Berlin, 6. Juli. Offiziöse Korrespondenzen betonen das große Vertrauen des Fürsten Bismarck zu dem neuen Minister des Innern Herrfurth, den er bereits als Beirat des Kronprinzen, des jetzigen Kai­sers Wilhelm, designiert hatte. Fürst Bismarck trifft am 12. Juli in Kissingen ein.

Berlin, 6. Juli. Der König Albert und die Königin Carola von Sachsen sind heute mor­gen nach Kopenhagen abgereist.

Berlin, 6. Juli. Von authentischer Seite wird der N. Fr. Pr. zufolge mitgeteilt, daß Kaiser Wilhelm im September nach Wien reisen wird, um dem Kaiser Franz Joseph einen Besuch zu machen. Vielleicht hätte Kaiser Wilhelm seinen Besuch schon zu einer früheren Zeit als im September abgestattet, wenn nicht naturgemäß der Wunsch des österreichi­schen Hofes sein müßte, den deutschen Monarchen mit der ganzen Solennität zu empfangen, welche bei einem ersten Besuche üblich ist. Man legt daher Wert darauf, daß Kaiser Wilhelm in die Reichs- ! Hauptstadt kommt, wo der Kaiser Franz Joseph Ge- ! legenheit hat, seine Gastlichkeit mit vollem Glanze! zu entfalten. Die Zusammenkunft des Kaisers! Wilhelm mit König Humbert wird nahezu sicher' Ende August in Monza stattfinden. Es gewinnt, wie der Str. P. gemeldet wird, an Wahrscheinlich­keit, daß der Kaiser im Spätherbst sich nach Straß­burg begiebt, worauf auch Anordnungen über die Herstellung genügender Räumlichkeiten für das Hof­lager hindeuten. Kaiser Friedrich soll übrigens die Absicht gehabt haben, alljährlich eine kurze Zeit in dem Reichslande zu residieren.

Berlin, 7. Juli. Amtlich: Der Kaiser hat dem Chef der Admiralität, General der Infanterie v. Caprivi, den erbetenen Abschied bewilligt. Es wird allseitig angenommen, daß von Caprivi ein Armeekorps erhalten wird, sobald ein solches frei werden wird.

Berlin, 7. Juli. Der präsumtive sächsische Thronfolger Prinz Georg soll vom Kaiser zum Ge­neralfeldmarschall ernannt worden sein.

Zwanzigmarkstücke von Kaiser Friedrich wer­den in Berlin bereits mit drei ^ Aufgeld bezahlt. Sie wandern zumeist in Münzsammlungen und Sparbüchsen.

Im Berliner Rathaus saßen bis jetzt un­ter den Stadtverordneten 3 Sozialdemokraten, der Rentier Singer, der Redakteur Tutzauer und der Zigarrenhändler Kunert. Am 3. Juli ist der vierte hineingewählt worden, der Fuhrherr Gnadt.

Aus den Ueberschwemmungsgebieten kommen wenig tröstliche Nachrichten. Die gesund­heitlichen Zustände sind natürlicherweise wenig gün­stig. An einigen Orten tritt der Typhus epidemisch auf, und das Sumpffieber herrscht bis in die höher gelegenen Gegenden trotz der umfassendsten Vorsichts­maßregeln. Wo das Land jetzt bis Johanni nicht trocken geworden ist, müssen die Besitzer auf dies­jährige Erträge verzichten. Dennoch wird an der Trockenlegung rüstig fortgearbeitet. j

Oesterreich-Ungarn. ^

Wien. Während dieN. Fr. Pr." neuerdings! den Arzt des Kaisers Friedrich, Sir Morcll Macken- ^ zie, wieder energisch gegen die angeblichen Verun­glimpfungen gewisser deutscher Kreise in Schutz neh­men zu müssen glaubt, veröffentlicht heute dasNeue Wien. Tagebl." aus der Feder einer medizinischen Autorität einen durchaus scharfen Artikel gegen Mak- kenzie, der, ein wenig bedeutender Arzt, durch allerlei j Jntriguen zur Leitung der ärztlichen Behandlung j des Kronprinzen und Kaisers berufen, durch seine Behandlung das Uebel nur verschlimmert habe; durch seine Operation vom Munde aus hätte er die Ge­fährlichkeit der Krankheit erhöht. Aber auch die deut­schen Aerzte treffe ein Borwurf: durch Unwissenheit allein könne Mackenzie's Handlungsweise nicht erklärt j werden; sie hätten früher ihre Stimme erheben sollen > zu dem Rufe, es sei alles Lug und Trug, was! Mackenzie sage. Jedenfalls wird das demnächst sei- ! tens der deutschen Fachmänner zur Veröffentlichung kommende Gutachten den Beweis liefern, daß das! Verfahren Mackenzie's-Hovell's durchaus verkehrt und ! nichts weniger wie zweckdienlich war. !

Pest, 5. Juli. Nach der Thronbesteigung des Kaisers Wilhelm begab sich die Offiziersdeputation des seinen Namen führenden österreichisch-ungarischen ! Regiments nach Berlin, um sich dem neuen Inhaber vorzustellen. Kaiser Wilhelm empfing die Offiziere! mit anszeichneuder Liebenswürdigkeit. Die Deputa-

! tion machte auch bei dem Feldmarschall Moltke ihre Aufwartung, der für diese Aufmerksamkeit in länge­rer, mit an ihm ungewohnter Wärme und Innigkeit gesprochener Rede dankte. In derselben sprach Graf Moltke auch vom deutschen Bündnisse.Wir wollen", sagte der Feldmarschall,diesem Bündnisse treu an- hängen und an demselben unter allen Umständen fest- halten."

Oesterreich und Italien stehen jetzt in in­timem Bündnis. Es war wirklich ein Kunststück Bis­marcks, sie unter Einen Hut zu bringen. Wie haben sie sich s. Z. gehaßt und bekämpft und wie galt in Oesterreich Viktor Emanuel und namentlich sein Mi­nister Cavour als die Verkörperung des Mephisto­pheles ; sein Name war zum Schimpfnamen geworden. Und dieser Tage hat der Kaiser von Oesterreich dem Minister Crispi und zwei anderen italienischen Mi­nistern hohe Orden verliehen. Man soll niemals niemals" sagen!

Frankreich.

In Paris geht das Gerücht, daß neue deutsche Maßregeln an der elsässischen Grenze bevorstehen; man glaubt, daß der Eintritt in Deutschland auch von den nichtfranzösischen Grenzen aus den Fanzo- sen verboten werden soll. Eine Bestätigung dieser Gerüchte liegt noch nicht vor.

Paris, 5. Juli. DerGaulois" teilt mit, daß der oberste Kriegsrat in der letzten Sitzung wich­tige Beschlüsse über die Befestigung der Ostgrenze gefaßt habe, die das seit 15 Jahren angewendete Sy­stem umstießen. Die durch diese Beschlüsse und durch neue Erfindungen notwendig gewordenen Ausgaben würden das außerordentliche Budget des Kriegsmini­steriums um 620 Millionen erhöhen. Die für die Ergänzung des Armeematerials durch die Gesetze von 1875 und 1881 gewährten Kredite erreichen damit die Höhe von 3 Millarden 833 Millionen.

Paris, 5. Juli. Zu dem Riesenbankett auf dem Marsfeld am 14. Juli sind 4200 Einladungen ergangen. Es sind von Staatswegen 30000 Fr., von der Stadt 20000 Fr. für die Herstellung des Raumes angewiesen; dieser beträgt 8000 in oder 80 ar; man parkettiert den Boden, und nach oben wird ein Glasdach hergestellt. Oben im Bankettsaal steht der Präsidententisch, 6 andere Tafeln von je 90 in Länge stehen senkrecht darauf. Das Nationalfest wird durch eine große Truppenrevue auf dem Hippo­drom von Longchamps, durch ein Defilö der Schul­bataillone auf dem Platz des Stadthauses, durch große Schulfeste auf den elysäischen Feldern, im Jardin de Paris und auf anderen Plätzen, durch Almosenverteilungen an die Armen, durch Gratis­vorstellungen an den Theatern rc. gefeiert.

Paris, 6. Juli. Die Finanzlage Frankreichs ist sehr ernst;La France", ein dem Kabinet gün- ! stiges Blatt sagt:Wenn heute ein Krieg käme, so! hätten wir eine Milliarde sofort fälliger Schulden! auszuzahlen, nämlich Sparkassengelder, welche höchst! wahrscheinlich zurückgefordert würden, dazu das Kriegs- > anlehen von doch mindestens 2 Milliarden; wir müß- ^ ten also soiort 3*/- Milliarden aufnehmen, aber wo! sie finden?"

Der Graf von Paris hat ein Manifest pub­liziert , welches die Regierung sofort konfiszieren ließ. Dasselbe war an die Bürgermeister von Frank­reich gerichtet.

Belgien.

Kronprinz Viktor Emanuel von Italien ist auf seiner Brautschau am Donnerstag Abend in Brüssel angekommen.

England.

London, 3. Juli. Die Flotten-Mobilisie- rungs-Ordres dürften innerhalb der nächsten zwei Tage erteilt werden. Dem Vernehmen nach handelt es sich darum, ein Geschwader von etlichen 40 Schif­fen an einen bestimmten Punkt zu konzentrieren und alsdann eine Serie von Manövern zu beginnen. Die Wahrscheinlichkeit eines neuen Zulu-Kriegs tritt im­mer mehr in den Vordergrund und dürften demnächst 3000 Mann von hier nach Süd-Afrika dirigiert werden.

Der Londoner Standard bringt folgende Sen­sationsmeldung: Es wird in Petersburg viel von einer bevorstehenden Verlobung einer Schwester des deutschen Kaisers mit dem Großfürsten-Thronfolger Nikolaus von Rußland gesprochen. Der Zar hätte seine Zustimmung zu dem Plane erteilt. Der Standard fügt hinzu, Fürst Bismarck sei immer einem solchen Plane geneigt gewesen. Das war sein Hauptgrund gegen den Battenberger Heiratsplan,

der die Verbindung einer Schwester der Prinzessin Viktoria mit dem Großfürsten-Thronfolger unmöglich gemacht haben würde.

Maxim, der Erfinder der automatischen Kugel­spritze, hat sein Prinzip jetzt auch auf Kanonen an­gewendet. In Eroth in England wurde kürzlich ein Dreipfünder dieser Konstruktion mit so gutem Erfolg probiert, daß die englische Regierung einen Zwölf- pfünder nach demselben Prinzip zur Erprobung bestellt hat. Die Maxim-Gesellschaft in London hat ihr Pa­tent für 20 Jahre an Krupp in Essen verkauft, wel­cher diese Kanonen für Deutschland fabrizieren wird.

Rußland.

Zum bevorstehenden Besuch des deutschen Kai­sers in Petersburg schreibt das ungarische Mi­nisterorganNemzet", man finde in diesem Ereignis um so weniger Grund zu Befürchtungen, als man überzeugt sei, daß in Petersburg nichts ohne Ver­ständigung und Zustimmung des Wiener Kabinets geschehen werde. Im Gegenteile seien diejenigen im Rechte, die von der bevorstehenden Kaiserbegegnung eine Erleichterung der Lösung aller schwebenden Fra­gen erhoffen.

Serbien.

Belgrad. Mit der Ehescheidung des Königs und der Königin scheint es noch nicht so schnell gehen zu wollen, da das geistliche Tribunal eine solche noch nicht ausgesprochen hat. Hochstehende Persönlichkeiten sind bemüht, einen öffentlichen Eclat, wie es eine förmliche Scheidung wäre, zu verhindern. König Milan strebt die Scheidung an, indem er behauptet, die Königin Natalie habe von Wiesbaden aus aber­mals die Versuche erneuert, ihn zur Abdankung zu zwingen, damit sie während der Minderjährigkeit des Kronprinzen die Regentschaft übernehmen könne. Die Königin Natalie will ihre Zustimmung zur Scheidung nur unter der Bedingung geben, wenn der Kronprinz Alexander bis zu seiner Großjährigkeit bei ihr bleibe und unter ihrer Leitung seine Erziehung vollenden werde. Darauf will König Milan nicht eingehen. Andrerseits weigert sich die Königin den Kronprinzen nach Belgrad zu schicken und dem Vater zu über­lassen. König Milan ist von einer solchen Abnei- nung gegen seine Frau beherrscht, daß eine Versöh- gung vorläufig ausgeschlossen erscheint.

Bulgarien.

Sofiamacht" sich. Aus Sofia schreibt man demN. W. T.":Die Herzogin Clementine hat mit ihrer Tochter, der Herzogin Max Emanuel von Bayern, Unterhandlungen angcknüpft, welche je­denfalls auch das Wohl des bulgarischen Volks im Auge haben. Die hohe Frau hat nämlich die Absicht, in Sofia eine echte bayerische Bierbrauerei zu instal­lieren (?) und die Herzogin Max soll in München das Nötige hiezu veranlassen. Wie man vernimmt, wird der Unternehmer die Räumlichkeiten unentgelt­lich zur Verfügung gestellt bekommen." Wenn dem so ist, dann möge die Sache nur recht beschleunigt werden, damit der Landesvatec von Bulgarien von dem zu erwartenden Biere auch noch was zu trinken bekomme.

Afrika.

Der Kampf im Zululande hat nunmehr seinen Anfang genommen. Die Zulus wehren sich verzweifelt gegen die Engländer. Eine britische'Ko­lonne schlug eine Schaar Aufständischer erst nach sechsstündigem Kampfe. Die Engländer hatten schwere Verluste und verloren auch mehrere Offiziere.

Kleinere Mitteilungen.

Man schreibt aus der Steinlach: Die gegenwärtige feuchtwarme Witterung fördert die Vegetation wunderbar. Gerste, die vor 14 Tagen dürr zu werden anfing, ist nun 6070 Cm. hoch; Dinkel, an dessen Ausgchen man zweifelte, steht nun, zwar dünn, aber über 1 Meter hach.

Aus Geiz verhungert sind in Einbeck eine Witwe und ihre 40jährige Tochter, die im eigenen Haus wohnten. Sie wurden in ihrer von Schmutz starrenden Stube gefunden, die Tochter eine Leiche, die zum Skelett abgemagerte Mutter dem Tod nahe. Offen herum lagen einzeln mehr als 300 in einer Kommode 1800 und in einem Schrank 14 000 Wertpapiere und ein Sparkassenbuch über 21000 .6. Das alte Rätsel!

Der Wein des Kaisers. Im Nachlasse Kaiser Friedrichs befand sich eine nicht unbeträchtliche Sammlung kostbarer Weine, welche in der letzten Zeit um hohen Preis zur Stärkung des kranken Monarchen angekauft wurden. Einzelne Flaschen desselben kosteten bis zu 60 Die Kaiserin Viktoria hat nun den Befehl erteilt, daß diese Weine den Berlinern Krankenhäusern zugewiesen werden, um dort gleichfalls Schwerkranken als Labung zu dienen. Die Kai­serin erklärte, sie könne cs nicht ertragen, zu denken, daß diese Weine jemals bei fröhlichem Gelage auf die Tafel kommen sollten, nachdem sic ihre schönste Bestimmung, den