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ter". Auch militärisch war Preußen, rings von feindlichen Festungen bedroht und mit französischen Garnisonen in seinen Festungen, vollsiändig geknebelt. — Die ganze Kläglichkeit des damaligen Deutschland zeigte sich der Welt bei der Erfurter Zusammenkunft der beiden Kaiser von Frankreich und Rußland, Okt. 1808. Da musterte Napoleon seine Vasallen, 4 Könige, 5 Großherzoge, 34 Herzoge u. dgl. und behandelte seine hochgebornen Bedienten mit unverhohlener Geringschätzung. Im Theater saßen sie. sorgsam abgestuft, auf bescheideneren Sitzen hinter den Kaisern. Als bei dem Vorbeifahren des Königs von Württemberg die Wache aus Irrtum dreimal trommeln ließ, was nur den Kaisern zukam, rief der Offizier zornig: laisos-vons äono, es n'68t gu'un rot: „Still doch! es ist nur ein König". Auf dem Jenaer Schlachtfeld veranstaltete der Uebermü- tige eine Hasenjagd und lud dazu den Bruder des Königs von Preußen, Prinz Wilhelm! — Aus ganz Deutschland lastete dazu der Druck des Continental s y st e m s. Das ganze Festland sollte gegen englische Waren abgesperrt werden. Später ließ man Kolonialwaren gegen hohe Zölle zu, während englische Fabrikate zum Feuer verurteilt wurden. Von Zeit zu Zeit fanden Nachforschungen nach den verbotenen Waren statt, die allein 1810 150 Mill. eintrugen. Mit drakonischer Strenge suchte man das System durchzuführen: ein Schiffer, der Leute nach Helgoland geführt, wurde erschossen; im Elsaß ein Hofbesitzer, bei dem man 16 Ballen Musselin und Kattun fand, zu lOjähriger Zwangsarbeit, Brandmarkung auf der rechten Schulter, Bezahlung des dreifachen Wertes und von 50000 Franken Strafe verurteilt! Dennoch wurde zwar der ehrliche Handel, nicht aber der ausgedehnteste Schleichhandel verhindert. — In allen Teilen Deutschlands herrschte am Ende dieser Zeit schreckliches Elend: erdrückende Anforderungen an die Steuerkraft, überall brutales Militär, eine fremde Polizei, die auch das Briefgeheimnis nicht achtete, eine Spionage, die selbst in die Gefängnisse eindrang, und dort nach politischen Verbrechern fahndete, willkürliche Verhaftungen, vor denen Niemand sicher war. 3) Auch der Sturz der napoleonischen Herrschaft brachte noch schwere Opfer. Unter den 500000, welche der russische Feldzug verschlang, befand sich ein sehr großer Teil Deutscher. Und welche Opfer forderte noch der Befreiungskrieg von 1813—1814. Es genüge einen Blick auf Leipzig u. seine Umgebung zu werfen nach der großen Schlacht. Ein entsetzliche Schilderung hat der edle Reil von dem Jammer in der Stadt entworfen : 20000 Verwundete in Räumen, die für einen kranken Hund zu schlecht gewesen wären, von verpesteter Stickluft oder von Frost fast getötet; kein einziger hat ein Hemd oder Bett; nicht einmal Lagerstroh; die Binden sind zum Teil aus Salzsäcken und nehmen die Haut mit u. s. w. Auf dem Schlachtfeld halten die Aasgeier ihr Mahl. 10 Tage nach der Schlacht fand man in einer Scheune 114 verhungerte und verblutete Soldaten, die niemand gefunden hatte. Die ganze Gegend war ein verpestender Pfuhl der Verwesung. Die Toten rafften die Lebenden mit sich. „Dahin, sagte der alte Arndt, wollte es fast mit uns kommen, daß es endlich nur noch zwei Menschenarten gab, Menschenfresser und Gefressene".
Gottlob, daß diese Zeit weit hinter uns liegt. Aber der Feind von damals ist auch heute noch unser Feind, ja heute gefährlicher als je. Was bei der Entwicklung des Heereswesens ein Krieg heute bedeuten würde, das haben wir erst in den letzten Tagen (Schwüb. Merkur vom 12. und 13. Febr.) in sprechenden Zahlen lernen können. Möge die Betrachtung des Elendes der kaiserlosen und wehrlosen Zeit die Erkenntnis in uns bestärkt haben, daß der beste Schutz gegen die Wiederkehr solchen Jammers die Erhaltung dessen ist, was wir heute gottlob haben, einer starken Kaisergewalt und eines Heeres, das bereit ist für alle Fälle.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Nagold. Ein sehr genußreicher Abend wurde uns von dem hiesigen Liederkranz bereitet, der unter der bewährten Leitung des Herrn Scminar- MusikoberlehrerS Hegele ani Samstag abend seinen Schcrzkranz abhielt. Das reichhaltige Programm, von Knnstlerhand entworfen, bot des Unterhaltenden und Erheiternden sehr viel. Instrumentalmusik und Chöre wechselten in angenehmer Weise mit humori
stischen Nummern. Schon der erste Chor — „wenn es der König auch wüßt" — versetzte die zahlreich erschienene Versammlung in die angenehmste Stimmung, welche durch den launigen „Lockruf zum Ständchen" noch wesentlich erhöht wurde. Besonders erheiternd aber wirkten die humoristischen Stücke, die alle mit großem, teilweise stürmischem Beifalle ausgenommen wurden. Neben der „Weinprobe", der „gestohlenen Gans", „Schnupfen" und „Frantischek der Mäusefallenhändler" setzten namentlich 2 Stücke die Lachmuskeln in Bewegung — das „Froschquartett" und die „Sängerfahrt nach Kamerun". Im Froschquartett berichteten 4 alte Wasserfrösche von des Froschlebens Freuden und Leiden. Die Sängerfahrt schilderte uns mit köstlichem Humor den Ausflug des Liederkranzes nach Kamerun, das Leben und Treiben! unserer schwarzen Brüder und Schwestern, die Abenteuer im Kongoland sowie die etwas allzurasche Um- j kehr, veranlaßt durch eine Depesche einer Heimweh-! kranken Sangesschwester. Höchst ergötzlich waren 2 j Kamerunneger in Nationalkostüm, welche ihre grotes- ^ ken Tänze mit solcher Natürlichkeit aufführten, daß ' man versucht war, der Versicherung des befrackten Direktors, dieselben seien „frisch importiert", Glauben zu schenken. Sichtlich befriedigt zerstreute man sich, nachdem noch ein Redner dem strebsamen Liederkranz den schuldigen Dank in einem Hoch ausgedrückt hatte, in welches die Versammlung begeistert einstimmte.
Nagold, 17. Febr. Vorgestern hat uns der Bezirksschulinspektor Stadtpfarrer Mezger von Altensteig verlassen, um die Pfarrei Plieningen zu übernehmen. Sowohl der Abschied von den Lehrern des Bezirks als der von seinen Amtsgenossen gab den Beweis der ungeteilten Anerkennung, welche dem: Scheidenden wegen seiner unermüdlichen und erspieß- lichen Thätigkeit, besonders auch auf dem Gebiete der Schule gezollt wird.
Bö sin gen. Nach dem Rechnungsabschluß auf 31. Dez. 1886 und dem Rechenschaftsbericht, welche in der Genervalversammlung des hiesigen Darlehenskassen-Vereins am 10. Febr. vorgetragen worden sind, hat sich dieser Verein in den 6 Jahren seines Bestehens in durchaus befriedigender Weise entwickelt und hat sich die Kasse als eine segensreiche Einrichtung für unsere Gemeinde bewährt. Der Zweck, den man bei der Gründung im Auge hatte, die Kreditvsrhältnisse umzugestalten und zu bessern und insbesondere den Mitgliedern bei Kauf und Handel freie Hand und Unabhängigkeit zu schaffen, ist, abgesehen von einigen Unverbesserlichen, bei der weitaus größeren Anzahl der Bereinsmitglieder ganz entschieden erreicht worden. Das Borg- und Einstellsystem , das beim Viehhandel vielfach besteht, zum größten Schaden der Bauern und alleinigem Nutzen der Handelsleute, ist hier infolge der Vereinsthätig- keit, kann man wohl sagen, beseitigt. Das einzelne Vereinsmitglied bekommt sein Darlehen ohne jegliche Unkosten, namentlich ohne, wie das sonst bei Wucherern bekanntermaßen üblich ist, etwas liegen lassen zu müssen, und genießt die große Vergünstigung ratenweiser Heimzahlung. Es wird auf diesem Wege dem einzelnen Schuldner die Abtragung seiner Schuld ganz bedeutend erleichtert. Die Bilanz pro 31. Dez. l 1886 stellt sich folgendermaßen. I. Aktiva: Kassenbestand 269 „16 88 L; Guthaben bei der Geldausgleichstelle (K. Hofbank) 6501 ,46 30 ; Darlehen
samt Güterzieler 31 046 „16 40 ; Stückzinse 974 „16
98 L ; Wert des Mobiliars 415 ,46 61 ^; Sonstiges 21 „16 37 L ; Gesamtsumme der Aktiva 39 229 „16 54 L. II. Passiva: Anlehen 35 699 „16 45 ^ : Pfennigsparkape 777 „16.; Stückzinsen 937 -46 96 ^ ; Gesamtsumme 37 364 „16 41 L. Das Vereinsvermögen, das am 31. Dez. 1885 1471 „16 65 ^ betragen hat, hat um den heurigen Reingewinn von 393 „16 48 L zugenommen und belauft sich auf 1865 „16 13 L. Die Revision der Rechnungs- und Geschäftsführung, welche im Auftrag des Ausschusses des Verbandes landwirtschaftlicher Kreditgenossenschaften in Württemberg und unter Mitwirkung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft stattfand, hat Herr Schultheiß Strobel in Willsbach nach vorhergegange- ncr Prüfung der Geschäftsbücher ain 6. Nov. 1886 an Ort und Stelle vorgenommen. Es garantiert eine solch jährliche Revision unzweifelhaft die gedeihliche Fortentwicklung dieser ländlichen Darlehcns- kassen-Bereine. Neben der Geldbeschaffung läßt sich der Vereinsausschuß auch noch die Anschaffung von Kunstdünger, verschiedener Sämereien .und sonstiger landwirtschaftlicher Gegenstände angelegen sein. Dic-
! ses Frühjahr bezieht der Verein für seine Mitglieder ! 600 Ztr. Kunstdünger aus der Fabrik Zimmer in Mannheim, 2 Ztr. rheinländischen Hanfsamen durch die Vermittlung der K. Instituts-Kanzlei Hohenheim, sowie mehrere Zentner Kleesamen. Solch gemeinsame Anschaffung durch Vermittlung des Vereins gewährt den doppelten Vorteil: einmal haben die Genossenschafter durch die Verbindung mit der Versuchsstation Hohenheim, in welcher der Verein steht, die Garantie möglichst gute, reine Ware zu erhalten und dann ist die Verteurung der Ware, welche vielfach durch den Zwischenhandel entsteht, ausgeschlossen durch direkten Bezug aus erster Hand und in größeren Quantitäten. Die Bereinsmitglieder sind mit ihren bisherigen Erfahrungen in dieser Richtung wohl zufrieden und wissen diesen Schutz gegen Uebervortei- lung zu schätzen.
Stuttgart, 17. Febr. lieber die Höhe der Hinterlassenschaft der verewigten Prinzessin Marie von Württemberg sind gleich nach ihrem Tode die übertriebensten Angaben im Umlauf gewesen und haben auch in auswärtige Blätter ihren Weg gefunden. Von 20 Millionen, wie es anfangs hieß, ging man auf 10 Millionen Mark herab, später griff nian in der Schätzung abermals um die Hälfte tiefer, ohne daß irgend eine offizielle Kundgebung Klarheit in diese Gerüchte gebracht hätte. Wie wir jetzt sicher erfahren, dürfte die Höhe der Erbschaftsmasse die Summe von 4 Millionen nicht überschreiten. Nach Rußland kommt davon eine halbe Mill. Rubel als Erbteil der Prinzessin von seiten ihrer Mutter, der Königin Katharina, Großfürstin von Rußland, verwitweten Prinzessin Peter von Oldenburg. Der bedeutendste Erbe ist Prinz Wilhelm, wie bekannt, der den wertvollsten Teil des Schmuckes erhält.
Stuttgart, 19. Febr. Als Predigttexte für die Feier des evang. Landesbußtags (27. Februar) sind kirchenregimcntlich vorgeschriebe» worden: für den vormittäglichen Gottesdienst: Jesaias 44, 21. 22. Zum Abendgottesdienst: 3. Johannis, V. 11.
Ehlingen, 16. Febr. (Auch eine Belohnung). Zu Ende vorigen Monats kaufte ein hiesiger Händler von einem Denkcndorfer Unterhändler einen Sack Zeitungs- und anderes Makulaturpapier, das er in seinem Magazin zu anderem Vorrat ani einen Haufen schüttete. Das Papier kam aus dem Orte W. Vor etwa 8 Tagen vermißte nun eine Frau in W. ein Couvert mit folgendem Inhalt: 1 Pfandschein über 10000 4L und in Banknoten 2000 4L, zusammen 12000 4L, welches sich dann nach eifrigem Suchen unter der Makulatur in ßZeituugspapier eingewickelt auch richtig vorfand. Höchst erfreut, ihren Schatz wieder gefunden zu haben, gab die Frau dem Knaben des Händlers bare -- SO Pfennig!!
Ein Landwehrmann aus dem schwäbischen Franken schreibt: „Wir Landwehrmäuner brauchen den Frieden, weil viele von uns Weib und Kinder haben. Wenn Bismarck auf 7 Jahre genug Soldaten hat, bleibt Frieden. Wird das Septennat abgelehnt, weiß Niemand, was geschieht. Wir fürchten uns nicht vor dem Feind, aber um unserer Frauen und Kinder willen zahlen wir gern ein paar Mark mehr, wenn wir daheim bleiben können, und andere Leute könnens auch für uns thun. Die Haut ist uns näher als die Partei. Unser seitheriger Abgeordneter flickt uns die Knochen nicht, wenn sie zusammengeschossen sind, nährt unsere Kinder nicht, wenn wir in fremder Erde begraben liegen. Wir alten Soldaten wissen, wen wir zu wählen haben. Unser Vorteil fordert, daß mehr junge taugliche Leute eingeübt werden, damit wir Familienväter später an den Feind kommen."
Als Andenken für den Battenberger ist dieser Tage aus Sofia in Därmst adt ein prachtvolles Album eingetroffen. Es enthält die photographischen Porträts sämtlicher Offiziere des bulgarischen 1. Infanterie-Regiments, dessen Chef der Fürst Alexander war. Der Einband ist von kirschrotem Sammet mit reichem Gold- und Silberbeschlag; auf dem Deckel der große Namenszug des Fürsten mit der Unterschrift: „Bulgariens Held", darunter das Offiziers-Korps des Alexander-Regiments 1886.
Zum Thema „Wahllüge erhält die Magdeb. Z. aus Hannover von einem viel auf dem Lande beschäftigten Arzte die Mitteilung, daß den Landleuten von den welfischen Wahlagitatoren das Nachstehende eingeredet wird: „Wer von Euch regierungs- und preußenfreundlich gewählt hat, dessen Haus und Hof wird bezeichnet und schonungslos von den Franzosen geplündert und verwüstet, die andern aber werden verschont; kommen werden die Franzosen gewiß und dann wird der Welfenthron für die Getreuen der Welfen wieder aufgerichtet, die Getreuen aber auch belohnt: also sichert Euch und wähletgut wölfisch."