die Vertrauensmänner des deutsch-böhmischen Volkes zusammen; Schmeykal hob hervor, daß der Aus­tritt aus dem Landtag nicht vom Zaun gebrochen wurde. Plen er sührtc aus, daß die Deutschen nicht nur von ihren nationalen Gegnern, sondern auch von der Re­gierung Bürgschaften fordern müßten, bevor sie wie­der in den Landtag e intreten würden; die Ansprüche der Deutschen seien bekannt: Aushebung der Sprachen­verordnung, nationale Abgrenzung der Bezirke, Zwei­teilung des Oberlandesgerichts, des Schulrates und Kulturrates, endlich die Anerkennung der deutschen Staatssprache. Die Versammlung erließ hierauf einen Aufruf an das deutsche Volk in Böhmen, in welchem es heißt:Euch ist vom Geschick nicht das Glück ruhiger Arbeit, sondern die Aufgabe beschicken, durch schwere Prüfungen erst zum Ziele, zu einer sicheren und glücklichen Zukunft zu gelangen. Seid bewußt, daß ihr eure Mandate jetzt zum ersten Male in der Voraussicht der Unterlassung ihrer Ausübung ver­leihen sollt."

Wien. Eine von 15000 (?) Ezechen besuchte Versammlung in Tabor sprach sich in einer scharfen Resolution gegen Gautsch aus und forderte die cze- chischen Abgeordneten auf, der Regierung so lange die Unterstützung zu versagen, so lange Gautsch Un­terrichtsminister sei.

Die Heizer der österreichisch- ungarischen Lloyd- Gesellschaft haben die Arbeit eingestellt. Die Zahl der Sinkenden beträgt schon 500 u.nd alle Neuan­kommenden schließen sich ihren Kollegen an. Eine Deputation der Heizer will in Wien die Vermittelung des Handelsministers erbitten.

Nach den bis zum 10. August bekannt gewor­denen Unglücksfällen auf Bergtouren beträgt deren Zahl in dieser Saison nicht weniger als 22, nämlich 17 Todesfälle und 5 Verwundungen, zu denen aber bereits wieder in den letzten Tagen meh­rere Fälle hinzugekommcn sind. Der Polizeipräsi­dent von Wien hat die touristischen und alpinen Vereine zunächst zu einem Gutachten darüber aufge- fordcrt, welche Verfügungen zu erlassen wären, um einer häufigen Wiederholung von Unglücksfällen bei Bergbesteigungen vorzubeugen.

Wien, 17. Aug. Man meldet der Str.P.: In hiesigen diplomatischen Kreisen ist man überzeugt, daß Rußland, welche Wendung auch die Dinge in Bulgarien nehmen mögen, trotz alles Hetzens der chauvinistischen Presse sich zu keinerlei bewaffnetem Einschreiten wegen Bulgariens verstehen werde. Ins­besondere ist der Zar selbst bei seinem entschiedensten Beharren auf dem gegenwärtigen Standpunkte gegen ein derartiges Einschreiten. Er soll geäußert haben: Ich will keinen Krieg wegen Bulgariens."

Pest, 16. Aug. Die Mutter des Prinzen von Koburg erhielt ein Schreiben des Prinzen Ale­xander von Battenberg, in welchem dieser den neuen Fürsten beglückwünscht und ihm seine Unterstützung zusagt.

Dänemark.

Die dänische Regierungspresse bemüht sich andauernd, zu bestreiten, daß die jüngsten Reden des hitzigen Kriegsministers Bahnson einen deutschfeindli­chen Charakter gehabt haben. Man ^ befinde sich in Deutschland im Irrtum, wenn man so etwas aus den ministeriellen Worten herausgelesen habe. Das Schnurrige ist, daß diese Deutung zuerst von den dänischen Blättern selbst gebracht ist und die kennen ihren Kriegsminister jedenfalls ein ganzes Teil ge­nauer, als die deutschen Zeitungen.

Frankreich.

Paris, 13. Aug. Nach den letzten Nachrich­ten dauert die vor drei Tagen in den in der Nähe von Arcachon gelegenen Fichtenwäldern ausgebrochene Feuersbrunst fort. 1500 Männer sind mit dem Lö­schen beschäftigt. Der Schaden ist unberechenbar. 2000 Hektare Wald sind bis jetzt vernichtet.

Paris, 17. Aug. Man meldet der K. Ztg.: Die Negierung hat eine Depesche aus Sansibar er­halten, wonach der Tod Stanleys als gewiß ange­sehen wird. Stanley ist von seiner Truppe verlassen und dann ermordet worden. (Wird aber von an­derer Seite noch bezweifelt.)

England.

London, 16. Aug. Der bei der verhafteten Französin Vorgefundene verdächtige Stoff hat sich bei der amtlichen Untersuchung als unschädlich heraus­gestellt.

London, 18. Aug. Die in Cowes verhaftete Mathilde Drouin ist entlassen worden. Die wieder

aufgenommene Verhandlung hat die Unschuld der Angeklagten ergeben.

Rußland.

Die russische Regierung hat mit ihrer jüngsten Aufforderung an die jTürkei, gegen die Thronbesteigung des Fürsten Ferdinand laut zu pro­testieren , kein Glück gehabt. Die Türkei erkennt zwar den Fürsten nicht an, will auch keine offiziellen Beziehungen zu ihm eröffnen, aber zu einem scharfen Protest versteigt sie sich noch lange nicht. Sie fragt nun wieder bei den einzelnen Großmächten an, was die meinen, und damit ist die diplomatische Noten­schreiberei glücklich in Gang gekommen. Federkiele sind aber sehr harmlose Waffen , das weiß auch der Fürst Ferdinand.

Das zu der russischen Regierung insehr engen Beziehungen stehende JournalNord" ver­öffentlicht eine scharfe Note gegen den Prinzen Ferdi­nand von Koburg. Das Blatt erklärt, das Aben­teuer des Fürsten Ferdinand werde sehr bald ein trauriges Ende nehmen. Rußland werde ihn nie, weder als definitiven noch als provisorischen Regen­ten anerkennen. Weiter weist das Blatt die Beileid­bezeugungen Derouledes zum Tode Katkows zurück. Rußland, so schreibt es, habe Sympathien für ein gemäßigtes Frankreich, nicht aber für die Boulangi- stische Revanchepartei, welche an dem Sturz der Re­gierung arbeite.

Petersburg, 17. Aug. DasJournal de St. Petersbourg" bestätigt die russische Protestnote gegen die Wahl und die Ankunft des Prinzen von Koburg. Die volle Verantwortlichkeit für den flag- ! ranten Bruch des Rechtes der Mächte und der Pforte I falle nunmehr auf den Prinzen zurück, welcher die ! Ratschläge der Mächte mißachtet habe. Keine Macht könne die Giltigkeit der Wahl des Prinzen, noch die ! Legalität seiner Thronbesteigung zugeben, keine Macht ! werde daher den offenen Bruch des Berliner Ver- ! trags billigen. Im Falle es den Mächten gefiele,

^ eine solche Rechtsverletzung zuzulassen, so könne sich doch Rußland nicht allein für verpflichtet halten, als Verteidiger dessen aufzutreten, was von diesen Rech­ten noch übrig geblieben sei.

Petersburg, 18. Aug. DasJournal de St. Petersbourg" findet in der Proklamation des ! Prinzen von Koburg einen offenbaren Trotz und die ^ Aufforderung an die Bulgaren, über alle Verpflich­tungen hmauszugehen. Das Blatt stimmt dem Ar­tikel derNordd. AUg. Ztg." zu und sagt, der Prinz gehe mit Ueberstürzung und blind auf dem Wege der Abenteuer weiter.

Auf der Bahn Odessa-Lemberg stieß ein Kurierzug mit einem Güterzug zusammen. Beide Maschinen explodierten, 6 Personen wurden getötet.

Türkei.

Konstantinopel, 15. Aug. Gestern abend brannten in Skutari 1200 meist hölzerne Häuser nieder, auch die griechische und armenische Kirche wur­den ein Raub der Flammen. Ein Verlust an Men­schenleben ist nicht zu beklagen.

Bulgarien.

! Sofia, 16. Aug. Die Nachricht von dem festlichen Einzuge des Prinzen von Koburg in Tir- nowa und von dessen Eidesleistung hat, ebenso wie die durch Bulletins verbreitete Proklamation, unbe­schreiblichen Jubel hervorgerufen. Man beglückwünschte sich gegenseitig. In allen Straßen bildeten sich Grup­pen, in welchen die Bulletins verlesen wurden. Die Proklamation, insbesondere der Schlußsatz:Es lebe das freie und unabhängige Bulgarien!" rief große Begeisterung und donnernde Hurrahrufe hervor.

Tirnowa, 16. Aug. Der bulgarische Ver­treter in Konstantinopel, Vulkowitsch, benachrichtigte die hiesige Regierung, daß die Pforte von England, Italien und Oesterreich-Ungarn Noten erhalten hätte, in welchen diese Mächte die Wahl des Prinzen von Koburg anerkennen (?); nachdem dieselbe aber nicht in vollkommenem Einklänge mit dem Berliner Vertrage ! erfolgte, so würden sie die bulgarische Regierung wie in der Vergangenheit behandeln.

Amerika.

New York, 14. Aug. Von den bei dem Ei­senbahnunglück in Illinois Getöteten sind bis jetzt nur 75 indentifiziert worden. 129 Personen sind so schwer verwundet, daß sie nicht weiter transportiert werden können; 200 andere sind ebenfalls schwer ver­letzt. Die Schadenersatzansprüche, welche von Ver­letzten an die Toledo, Peoria und Western Eisen­bahn gestellt werden, belaufen sich auf 1 Million

Dollars. Die Compagnie ist schon dreimal bankerott gewesen.

Deutsche Turnlehrer haben auf einer Kon­ferenz in der Stadt Cincinnati in den Vereinigten Staaten die Forderung der allgemeinen Einführung des deutschen Turnens in den Schulen des Landes ausgesprochen.

Kleinere Mitteilungen.

Stuttgart, 15. August, lieber Blutvergif­tung durch Insektenstich schreibt ein Arzt demStuttg. N. Tgbl." : Seit mehr als 30 Jahren wende ich bei Insektenstichen jedesmal die Jodtinktur an. Ein oder zwei Tropfen davon, recht frühzeitig auf die Wunde gestrichen, vernichten das Gift, so daß schon nach 24 Stunden die Haut vollständig frei ist. Kommt man erst später dazu, erst nach zwei bis drei Tagen, wenn die unter der Haut sich hinziehen­den Gefäffe als rote Stränge sichtbar werden, wenn die Extremitäten oder sonstige Körperteile bereits schmerzhaft geschwollen erscheinen, auch dann noch, selbst bei notorischer Leichengiftübertragung, wirkt nachhaltige Bepinselung der betr. Teile, natürlich vor allem der Wunde, ich kann nach meinen Erfahrungen behaupten, mit unfehlbarer Sicherheit. Hochhalten der geschwollenen Extremitäten vermindert die wässe­rige Anschwellung, beschleunigt die Heilung. Das Bepinseln muß täglich einmal recht energisch vorge­nommen werden, so daß die Haut, dunkelbraun ge­färbt, nach 34 Tagen sich runzelt und abheben läßt. Das bald vorübergehende Brennen durch die Bepinselung wird jedermann gerne in den Kauf nehmen.

Der Sergeant K. der 1. Eskadron des 2. württ. Dragoner-Regiments Nr. 26 in lllm hatte sich vor einigen Tagen beigehen lassen, einem Rekruten eine Ohrfeige zu versetzen, und war wegen dieser Miß­handlung in Untersuchung gezogen worden. Am 11. ds. sollte seine Vernehmung stattfinden; K. machte aber vorher einen Selbstmordversuch mittels eines Revolvers. Er wurde mit schweren Verletzungen am Kopfe in das Militär-Lazaret verbracht.

Ravensburg, 16. Aug. Diesen Nachmittag hat Re­staurateur Nägele das Zeitliche gesegnet. Am Sonntag abend fand in seinem Hause eine sog. Hochzeitsschenke statt. Unter den zahlreichen Anwesenden befand sich auch der junge Max Strahle von hier. Dieser verlangte von Nägele einen Re­genschirm, den er ihm beim Kommen übergeben habe; dies war aber nicht wahr und so konnte ihm Nägele auch keinen rctourgeben. Nun beschuldigte der Bursche den Gastgeber, er wolle einem den Schirm behalten. Hiedurch schwer beleidigt, setzte ihn Nägele mit vieler Mühe endlich vor die Thür seines Hauses, da stieß ihm der rabiate Bursche ein Stilett in den linken Oberarm. Die Acrzte erklärten die Wunde sofort für gefährlich und jetzt ist Nägele seiner Frau und seinen Kin­dern schon durch den Tod entrissen. Der Thäter sitzt hinter Schloß und Riegel. Die Aufregung über die That ist hier allgemein, und nm so größer, als zwei junge Friseurgehilfeu, die beim erste» Verbandanlegen als Helfer erschienen, die Uhr und goldene Kette des Verwundeten zu stehlen bemüht waren. Sie haben bereits ein Geständnis abgelegt und befinden sich ebenfalls im Gefängnis.

Schönmünzach, 15. Aug. Am 8. Aug. umschwamm Oswald Fritz von Forbach den 1 Stunde von hier ans hohem Berge sich befindlichen Schurmcr-See in 10 Minuten, was von mehreren Personen bezeugt wird. Der Umkreis beträgt yz Stunde. Jedenfalls eine erwähnenswerte Leistung der Schwimmkunst.

Biebrich, 13. Aug. Die Reblaus-Entdeckungen neh­men eine immer bedenklichere Ausdehnung an. Heute früh wurde bereits der siebente Herd entdeckt. Derselbe befindet sich im herzoglichen Garten und es scheint, daß von diesem aus die Verseuchung der übrigen Gärten erfolgt ist.

In Pirmasens hatte der Schuster Christian Herr­mann zu einer Kindtaufe seine beiden Brüder Georg und Friedrich sowie eine im Haus wohnende Frau Jeckel cinge- laden. Während des Schmauses entspann sich ein Streit, im Verlauf dessen Georg Hermann seinen Dank für die Ein­ladung dadurch bethätigte, daß er den Kindtaufsvater, seinen Bruder Christian Hermann, sowie seinen Bruder Friedrich Herrmaun und Frau Jeckel durch Messerstiche zum Teil schwer verletzte. Frau Jeckel hat zwei Stiche im Rücken und einen, der den Ann durchdrang. Gemütliche Kindtaufe!

Bei den Bienenvätern in Lübbenau herrscht große Freude. In Folge der reichen Lindenblüte, welche bei dem andauernden schönen Wetter ganz ausgenutzt werden konnte, sind ihre Stöcke schon jetzt so schwer wie sonst erst im Herbst, und da die Stöcke zum Teil noch in die Haidedörfer ge­schafft worden sind, so dürfte das gegenwärtige eines der honigrcichstcn werden.

Ver funken! Wie der Thüringer Ztg. mitgctcilt wird, war der Landwirt Baberstadt von Sen dingen in Gemem- schaft seines Knechtes mit dem Einfahren von Roggen be­schäftigt. Plötzlich hörten die Ernte-Arbeiter eines benach­barten Grundstückes Hilferufe und sahen zugleich den schon beladenen Erntewagen, ans dem Baberstadt mit dem Aufladen beschäftigt war, in die Erde versinken. Beim Naherkommen bemerkten die Arbeiter, daß Wagen, Pferde, Besitzer und Knecht verschwunden waren, und sich an der Stelle ein Erd­fall im Durchmesser von 23 Metern gebildet hatte, der sich noch fortwährend erweiterte. Rettungsversuche waren unmög-