Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirl Nagold.

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Donnerstag den 11. August

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1887 .

Amtliches.

Bekanntmachung des Ministeriums des Innern zum Vollzug des Reichsgesetzes, betreffend die Unfallver­sicherung der bei Bauten beschäftigten Personen vom 11. Juli 1887 (Reichs-Gesetzblatt S. 287).

Vom 27. Juli 1887.

Unter Bezugnahme auf die Ministerial-Verfü- gung vom 20. Juli 1884 (Reg.-Bl. S. 149) betref­fend den Vollzug des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 (Neichsgesetzbl. S. 69), wird die in Nr. 28 des Zentralblatts für das deutsche Reich (S. 192) enthaltene Bekanntmachung des Reichsver­sicherungsamtes vom 14. Juli 1887 , betreffend die Anmeldung unfallversicherungspslichtiger Tiefbau- und anderer Baubetriebe durch den nachfolgenden Abdruck mit dem Anfügen zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß die gemäß Z 11 des Bauunfallversicherungsgesetzes vom 11. Juli 1887 und ß 11 des Unfallversicherungsge- fetzes vom 6. Juli 1884 bis längstens 1. Septem­ber d. I. zu erstattenden Anmeldungen der unter 8 4 Ziff. 1 des Bauunfallversicherungsgefetzes vom 11. Juli 1887 fallenden Betriebe von den Unterneh­mern durch Vermittelung der Ortsvorsteher an die Oberämter zu erstatten sind.

Stuttgart, den 27. Juli 1887.

Für den Staatsminister:

R ü d i n g e r.

Bekanntmachung, betreffend die Anmeldung unfall- versichernngspflichtiger Tiefbau- und anderer Baubetriebe.

Vom 14. Juli 1887.

In Gemäßheit des 8 H des Gesetzes, betref­fend die Unfallversicherung der bei Bauten beschäftig­ten Personen, vom 11. Juli 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 287), hat jeder Unternehmer eines gewerbsmäßi­gen Eisenbahn-, Kanal-, Wege-, Strom-, Deich- und sonstigen nicht unter die Bestimmungen des Unfall­versicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 oder unter die nach 8 1 Absatz 8 desselben vom Bundesrat er­lassenen Anordnungen fallenden Baubetriebes den letzteren nach den Vorschriften des 8 11 des Unfall- verstcherungsgesetzes innerhalb einer von dem Reichs- Versicherungs-Amt zu bestimmenden und öffentlich be­kannt zu machenden Frist anzumelden. (Vergl. 8 4 Ziffer 1 des Gesetzes vom 11. Juli 1887.) Die Frist für die Anmeldung wird hiermit aus die Zeit bis zum 1. September 1887 einschließlich festgesetzt. Die Anmeldung hat unter Angabe des Gegenstandes und der Art des Betriebes, sowie der Zahl der durch­schnittlich darin beschäftigten versicherungspflichtigen Personen bei der unteren Verwaltungsbehörde zu erfolgen. Unternehmer von Betrieben, welche schon gegenwärtig einer Berufsgenoffenschast angehören, haben in der Anmeldung anzugeben, ob der ange­meldete Betrieb den Hauptbetrieb oder den Nebenbe­trieb bildet, und welcher Berufsgenoffenschast der Betrieb bereits angehört. Welche Staats- oder Ge­meindebehörden als untere Verwaltungsbehörden an­zusehen sind, ist von den Landes-Zentralbehörden in Gemäßheit des 8 109 des Unfallversicherungsgesetzes seiner Zeit bestimmt und öffentlich bekannt gemacht worden. Für die nicht angemeldeten Betriebe hat die untere Verwaltungsbehörde die Angaben nach ihrer Kenntnis der Verhältnisse zu ergänzen. Die­selbe ist befugt, die Unternehmer nicht angemeldeter Betriebe zu einer Auskunft darüber innerhalb einer zu bestimmenden Frist durch Geldstrafen im Betrage bis zu einhundert Mark anzuhalten. Im übrigen

wird wegen der Anmeldung auf die beigefügte Anlei­tung hingewiesen.

Berlin, den 14. Juli 1887.

Das Reichs-Verstcherungsamt.

B ö d i k e r.

Nagold.

Die Ortsvorsteher

werden aufgesordert, vorstehende Bekanntmachungen in ihren Gemeindebezirken zur öffentlichen Kenntnis zu bringen, auf Grund der im Staatsanzeiger Nr. 177 vom 2. l. Mts. S. 1189 gegebenen Anleitung, die unfallversicherungspflichtigen Tiefbau- und ande­ren Baubetriebe zur Anmeldung zu veranlassen und die eingelaufenen Anmeldungen nach dem in der An­leitung vorgeschriebenen Formular mit einem Bericht über die Vollständigkeit der angemeldeten Betriebe bis

1. September 1887

dem Vorgesetzten Oberamt einzusenden.

Falls in einer Gemeinde keine unfallversiche­rungspflichtigen Betriebe nach dem Bauunfallversiche­rungsgesetz vom 11. Juli 1887 vorhanden sind, ist Fehlanzeige zu erstatten.

Den 3. August 1887.

K. Oberamt. Güntner.

Einer Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betr. die Zuerkennung von Preisen für Lei­stungen im Fischereiwesen pro 1887 zufolge hat u. a. einen Preis im Betrag von SO 4L erhalten: Rotgerber Lorenz Lutz in Alten steig.

Die erledigte evangelische zweite Stadtpfarrstelle in Reutlingen wurde dem Oberhclfer Ströle daselbst (früher Helfer in Nagold) übertragen.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

* Nagold. Am Freitag den 12. August, abends */s8 Uhr, findet im Seminar-Festsaal ein Kon­zert der vom vorigen Jahre her hier noch in sehr gutem Andenken stehenden Künstler Hrn. und Frau Geleng, Mitglieder der k. Oper in Straßburg, und der Pianistin Frln. Simon vom dortigen Konser­vatorium statt. Freunde einer guten Musik machen wir hiemit aufmerksam.

* Nagold, 10. Aug. Gestern mittag wurde der Waldschütze D. von Pfrondorf wegen Verdachts der Brandstiftung dort hier in Haft genommen. Die Leiche des bei Mainz ertrunkenen led. Bier­brauers Heinr. Schwarzkopf von hier (s.Gesellsch. Nr. 91) ist nach telegr. Meldung bei Oberwesel (Reg.-Bez. Koblenz) geländet worden.

Haiterbach, 9. Aug. Schon wieder ist aus hiesiger Stadt von einem Schadenfeuer zu berich­ten. Gestern nachmittag 3 Uhr brach in dem am Schömberg gelegenen, vor 13 Jahren neuerbauten Hause des Schlossers Karl Maier in Abwesenheit sämtlicher Hausgenossen Feuer aus. Dasselbe griff mit so rasender Schnelligkeit um sich, daß das ganze Gebäude schon lichterloh brannte, als die rasch herbei­geeilte hiesige Feuerwehr ihre Thätigkeit begann. Die letztere bestand, der Sachlage entsprechend, nur noch darin, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken. Der umsichtigen, energischen Leitung der Löscharbeit und der angestrengtesten Thätigkeit der Feuerwehr, welch letztere von den unermüdlichen Wafferträgerinnen mit anerkennenswertem Eifer unterstützt wurde, ist es zu danken, daß nach 2stündigem heißem Kampfe das verheerende Element bezwungen und weitere Gefahr für die Nachbargebäude nicht mehr zu befürchten war. Sämtliches Vieh wurde gerettet, Mobilien dagegen nur ganz wenig; zudem ist der Abgebrannte nur un­

genügend versichert. Die Entstehungsursache des Feuers kennt man nicht.

Stuttgart, 8. Aug. Im Lause des heu­tigen Nachmittags kommen die sämtlichen Ferienkolo­nien, von welchen fortdauernd die besten Nachrichten hier eingegangen sind, wieder in unserer Stadt an.

Stuttgart, 6. Aug. Auf dem Rathause kam heute vormittag das in der Charlottenstraße befindliche sog. Char­lottenbad von Autenrieth zum erstmaligen Aufstreich. Das Anwesen ist angeschlagen zu 251960 4L und wurden nur 146 000 ^ als höchstes Angebot gemacht, welches der ersten Hypothek der Allg. Renlen-Austall entspricht.

Reutlingen, 4. Aug. Der vorgestern Abend gestorbene Gustav Werner, der in weiten Kreisen bekannte christliche Sozialist und Begründer verschie­dener Rettungsanstalten, war ein Mann von kräfti­ger, imponierender Gestalt und praktischem Geschick. Als Reiseprediger wußte er durch seine klangvolle Stimme und seine liebevolle Hingebung manche so für seine christlich-sozialen Ideen zu gewinnen, daß sie oft ihre ganze Existenz mit ihm verknüpften. Als die Anfänge des sechsten Jahrzehnts über Würt­temberg und seine ländliche Bevölkerung eine große Notzeit brachten, so daß ganze Dörfer dem Gant an­heimfielen , da benützte Werner die Gelegenheit zu Gütererwerbungen in den ärmsten Gemeinden, na­mentlich der Schwarzwaldgegend, um Rettungssilial- anstalten zu gründen. Eine schwere Krisis brach im Jahre 1863 über seine Anstalten herein. Die Grün­dung der mit bedeutenden Kosten verknüpften Papier­fabrik in Dettingen bei Urach und Mißerfolge bei kostspieligen Versuchen, die Papierfabrik in Reutlin­gen den Anforderungen der Zeit gemäß umzugestal­ten, führten aus Werner's Antrag selbst zu einer ge­richtlichen Bermögensuntersuchung, die zwar noch einen Ueberschuß von 960000 fl. ergab, aber die schwierige Lage doch nicht beseitigte. Da wurde durch die großartigen Opfer der zahlreichen Freunde Wer­ner's, und eine bedeutende Staatsunterstützung, durch welche die Gründung einer Aktiengesellschaft ermög­licht wurde, der finanzielle Ruin abgewendet, und bald blühte die Dettinger Papierfabrik so empor, daß sie allein die anderen Anstalten wieder zu heben ver­mochte. Durch die Stiftungsurkunde vom 30. März 1881 hat Werner mit seiner Ehefrau seine letztwillige Verfügung dahin getroffen, daß sein ganzes bedeu­tendes Vermögen einer Stiftung zufalle, welche den Namen Gustav Werner-Stiftung zum Bruderhaus führt, ihren Sitz in Reutlingen hat und den Zweck verfolgt, die verschiedenen Erziehungs- und Besserungs­anstalten, welche mit der Bezeichnungzum Bruder­haus" umfaßt werden, weiter zu führen. Rastlos thätig hat der edle Mann so lange unermüdlich sort- gearbeitet, bis ein schweres Leiden seinem Wirken ein Ziel setzte und er im Alter von 77 Jahren abberu­fen wurde. Sein Gedächtnis bleibt in weiten Krei­sen, besonders unter den Tausenden, die ihn ihren Vater" nannten, in bleibender Erinnerung.

Backnang, 5. Aug. Am Mittwoch und Don­nerstag fand hier die diesjährige Hauptversammlung der württemb. Volksschullehrer statt. Die Stadt war prächtig beflaggt. Von nah und fern waren die Lehrer herbeigeeilt, um Freunde zu treffen, alte Be­kanntschaften zu erneuern, neue anzuknüpfen und na­mentlich gesammelte Erfahrungen ans dem Gebiet des Schulunterrichts auszutauschen. Am Mittwoch nach­mittag von 3 Uhr an fand die Vorversammlung im hübsch dekorierten Härlin'schen Lokal statt, zu wel­cher sich etwa 300 Lehrer eingefunden hatten. Bei der am folgenden Tag stattfindenden Hauptversamm­lung beteiligten sich etwa 600 Lehrer.