Das Expatriirungsgesetz ist dieser Tage, wie aus Posen geschrieben wird, gegen den Geistlichen Barci- kowski in Gr. Laki bei Kosten angewendet worden. Demselben wurde wegen unbefugter Bornahme von geistlichen Amtshandlungen der Aufenthalt im Re­gierungsbezirk Posen bedingungslos untersagt. Der Ausgewiesene war wiederholt mit den Maigesetzen in Konflikt geraten.

Berlin, 0. Dez. Es bestätigt sich, (?) daß der Statthalter von Elsaß-Lothringen, Freiherr v. Man- teuffel, ein Gesuch um Enthebung von dem Statt­halterposten einreichte, damit ein Systemwechsel in den Rcichslanden statlfinden könne. Das Gesuch wurde jedoch unter ausdrücklicher Bezeugung des vollsten Vertrauens seitens des Kaisers abgelehnt.

Berlin, 7. Dez. DieHamb. Nachr." lassen sich von hier berichten: Graf Herbert Bismarck be­gibt sich dieser Tage auf seinen Posten nach dem Haag und kehrt an Weihnachten zurück, um dann hier das Unterstaatssekretariat des Auswärtigen Amts zu übernehmen. Unterstaatssekretär Busch geht weder nach Kopenhagen noch nach dem Haag.

Die deutschfreisinnige Partei hat in Berlin sür den sechsten Wahlbezirk einen Candidaten in der Person des Porzellanarbeitcrs Bey ausgestellt, der zu den alleräußersten Demokraten zählt.

Ein hübsches Wort vom Kronprinzen wird ge­legentlich der Schwcnninger-Affaire kolportiert. Als derselbe von dem Duell Dubois-Schwenninger hörte, und daß dasselbe nicht zustande kam, soll er nämlich trocken gesagt haben:Das ist ein wahres Glück, daß daraus nichts wird. Fiele Duöoiö im Duell, dann wäre es ein Schaden für die ganze Wissen­schaft und würde Bismarck's bester Leibarzt erschossen, dann wäre es ein Verlust für die gesamte Politik!

(Blutvergiftung.) Der Berliner Hofrat A. soll sich, wie ein Reporter meldet, durch den Gebrauch > einer Stahldraht-Kopfbürste eine Blutvergiftung zu­gezogen haben. Ein Auswuchs, welcher sich in Folge dessen am Kopfe gebildet hatte, ist am vergangenen Samstag unter Zuziehung mehrerer Aerzte operiert worden. Wenn auch das gegenwärtige Befinden des Hofrats A. kein sonderlich gutes zu nennen ist, so darf man doch auf eine, wenn auch langsam fort­schreitende Genesung hoffen.

Professor Dr. Schwcnninger ist, wie ein Be­richterstatter desDeutsch. Tagebl." von angeblich gut informirter Seite erführt, vor Kurzem zum Ober­stabsarzt ernannt worden.

Professor Dr. Hacckel, Protektor der Universi­tät Jena, hat bei Gelegenheit der diesjährigen Wart­burgversammlung der deutschen Reformdurschcnschaf- ter an den Vorsitzenden desAllgem. Deutschen Reformburschcnbundes" ein höchst beachtenswertes Schreiben gerichtet, dem wir das Folgende ent­nehmen:Mit Recht stellen Sie in Ihrem Pro­gramm die Beseitigung des feudalenKastengeistes" und der hochmütigen Svndersucht oben an, die lei­der noch zahlreiche studentische Korporationen be­seelen und die um so verwerflicher sind, als sie sich nicht auf irgend welche tüchtige Leistungen gründen, sondern auf wertlose Äußerlichkeiten und selbst auf rohe Ausschreitungen, die mit wahrer studentischer Ehre nicht zu vereinigen sind. Diesem falschen Ehrbegriffe entspringt jener wüste, leider noch weit verbreitete Duellsport, der die Quelle zahlreicher und tiefgreifender Schäden des deutschen Studenten­lebens ist. Seitdem die allgemeine Wehrpflichtdas deutsche Volk in Waffen" erzieht und seitdem die Reform des Turnwescns viel bessere und vielseitigere Gelegenheit zur Leibesübung giebt, als die einseitige Fechtkunst, sollte diese letztere nur als ein Teil der erstcren gepflegt u. das Hauptgewicht auf die Gym­nastik gelegt werden. Als wirkliche Ehrenrettung läßt sich das Duell ohnehin nur dann rechtfertigen, wenn man cs im Sinne des Mittelalters als Gottes­urteil auffaßt, klebrigens ist es ja den meisten Studenten, die Zeit und Kraft im Mensurensport vergeuden, weder um ihre wirkliche Ehre, noch um die Leibesübung zu thun, sondern um den wüsten Unfug und die leere Prahlerei, die mit jenen Kampf­spielen verbunden sind. Außerdem steht das angeb­lichritterliche" Wesen derselben in wunderlichem Gegensätze zu dem eitlen meist damit verknüpften Stutzertum, welches in der sorgfältigen Pflege der, Frisur und der eleganten Modekleidung den wahren Wert der studentischen Persönlichkeit desDeutschen Burschen" sucht. DaS reich entwickelte Kulturleben der Gegenwart bietet auch der studierenden Jugend

eine Fülle von edlen Lebensgenüssen, welche jene Ueberbleibsel des mittelalterlichen Studentenlebens entbehrlich machen und die frische fröhliche Jugcnd- kraft wird auch ohne die letztere stets volle Be­friedigung in den Mußestunden finden, welche ihr die Pflege der Wissenschaft und der Kunst übrig läßt."

Coburg, 4. Dez. Eine hiesige alleinstehende Dame hatte gestern eine unverhoffte Freude. Sie räumte ein Kvmodenschubfach auf und fand dort in einer Ecke zwischen den Flicklappen ein altes Notiz­buch mit einer großen Anzahl Banknoten, welche einen Wert von mehreren Tausend Mark repräsentierten. Vermutlich hat die vor zwei Jahren verstorbene Mutter der Dame die Wertpapiere an jener Stelle aufgeho­ben, um sie den Händen ihres inzwischen ebenfalls verstorbenen, etwas verschwenderischen Mannes zu entziehen und vergessen, ihrer Tochter von dem Ver­steck Kenntnis zu geben.

Wirt Heyer in Schafstedt war ungewöhn­lich stark und ebenso gutmütig. Die zwei stärksten Männer im Ort drangen in ihn, mit ihnen zu ringen. Er weigerte sich, als aber alle zuredeten, sagte er: Nun, kommt Beide her!Den Einen warf er auf das Kanapee, daß ihm das Blut aus Mund und Nase floß, den Andern so unglücklich über den Tisch, daß ihm das Rückgrat brach. Als er das Unglück sah, ging er hinaus und hing sich auf. So kommt fast niemals beim Wetten im Wirtshaus 'was gutes heraus.

In Seestedt in Oldenburg geriet in der Nacht vom 2. zum 3. Dez. das Haus der Familie Abenseth in Brand. Die Flammen griffen mit sol­cher Heftigkeit um sich, daß fünf Personen, Mann, Frau, zwei Kinder, sowie eine daselbst in Pflege befindliche alte Frau ihr Leben einbüßten.

Der Wests. Merk, tischt seinen Lesern eine Räubergeschichte auf. Ein nationalliberalcr Mann habe wörtlich gesagt:Wenn ich wüßte, für die Er­schießung Windthorst's nur 6 Monate Gefängnis zu bekommen, so würde ich dielen Landesverräter, den schlimmsten Feind Deutschlands, sofort aus der Welt schaffen." Die Berliner Germania druckt die Ge­schichte nach und fordert denMerkur" aus, ,den Namen dieses blutgierigen Nationalliberalen zu nen­nen." Das wird eben das Kunststück sein!

Stadtoldendorf (Braunschweig). In dem nahe gelegenen Orte N. hat sich ein entsetzliches Er­eignis zugetragen. Vor einigen Tagen ließ eine Frau ihr jüngstes Kind in der Wiege unter Aufsicht ihres ältesten Kindes, eines 40s Jahre alten Mäd­chens, zurück. Das Mädchen spielte mit Streichhöl­zern und setzte die Wiege in Brand. Die Frau kam noch rechtzeitig zurück, um das Feuer zu löschen und der Säugling trug nur unbedeutende Verletzungen davon. Die Frau machte nun dem ältesten Kinde so heftige Vorwürfe, daß dasselbe in große Aufre­gung geriet und in der folgenden Nacht am Herz­schlage starb. Als heute morgen das Kind beerdigt werden sollte, vermißte man die Frau und das kleinste Kind. Nach längerem Suchen fand man Beide als Leichen im Dorfteiche.

Windthorst hat sich in Braunschweig von einem Zeitungsschreiber interpellieren lassen, ob Cumberland wirklich Aussicht habe. Herzog zu werden. Er schil­derte, wie das goldene Zeitalter anbrechen werde, wenn Cumberland die Negierung antrete, sein eigenes Vermögen mitbringe, die Millionen, die er vom Her­zog Wilhelm geerbt und die 16 Millionen Thaler, die sür ihn in Berlin lägen und alles werde bis auf den letzten Heller ausgegeben; auch der reiche wel- fische Adel werde sich in Masse ansiedeln und zu allem machte Windthorst ein so ehrliches Gesicht, wie der selige Münchhausen, wenn er seine Märchen erzählte.

Oesterreich-Ungarn.

Laibach, 4. Dez. Gegenüber dem Beschlüsse des Gemeinderats, keine deutsche Schule mehr aus Gemeindemitteln zu errichten, sprach sich heute der Landesschulrat für eine Verpflichtung der Gemeinde zur Errichtung solcher Knaben- und Mädchenschulen auf Gemeindekosten ans und erließ eine entsprechende Anordnung.

Frankreich.

Paris, 7. Dez. Der von Frau Hugues durch Revolverschüffe verwundete Agent Morin ist jetzt gestorben.

Paris, 7. Dez. Der hiesige Deutsche Quar­tett-Verein beging heute sein lOjähriges Stiftungs­fest mit einem großen Konzert und Ball in den Räu- l

men des Hotel Continental. Unter den äußerst zahl­reichen Besuchern befanden sich auch Fürst v. Hohen­lohe und der bayerische Geschäftsträger Geh. Lega­tionsrat v. Reicher, sowie alle Mitglieder der deut­schen Botschaft.

Italien.

Rom, 9. Dez. Der Appcllhof zu Bologna hat in dem Prozesse der Gräfin Lampertini, Toch­ter des Cardinal Antonelli, gegen dessen Erben entschie­den,daß der angebotene Nachweis nicht zu gestatten und das Geburtsattest ein Falsifikat sei.

Spanien.

Madrid, 6. Dezbr. (L-tudentenstrike.) Die Madrider Studenten sinken. Sie gehen nicht ins Colleg. Der Minister des Unterrichts verschärft von Tag zu Tag seine Sprache und feine Maßregeln. Der neue ultramontane Rektor verlangt von den Professoren täglich Bericht über das Verhalten ihrer Zuhörer; die in den Hospitälern wohnenden Studen­ten der Medizin, welche gemeinsame Sache mit ihren Kameraden gemacht haben, sollen bestraft werden. Die liberalen Professoren protestieren gegen solche Strenge, und man erwartet nun, daß der Minister die Vorlesungen der liberalen Professoren schließen lassen wird. In den Provinzen kommen ähnliche Reibungen vor.

England.

Londo n, 7. Dez. Die große bedauernswerte Geschäftsstille in allen Zweigen der Industrie dauert fort und mit ihr steigt die Not unter den arbeiten­den Klassen, der wirksam cntgegenzutreten die ver­schiedenen philantropischeu Einrichtungen in der Gestalt von Suppenküchen rc. bei weitem nicht ge­nügen. Am schwersten leiden unter dieser Krisis ge­wöhnlich in der Kessel- und eisernen Schisfsbau- branche beschäftigten Arbeiter, von denen viele außer Arbeit sind, daß dieUnited Society of Boilermakers and Jron Shipbuilders" im Laufe der letzten Mo­nate an arbeitslose Mitglieder nicht weniger als 18 784 Lst. an Unterstützungen gezahlt har, wozu noch 20000 Lst. an Krankengeldern kommen, so daß dieser Verein allein, allerdings der größte dieser Art in England, in einem einzigen Vierteljahr nahezu 800 000 M. für seine arbeitslosen und, teilweise wohl in Folge der Arbeitslosigkeit kranken Mitglie­der verausgabt hat, zahlen. Andere Gewerkvereine zahlen im Verhältnis ähnliche Summen aus, so daß die Fonds dieser Vereine stark leiden und einen längeren Druck kaum werden ertragen können. Da­bei dauern die Lohnherabsetzungen noch immer fort, zumal in den Erwcrbszweigen, in denen die Arbeiter sich nicht zu Vereinen zusammengethan haben. China.

H ongkon g, 4. Dez. Die Chinesen scheinen alle Hoffnung aufgegeben zu haben, daß der Krieg durch Unterhandlungen beigelegt werden dürfte und sind zu einer energischen Politik entschlossen. Zwölf Kriegsschiffe haben den Befehl, in See zu stechen, der französischen Flotte gegenüberzutreten und For­mosa zu entsetzen. Fünf dieser Schiffe gehören zu dem Nankin-Geschwader und die übrigen 7 sind der Division in Tientsin entnommen. Unter der Mannschaft an Bord dieser Schiffe befinden sich 24 Deutsche in verschiedenen Stellungen, einer von ihnen befehligt sogar eines der Schiffe unter dem chinesischen Admiral.

Handel K Uerkehr.

(Konkurseröffnungen.) Albert Beetz, Bierbrauer in Hall. Gustav Berg, Hutmacher in Herrenberg. Georg Grauer, Bäcker und Wirt in Gönningen (Tübingen) Nachlast des verst. Friedrich Esse, gewes. led. Pferdehändler in Ulni.

Stuttgart, 8. Dez. Mehlbörse. An heutiger Börse sind von inländischen Mehlen 1540 Sack als verkauft zur Anzeige ge­kommen, zu folgenden Preisen: N 0 3031.50, Nr. I

2820.50, Nr. 2 ^ 20-27.50, Nr. 3 2425 50,

Nr. 4 1921. In ausländischen Mehlen kein Handel.

A l t e r L e i.

Aus der Schule. Ein etwa 8 Jahre aller Schü­ler erhielt von seinem Lehrer eine Vorschrift mit dem bekann­tem Reime:Geh Iren und redlich durch die Well, das ist das beste Reisegeld." Der Schüler schrieb ganz naiv:Geh treu und redlich durch die Welt, das Beste ist das Reisegeld.

^Ütt'8 IiUnä.

Ls kann niestt ckrinKsnä ZenuZ ^llsn, rvelcbs auk ckem hanäs rvobnen, smxkohlsn rvercksn, stets eins gedachtst ^xotkebsr L. Lranckt's LchevsiLsrpillsn im Hause 7.n haben, um hei plötzlich eintrstsncisn 8törunASn (LlähunAsn, Llut- anckranK, Heber- unck Oallenlsicksn etc.) äisses sichere unck scbmsrrtose Haus- unck Heilmittel anarnvencken. Lrkältlich ck schachtet LI. 1 in cken ^pothsbsn._

Veranrwortlicher Redakteur Stein Wandel in Nagold. D-uL u^d

Serlag der G. W. Zaiser'schen Buckhandlung in Nagold.