angeblichen Tagebuches Kaiser Friedrichs seitens der „Deutsch. Runvschau" sistiert worden.
Durch die weiteren Aufzeichnungen des Krön- ^ Prinzen bestätigt sich nun, daß König Ludwig! von Bayern bei der Kaiserfrage durchaus nicht die hochherzige Rolle gespielt hat, welche ihm eine fünf-; zehn Jahre lange unwidersprochen gebliebene Legende zugcteilt hat. Bald nach seinem Tod wurde durch halbamtliche Kundgebungen das wahre Sachverhält- nis klar gestellt, daß es vielmehr die Fürsten von Baden und Sachsen gewesen sind, welche sich das unvergeßliche Verdienst um die Regelung einer Angelegenheit erworben haben, die damals im Hauptquartier zu Versailles die größten Schwierigkeiten bereitete, deren Beseitigung der Kronprinz im Hinblick! auf das Bewußtsein der in Norddeutschlands Händen befindlichen Macht mit Anwendung von Festigkeit und gebietendem Auftreten wünschte. Im Gegensatz zu energischen Maßregeln scheint Graf Bismarck die Angelegenheit mit seiner bekannten diplomatischen Meisterschaft behandelt zu haben, und diese Art der Behandlung scheint nicht den Beifall des Kronprinzen gefunden zu haben, da gelegentlich in! den Aufzeichnungen von Differenzen zwischen ihm und ! Bismarck die Rede ist. Aber am 3. Dezember, nach- ! dem die Zustimmung des Königs von Bayern er-! langt worden, dessen berühmter Brief, wie hier zum! ersten Mal enthüllt wird, nach einem Konzept des j Fürsten Bismarck abgeschrieben worden ist, wurde das gute Verhältnis des Kronprinzen zum Kanzler wie- ? der hergestellt. — 23. Januar. Ich fühle mich nur j noch als Deutscher, kenne keinen Unterschied mehr; zwischen Bayer, Badenser, und wie sich sonst die Be-! wohner der 33 Vaterländer nennen, will mich aber keineswegs in die inneren Angelegenheiten derselben mischen oder dieselben ihrer Eigentümlichkeit berauben. Möchten alle Deutschen mich und meine Frau als die Ihrigen und nicht als norddeutsche Aufdringlinge betrachten." — Am 27. Januar schreibt er in sein Tage-! buch: „Heute Wilhelms (seines Sohnes, des jetzigen ^ Kaisers) l3. Geburtstag: Möge er ein tüchtiger, rechtschaffener, treuer und wahrer Mensch werden, ein echt deutscher Mann, der das Angebahnte vorurteilsfrei weiter führt. Gottlob ist zwischen ihm und uns ein einfaches, natürlich herzliches Verhältnis, dessen Erhaltung unser Streben, damit er uns stets als seine wahren, besten Freunde betrachtet." ^
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 26. Sept. Nach einem Brief der ^ „4t. Fr. Presse" aus Paris wird dort die Lösung ' der bulgarischen Frage durch Einsetzung des Prinzen Waldemar statt Ferdinands als bevorstehend bezeichnet (?).
Frankreich.
Paris, 24. Sept. Wie es heißt, wird Graf Münster, welcher vom Urlaub wieder eingetroffcn ist, beim Minister des Aeußern die Sache wegen des Attentats in der deutschen Botschaft wieder aufnehmen. Dieses durch die gereizte Sprache der Journale veranlaßte Attentat will man hier wo möglich vertuschen; man sagte, der Thäter Garnier sei wahnsinnig; ob aber eine wirkliche Untersuchung über seinen geistigen Zustand angestellt worden ist, wurde nicht bekannt. Das ganze Verhalten der Behörden macht den Eindruck, als wolle man den Thäter der Verantwortung entziehen, ohne ihn indes für unzurechnungsfähig zu erklären. Man wird wohl darüber in den nächsten Tagen noch weiteres vernehmen.
Paris, 24. Sept. Die „Republique Fran- caise" tritt heute neuerdings und mit großer Schärfe und Entschiedenheit gegen jene Pariser Journale auf, welche aus Reklamebedürfnis die unbedeutenstcn Vorfälle wie den Selbstmord eines deutschen Gendarmen, den Mordversuch, den angeblich ein Deutscher, in Wirklichkeit aber ein Franzose an einem französischen Offizier in Belfort verübt hat u. s. w., und die Spionenriecherei zur Forderung ihrer geschäftlichen Interessen durch öffentlichen Ausruf auszubeuten rrachten. An der Spitze dieser Journale stehen na-! türlich die boulangistischen Organe. Die „Republique! Fraucaise" bemerkt, daß diese Sitten einer gewissen! Presse eines Tages unter bestimmten Umständen die. bedenklichsten Wirkungen zur Folge haben könnten, ^ und sie fordert daher den Seine-Präfekten und den Minister des Innern auf, die Pariser Bevölkerung! endlich von diesem Uebelstande zu befreien. >
Paris, 26. Sept. Graf Münster besuchte ! gestern den Minister Goblet. !
Paris, 26. Sept. Der Gras von Paris hat für
die Opfer des Orkans in den Vogesen gespendet:-300
Franks; die Gräfin von Paris ihrerseits spendete zum Wiederaufbau einer in Scville abgebrannten Kirche - 25000 Frks. Die Kirche kann, wie es scheint, mehr vertragen als die Verunglückten in den Vogesen.
Paris, 27. Sept. Nach dem „Temps" ist > jetzt das Ceremoniell für den Empfang des deutschen ! Kaisers im Vatikan festgestellt. Es findet ein außer-! gewöhnlicher Pomp statt und alle Kardinäle, Bischöfe und Prälaten des päpstlichen Hofes sind zur Teilnahme eingeladen. Palastgarde und Schweizer bilden Spalier vom Eingang des Vatikans bis zum Empfangssaal; die Nobelgarden umgeben den Thron und versehen den Ehrendienst. Sieben Kardinäle, darunter die deutschen, stehen um den Thron. Auf letzterem sind zwei Sitze, ein erhöhter für den Papst und ein niedriger (?) für den Kaiser. Kardinal Peeci, Bruder des Papstes, geht in Begleitung einer Anzahl Würdenträger dem Kaiser entgegen bis ins Atrium und begleitet ihn bis zum Papste, der ihn auf dem Throne sitzend (?) erwartet. >
Paris, 28. Sept. Die Budget-Kommission hielt trotz des Widerspruchs des Marineministers Krantz die im Marinebudget vorgenommenen Abstriche im Betrage von 5 Millionen Frks. aufrecht.
Ein Opfer der Spionenriecherei. Der Pariser „Soleil" erzählt, daß kürzlich nachts ein Zuhälter eine Frauensperson von Stadtsergeanten verhaften ließ, indem er denselben sagte: „Ich bitte Sie, dies Weib zu verhaften, es ist eine Preußin. Ich habe entdeckt, daß sie eine Spionin ist." Auf dem Polizei-Revier entpuppte sich die Preußin als eine Vollblut-Pariserin. Der Zuhälter aber stahl inzwischen in der Wohnung der Person für 2400 Fr. Wertgegenstände und 1000 Franken baarcs Geld.
Italien.
Rom, 24. (Sept. Angesichts des kolossalen Fremden-Andrangcs zu dem Kaiserbesuche verlangten die Eisenbahn-Gesellschaften die Erlaubnis zur Miete von hundert österreichischen Waggons. Abgesandte der deutschen Kolonien in Italien werden nach Rom
; Mädchen, Witwen und Strohwitwen aus Deutschland, Frank- i reich, Holland, Oesterreich-Ungarn, Rußland, Schweden, Nor- ^ wegen, aus der Türkei, Spanien, Tunis, Algier und Amerika, manche haben ihre Männer mitgebracht, die anderen wollen sich welche holen; sehr stark sind vertreten die Putzmacherinnen, Büglerinnen, Schauspielerinnen und Kellnerinnen.
Barcelona, 19. Sept. Ein sonderbares Testament. In Barcelona starb vor einigen Tagen der General Graf Mirandos Filos. Sein Vermögen, das mehr als 2 Miss. Gulden beträgt, bestimmte er den verwaisten Töchtern von Offizieren, doch fügte er die Klausel bei, daß nur vollkommen schöne Mädchen darauf Anspruch haben, „denn," so heißt cs im Testamente, .die Schönheit ist eine gefährliche Gabe für das Weib, und je schöner, desto bemitleidenswerter ist das vermögenslose Mädchen."
Der Kuß. Auf dem Landgute des Lord Alcott in Schottland wurde kürzlich eine große Jagd veranstaltet; als dieselbe vorüber war, sagte die junge, schöne Frau des Hausherrn: „Mein Mann liebt die Wettrennen. Wir wollen eins veranstalten, und derjenige, der zuerst am Ziele ist, bekommt von mir einen Kuß als Siegespreis." Die Herren stellten sich bereitwillig in Positur, die Lady klatschte in die Hände und 10 Minuten später kam ein Vetter ihres Gatten, um sich den Lohn des Siegers zu holen. Wohlgemut löste die schöne Frau ihr Versprechen ein. Niemand merkte, daß Lord Alcott mittlerweile verschwunden war, und als sich die Gesellschaft zu Tische setzte, meldete ein Diener, der Lord sei dringender Geschäfte halber nach London gereist. Von dort aus erhielt die Lady bald ein Telegramm des Advokaten zugestellt, worin ihr derselbe mitteilte, ihr Gatte habe gegen sie die Scheidungsklage eingercicht und in derselben erklärt, ein Lord Alcott mache sich nichts daraus, beim Rennen eine Million zu verlieren, aber ein Kuß seiner Frau sei ein Verlust, den er nicht verschmerzen könne. _
Handel «L Berkehr.
Konkurseröffnungen. Friedrich Köhn, Bäckermeister in Jlshofen (Hall). Julius Hoffman, Bauunternehmer von Vaihingen a. E. Kunigunde, geb. Huber, Witwe des Maurers und Wirts Josef Stachniß in Wangen. Simon Großmann, Wirt und Küfer in U.-Radcrach, Gemeinde Berg (Te ttnang). _
Allerlei.
- - „Nöd übel!" Ein Appenzeller wollte letzte Woche in einem Hutladcn in St. Gallen einen Hut kaufen. Appenzeller: „Wah chost do da Huct?" — Fräulein: „Drizäh Franke!" — Appenzeller: „Nöd öbel! Aücrcs hat ja ka Löcher drin?!" — Fräulein: „Löcher? Zu was Löcher ime Huet?" — Appenzeller: „Daß dä Esel, wo drizäh Franke für so en Deckel zahlt, d'Ohra usastrecka chaa!"
kommen, um Kaiser Wilhelm zu huldigen. Die Kolonien von Messina, Palermo und Catania werden eine Glückwunschadreffe in elegantem Album überreichen. EikglLAÜ
Vom englischen Parlament soll in der nächsten Session eine erhöhte Apanage für den Thronfolger, den Prinzen von Wales, gefordert werden. Trotzdem der Prinz sehr populär ist, besteht aber wenig Neigung zu dieser Bewilligung; in den Zeitungen wird ausgeführt, die Königin Viktoria habe Geld genug und könne ihrem ältesten Sohne recht wohl noch einen Teil von ihrem Einkommen abgeben. Die jährlichen Revenuen der Königin werden allerdings auf 50— 60 Millionen Mark pro Jahr geschätzt.
Die geheimnisvollen Mordthaten in London haben die Phantasie so erregt, daß jetzt die Annahme auftaucht, der Mörder sei ein Anatom. Die Leichen sollen ganz nach allen Regeln der Kunst seziert sein. (?) Spanien.
In Madrid hat am Dienstag das Leichenbegängnis Marschall Bazaines stattgefundcn. Eine gewaltige Volksmenge wohnte demselben bei.
Amerika.
Das gelbe Fieber macht im Süden der nor kill mexikanischen Union reißende Fortschritte. In Jacksonville sind 123 neue Fälle konstatiert. Der wohlhabende Teil der Bevölkerung flieht und läßt Haus und Hof im Stich.
Nachrichten von den Philippinen-Juseln melden, daß bei dem auf jenen Inseln stattgehabtcn Ausbruch des alten Vulkans Mayon 300 Menschenleben verloren gingen und durch die Lava und Asche mehrere hundert Häuser zerstört wurden. Auch waren Vulkane auf den Inseln der Bissayas- Gruppe in Thätigkeit und befürchtet man dort ebenfalls einen schrecklichen Menschcnvcrlust. j
Nach einer Entscheidung dürfen von Ortsbe- ^ Hörden für Ausstellung von Urkunden in Uniallver-! sicherungssachen Gebühren nicht erhoben werden, es! sind vielmehr alle diese Urkunden, namentlich Be-! glaubigungen, gebühren- und sportelfrei auszustellen.!
Kleinere Mitteilungen. !
Schwenningen, 25. Sept. Heute Nacht wurde ein I hiesiger Bürge; in seiner eigenen Wohnung erstochen. Die! Frau dcsselbeg und deren Bruder, der eben erst aus Amerika ; zurückgekchrl war, sind verhaftet.
Zum öffentlichen Wettbewerb um den Preis der Schön- ; heit haben sich in Brüssel mehr als 300 Fraucst.und Mädchen eingestellt. Die Ausstellung und Prcisverteiluug findet' in den nächsten Tagen statt. Unter den 300 sind grauen,'
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Sich beugen ist keine Schande, aber sich beugen
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(Hiezu das Unterhaltungsbkatt M 39.)
Verantwortlicher Redakteur Sleinwandel in Nazold. — Druck und Verlag derG. W. Hais e r'schen Buchhandlung in Na-o!^.