landS gegen die Militärbefreiung der Geistlichen ist erst jetzt ein abschließender Bericht möglich, da bis zur Stunde noch von einigen Universitäten jede bestimmtere Nach­richt über den Erfolg oder Mißerfolg der Bewegung fehlte. Nach den bisher eingclanfenen Berichten stellt sich das Er­gebnis wie folgt: Berlin mit 450 Unterschriften; Bonn 88; Erlangen 211; Gießen 73; Göttingen 85; Greifswald 276; Halle 300; Jena 95; Siel fast die ganze Fakultät (keine be­stimmte Zahl gemeldet); Heidelberg 38; LÄpzig 324; Mar­burg 115; Rostock 49; Straßburg 50; endlich Tübingen mit 227 Unterschriften. In Breslau und Königsberg wurde die Bewegung verfehlt eingeleitct und hat wenig Erfolg gehabt. Er ergiebt sich damit, daß sich au Bonn anschlossen alle 17 Universitäten Deutschlands, auf denen evangelisch-theologische Fakultäten sind, mit zusaminen mehr als 2280 Unterschriften.

Frankfurt a. M., 29. Jan. Die Fr. Ztg. meldet aus Rom : Der Papst richtete kürzlich ein Breve an den Regensburger Bischof Senestrey, in welchem er betonte, er sei mit den kirchlichen Zustän­den Bayerns durchaus nicht so zufrieden, wie allge­mein angenommen werde.

Hanau, 26. Jan. Ein jugendlicher Lebensretter ist das 5jährige Söhnchen des Arbeiters Roth in Dörnigheim (diess. Kreises). Ein älterer Junge brach beim Schlittschuh­laufen auf dem Maine ein, das kleine Bübchen hielt den Kna­ben mit aller Anstrengung fest, so daß er, da er einen weite­ren Anhaltspunkt am Eise hatte, nicht unter das Eis geraten konnte. Dabei schrie der kleine Roth aus Leibeskräften, es kam auch rasch Hilfe herbei und so wurde dann mit vereinten Kräften der cingebrochene Knabe vom Tote des Ertrinkens gerettet.

Aus München wird derKöln. Ztg." telegra­phiert: Der Papst hat den hiesigenNeuesten Nach­richten" zufolge nicht direkt, sondern indirekt, durch eine dritte Person, welche er brieflich damit beauf­tragt hatte, das Zentrum in sehr dringender, nicht mißzuverstehender Form zum Eintreten für das Sep- tennat aufsordern lassen. Bereits am 3. d. M. ist

sei es dem Abg. Windthorst allein, sei es mehre­ren Zentrumsmitgliedern, was ich nicht genau weiß

von dem Inhalte des päpstlichen «Schreibens Mitteilung gemacht worden. Man darf mit Recht gespannt sein, wie der Abg. Windthorst es versuchen wird, jetzt seine Ableugnung im prcuß. Abgeordneten­hause zu rechtfertigen.

Halle a. d. S., 27. Jan. Am schwarzen Brett hies. Universität ist, wie derFr. Ztg." mit­geteilt wird, folgender Anschlag angebracht:Kom­militonen ! Der deutsche Student soll nur eine Po­litik treiben: Mit Gott für Kaiser und Reich! Es gilt dies zu bethätigen. Jeder, der wahlberechtigt! ist, wähle! Der akademische Wähler wird von selbst ^ wissen, wen er zu wählen hat.

In einem soeben bei Veit u. Co. in Leipzig erschie­nenen Bändchen,Distichen, deutsche Juristen des 19. Jahr­hunderts und Politisches und Unpolitisches von Wilh. Ren­ting" finden wir u. a. folgenden hübschen Gedanken:Fürst Bismarck Sonderbares Geschick! So viele unseres Vol­kes - Preisen stets, was er that, tadeln stets, was er thut." Diese 2 Zeilen enthalten mehr Wahrheit und Weisheit, als in manchem langen Artikel, der über den Reichskanzler ver­öffentlicht worden, zu finden ist.

Bei der großen Wichtigkeit, welche der Ge- werbcftand den Fachschulen beilegt, wird die Mitteilung von Interesse sein, daß die Direktion der seit 1881 erfolgreich wirkenden Mnllerschule zu Roßwein in Sachsen be­schlossen hat, im Sommer dieses Jahres eine vollständige, mit der Schule verbundene Mnstermühle zu bauen, welche nur den Zwecken der Anstalt selbst dienend, der deutschen Müller­welt endlich eine möglichst vollkommene Fachschule bilden soll. Die Vorbereitungen zu diesem Bau, bei dessen Ausführung die Schüler selbst noch sehr viel lernen können, besonders die Mühlcnbauer, sind bereits im Gange. Die Mühle wird so groß angelegt werden, daß nicht nur eine vollkommene, mustergültige Reinigung betrieben, sondern auch in der Ver­mahlung selbst jede beliebige Methode richtig und praktisch durchgeführt werden kann. Die Schüler sollen also nicht nur Gelegenheit haben, jede einzelne von den Firmen zur Verfü­gung gestellte oder der Anstalt gehörige Maschine in ihrer , Arbeit zu beobachten und zu behandeln, sondern die genügend fortgeschrittenen unter ihnen will man regelmäßig abwechselnd zur Anleitung des ganzen Werkes anhaltcn, so daß sie thcore- ! tisch und praktisch sich auf der Anstalt selbst alles das an- > eignen können, was im Leben von einem Sbcrmüller ver­langt wird.

Berlin, 28. Jan. Bei der bevorstehenden Einberufung einer Anzahl von Reserven handelt es > sich darum, die Mannschafteü mit dem Gebrauch des Repetier gewehrs vertraut zu machen.

Berlin, 29. Jan. Auf dem gestrigen Sub­skriptionsball im Opernhaus zeichnete der Kaiser die Gemahlin des französischen Botschafters Herbette durch ausfallende lange Unterhaltung aus. Prinz Heinrich tritt ini Frühjahr eine längere Seereise an ^ und übernimmt selbständig das Kommando eines Kriegsschiffes. In mehreren hiesigen Druckereien sind Setzerstreiks ausgebrochen; verschiedene Zeitungen sind davon betroffen.

Zur Feier des 60jährigen Dienstjubiläums des Generals der Infanterie Grafen Blumenthal

werden demselben die Offiziere und höheren Beamten des 4. Korps ein Jubiläumsgeschenk darbringen.

Es ist nicht unbemerkt geblieben, daß Fürst Bismarck in den letzten Tagen sowohl mit dem Kaiser als auch mit dem Kronprinzen wiederholt Besprechungen gehabt hat.

Im Lande soll von gewissenlosen auf die Täu­schung der Wähler ausgehenden Agitatoren ansge­streut werden, es handele sich bei der Bewilligung der Friedenspräsenzstärke auf 7 Jahre darum, daß der Militärpflichtige fortan 7 Jahre dienen müsse, die Bolkspartei und das Zentrum aber wolle nur eine dreijährige Dienstzeit wie seither auch. So un­glaublich es scheint, daß diese plumpe Lüge Glau­ben findet, so gibt es, wies scheint, doch Leute, welche auf eine solche Bauernfängerei hereinfallen.

DieGermania" schreibt:Dem Abgeordneten Windthorst soll Graf Moltke in Meppen entgegen­gestellt werden. Graf Moltke scheint nach einem Er­folge zu geizen, den er bis jetzt glücklicherweise noch nicht davongetragen hat, nach dem Erfolge einer rühmlichen Niederlage. Einem Windthorst zu unterliegen, bringt wenigstens keine Schande."

Preßstimmen aus Amerika. Bemer- ! kenswert ist, wie sieb die deutschen Zeitungen in den j Vereinigten Staaten, von ehemaligen 48gern heraus- ! gegeben, über die deutsche Militärvorlage aussprechen.

! DieJllinois-Staatszeitung" , von W. Rapp redi- ! giert, der ja wohl kein Reptil ist, schreibt am 15.

^ Dezember:Es handelt sich darum, die Wehrkraft . des Reiches in solchen Stand zu setzen, daß es den ^ Angriffen aller Feinde ringsum Trotz bieten kann. Indem sich die sog. Deutschfreisinnigen der Erkennt- ^ nis dieser Notwendigkeit verschließen und in kin- ! disch-boshastem Eigensinn alle auf die Stärkung der Widerstandskraft des Reiches zielenden Vorschläge benörgeln, bekritteln und bemäkeln, spielen sie eine recht klägliche, ja verächtliche Rolle. Wir haben oft die Beschwerden über Eugen Richters Genörgel und Gekrittel für allzu dienstfertiges Nachgeben gegen die persönliche Empfindlichkeit und Dünnhäutigkeit Bis- marck's gehalten; haben auf den Vorwurf, daß Rich- ^ ters ganzes Wesen aus öder Verneinung bestehe, keinen Wert gelegt, so lange ihm keine Gelegenheit ! gegeben war, als Schöpfer und Gestalter eigener i Gedanken thätig zu sein. Allein sein jetziges Auf­treten gegen das durchaus berechtigte Ansinnen, Deutschland stark genug zu gleichzeitiger Abwehr nach Osten und Westen hin zu machen, dient uns doch als Beweis dafür, daß seine Gegner Recht haben. Er ist wirklich und wahrhaftig nichts Besseres als der Geist, der stets verneint." Auch da, wo ihm ^ Gelegenheit geboten ist, zu zeigen, daß die Bater- ! landsliebe in ihm mächtiger sei als der Parteigeist,

, läßt er sie unbenutzt." Der demokratische, in St. Louis erscheinendeAnzeiger des Westens" bemerkt: Eugen Richter ist ein redegewandter und in finan­ziellen Dingen wohlbewanderter, etwas selbstherrisch angelegter Mann, aber wenn er sich im Reichstag als Richter über militärische Dinge aufwirft und den General Moltke schulmeistert, braucht er sich nicht zu wundern, wenn er von aller Welt ausgelacht wird. Vorläufig sind in Fragen der auswärtigen Politik Bismarck und in Militürsachen Moltke die von der ganzen Welt anerkannten Meister".

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 28. Jan. DieNeue freie Presse" bringt einen von dein französischen Kriegsminister Boulanger eingegebenen Artikel, der versichert, Bou- langcr wolle das französische Volk lediglich seiner Niedergeschlagenheit über die Niederlagen entreißen, niemanden bedrohend, niemanden fürchtend; über Krieg und Frieden entscheide einzig das allgemeine Stimmrecht, nicht die Kammer, noch die Negierung oder untergeordnete einzelne Minister.

Wien, 28. Jan. Oesterreich hat ein Pferde- ausfuhrverbot bisher nicht erlassen, es gilt jedoch in unterrichteten Kreisen nach Sperre des deutschen Marktes für wahrscheinlich, daß ein solches als Schutz gegen die erhöhte Ausfuhr aus Oesterreich erfol­gen wird.

Wien, 28. Jan. England erklärte, jedem Arrangement zuzustimmen, das in Uebereinstimmung sämtlicher Großmächte in Konstantinopel erfolgt.

Italien.

Die Italiener und die Abessynier sind, wie vorauszusehcn war, am Rothen Meer aneinanderge­raten. Ein Vorpostengefccht hat vor den Thoren Massauahs stattgefunden. Nach einem Telegramm

des Reuterschen Bureaus aus Suakin hat ein Trupp Abessynier Massauah angegriffen, wobei 5 Italiener und 200 Abessynier getödet wurden. Die Italiener haben 1500 Mann nach Makullah entsandt. In einem in Rom eingetroffenen Telegramm vom 22. Januar ersuchte den Oberbefehlshaber, der in Massauah befindlichen Truppen, General Gene, um 600 Mann Verstärkung, um, wenn nöthig, eine mi­litärische Domonstration zu unternehmen. Gene fügt in einem Telegramm hinzu, die Spannung mit Ras Allula dauere fort, doch scheine der Negus einem Bruch abgeneigt. Es sollen ferner von Italien so bald wie möglich 2 Korvetten mit Truppenverstär­kungen nach Massauah abgehen und gegen Ende dieses Monats soll eine weitere Abteilung Infanterie dorthin eingeschifft werden. Im Ganzen werden 12 Kompagnien Infanterie, 3 Alpenjäger-Kompagnien, 1 Geniekompagnie und 1 Gebirgsbatterie zum Ab­gang nach Massauah vorbereitet.

Frankreich.

Paris, 27. Jan. Das deutsche Pferdeaus­fuhrverbot wird von den Blättern als ein Bismarcki- sches Wahlmanöver bezeichnet.Figaro" meint, die 1800 Pferde, welche seit 1. Jan. von Deutschland nach Frankreich eingeführt wurden, motivieren ein ! solches Verbot nicht. Man solle die Sache ruhig ' hiunehmen; das sei die einzige Art, den Reichskanz- ^ ler zu verhindern, seineindirekten Provokationen"

! fortzusetzen. Nicht gegen Frankreich sei das Aus- ^ fuhrverbot gerichtet, sondern gegen die Ultramonta- ! nen und Freisinnigen.

! Paris, 28. Jan. In der Kammer brachte I Bischof Freppel die Ueberbürdung der Kinder zur ! Sprache. Man erziehe so kraftlose Generationen.

! Ein Kind dürfe nicht länger als 4 Stunden in der ! Schule sitzen. Das sei das Maximum selbst für ! kräftige Kinder. Der heutige Unterrichtsminister, der ! berühmte Gelehrte und Schöpfer der chemischen Syn- ! these, könne unmöglich die Attentate auf die Gesund- i heit billigen, wie sie in den Lyceen (Gymnasien) von ^ den Schulmeistern begangen werden. Berthelot er­klärt sich mit dem Vorredner einverstanden. Das ^ menschliche Gehirn habe seit dem Altertum nicht an Kraft gewonnen, man dürfe es nicht überlasten, i Die Unterrichtsverwaltnng werde sich bemühen, das ! Programm zu vereinfachen und die Klaffenstunden zu reduzieren.

i Es wird bestätigt, daß acht Korps mit dem ! Kommando in Bourges und den festen Plätzen Dijon ! und Auxerres zur Mobilisierung ausersehen sind.

! Die ZeitungGaulois" in Paris schlügt zur ! Beruhigung vor, jeden Franzosen mit 5 Franks zu bestrafen, der den Namen Boulanger ausspricht.

Die französische Militärverwaltung hat bekanntlich aus Deutschland große Mengen Schwcfcläther bezogen. Eine Berliner Finna, welche besonders umfangreiche Aufträge er­halten, wandte sich, als sic über die Bestimmung Näheres er­fahren, an die Reichsrcgierung mit der Anfrage, ob die Lie­ferung den deutschen Interessen nicht zuwiderlanfen würde. Von maßgebender Stelle ist darauf die Antwort gekommen, man möge den Franzosen ruhig so viel Aether liefern, wie sic haben wollten, sich aber die Ware ordentlich bezah­len lassen.

In Lyon haben die Franzosen einen Hollän­der als angeblich deutschen Spion verhaftet.

England.

London, 25. Jan. Nach einer Meldung des iDaily Cronicle" aus Madrid, hat die spanische ^ Regierung die Mitteilung erhalten, daß die Militär­revolutionspartei in Paris eine geheime Versamm- i lung abgehalten habe, um einen neuen Aufstand vor- j zubereiten. Man behauptet, es sei Zorilla gelungen, eine Anleihe im Gesamtbeträge von 86 000 Pfd. Sterling zu machen.

London, 27. Jan. Dem LiverpoolcrHan­delsblatt" zufolge kaufen deutsche Händler auf dem Liverpooler Markte alle Borrüthe von präservirtem australischen Fleisch aus. Die französische Regierung bestellte dem gleichen Blatte zufolge fünf Millionen Pfund geräuchertes Fleisch bei einer Chicagocr Firma.

London. Die Thronrede zur Eröffnung des Parlaments sagt: Die Beziehungen zu allen Mächten ' sind freundliche. Die Angelegenheiten in Südost- Europa sind noch nicht geregelt, aber ich befürchte nicht, daß irgend welche Störung des europäischen Friedens aus den noch nicht beigelegten Streitfragen,

^ welche in jener Gegend entstanden sind, hervorgehen werde. Wiewohl ich die Ereignisse, welche den Für- ^ stcn Alexander von Bulgarien zwangen, sich von der ^ Regierung zurückzuziehen, beklage. habe ich es nicht für angemessen erachtet, in die Vorgänge zur Wahl