserhaus und die Stadt Moskau. Gervais bedauerte, daß Präsident Carnot nicht Zeuge des Empfanges der französischen Seeleute sein könne; er sprach seinen tiefgefühlten Dank für den herzlichen Empfang aus und schloß: „Auf Sie und uns ist jetzt die Aufmerksamkeit der ganzen Welt gerichtet. Ich trinke auf das heilige Moskau, das erhabene (!) russische Volk und seinen Zaren." General Tschernajew erwiderte: „Die Geschichte näherte uns einander; wir sind Freunde. Ich trinke auf Frankreich, seine Armee und seine Flotte". Gervais antwortete nochmals: „Durch das Unglück belehrt, sammle Frankreich seine Kräfte, jedoch stark durch Einigkeit und die Freundschaft eines großen Monarchen, blicke es zuversichtlich in die Zukunft". Am Donnerstag hat dann nach der Besichtigung ver- chiedener Sehenswürdigkeiten ein Mahl beim französischen Generalkonsul die Herren Franzosen belästigt, bis sie am Donnerstag Abend um 11 Uhr wieder nach St. Petersburg abgereist sind.
Nach großer Verbrüderung und vielem Enthusiasmus hat Admiral Gervais mit seinem Stabe nun auch Moskau, wo die Franzosen 1812 ausgeräuchert wurden, wieder verlassen und ist zu seinen Schiffen zurückgekehrt. Damit hat der französische Spektakel in Rußland ein Ende. Jammerschade ist es nur, daß die Franzosen nicht noch ein paar Wochen da bleiben, der Zar würde dann ganz von elbst alle Demonstrationen verboten haben. Wenn das so weiter gegangen wäre, hätte sich in Rußland