leihen weiß, sowie der Geschmack seines Vortrages." Aehn- liche Berichte liegen vor aus Basel, Rottweil u. a. O.

Stuttgart, 14. April. In der Kammer der Abge­ordneten kam heute die Beratung des Gesetzentwurfs betr. die fernere Wirksamkeit des Sportelgcsetzes vom 24. März 1881 an die Reihe. Der vorliegende Gesetzentwurf bezweckt, die Giltigkeitsdauer des Gesetzes von 1881, das am 31. März d. I. abgelaufen und durch ein Notgesetz einstweilen in Wirk­samkeit gelassen war, auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Damit soll eine teilweise Aenderung des Gesetzes, insbe­sondere aber des Tarifs verbunden werden. Die Kommission beantragte in die Einzelberatung des Gesetzentwurfs einzutre­ten, wobei der Berichterstatter Sachs insbesondere ausführte, daß ein Ersatz für den Ausfall der Einnahmen, welcher für die Staatskasse entstehen würde, zur Zeit schwer zu finden wäre. Den in der Vorlage vorgeschlagencn Sporteln auf Zurückziehung und Abweisung von Gesuchen gegenüber hat sich die Kommission durchaus ablehnend verhalten. Den ncu- vorgcschlagencn Sporteln ist meistens zugcstimmt worden, ebenso den vorgeschlagenen Aenderungen der bereits bestehen­den Sporteln. Eine neue zeitliche Beschränkung der Wirksam­keit des Gesetzes war von der Kommission nicht wieder be­fürwortet. Abg. Lang machte einige abfällige Bemerkungen über das Sportelwescn im Allgemeinen und meinte, das Bau- konzesionswescn beweise recht deutlich, daß wir in einem Po­lizeistaat leben. - Zn Sachen der Abweisung oder Zurück­ziehung von Gesuchen oder Anträgen sollte es nach dem Ent­würfe der Regierung im Allgemeinen zustehen, eine Sportel zu erheben oder nicht; die Kommisston hatte dagegen bean­tragt, daß dieser Sportelansatz nur in den im Tarif beson­ders bczeickmcten Fällen geschehen könne. Dem Minister v. Fabcr gegenüber, welcher für den in Baden-Baden auf Urlaub weilenden Minister v. Holder die Vertretung des Entwurfs übernommen hatte, ließ sich insbesondere Frhr. v. Varnbüler in sehr scharfer Weise aus, indem er auf die wahre Kalamität hinwies, die in Sachen der Baukonzcssionsgesuche herrsche. Da würden den geringfügigsten Gesuchen die allergrößten Schwierigkeiten entgegengesetzt. Der Willkür der Beamten sei Alles überlassen. Auch der Abg. Untersee machte den Vcrwaltungsbeamten, die nicht objektiv und unparteiisch genug bei der Behandlung der Gesuche seien, gerade kein Kompliment. Der Abg. v. Luz nahm seinerseits die angegriffene Beamten- Katcgoric in Schutz, worauf der Kommissionsantrag genehmigt wurde. Was den Sporteltarif anlangt, so ward der Ver­kauf von Arzneimitteln auf oder ohne ärztliche Verordnung nach etwas anderen Sportelsätzen als bisher (140 ^, 3 bis 100 </6) geregelt. Was die von der Regierung vorge­schlagene Bespöttelung von Bansachen von 115 ^, wenn die Gemeindebehörden die Genehmigung erteilen, anbclangt, so hatte diese Abficht nur einen Fürsprecher in der Kammer, den Abg. Harttranfft. Die Kommisston und mit ihr die große Mehrheit des hohen Hauses wies diese Bespöttelung des Bau­wesens durch die Gemeindebehörden von der Hand. Mit der Bespöttelung der Abweisung von Beschwerden mit 220 ^ erklärte sich die Kommission und mit ihr das hohe Haus ein­verstanden. Der Berichterstatter Sachs führte aus, die Be­schwerdeführung sei allerdings ein verfassungsmäßiges Recht des württemb. Staatsbürgers, betonte aber, daß in Folge des häufigen Vorkommens mutwilliger Beschwerden eine Be­spöttelung der abgewiescnen wünschenswert sei. Der Abg. Schnaidt wollte von dieser Sportel auf Abweisung von Be­schwerden nur dann etwas wissen, wenn auch die unrichtigen Erkenntnisse der Beamten besportelt würden, wogegen Minist, v. Faber an die Liebhaberei der württemb. Staatsbürger, stets zu rekurrieren, zu appellieren und Beschwerde zu führen, erinnerte. Um die Bespöttelung der abgcwiesencn Beschwer­den möglichst cinzuschränken, sprach man noch die Voraus­setzung aus, daß die Bespöttelung der abgewiesenen Beschwer­den nur die Ausnahme bilden solle, damit nur die mutwilli­gen getroffen würden.

Stuttgart, 17. April. Gestern hatte der Württ. Zweigverein deutscher Branntweinbrenner und Liqueur-Fabrikanten seine General-Versammlung un­ter dem Vorsitz des Fabrikanten Strauß von Heil­bronn. Die Beratung über die gegen die neuen Steuerprojekte zu ergreifenden Maßregeln war eine geheime.

Nach der Mitteilung verschiedener Blätter soll dieWürttembergische Landeszeitung" in den Besitz eines Konsortiums übergehen, an dessen Spitze der Verlagsbuchhändler Häuselmaun in Stuttgart steht. Das Blatt soll die Politik der Deutschen Partei" verfolgen und anscheinend deren offizielles Organ werden.

Brandfälle: In Gündringen das dem früheren Eisenbahnausseher Kienle gehörige Haus; in Oppenweiler (Backnang) am 15. d. M. das zweistöckige Wohngebäude des Wagners G. Wieland.

München, 18. April. Justizminister Fäustle ist soeben an einen; Herzschlag gestorben.

Deutsche Sprache in Metz. Die Polizei­direktion zu Metz hat verordnet, daß Privatanzeigen, welche zur Anheftung als Plakate in den Straßen bestimmt sind, in Zukunft nur dann zur Anheftung werden zugelassen werden, wenn sie in deutscher Sprache abgefaßt sind. Es ist gestattet, dem deutschen Text eine französische Uebersetzung hinzuzufügen, doch muß das Deutsche stets die erste Stelle einnehmen.

Zum Termin für die feierliche Grundstein­legung zum Bau des Reichsgerichtsgebäudes in Leipzig ist der 25. Mai in Aussicht genommen.

In Frankfurt a. M. Neue Kräme 1 hat der dortige Colonial-Berein ein Auskunfts­bureau für deutsche Auswanderer errichtet. ! Dasselbe lehnt grundsätzlich ab, irgend ein Auswan- ! derungsziel zu empfehlen, erteilt aber unentgelt­lich Rat und Auskunft in allen die Reise und Aus­wanderung betreffenden Fragen.

Köln, 15. April. Hunderte von Menschen standen gestern vormittag diesseits und jenseits der grünen Anhöhen der Umwallung auf der Beuloer­straße und stauntenein Wunder" an, einen Wagen, der ohne Pferde, ohne Dampf- und ohne Tretmaschine ! auf den Geleisen der Straßenbahn lief, plötzlich still- stand, wieder lief und so weiter, fort und fort, als ob eine unsichtbare Gewalt ihn leitete, zöge oder schöbe. Es war ein durchElektrizität" getriebener Straßenbahnwagen. Die treibende Kraft liefert eine Akkumulatorenbatterie, welche unter den Sitzen des Wagens aufgestellt ist. Die Füllung der Akkumu­latoren reicht für eine fünfstündige Fahrzeit. Nach­dem die in den letzten Tagen in der Fabrik ange- stellten Proben zur Zufriedenheit ausgefallen waren, veranstaltete man besagte Probefahrt auf der Pferde­bahnlinie Köln-Ehrenfeld, welche sich gleichfalls bewährte.

Berlin, 16. April. Die Uebungsreisen des Generalftabs sollen in diesem Jahre bei dem j ersten, zweiten, vierten und elften Armeekorps fort-

> fallen, bei allen übrigen Armeekorps aber stattfinden.

Berlin, 18. April. Der deutsche Botschaf­ter in Paris, Graf Münster, begibt sich auf Wunsch des Reichskanzlers nach Berlin, um mit diesem zu beraten.

Berlin. 19. April. Gutem Vernehmen ^ nach ist der bisherige Botschafter in Madrid, Graf Solms, als Nachfolger Kendells in Rom ans- ^ ersehen.

Eine Korrespondenz derKöln. Ztg." aus Berlin bemerkt, daß das Dreikaiserverhältnis weder Ende vorigen Monats abgelaufen ist, noch zu jener Zeit erneuert zu werden brauchte und .daß Rußland von demselben auch nicht ohne amtliche Erklärung zurückgetreten ist. Alle entgegengesetzten ^ Angaben, von irregeführten oder interessierten aus-

> wärrigen Blättern verbreitet, haben sich bis jetzt nicht als begründet erwiesen. Man hat sich dar-

i über gewundert, daß die Franzosen so großen Wert ^ auf das Ablaufen oder sonstige Verschwinden des ? Einvernehmens der drei Kaiser legten, obwohl dies ! Einvernehmen doch die bekannten Lockrufe und freund- ^ lichen Zwiegespräche in der Presse zwischen Peters- ^ bürg und Paris die Zeit über nicht verhindert hat.

! Aber es mochte den Nachbarn im Westen doch der Gedanke entgegentreten, daß im Ernstfall eine Beru- ' fung auf die Verabredung von Skierniewice manchen chauvinistischen oder panstawistischen Zug durchkreuzen und lähmen könnte."

Leo's XIII. Kirchenpolitik wird in einem Hirtenbriefe des Erzbischofs von Bamberg, welcher sich mit dem bevorstehenden goldenen Priesterjubiläum des Papstes beschäftigt, charakterisiert wie folgt: Der heilige Vater lebt der Ueberzeugung, der Friede sei ersprießlicher für das Seelenheil der Gläubigen; letzteres erachtet er als Hauptsache. Er wird stets seine Stimme vernehmen lassen, wenn es sich darum handelt, die Rechte des apostolischen Stuhles und die Freiheit der katholischen Kirche innerhalb ihres Ge­bietes zu verteidigen, aber bei der praktischen Durch­führung dieser Grundsätze steht er vor der Unmög­lichkeit still und trägt den gegebenen Verhältnissen Rechnung, um nicht allen Einfluß auf die Gegen­wart zu verlieren. Er begnügt sich mit dem Erreich­baren, das Bessere und Beste der Zukunft anheim­gebend. Papst Leo folgt hierin nur dem Beispiele seiner größten Vorgänger auf St. Petri Thron. Auch sie schloffen nach heftigem KampfeConcordate" oder Friedensinstrumente, in denen sich Kirchen- und Staatsgewalt gegenseitig Zugeständnisse machten."

Bei dem Jubiläum des Papstes wird auch Berlin mit Geschenken nicht fehlen. Unter anderem haben die Damen der katholischen Aristokratie eine erhebliche Summe zur Herstellung einer kostbaren kirchlichen Stickerei gesammelt.

DieKölnische Volkszeitung" bringt einen gro­ßen Aufruf der katholischen Presse an die Ka­tholiken Deutschlands. Es solle der Hochachtung, Verehrung und Dankbarkeit des katholischen Volkes für Wind thorst, den hochverdienten Führer des Zentrums, der ein Ehrengeschenk und einen Landsitz

seiner Zeit abgelehnt habe, Ausdruck gegeben werden durch Erfüllung seines Herzenswunsches, nämlich durch Erbauung einer zweiten katholischenKirche in Hannover. Der Aufruf ersucht die Katholiken um Beisteuern zu diesem Zwecke und ist von 180 Zeitungen unterzeichnet.

General v. Schweinitz, der deutsche Bot­schafter am russischen Hof, verbleibt auf seinem Posten; er soll sein Entlassungsgesuch zurückgezogen haben.

Durch gewisfeZeitungen laufen Nachrich­ten, daß die Reichsregierung vom Reichstag nach­träglich 130150 Millionen ^ für das verstärkte Heer, für Festungsbauten u. s. w. verlangen werde. Die A. Z. läßt sich telegraphisch berichten, daß diese Angaben außerordentlich übertrieben seien. Es wer­den an einmaligen Aufwendungen 37 Millionen, an dauernden 19 Mill. verlangt werden.

Oesterreich-Ungarn.

In Galizien sind zahlreiche Betrügereien in Militärbefreiungsangelegenheiten zu Tage gekommen, bei denen Juden die Hauptrolle spielen. Die Un­tersuchung hat so viele Betrugsfälle aufgedeckt, daß der in Aussicht stehende Prozeß der größte seiner Art werden wird.

Frankreich.

Die fürchterlichen Melinitbomben, mit denen General Boulanger die deutschen Festungen zu Pulver zu zerreiben versprach, scheinen sich für diesen Zweck recht wenig zu eignen. Das Journal de Belfort meldet nunmehr, daß dieselben sich als durchaus unverwendbar erwiesen haben, so daß man die vorrätigen Melinitbomben wieder zerstören mußte. Nach der Deutschen Heeres-Ztg. berichtet nämlich dieses Blatt, daß sich die Militärbehörde von Belfort veranlaßt sah, am Nachmittage des 24. März die mit Melinit geladenen älteren 22 Centi- meter-Granaten zerstören zu lassen, da man chemische Veränderungen derselben und dann neue Unglücks­fälle besorgte. Die Bombenvernichtung fand auf freiem Felde statt.

Ajaccio, 18. April. Unweit Bonifacio ist der englische DampferTasmania" (nicht Ajaccio, wie es in unserem Telegramm irrtümlich hieß) ver­unglückt. Derselbe ist bei den Mönchsklippen auf der Rückfahrt von Bombay gescheitert. Bis jetzt sind 74 Personen von der Mannschaft und den Passagie­ren gelandet; zur Rettung der übrigen 180 ist ein Dampfer der Gesellschaft Morelli abgegangen.

Ajaccio, 19. April. Der bei Bonifacio ge­scheiterte DampferTasmania" hatte 600 Tonnen Schiffsladung, an Bord waren 120 Passagiere und 160 Mann Besatzung. Der Kapitän, 2 Offiziere und 22 Leute von der Mannschaft sind samt dem Maschinisten umgekommen. Die Uebrigen wurden heute gerettet.

j Spanien.

Madrid, 19. April. Gegen Marschall Ba- ^ainc erfolgte ein Attentat, wobei derselbe einen ^ Dolchstich am Kopfe erhielt. Die Verwundung ist ' keine schwere. (Nach derJndop. belge" erklärte ^ der Mörder, daß seine Waffe vergiftet sei.)

Madrid, 19. April. Der Küstendampfer Bahia" ist infolge eines Zusammenstoßes bei Per- i nambuco gesunken. Von 200 Personen sind 70 er­trunken.

Italien.

Rom, 16. April. Der bisher vermißte DampferVenedig" traf, von dem englischen Dampfer Bretwalda" ins Schlepptau genommen, gestern in ! Suez ein. Derselbe mußte wegen Schraubenbruches ! bis Montag vor Suakin bleiben.

Türkei-

Ein jüdischer Gesandter in Konstantinopel. Wie aus New-Iork gemeldet wird, hat Präsident Cleveland Herrn Oskar S. Strauß in New-Aork . an Stelle des Herrn S. S. Cox zum amerikanischen ! Gesandten in der Türkei ernannt. Man erfuhr von Konstantinopel her, daß die türkische Regierung nichts gegen Herrn Strauß einzuwenden habe; es mache keinen Unterschied, ob er ein Christ oder ein Jude ! sei, die Hauptsache sei, daß an seiner Tüchtigkeit und ! Ehrenhaftigkeit nicht zu zweifeln wäre.

? Bulgarien.

Sofia, 18. April. Es geht hier das Ge­rücht. die bulgarische Regentschaft sei von der Pforte zum Rücktritt aufgefordert worden, um eine Beschleu- ^ nigutzg der Lösung der bulgarischen Frage zu er­möglichen.