Amts- und
Intelligenz-Blatt
den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Dsnnerslsg 26. Februar
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gegeben sei».
1891
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Nagold. An die Ortsdehörden für die Arbeiterverflcherung. Die im Laufe dieses Monats vorgenommenen Revisionen der Vorarbeiten für die Jnva- liditats- und Altersversicherung haben ergeben, daß bezüglich einzelner Bestimmungen des Gesetzes und der Vollzugsvorschriften noch da und dort Unklarheiten bestehen. Man sieht sich deshalb veranlaßt, in Ergänzung der oberamtlichen Bekanntmachung tvom 5. Januar 1891, Gesellschafter Nr. 4 , nachstehende Bestimmungen wiederholt bekannt zu geben.
I. Es sind durch das Reichsgesetz über die Alters- und Jnvaliditätsversicherung vier Lohnklassen gebildet, in welche die Versicherten nach ihrem Jahresarbcitsverdienst eingeteilt werden und zwar:
Klasse I. für einen Jahresarbcitsverdienst bis zu 350 ^ einschl., Klasse II. für einen Jahresarbeitsverdienst von mehr als 350—550
„ III. „ „ „ von mehr als 550—850 „ IV. „ „ „ „ „ 850
Als Jahresarbcitsverdienst gilt aber nicht der thatsächlich verdiente Lohn oder Gehalt, sondern es sind folgende Sätze maßgebend:
1) für die in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigten .Personen einschl. der landwirtschaftlichen Dienstboten, sofern sie nicht Mitglieder der gemeinsamen Ortskrankenkasse Nagold oder Altensteig sind, der für sie von der K. Kreisregierung festgesetzte durchschnittliche Jahresarbeitsverdienst. Dieser beträgt für den Bezirk Nagold für erwachsene männliche Personen 450 für erwachsene weibliche Personen 250 ^ Hienach sind die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter einschl. der lnudwirtschaftl. Dienstboten, und zwar die männlichen der II. und die weibl. der I. Lohnklasse zuzuteilen;
2) für die Mitglieder der gemeinsamen Ortskrankcnkassen Nagold und Altensteig mit Einschluß der bei diesen versicherten land- und forstwirtschaftl Arbeiter der 300fache Betrag des für die Krankenkassenbeiträge maßgebenden Durchschnittstagelohns. Letzterer ist im Bezirk Nagold für das Jahr 1891 festgesetzt: für erwachsene männliche Arbeiter auf I ^ 50 für erwachsene weibl. Arbeiter ans 1 ^ Jugendliche Arbeiter, d. h. Arbeiter unter 16 Jahren, kommen bei der Alters- und Jnvaliditätsversicherung nicht in Betracht. Hienach kommen die erwachsenen männl. Mitglieder der genannten Ortskrankenkassen in die II., die erwachsenen weibl. in die I. Lohnklasse;
3) für alle übrigen Versicherten mit Einschluß der Bezirkskrankenpflegeversicherung, sofern sie nicht land- und forstwirtschaftliche Arbeiter oder landwirtschaftliche Dienstboten sind (s. oben Ziff. l) der 300fache Betrag des ortsüblichen Taglohnes gewöhnlicher Tagearbeiter, somit für männliche Personen 450 für weibliche Personen 300 da der ortsübliche Taglohn für den Oberamtsbezirk für das Jahr 1891 festgesetzt ist: für erwachsene männl. Arbeiter ebenfalls aus 1 c-li. 50 A und für erwachsene weibliche Arbeiter aus l ^ Unter Ziffer 3 fallen insbesondere Bedienstete, welche nicht Mitglieder der gemeinsamen Ortskrankenkasse sind, gewerbliche Arbeiter, welche einer eingeschriebenen Hilfskasse angehören, nicht in der Landwirtschaft beschäftigte Dienstboten, Näherinnen, Wäscherinnen, Büglerinnen u. s. w. Ausdrücklich wird noch bemerkt, daß die Versicherung in einer höheren Lohnklasse zulässig ist.
, II. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach der Lohnklasse, in welche die Versicherten eingeteilt sind. Solche betragen pro Woche in Klasse I. 14
II. 20 chh III. 24. IV. 34 Von diesen Beiträgen hat der Arbeitgeber und der Arbeiter je die Hälfte zu bezahlen.
III. Tic Beiträge des Arbeitgebers und der Versicherten sind von demjenigen Arbeitgeber zu entrichten, welcher den Versicherten während der Kalenderwoche beschäßigt hat. Findet die Beschäftigung nicht während der ganzen Kalenderwoche bei demselben Arbeitgeber statt, so ist von demjenigen Arbeitgeber, welcher den Versicherten zuerst beschäftigt, der volle Wochcnbeilrag zu entrichten. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Hälfte, aber niemals mehr, der entrichteten Beitrüge durch Abzüge am Lohn von den Versicherten wieder eiuzuziehen. Dieser Lohnabzug ist aber zeitlich beschränkt und zwar:
1) wenn der Arbeitgeber die Marken selbst einklebt (s. IV. 1), dürfen sich die Abzüge höchstens auf die für die beiden letzten Lohnzahlungsperioden entrichteten Beiträge erstrecken;
2) wenn die Beiträge durch eine .Krankenkasse der Ortsbehörde für die Arbeiterversicherung eingezogen werden, darf für die bereits entrichteten oder fällig gewordenen Beiträge ein Lohnabzug nur gemacht werden, bei einer derjenigen 2 Lohnzahlungen, welche zunächst auf den Fälligkeits- bezw. Einzugstermin der Beitrüge folgen. Abzüge am Lohn, welche mehr als die Hälfte der entrichtenden Beiträge enthalten, oder sich auf frühere als die unter '1 und 2 bezeichnten Beiträge erstrecken, werden mit Geldstrafe bis zu 300 Mark oder mit Hast bestraft, Uebereinkommen, welche die Anwendung der gesetzl. Bestimmungen zum Nachteil der Versicherten ganz ober teilweise zur Folge haben, sind rmgiltig und strafbar. Die Arbeitgeber und Versicherten sind über Vorstehendes, bei der erstmaligen Erteilung von Quittungskarten oder dem erstmaligen Einzug der Beiträge, sowie bei sonst gegebenem Anlaß entsprechend zu belehren.
IV. Die Entrichtung der Beiträge erfolgt dadurch, daß Marken der entsprechenden Lohnklassen in die Quittungskarten eingeklebt werden.
1) Die Marken hat der Arbeitgeber selbst von der Post zu beziehen und einzukleben, insbesondere für unständig beschäftige Personen, z. B. Tag- löhncr, Näherinnen, Wäscherinnen, Büglerinnen n. s. w. Diesen Personen ist auch gestattet, die Marken selbst zu beschaffen und bei Beginn der Woche einzukleben, in weichem Falle ihnen ein Anspruch aus Erstattung der Hälfte des Werts an denjenigen Arbeitgeber zusteht, welcher sie erstmals in der Woche beschäftigt hat. Dieser Arbeitgeber hat bei Erstattung des hälftigen Beitrags auf die eingeklebte Marke das Datum der Einklebung zu setzen, widrigenfalls er in Strafe'kommt. Hat der Arbeitgeber unterlassen,' die Marke zu entwerten, so ist der Versicherte bei Strafe verpflichtet, die Entwertung noch am gleiche« Tage, an welchem sie hätte stattfinden sollen, statt des Arbeitgebers selbst vorzunehmen. «»
2) In allen übrigen Fällen werden die Beiträge eingezogen, und die entsprechenden Marken in die Quittungskarten eingeklebt.
a) für die Mitglieder der gemeinsamen Ortskrankenkassen Nagold und Altensteig von den örtlichen Verwaltungsstellen derselben;
5) für die Mitglieder der Bezirkskrankenpflcge-Versicherung von den. örtlichen Verwaltungsstellen derselben;
o) für die übrigen Versicherten, insbesondere die Mitglieder eingeschriebener Hilfskassen, nicht versicherungspflichtige Bedienstete u. s. w. von den Ortsbehörden für die Arbeiterversicherung.
3) Die Marken sind in fortlaufender Reihenfolge einzukleben, wen. also eme Unterbrechung stattfindet, so darf in der Quittungskarte kein leerer Raum gelassen werden.
V. Die Entwertung der Marken findet in folgender Weise statt:
1) in denjenigen Fällen, in welchen der Arbeitgeber die Marken selbst eii.klebl (s. oben IV. 1) durch Ziehung eines die Marke in der Hälfte ihrer Höhe schneidenden, schwarzen, schmalen, wagrechten Strichs.
2) Wenn die Krankenkassen oder die Ortsbehörden die Marken einkleben durch Beisetzung des Datums der Einklebung auf die Marke in einer die Erkennbarkeit ihres Druckes nicht beeinträchtigenden Weise.
VI. Die von den Ortsbehörden eingezogenen Beiträge (s. oben IV. 2 ol sind abzüglich der Einzugsgebühren zum Ankauf neuer Marken bei der Post zu verwenden, die örtlichen Organe der gemeinsamen Ortskrankenkassen und der Bezirkskrankenpflegeversicherung liefern dagegen die eingezogenen Beiträge an die Hauptkassiere ab, worauf sie von diesen wieder mit Marken versehen werden.
VII. Es ist strenge darauf zu halten, daß die Gelder und die Marken der Ortsbehörden und der Krankenkassen nicht miteinander vermengt werden.
VIII. Sollten sich irgend welche weitere Zweifel ergeben, so ist alsbald hieher zu berichten.
Nagold, den 25. Januar 1891. ___ K. Oberamt, vr. Gugel.
Nagold. Rekrutierung 1881. An die Ortse-o-steher, betreffend das An- und Abmelden der Militärpflichtigen. Unter Hinweisung auf den Er- laß des K. Oberrekrutierungsrats vom 27. August 1878, Ministerialamtsblatt S. 252, wird den Ortsvorstehern, eingeschärft, bei jedem einzelnen Fall der Au- und Abmeldung eines Militärpflichtigen genau darauf zu achten, ob der sich An- oder Abmeldende auch wirklich seinen dauernden Aufenthalt gewechselt hat u. im Anstandsfall an das Oberamt Bericht zu erstatten. Nach tz 12 des Reichsmilitärgesetzes ist jeder Militärpflichtige in demjenigen Aushebungsbezirk gestellungspflichtig und entsprechend zum Militärdienst heranzuziehen, in welchem er seinen dauernden Aufenthalt und in Ermanglung eines solchen seinen Wohnsitz hat. Militärpflichtige Dienstboten, Arbeiter, Handwerksgesellen, Lehrlinge sind in demjenigen Aushebungsbezirk gestellungspflichtig, zu welchem der' betreffende Arbeitsort gehört. Den 22. Februar 1891. K. Oberamt. vr. Gugel.